Jovis hat geschrieben : ↑ Mo 31. Aug 2020, 09:43
Gefühle, Gedanken, Körpervorgänge sind keine Substanzen, die man isolieren und verorten kann, sie sind nichts Statisches, sondern Prozesse, die nur in ihrer Gesamtheit
sind.
Gerald Dittel hat geschrieben : „nach Aristoteles ist der Geist thyrathen, das heißt er kommt ‚zur Tür herein’; aber wir wissen nicht, woher er kommt.“ (Frankl 1996, 117, zitiert nach Gerald Dittel)
W. Hogrebe hat geschrieben : „Geist ist außen, bricht aber innen durch“
Gefühle und Gedanken sind zwar keine Substanzen, die man verorten kann, wie du schreibst, aber dennoch finde ich die beiden Beobachtungen von Hogrebe und Aristoteles plausibel. Das entspricht auch gängigen Metaphern für die Meditationsübungen: man spricht von den Gedanken als Wolken, die vorbeiziehen. Oder, man sagt im alltäglichen Sprechen, dass man einen Einfall hat. Man spricht auch davon, dass man einen Gedanken ergreift oder erfasst. Bestimmte Gedanken liegen in der Luft.
Ein anderer Punkt, der dazu gehört, ist die Frage, wo und wie wir leben: wir sind ja ständig umgeben von Dingen, die wir selbst erschaffen haben, die Sinnen und Zwecken folgen und Ausdruck unserer geistigen Fähigkeiten sind. Wir befinden uns zumeist in von Menschen geschaffenen Ordnungen. Auch in diesem eher profanen Sinn ist Geist etwas "Äußeres".
Zudem sind wir ja unentwegt von Unseresgleichen umgeben. Doch die Anderen sind ja keine kalten Dinge. Ihr Gesichtsausdruck, ihre Gesten, ihre Körper, ihre Kleidungen, ihre Handlungen ... das alles sind ja Manifestationen des Geistes (in einem weiten Sinn von Geist). Man könnte vielleicht sagen, dass unsere Lebenswelt ein Ort des (vielfach verkörperten) Geistes ist. Das gleiche gilt für die damit verknüpfte (lebendige) Natur: auch sie kennt Sinne, Richtungen, Funktionen und Zwecke. Und insbesondere müssen wir uns aus dieser Natur ernähren:, müssen sie essen, trinken und atmen.
Unser eigener Leib, der erlebte Körper ist keine Hülle mit einem Inneren, sondern einen dauernd pulsierendes, räumlich ausgreifendes und Richtungen habendes Leben inmitten von anderem Leben und Sinnzusammenhängen. Also alles andere als ein von außen abgegrenztes Subjekt.
In vielfachen Hinsichten leben wir also ständig "im Geist". „Geist ist außen, bricht aber innen durch“ (W. Hogrebe)