Meditation und ihr philosophischer Gehalt

Aspekte metaphysischer Systementwürfe und der Ontologie als einer Grunddisziplin der theoretischen Philosophie können hier diskutiert werden.
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Jörn Budesheim
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Fr 5. Apr 2019, 07:26

Ich hatte ja schon mal erzählt, dass ich zusätzlich einmal in der Woche einen Meditationskurs an der Volkshochschule besuche. Am Ende des Kurses gibt es jedes Mal eine kleine Geschichte:

"Eine Schnecke ist unterwegs. Die Amsel fragt sie, wohin des Weges? Ich bin auf dem Weg zum Kirschbaum, ich will Kirschen sammeln, antwortet die Schnecke. Aber es dauert doch noch Monate, bis die Kirschen reif sind entgegnet die Amsel ..."

Ich schätze, jeder kann sich so ungefähr ausmalen, wie die Geschichte weitergeht. Sind Geduld und Gelassenheit etwas, was man bei der Meditation lernen kann?




herbert clemens
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Fr 5. Apr 2019, 10:31

Was ist Zweck meiner Meditation?
Freier zu werden, (gelassener gegenüber Umweltanforderungen und spontanen Gefühlsregungen)
liebevoller zu werden (Mitgefühl pflegen)
In der Stärkung des Selbst durch Meditationen (ob nach Zen, Sufi, Lama, … Art) werde ich aber auch frei für das Zulassen von Lebensfreude in der meditativen Situation, wie auch bei kulturellen Erlebnisse, wie auch im Alltag.
Für mich ist diese Freiheit Hinweis (nicht Beweis) einer geistig-göttlichen Dimension der Wirklichkeit und meines Selbst.
Vielleicht ist für diese Frage ein anderes Forum bedeutsamer.
https://www.dialogos-philosophie.de/vie ... 138#p30138




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TsukiHana
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Fr 5. Apr 2019, 14:33

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 3. Apr 2019, 07:58
Ein weiteres Anfänger Problem: Konsequenz und Disziplin. Konsequent und diszipliniert bin ich darin, meine Übung jeden Tag zur selben Zeit und am selben Ort zu machen...

Das ist nicht ganz einfach. Aber ich habe ja Zeit... dabei bin ich mir nicht ganz sicher, ob der Verweis auf die Zeit nicht einfach eine Ausrede ist, nicht disziplinierter zu sein.
Es kommt bei mir immer mal vor, dass ich durch gewissen Umstände nicht ganz so diszipliniert bin/sein kann, wie ich es sonst von mir erwarte. Das ist auch nicht weiter schlimm, denn dafür verlängere ich einfach meine Übung immer dann, wenn meine Zeit es zulässt.
Doch gestern merkte ich so richtig deutlich, wie sehr mir mein tägliches "Ritual" fehlte... ausgerechnet im Mega-Stau! :lol:
Den zu erdulden war dann auch eine besondere Übung...

"Ausreden" funktionieren nur temporär.
Letztlich wissen wir selbst doch am besten, wann/womit wir uns selbst belügen.



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Jörn Budesheim
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So 7. Apr 2019, 11:03

Fundstück
Bei einer in den USA durchgeführten Studie teilte man die Versuchspersonen in zwei Gruppen. Der ersten Gruppe sagte man, sie solle eine schlaffe Körperhaltung einnehmen, mit hängenden Schultern, so, als würden die Probanden sich entschuldigen. Die Versuchsteilnehmer der zweiten Gruppe hingegen sollten sich gerade halten, als wollten sie Erfolg signalisieren. Dann bekamen beide Gruppen dieselben Aufgaben zu lösen. Die Versuchsteilnehmer aus der ersten Gruppe scheiterten an der Lösung, die aus der zweiten, »aufrechten« Gruppe hingegen hatten mit den Lösungen überhaupt keine Mühe …




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TsukiHana
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So 7. Apr 2019, 13:14

Waren das alles meditierende Personen? Oder einfach ganz "normale" Versuchspersonen?



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Jörn Budesheim
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So 7. Apr 2019, 18:02

Die Studie selbst hatte - glaube ich - nichts mit Meditation nichts zu tun, auch wenn sie in einem Buch über Meditation Erwähnung fand. Das heißt, die Probanden waren nach meinem Verständnis nicht nach dem Aspekt Meditierende nicht Meditierende ausgewählt.

in philosophischer Hinsicht finde ich diesen Aspekt der Meditation auch sehr interessant. Das heißt die große Nähe von Haltung und Haltung. Also der sieht, dass die körperliche Haltung eine geistige Haltung begünstigen, im Extremfall sogar vorbringen kann. (Das ist ein Punkt, der meines Erachtens auch in den Faden über Masken passt. wenn mich nicht alles täuscht, hatte ich dort auch schon ein einschlägiges Zitat von Merleau-Ponty gebracht.)




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TsukiHana
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Mo 8. Apr 2019, 10:46

Spontan musste ich an ein Seminar denken, liegt schon viele Jahre zurück.
Der Seminarleiter (ein ausgebildeter Schauspieler) legte großen Wert auf Haltung, zum Beispiel bei der Arbeit.
Ganz besonders blieb mir in Erinnerung, dass er uns empfohlen hat, wichtige Telefonate stehend zu führen, da die Körperhaltung unmittelbare Auswirkungen auf die Festigkeit der Stimme hat.
Bis heute stehe ich bei den wirklich wichtigen Telefonaten. ;)



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TsukiHana
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Mi 10. Apr 2019, 00:26

Wie wichtig die Haltung in der Meditation ist verdeutlicht vielleicht eine Passage aus dem Chorgesang des Zen-Meisters Hakuin Hakuin Zenji Zazen Wasan:
Meister Hakuin Ekkaku hat geschrieben : ...Wem nur ein einmaliger Sitz sich vollendet, dem löst sich alles Karma auf, angehäuft in zahllosen Leben.
Wo sind die Pfade des Übels, wenn Reines Land so nahe ist? Wer voll Demut auch einmal nur diese Wahrheit vernimmt, wer sie preist und mit Vertrauen verfolgt, erlangt unendliche Glückseligkeit. Mehr noch: Wenn wir uns ganz der Suche hingeben und unmittelbar unsere eigene Natur erleben, dann ist unser eigenes Wesen nichts anderes als die Natur des vollendeten Nichts und wir sind erhaben über des Denkens Spiel
...
Achtung: ZEN-Sprech… also nicht jedes Wort philosophisch zerpflücken! ;)



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flechtlicht
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Do 11. Apr 2019, 22:56

Einfach genießen,

https://m.youtube.com/watch?v=m_Pvo5veOss

alles Liebe, sonst nichts




herbert clemens
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Fr 12. Apr 2019, 10:05

Nett, lieber aber:
https://www.youtube.com/watch?v=C7vvPXz-Qes

Kalenderspruch dazu:
Nie in die ferne Zeit verliere dich!
Den Augenblick ergreife! Der ist dein.
Schiller




flechtlicht
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Fr 12. Apr 2019, 11:07

Danke, wir singen gut zusammen

https://m.youtube.com/watch?v=rQe0jZyBL7k im zweiten Drittel fangen sie an zu schweben

Bei Lust und Liebe kann ich Dir auch mit der deutschen Fassung dienen, ein himmlischer Text




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Jörn Budesheim
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Fr 19. Apr 2019, 11:01

Der Psychiater, Neurowissenschaftler und Philosoph Thomas Fuchs beendet sein Buch über das Gehirn so:

Das Gehirn verfügt nicht über geistige Zustände oder über Bewusstsein, denn das Gehirn lebt nicht, es ist nur das Organ eines Lebewesens, einer lebendigen Person. Nicht Neuronen Verbände, nicht Gehirne, sondern nur Personen fühlen, denken, nehmen wahr und handeln. Es ist irrig, das Subjekt oder die Person mit dem Gehirn zu identifizieren und nur in ihm das Persönliche zu suchen. Was eine Person wesentlich ausmacht, ist ihr "Sein in Beziehungen", und diese intentionalen und soziale Beziehung zur Welt sind weder Erzeugnisse des Gehirns noch in ihm aufzufinden. Zwar sind die Vermögen der Person ebenso wie ihre Realisierung als bewusste Lebensäußerung in besonderem Maß an die Gehirnfunktionen gebunden. Das Gehirn ist sofern eine zentrale Bedingungen der Möglichkeit personalen Daseins in der Welt. Doch "Person" ist nicht ein Teil des Körpers, sondern immer die leibliche seelische Einheit, der lebendige Mensch. Personen haben Gehirne, sie sind sie nicht. Diese Einheit können wir allerdings nur unter zwei komplementären Aspekten, als in sich vermittelte Einheiten erfassen. Unter dem einen Aspekt erscheint die Person in ihren integralen leiblichen, seelischen und geistigen Lebensäußerung, unter dem anderen Aspekt als körperliche Organismus, einmal als Leib einmal als Körper ....

Suzuki schreibt in seinem "Meditationsbuch" über den Anfängergeist etwas ganz ähnliches:

Das ist die wichtigste Lehre: nicht zwei und nicht eins. Unser Körper und Geist sind nicht zwei und nicht eins. Wenn ihr denkt, euer Körper und Geist seien zwei, dann ist das falsch; wenn ihr denkt, sie seien eins, so ist das auch falsch. Unser Körper und Geist sind zwei und eins. ...

Bei den Zitaten ist mir folgendes wichtig: Das was Suzuki sagt, mag sich auf den ersten Blick seltsam anhören, setzt man es jedoch in Relation zu den Forschungsergebnissen von Fuchs, sieht man, dass es überaus plausibel ist.

Ein anderer Punkt: Fuchs macht deutlich, meines Erachtens vollkommen zu recht, dass keineswegs das Gehirn denkt, fühlt oder in irgendeiner Weise handelt. Es ist immer die Person, die denkt und handelt. Darauf wollte ich hinweisen, weil hier im Forum gelegentlich davon gesprochen wurde, dass das Gehirn denkt oder ähnliches... in der Philosophie nennt man sowas einem mereologischen Fehlschluss, weil dabei ein Teil und das Ganze verwechselt werden.




flechtlicht
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So 21. Apr 2019, 07:00

Eine Sprechmeditation zur Auferstehung der Liebe und der Freiheit, der Freude und des Friedens als Mensch als Gott.

https://m.youtube.com/watch?v=n80PA5J5FEA

Frohe Ostern




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Jörn Budesheim
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Morgen

Zwitschern
Glocken
Atmen




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Jörn Budesheim
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Ich mache dieses kleine Selbstexperiment nun fast genau ein Dreivierteljahr. Mittlerweile gehört es zu meinem Alltag und ich kann mir nur schwer vorstellen, damit wieder aufzuhören. Obwohl... im Moment bin ich mit einer in einer Phase, wo ich gewissermaßen "aufgehört habe zu meditieren". Soweit es mir möglich ist, mache ich mir nämlich im Moment kaum Gedanken darüber, was ich da eigentlich tue und ob es wirklich Meditation ist. Vollständig gelingt das natürlich nicht. Das heißt im Moment habe ich nur wenige Regeln: morgens ca 6:45 h setze ich mich auf mein Bändchen und stelle die Uhr auf 30 Minuten. Der Rest ergibt sich... Was auch immer das letztlich ist, es ist schön für mich :)

Nachtrag: Ein großer Unterschied zum Beginn ist, dass ich praktisch überhaupt keine geführten Meditationen mehr mache.




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Jörn Budesheim
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Jörn Budesheim
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Macht uns Meditation zu Egoisten?

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Nur durch Achtsamkeit begreifen wir die Probleme der Welt, sagt Stefan Boes. Schön und gut, meint Katharina Wiegmann. Aber die Lösungen dafür finden sich nicht auf der Yogamatte ...

https://perspective-daily.de/article/82 ... 0a5rduUGZs




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TsukiHana
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Mo 3. Jun 2019, 18:33

Oh nee... offenbar scheint diese überalterte Debatte alle Jahre wieder das Sommerloch zu füllen. Ist es schon wieder so weit? :D



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Jörn Budesheim
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Nein, es regnet gerade :)




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TsukiHana
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Mo 3. Jun 2019, 18:39

Sehr gut! Es darf gerne bis Samstag regnen...
Danach wünsche ich mir viel Sonne und gute Wide, da ich in See stechen will... die allerbeste Form der Fortbewegung und auch gleichzeitig der Meditation! :D



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