Sinnfelder etc.

Aspekte metaphysischer Systementwürfe und der Ontologie als einer Grunddisziplin der theoretischen Philosophie können hier diskutiert werden.
Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23272
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

So 18. Aug 2019, 18:50

Die Frage nach dem "wo" der Strukturen ist sinnlos, wenn sie nach einem (raumzeitlichen) Ort fragt. Ansonsten hab ich die Antwort bereits mehrmals gegeben. Die 5 gehört zu den natürlichen Zahlen. Das und sonst nichts ist ihr "Ort". Das ist die Antwort auf die Frage nach dem "wo".




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23272
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

So 18. Aug 2019, 19:19

Alethos hat geschrieben :
So 18. Aug 2019, 18:39
Realismus als theoretisches Modell, das explizieren können muss, was es meinen würde, wenn es sagte, Zahlen existierten nicht in der Zeit.
Das hab ich schon mehrmals getan. Hier noch Mal meine Argumente: Zahlen haben offensichtlich Eigenschaften, man kann also Wahrheiten über die erkunden, was der facto viele Wissenschaftler Tag ein Tag aus tun. Ich habe dazu auch einschlägige Zitate von einem sehr renommierten Mathematiker gebracht.

Es gehört jedoch zu unserem Wahrheitsbegriff, dass er sich auf Realitäten bezieht, die wir treffen, wenn wir die Wahrheit finden oder verfehlen, wenn wir uns irren. Und diese Realität erforschen die Mathematiker. Sie erkennen ihre Gegenstände so wie sie sind, wenn sie die Tatsachen erfassen. Und genau das ist Realismus.

Es wäre schon Recht seltsam, wenn wir sagen, dass diese Wissenschaftler Tatsachen finden, es aber den Bereich, den sie erforschen, gar nicht gibt.




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23272
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

So 18. Aug 2019, 19:23

Weil wir ja in einem "Gabriel-Thread" sind noch ein zwei einschlägige Zitate.
Markus Gabriel hat geschrieben : Die Gesetze der basalen Arithmetik sind selber keine materiell-energetischen Strukturen, sondern, wie man sagt, abstrakt. Die Zahl 2 etwa befindet sich an keinem Ort, und sie ist auch nicht irgendwann entstanden. Sie ist ort- und zeitlos und damit abstrakt.
Markus Gabriel hat geschrieben : [Oxforder Physiker David Deutsch] meint, dass die moderne Physik – für ihn vor allem die Quantentheorie – die unendlichen Weiten des Kosmos erforscht, ohne dafür immer nur Beobachtungsdaten aufzusammeln und diese dann zu einer Theorie umzuformen. Die Grundlage des physikalischen Wissens ist Deutsch zufolge die Wirklichkeit von Abstraktionen (reality of abstractions)
Hier noch einmal ein paar Zeilen zu dem Unterschied von type und token:
Markus Gabriel hat geschrieben : In öffentlichen Debatten fragen Philosophen [den US-amerikanischen Physiker Lawrence Krauss, der offenbar auch die Realität der Zahlen leugnet] immer wieder, ob es mathematisches Wissen überhaupt gebe, also etwa das Wissen darüber, dass 1 + 2 = 3 ist. Da Krauss theoretischer Physiker ist, der im Wissenschaftsalltag überwiegend mit mathematischen Gleichungen arbeitet, sollte er wohl kaum bestreiten, dass er mathematisches Wissen besitzt, das überdies ungleich komplexer ist als das Grundschuleinmaleins. Krauss’ Antwort darauf ist typisch. Er ahnt, dass er in eine Falle gelockt wird, beharrt aber darauf, dass er sehr wohl Sinneserfahrung brauche, um mathematisches Wissen zu erlangen: Er muss ja etwa lesen, dass 1 + 2 = 3 ist, oder von den mathematischen Axiomen und der Funktionsweise mathematischer Symbole informiert worden sein. Doch diese Lösung ist geschummelt. Wenn ich durch Sinneserfahrung weiß, dass noch zwei Brötchen im Brotkorb übrig sind (ich sehe sie ja dort liegen), ist das möglich, weil die Brötchen Licht abgeben, das auf meine Photorezeptoren trifft. Ich kann Wissen aus Sinneserfahrung über Brötchen erlangen, weil Brötchen überhaupt imstande sind, in eine geeignete kausale Beziehung mit meinen Sinnesrezeptoren zu treten. Doch die Zahlen 1, 2 und 3 sowie die mathematischen Symbole sind ja nicht identisch mit den aufgeschriebenen Zeichen. Wenn ich die Zahl 1 dreimal aufschreibe, also: 1, 1, 1, handelt es sich drei Mal um exakt dieselbe Zahl, nämlich die Zahl 1. Das konkrete Zahlzeichen, das ich dreimal aufschreibe, ist immer ein anderes, aber doch nicht die Zahl 1. Es gibt auf dieser Seite nicht sechs verschiedene Zahlen 1, sondern einfach nur sechs verschiedene Fälle, in denen ich sie aufgeschrieben habe. Wenn ich zwei Brötchen im Brotkorb liegen sehe, sind dies wirklich zwei verschiedene Dinge – das eine und das andere Brötchen. Man kann Zahlen hingegen weder sehen noch messen – nur durch Zeichen visualisieren, was nicht dasselbe ist.




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23272
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

So 18. Aug 2019, 19:30

Alethos hat geschrieben :
So 18. Aug 2019, 18:39
wir müssen wenigstens den Weg zu den Quellen von Sinnfeldern angeben, das allen Sinnfeldern Seinsgrundlage gibt.
Damit hast du einfach nur die Idee der Sinnfelder aufgegeben. Das ist natürlich dein gutes Recht. Aber dann argumentieren wir hier eben nicht mehr auf dieser gemeinsamen Basis, wie ich bis vor ein paar Tagen noch dachte :-)




Benutzeravatar
Alethos
Beiträge: 4212
Registriert: Do 17. Aug 2017, 15:35
Wohnort: Schweiz

So 18. Aug 2019, 19:54

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 18. Aug 2019, 19:30
Alethos hat geschrieben :
So 18. Aug 2019, 18:39
wir müssen wenigstens den Weg zu den Quellen von Sinnfeldern angeben, das allen Sinnfeldern Seinsgrundlage gibt.
Damit hast du einfach nur die Idee der Sinnfelder aufgegeben. Das ist natürlich dein gutes Recht. Aber dann argumentieren wir hier eben nicht mehr auf dieser gemeinsamen Basis, wie ich bis vor ein paar Tagen noch dachte :-)
Doch tun wir, aber ich suche den praktischen Halt für Sinnfelder :) Ich finde, Gabriel verlagert das Problem in die Unendlichkeit, nämlich die Unendlichkeit der Reihe von sich gegenseitig beinhaltenden Sinnfeldern. Das ist für meinen Geschmack dann doch ein zu wenig firmer Boden für Realität.
Zuletzt geändert von Alethos am So 18. Aug 2019, 20:02, insgesamt 1-mal geändert.



-------------------------------
Alle lächeln in derselben Sprache.

Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23272
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

So 18. Aug 2019, 19:57

Das ist ja nur eine andere Art und Weise zu sagen, dass du sie aufgegeben hast.




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23272
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

So 18. Aug 2019, 19:59

Ist ja auch okay, das gehört schließlich zum philosophischen Geschäft seine Ansichten zu ändern...




Benutzeravatar
Alethos
Beiträge: 4212
Registriert: Do 17. Aug 2017, 15:35
Wohnort: Schweiz

So 18. Aug 2019, 20:05

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 18. Aug 2019, 19:57
Das ist ja nur eine andere Art und Weise zu sagen, dass du sie aufgegeben hast.
Nein, ich denke noch immer, dass es richtig ist, die Seiende in ihren Bereichen zu denken. Aber der ontologische Pluralismus braucht auch plausible Antworten für Fragen, die er aufwirft. Man kauft sich mit ihm auch Probleme ein.



-------------------------------
Alle lächeln in derselben Sprache.

Benutzeravatar
Alethos
Beiträge: 4212
Registriert: Do 17. Aug 2017, 15:35
Wohnort: Schweiz

So 18. Aug 2019, 20:06

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 18. Aug 2019, 19:59
Ist ja auch okay, das gehört schließlich zum philosophischen Geschäft seine Ansichten zu ändern...
Was ich geändert (erweitert) habe, ist mein Beitrag von weiter oben. :)



-------------------------------
Alle lächeln in derselben Sprache.

Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23272
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

So 18. Aug 2019, 20:08

Du schreibst auch da von einem Boden.




Benutzeravatar
Alethos
Beiträge: 4212
Registriert: Do 17. Aug 2017, 15:35
Wohnort: Schweiz

So 18. Aug 2019, 20:20

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 18. Aug 2019, 20:08
Du schreibst auch da von einem Boden.
'Boden', das ist figurativ gesprochen für einen Halt in der unendlichen Reihe von Sinnfeldern. Ich spreche mich nicht aus für einen Grund für alles Sein und sage: Alles sei Zeit oder sowas.



-------------------------------
Alle lächeln in derselben Sprache.

Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23272
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

So 18. Aug 2019, 20:24

Wieso sprichst du nun von einer Reihe?




Benutzeravatar
Alethos
Beiträge: 4212
Registriert: Do 17. Aug 2017, 15:35
Wohnort: Schweiz

So 18. Aug 2019, 20:29

Von Sinnfeldern? Weil jedes Feld in einem Feld erscheinen muss, unendlich!



-------------------------------
Alle lächeln in derselben Sprache.

Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23272
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

So 18. Aug 2019, 20:38

Aber wie kommst Du dabei auf eine Reihe???

Ein kurzer Blick auf meinen (ziemlich chaotischen) Schreibtisch oder aus dem Fenster genügt mir, um mich von einer Idee wie "Reihen" zu verabschieden :-) und auch bei Unendlichkeiten kann ich mit diesem Bild vor mir nicht im Ernst ein Problem entdecken :)

Ich schaue mir gerade eine Schach Übertragung an. Es soll angeblich mehr Möglichkeiten im Schach geben als Atome im gesamten Universum. Eine Sichtweise, die weniger als Unendlichkeit verspricht, scheint mir nicht besonders realistisch zu sein.




Benutzeravatar
Alethos
Beiträge: 4212
Registriert: Do 17. Aug 2017, 15:35
Wohnort: Schweiz

So 18. Aug 2019, 20:59

Auch Reihe meint nicht eine solche auf- oder absteigende Ordnung. Ich spreche davon, dass Sinnfelder einander unendlich Sinnfeld sein müssen. Und das ist nun etwas anderes als unendlich viele Möglichkeiten von Schachzügen zu denken oder die unendliche Anzahl von natürlichen Zahlen. Ja, es ist sogar problematischer als die Unendlichkeit z.B. der Zeit. Denn aus den Sinnfeldern und den darin Erscheinenden ergibt sich Existenz. Aber das bedeutet schliesslich zu sagen, die Existenzbedingung in ein noch weiteres Sinnfeld zu verschieben. So! lässt sich Existenz nicht in einer beruhigenden, praktischen Weise erklären. :)



-------------------------------
Alle lächeln in derselben Sprache.

Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23272
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

So 18. Aug 2019, 21:18

Warum sollte das etwas anders sein? Schachzüge und Möglichkeiten gehören auch zu dem, was es gibt! Die Beispiele sollten zeigen, dass wir andauernd von Unendlichkeiten umgeben sind und ich nicht erkennen kann, warum das ein Problem darstellen sollte, denn so sind einfach die Realitäten.




Benutzeravatar
Alethos
Beiträge: 4212
Registriert: Do 17. Aug 2017, 15:35
Wohnort: Schweiz

So 18. Aug 2019, 22:13

Ich finde schon, dass es einen Unterschied macht. Schachzüge sind in ihrer schier unendlichen Zahl immer Schachzüge, also Erscheinung in einem Sinnfeld. Ganze Zahlen auch, immer in einem Sinnfeld (Reihe der natürlichen ganzen Zahlen). Aber das Sinnfeld, das in einem Sinnfeld erscheint, ist ja wiederum in einem anderen Sinn Sinnfeld. Die Reihe der natürlichen Zahlen ist ein anderes Sinnfeld als die Reihe aller Zahlen. Das Feld der Abstraktionen wiederum anders sinnstrukturiert als das Sinnfeld aller Zahlen etc. Nun führt ein Sinnfeld zum nächsten, nämlich zu demjenigen, in welchem das eine Sinnfeld erscheinen kann. Bei den Zahlen bringen wir es auf drei, maximal 4 Sinnfelder, aber sie müssen unendlich viele sein. Das sagt die SFO explizit, dass Sinnfelder existieren, und das impliziert eine unendliche Zahl von Sinnfeldern für eine einzige Zahl. Das muss auch dir schwindlig werden dabei :)

Eine unendliche Anzahl ganzer Zahlen ist dagegen unproblematisch, sie bewegen sich ja alle in der Reihe der ganzen Zahlen, also in einem einzigen Sinnfeld.



-------------------------------
Alle lächeln in derselben Sprache.

Benutzeravatar
Alethos
Beiträge: 4212
Registriert: Do 17. Aug 2017, 15:35
Wohnort: Schweiz

So 18. Aug 2019, 22:20

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 18. Aug 2019, 21:18
Warum sollte das etwas anders sein?
Nochmal anders: Weil sich von der ganzen Zahl auf die Existenz der nächst grösseren Zahl schliessen lässt und damit auf die Reihe der ganzen Zahlen, aber von den ganzen Zahlen lässt sich nicht auf das Feld der Abstraktionen schliessen, z.B. philosophische Gedankengänge etc. Das Sinnfeld ist Existenz konstitutiv für ein in ihm erscheinendes Sinnfeld, aber der Schachzug ist nicht Existenz konstitutiv für den anderen Schachzug, denn ein Schachzug erscheint ja nicht im anderen Schachzug, sondern in einem Feld.



-------------------------------
Alle lächeln in derselben Sprache.

Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23272
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Mo 19. Aug 2019, 05:49

Es geht um Existenz. Du hast Probleme mit der indefiniten unendlichen Struktur der Felder. Ich nicht. der Grund dafür ist folgender: Ich schaue mich um und werde dieser Unendlichkeit der Existenzen sogar in dem kleinen Ausschnitt, der mit präsent ist, gewahr, ich kann darin also kein Problem erkennen. Es ist einfach das, was der Fall ist.




Benutzeravatar
Alethos
Beiträge: 4212
Registriert: Do 17. Aug 2017, 15:35
Wohnort: Schweiz

Mo 19. Aug 2019, 06:27

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 19. Aug 2019, 05:49
Es geht um Existenz. Du hast Probleme mit der indefiniten unendlichen Struktur der Felder. Ich nicht. der Grund dafür ist folgender: Ich schaue mich um und werde dieser Unendlichkeit der Existenzen sogar in dem kleinen Ausschnitt, der mit präsent ist, gewahr, ich kann darin also kein Problem erkennen. Es ist einfach das, was der Fall ist.
Aber du kannst sie nicht erklären.



-------------------------------
Alle lächeln in derselben Sprache.

Antworten