Meditation und ihr philosophischer Gehalt

Aspekte metaphysischer Systementwürfe und der Ontologie als einer Grunddisziplin der theoretischen Philosophie können hier diskutiert werden.
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Jörn Budesheim
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Fr 18. Jan 2019, 14:55

Ich dachte, ich müsste mich ganz langsam an das Bänkchen gewöhnen. Daher habe ich in der ersten Tagen ist immer nur 5 Minuten ausprobiert. Danach habe ich mich auch zehn Minuten gesteigert. Aber ich merkte schnell, dass ich problemlos deutlich länger darauf sitzen kann. Im Grunde sind nur die Füße ein kleineres Problem, wohin damit? und außerdem werden sie reichlich belastet. Aber ich schätze, auch damit werde ich warm werden. Wenn das in dem Tempo weiter geht, dann habe ich ein paar Jahren auf den Lotussitz drauf :-)




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Fr 18. Jan 2019, 15:09

Bei den letzten Malen habe ich etwas ausprobiert, bei dem ich mir nicht mal sicher bin, ob es im Vollsinne Meditationen sind. Dabei lasse ich den Gedanken freien Lauf - ein stream-of-consciousness. Auf irgendeine Art und Weise, ich kann nur schwer beschreiben wie, bin ich dennoch nicht ganz weit vom Atmen und der Aufmerksamkeit darauf entfernt. Oft lasse ich dabei Kindheits und Jugenderinnerungen an meinem geistigen Auge vorbeiziehen. Das ist in der Regel eher ungeordnet und weit entfernt von den quälenden Gedankenmühlen, die einen manchmal gefangennehmen, sondern ein angenehmer flow mit vielen Überraschungen, weil manchmal Wegmarken auftauchen die einem Alltag lange nicht mehr präsent waren.

Ich habe dabei durchaus das Gefühl, präsent und nicht einfach abgelenkt und zerstreut zu sein.

Nach solchen Versuchen, ich weiß das mag albern klingen, habe ich manchmal das Bedürfnis, so etwas wie einen Meister zu haben, dem ich dies erzählen und darüber befragen kann ...




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Sa 19. Jan 2019, 18:33

herbert clemens hat geschrieben :
Mi 16. Jan 2019, 09:53
"dualistische Trennung" kann ich schlecht skizzieren, weil ich es ja nicht klar habe.
Eingebunden in Welt trete ich ihr gegenüber. ...
Das bekannteste Beispiel einer dualistischen Trennung dürfte der Dualismus Descartes sein. Descartes geht von zwei verschiedenen Substanzen aus: er nennt sie "res extensa" und "res cogitans" - also, einfach gesagt, Materie und Geist. Eine Substanz ist etwas selbstständiges, für sich allein bestehendes. Sie ist nicht von anderem abhängig. Die res cogitans ist bei Descartes vom Körper getrennt und etwas für sich bestehendes, eine Substanz eben. Wir haben es hier mit einer tatsächlichen dualistischen Trennung zu tun. Das ist ein metaphysisches Konzept, das zwar eine gewisse Plausibilität für sich beanspruchen kann, aber auf ein großes Problem stößt: Wie spielen die beiden Substanzen zusammen? Descartes Lösung wird natürlich heute nicht mehr akzeptiert; er war der Ansicht, dass es irgendwo im Gehirn (nämlich bei der Zirbeldrüse) eine Wechselwirkung zwischen den Substanzen gibt.

Dass wir in die Welt eingebunden sind und ihr gegenübertreten, wie du dich ausdrückst, muss jedoch nicht zu einem Dualismus führen. Der Umstand, dass wir von den Dingen um uns herum verschieden sind, bedeutet ja nicht, dass wir es mit zwei (oder mehr) selbständigen Substanzen zu tun haben.

Du hast wiederholt die Metapher des Gegenübertretens gebraucht, aber ich sehe nicht, dass allein damit in irgendeiner Weise ein (dualistisches) Problem entstehen könnte. Doch bevor wir das Problem lösen, müssen wir erstmal sehen, welches Problem sich überhaupt stellt :-)




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So 20. Jan 2019, 07:07

herbert clemens hat geschrieben :
Mi 16. Jan 2019, 09:53
"dualistische Trennung"
Ulrich Ort, in Meditation für Skeptiker hat geschrieben : Eine wissenschaftliche Untersuchung von Harald Piron (2003) ergab, dass sich die Erfahrungen von Meditierenden tatsächlich entlang einer Tiefendimension entfalten. Er untersuchte klassische Texte buddhistischer, christlicher, hinduistischer und daoistischer Traditionen, die eine Abfolge von Stufen zunehmender Vertiefung im Verlauf der Meditationspraxis beschreiben. Anschließend bat er vierzig Meditationslehrer und -lehrerinnen, eine Reihe typischer Erfahrungen hinsichtlich ihrer jeweiligen Tiefe einzustufen. Bei den Befragten handelte es sich um autorisierte Lehrende verschiedener Traditionen mit mindestens zwanzig Jahren eigener Praxis und zehn Jahren Lehrtätigkeit. Die Urteile dieser Experten zeigten ein sehr hohes Maß an Übereinstimmung, so dass die Erfahrungen fünf Bereichen unterschiedlicher Tiefe zugeordnet werden konnten:
  1. Hindernisse: Unruhe, Langeweile, Motivations-/Konzentrationsprobleme
  2. Entspannung: Wohlbefinden, ruhige Atmung, wachsende Geduld, Ruhe
  3. Konzentration: Achtsamkeit, kein Anhaften an Gedanken, innere Mitte, Energiefeld, Leichtigkeit, Einsichten, Gleichmut, Frieden
  4. Essentielle Qualitäten: Klarheit, Wachheit, Liebe, Hingabe, Verbundenheit, Demut, Gnade, Dankbarkeit, Selbstakzeptanz
  5. Nicht-Dualität: Gedankenstille, Einssein, Leerheit, Grenzenlosigkeit, Transzendenz von Subjekt und Objekt
Diese fünf Tiefenbereiche liefern eine grobe Landkarte der potentiellen Bewusstseinsveränderungen durch Meditation. ...




flechtlicht
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So 20. Jan 2019, 10:20

Hallo Herbert,
aufrichtige Meditation führt Dich wie aufrichtige Philosophie oder Spiritualität zur unmittelbaren Wirklichkeit Gottes und der Engel und ihrer bedingungslosen Liebe.
Mittlerweile gibt es einige millionen dokumentierter Nahtoderfahrungen, die übereinstimmend und in sich schlüssig den unmittelbaren Kontakt zu Gott und den Engeln belegen. Jeder Mensch kann durch ein liebevolles Leben den Himmel auf die Erde holen oder mit Lieblosigkeit das Tor zur Hölle öffnen.
Ungeachtet dessen, was ein Mensch während seines Erdenlebens glaubt und tut, wird er sich nach dem Ablegen des Körpers mit der alles durchdringenden Liebe Gottes konfrontiert sehen.
Mehr noch, ihm wird bewusst, dass diese Liebe und die Gegenwart Gottes auch die materielle Welt erfüllen und am Leben halten und es einzig durch den Wahn der Lieblosigkeit in den er sich hineingesteigert hat, für ihn vermeintlich nicht erkennbar war.
Es ist nicht schwer zu verstehen, warum viele Menschen verzweifelt versuchen, Gott als Illusion, seine Gefährten als Spinner und die Welt als Zufall zu behaupten.

Sie hatten nie den Hauch einer Chance, ihr Spiel zu gewinnen...

Wenn Du magst, kannst Du einen gemütlichen Abend mit Nahtoderlebnissen verbringen und dabei erleben, wie sich Deine Seele schnurrend an Dich schmiegt. Anbei eine kleine Auswahl zum Einstieg

https://m.youtube.com/watch?v=457xGuSEq5E
https://m.youtube.com/watch?v=ReXogVVnDdc
https://m.youtube.com/watch?v=0rJJHaghyqE
https://m.youtube.com/watch?v=r2QytTuOXI4
https://m.youtube.com/watch?v=uidQUKtX-ak
https://m.youtube.com/watch?v=C_KHpHlsAM4

Wie gesagt, millionenweise Zeugnisse und irgendwann Dein eigenes, jedes Menschen,
unausweichlich...

Die Wellenmeditation und meine Einladung zum Tanz entfalten die gleiche Wirkung, sie verbinden den Menschen mit seiner Seele und erinnern lustvoll an die ununterbrochene Gegenwart Gottes und seiner Liebe.

Wenn Du grosse Freude empfinden willst, dann umgib Dich mit seelenvoller Musik, stell Dich locker in sie hinein und fang an, Deinen ganzen Körper, Beine, Füsse, Arme, Hände, Po, Bauch, Hüfte, Brust, Rücken, Schultern, Flügel, Hals und Kopf genussvoll in ihr zu wiegen.

Zur Anregung zwei Beispiele von Estas Tonne und Omnia

https://m.youtube.com/watch?v=cT2F-KBIUt8

https://m.youtube.com/watch?v=T3gf-0xhtmM

und erinnere Dich, alles Liebe.




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So 20. Jan 2019, 10:30

Beim Blättern im Thread lese ich als Antwort auf meinen Hinweis auf das Buch von Wolf Singer und Matthieu Ricard "Jenseits des Selbst" - Dialoge zwischen einem Hirnforscher und einem buddhistischen Mönch bei Tosa Inu:
Tosa Inu hat geschrieben :
So 12. Aug 2018, 10:22
Ach, lasst uns lieber selber denken, philosophieren, vielleicht auch mal meditieren und das in Beziehung setzen. Es ist auch hier nicht so interessant zu hören, was A, B oder C von Meditation halten.

Wolf Singer hat nach eigenen Angaben ein 14 Tage Kurs mitgemacht, an anderer Stelle sprach er von weniger Tagen, damit verfügt er zwar über deutlich mehr Meditationserfahrung als 98% derer, die sich ansonsten oft meinen abschließend zu dem Thema äußern zu müssen, das ist aber in etwa so beeindruckend, einen Fahrschüler nach einigen Stunden zu seinem abschließenden Urteil über den Straßenverkehr zu befragen.
Für mich schließt sich das nicht aus: selbst zu denken, selbst zu zeichnen und zu malen, selbst zu meditieren und Bücher darüber zu lesen und sich dafür zu interessieren, was A, B oder C von Meditation/Philosophie/Kunst/etc. halten. Ganz im Gegenteil: das bereichert meine eigene Erfahrung! Und: soweit ich sehe gehören sowohl zur Meditation und zur Kunst als auch zur Philosophie ihre jeweiligen Tradition wesenhaft dazu. Ricard nennt den Buddismus eine "Wissenschaft vom Geist", die auf eine 2500 Jahre alte Tradition zurückblicken kann.

Für mich ist diese "Konfrontation" von Lesen und Selbstdenken seit jeher unplausibel. Und ich staune immer, wie weit diese "Gegenüberstellung" verbreitet ist. Wie auch immer: Bei eigentlich allem, womit ich selbst mich denkend und praktizierend beschäftigt habe in meinem bisherigen Leben, hatte ich stets auch das ausgeprägte Bedürfnis zu sehen, zu hören oder zu lesen, was andere darüber denken und wie sie es selbst bewerkstelligen. Das war beim Sport (Tischtennis, Boule, Schach) nicht anders als beim Malen, Philosophieren und Meditieren - Lektüre oder anderweitige Inputs, wie Ausstellungen, Bilder oder Videos gehören bei mir immer dazu.

Heute morgen hab ich auf meinem neuen Bänkchen gekniet und nach meiner Morgenmeditation in "Meditation für Skeptiker" gelesen und sogleich die Vorschläge ausprobiert ... das hat mir viel Spaß gemacht :-)




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So 20. Jan 2019, 11:25

Tosa Inu hat geschrieben : Diese 'Wissenschaft trifft auf Spiritualität' Geschichten gehen gut, weil sie so ein wenig den Charakter einer Freakshow haben. Ein paar Verrückte experimentieren da rum und dann kommt einer, der das alles seriös erklären und für uns verständlich einordnen kann, so dass man sich – darum geht es leider letztlich zu oft – keine Sorgen machen und nicht mit dem Thema beschäftigen muss. Man weiß, was man davon zu halten hat und kann entspannt weiter schlafen.
Wow. Nichts könnte von der Realität dieser Dialoge weiter weg sein als das, finde ich. Nach allem, was ich bisher gelesen habe begegnen sich die beiden Freunde voller Respekt auf Augenhöhe mit der größten Neugierde. Es gibt hier keinen Freak, keinen Verrückten und es kommt auch keiner, der das alles seriös erklärt. Es handelt sich dabei um einen Dialog zweier Forscher: der eine setzt eher auf die Perspektive der dritten Person, der andere eher auf die der ersten Person.




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So 20. Jan 2019, 11:49

Hermeneuticus hat geschrieben :
So 12. Aug 2018, 23:16
Damit bin ich auch schon beim entscheidenden Punkt: Meditation ist eine Praxis und nichts anderes. Der Versuch, den meditativen Vollzug in theoretische Einsichten zu übersetzen oder zu erzählen, was man erfahren hat, ist schon im Ansatz zum Scheitern verurteilt.
SHUNRYU SUZUKI, in "Zen-Geist - Anfänger-Geist" im Kapitel HALTUNG hat geschrieben : Diese Formen sind kein Mittel, den rechten Geisteszustand zu erlangen. Diese Haltung einzunehmen bedeutet, den rechten Geisteszustand zu haben. Es ist nicht nötig, einen besonderen Geisteszustand zu erlangen.

Nun möchte ich über unsere Zazen-Haltung sprechen. Wenn ihr die volle Lotos-Position einnehmt, dann liegt euer linker Fuß auf eurem rechten Oberschenkel und euer rechter Fuß auf dem linken Oberschenkel. Wenn wir unsere Beine auf diese Weise kreuzen, dann sind sie eins geworden, obgleich wir ein rechtes Bein und ein linkes Bein haben. Diese Haltung bringt die Einheit der Dualität zum Ausdruck: nicht zwei und nicht eins. Das ist die wichtigste Lehre: nicht zwei und nicht eins. Unser Körper und Geist sind nicht zwei und nicht eins. Wenn ihr denkt, euer Körper und Geist seien zwei, dann ist das falsch; wenn ihr denkt, sie seien eins, so ist das auch falsch. Unser Körper und Geist sind zwei und eins. Wir denken gewöhnlich, dass etwas, das nicht eins ist, mehr als eins sein muss; wenn es nicht Singular ist, ist es Plural. Doch in der tatsächlichen Erfahrung ist unser Leben nicht nur Plural, sondern auch Singular. Jeder von uns ist abhängig und unabhängig zugleich.
Friederike hat geschrieben :
So 12. Aug 2018, 12:10
Wenn wir auf die Erfahrungen von Menschen zurückgreifen, die mit dem Instrument der Meditation die üblichen menschlichen Zustandsmodi überschritten haben, dann gewinnen wir Erkenntnisse über den Menschen "an sich".
Nehmen wir mal an, Ricard hat Recht mit seiner Ansicht Meditation sei eine "Wissenschaft vom Geist". Das Wissen, das hier geschöpft wird, kann man ohne Praxis nicht haben - das steht außer Zweifel, meine ich. Aber ist es wirklich eine Praxis und nichts anderes? Suzukis Text scheint das nicht zu bestätigen, oder? (Er steht ggf. auch in einer gewissen Spannung zu Ricard Ansicht.)

Zu versuchen "zu erzählen, was man erfahren hat, ist schon im Ansatz zum Scheitern verurteilt." Wirklich? Ich glaube nicht, dass das stimmt. Tatsächlich ist es für mich oft schwer, die Erfahrungen, die ich beim Meditieren mache, in Worte zu fassen. Aber warum? Ein Grund könnte sein, dass mir einfach die Vokabeln dazu fehlen - eigene Wissengebiete haben in der Regel eigene Sprachen entwickelt. Die kann man lernen. Nun kann man auf die Erfahrungen, die man beim Zazen zum Beispiel macht, nicht mit dem Finger zeigen - so wie man auf einen Baum zeigt. Das macht es nicht gerade leichter, sie in Wort fassen. Dennoch stellt man bei Gesprächen durchaus fest, dass man anscheinend recht ähnliche Erfahrungen gemacht hat ... für die man dann auch ein gemeinsames Vokabular entwickeln kann. Da solche Erfahrungen nicht bloß idiosynkratisch sind, sondern offen für (fast) jeden, der sich in die Übungen versenkt, ist es auch möglich davon zu erzählen.

Die Begriffe, die man dafür verwendet sind natürlich grobkörniger als die Erfahrungen, aber die Begriffe sind dennoch lebendig, da die Erfahrungen selbst in sie eingehen.




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So 20. Jan 2019, 14:52

Tosa Inu hat geschrieben :
Sa 11. Aug 2018, 12:55
Sind das jetzt nur Hirngewitter?
Nein, Atmen (als nur ein Beispiel) ist kein Hirngewitter.
Tosa Inu hat geschrieben :
Sa 11. Aug 2018, 12:55
Haben meditative Erfahrungen irgendeine objektive oder gesellschaftliche Releveanz, oder sind es lediglich rein subjektive Erfahrungen?
"Oder" und "lediglich" passen hier nicht. Erlebnisse haben zwar eine subjektive Ontologie, dennoch existieren sie natürlich auch objektiv, es gibt sie wirklich, das steht doch außer Zweifel. Zur gesellschaftlichen Relevanz: Meditative Erfahrungen können zum Beispiel dann von objektiver gesellschaftlicher Relevanz sein, wenn genügend Menschen sie machen, da Meditation auch eine Einübung in Altruismus ist. "Eine innere Haltung der Wertschätzung und Güte anderen gegenüber fördert die soziale Verbundenheit und reduziert Gefühle der Isolation" (Ulrich Ort). Es wird vermutet, dass Meditation positive Auswirkungen auf Entscheidungsfindungsprozesse hat u.v.m.
Tosa Inu hat geschrieben :
Sa 11. Aug 2018, 12:55
Wie hoch oder weit geht es hinuas oder nach innen, oder vielleicht tatsächlich in andere Welten? Was spricht für deren Existenz, was dagegen?
Das sind keine "anderen Welten" (anders als was?) Es sind "Welten eigener Ordnung". Wir erleben sie - das ist ihre objektive Existenz.
Tosa Inu hat geschrieben :
Sa 11. Aug 2018, 12:55
Ist das vielleicht nur ein biologischer Stand by Modus, der konstruktivistisch von A bis Z erklärt werden kann?
Diese Erfahrungen haben eine biologische Basis, nur Lebewesen können sie machen, schätze ich. Nach meinem Kenntnisstand sind nicht mal die "banalsten" Alltagserfahrungen bisher letzgültig naturwissenschaftlich verstanden. Ob es jemals anders wird, ist völlig offen. Die "subjektive" Seite jeder Erfahrung macht jedoch jeden naturwissenschaftlichen "Totalistätsanspruch" mehr als fragwürdig. Ich, hier und jetzt lassen sich in keine naturalistische Landkarte einzeichnen. Die Debatten darüber dauern an ...
Tosa Inu hat geschrieben :
Sa 11. Aug 2018, 12:55
Kann man aus Meditationen echte Erkennntnisse ableiten und falls ja, welche wären das?
Klar macht man echte Erkenntnisse, man lernt versteckte Ecken des allgemeinen Bewusstseinsraums zu erkennen und zu erschaffen.




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So 20. Jan 2019, 16:33

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 7. Sep 2018, 06:19
Was macht ihr, wenn es beim Meditieren juckt?
Ulrich Ott hat geschrieben : Versuchen Sie, weder angenehme Empfindungen auszudehnen noch unangenehme Empfindungen zu verkürzen. Sollte beispielsweise ein Jucken auftauchen, dann reagieren sie nicht sofort mit Ärger und Kratzen, sondern warten Sie ab, ob der Impuls nicht schon bald ganz von selbst wieder verschwindet. Bleiben Sie gelassen und gleichmütig, selbst wenn intensive Gefühle aufsteigen sollten.
Mittlerweile halte ich es so. Manchmal nehme ich das Jucken sogar zum Gegenstand der Beobachtung ...




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Mo 21. Jan 2019, 06:21

Tosa Inu hat geschrieben :
Mo 13. Aug 2018, 10:44
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 13. Aug 2018, 09:54
Unser Bewusstsein (in all seiner Facetten) ist in gewisser Hinsicht "subjektiv". Allerdings ist das ein "subjektiv", welches sich nicht ohne weiteres auf "bloß subjektiv" reimt. Bewusstsein ist subjektiv, weil es eben jene (berühmt/berüchtigte) "Erste-Person-Ontologie" hat. Das heißt: Bewusstsein gibt es nur, insofern es Subjekte gibt, die es haben/erleben.
Diese Gewissheit wird in der Meditation recht radikal infrage gestellt.
Das ist etwas, was man sich jedoch weder vorstellen noch herbeidenken kann, man muss es erleben, um es zu verstehen.
Eine Ich-Gewissheit begleitet all unsere Erfarungen. Auch wenn wir nicht näher darüber nachdenken, so wissen wir doch zweifelsfrei, dass wir es sind, die gerade dieses Buch lesen, essen, einen Film schauen, joggen oder sprechen. Dass ist so banal, dass es uns so wenig auffällt, wie der Atem oder Herzschlag.
Diese Ich-Gewissheit fällt eigentlich sogar erst durch ihr Fehlen auf, wenn man sich in einer Situation erlebt, in der diese Gewissheit futsch ist, ohne dass man irgendwie in der Luft hängt, ohne Mangel, ohne Angst. Man ist nicht jemand, man ist.
Die "Erste-Person-Ontologie" hat allerdings nicht zwingend etwas mit "Ich-Gewissheit" zu tun. Selbst wenn diese in den Hintergrund tritt und "man ist" liegt diese "Seinsart" vor. Denn das, was es dort gibt, gibt es nur insofern es das fragliche Subjekt - die "Erste Person" gibt.




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Mo 21. Jan 2019, 07:25

Hermeneuticus hat geschrieben :
So 12. Aug 2018, 23:16
Damit bin ich auch schon beim entscheidenden Punkt: Meditation ist eine Praxis und nichts anderes. Der Versuch, den meditativen Vollzug in theoretische Einsichten zu übersetzen oder zu erzählen, was man erfahren hat, ist schon im Ansatz zum Scheitern verurteilt.
Im Bezug auf das Erzählen, dessen was man erfahren hat, bin ich sehr im Schwanken, ob (und wenn ja, wie weit) es möglich ist. Entscheidend ist wohl, an wen man sich wendet und welche schriftstellerischen oder dichterischen Fähigkeiten man mitbringt.




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Di 22. Jan 2019, 05:36

Ich lese dazu gerade einen Text von Thomas Metzinger. (Bin erst am Anfang) Hier > http://www.philosophie.uni-mainz.de/Dat ... R_2013.pdf

Metzinger scheint eher der Ansicht von Hermeneuticus zuzuneigen:
Thomas Metzinger hat geschrieben : Im Falle der klassischen Meditationspraxis ist dies [die fraglichen Praxis] eine
systematische Form des inneren Handelns, das sich dann bei
genauerem Hinsehen als eine bestimmte Form des aufmerk-
samen Nicht-Handelns entpuppt. Die gesuchte Form von Er-
kenntnis ist nicht propositional, es geht nicht um wahre Sätze.
Es geht auch nicht um gedankliche Einsichten, und die ge-
suchte Form von Erkenntnis ist deshalb sprachlich nicht
kommunizierbar, sie kann höchstens angedeutet oder gezeigt
werden. Andererseits ist es aber immer ganz klar, dass es [sich dabei] nicht um Therapie allein oder um eine verfeinerte
Form von Wellness geht, sondern in einem sehr starken Sinn
um ethische Integrität durch Selbstwissen, um eine radikale,
existentielle Form von Befreiung durch Selbsterkenntnis; und
in vielen Traditionen ist es auch sehr deutlich, dass es dabei
immer so etwas wie eine geistige Schulung, einen Übungs-
weg, eine innere Form von Tugend oder Selbstvervollkomm-
nung gibt.




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Di 22. Jan 2019, 05:50

Noch mal Metzinger: über Kitsch, Meditation und Unbestechlichkeit
„Ich behaupte, dass die einzige Spiritualität die Unbestechlichkeit des Selbst ist.“ (Krishnamurti)
; und genau
um dieses Bedeutungselement geht es mir hier. „Unbestechlichkeit“ ist nämlich der semantische Kern eines wirklich philosophischen Begriffs der Spiritualität. Wenn unser Ziel darin
besteht, die Möglichkeiten für eine säkularisierte, aber immer noch substantielle Spiritualität
zu untersuchen, dann geht es um Unbestechlichkeit in mehrere Richtungen: gegenüber den
Vertretern metaphysischer Glaubenssysteme, die die Meditationspraxis an eine wie auch
immer geartete Theorie zu binden versuchen, aber auch gegenüber den rein ideologischen
Formen des rationalistischen Reduktionismus, die alle nicht-
wissenschaftlichen Formen des Erkenntnisgewinns aus rein
weltanschaulichen Gründen diskreditieren möchten. Vor allem
jedoch geht es um die Entdeckung einer von allen Theorien
und Vorstellungen unabhängige Unbestechlichkeit sich selbst
gegenüber.
Was ist aber diese Unbestechlichkeit? Was heißt es – ins-
besondere auch sich selbst gegenüber – nicht korrupt zu sein?
Gibt es eine Form von Spiritualität, die nicht selbstgefällig,
klebrig oder kitschig ist, bei der man keinen intellektuellen
Selbstmord begeht und deshalb auch nicht auf mehr oder we-
niger subtile Form seine Würde als kritisches rationales Subjekt
verliert?




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Friederike
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Di 22. Jan 2019, 15:57

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 21. Jan 2019, 07:25
Hermeneuticus hat geschrieben :
So 12. Aug 2018, 23:16
Damit bin ich auch schon beim entscheidenden Punkt: Meditation ist eine Praxis und nichts anderes. Der Versuch, den meditativen Vollzug in theoretische Einsichten zu übersetzen oder zu erzählen, was man erfahren hat, ist schon im Ansatz zum Scheitern verurteilt.
Im Bezug auf das Erzählen, dessen was man erfahren hat, bin ich sehr im Schwanken, ob (und wenn ja, wie weit) es möglich ist. Entscheidend ist wohl, an wen man sich wendet und welche schriftstellerischen oder dichterischen Fähigkeiten man mitbringt.
Ich lese die Beiträge eben erst und bleibe an der Formulierung "im Ansatz zum Scheitern verurteilt" hängen. Die Bewertung bezieht sich, wie ich denke, auch auf das Erzählen. "Im Ansatz" bedeutet ja sowas wie prinzipiell, grundsätzlich. Es geht also nicht um kontingente Fähigkeiten oder das Publikum. Das will mir nicht einleuchten bzw. verstehe ich nicht, warum Du das meinst @Hermeneuticus.




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Di 22. Jan 2019, 21:23

Der Text von Metzinger scheint interessant und lohnenswert zu sein. Bislang ist mir selbst bei ihm nicht klar geworden, was Spiritualität ist. Mir scheint wohl ein Gen bzgl. Spiritualität zu fehlen. An der Stelle wo er Popper und spirituelle Einstellung in einem Atemzug nennt, wäre mir fast das Tablet aus der Hand gefallen.
Diesen Text ganz zu besprechen, dürfte aber vom ursprünglichen Thema des Threads wegführen, oder?



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

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Di 22. Jan 2019, 22:20

Ich bin noch nicht ganz durch - aber wir können den Text gerne hier besprechen, passt schon.




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Mi 23. Jan 2019, 05:30

Friederike hat geschrieben :
Di 22. Jan 2019, 15:57
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 21. Jan 2019, 07:25
Hermeneuticus hat geschrieben :
So 12. Aug 2018, 23:16
Damit bin ich auch schon beim entscheidenden Punkt: Meditation ist eine Praxis und nichts anderes. Der Versuch, den meditativen Vollzug in theoretische Einsichten zu übersetzen oder zu erzählen, was man erfahren hat, ist schon im Ansatz zum Scheitern verurteilt.
Im Bezug auf das Erzählen, dessen was man erfahren hat, bin ich sehr im Schwanken, ob (und wenn ja, wie weit) es möglich ist. Entscheidend ist wohl, an wen man sich wendet und welche schriftstellerischen oder dichterischen Fähigkeiten man mitbringt.
Ich lese die Beiträge eben erst und bleibe an der Formulierung "im Ansatz zum Scheitern verurteilt" hängen. Die Bewertung bezieht sich, wie ich denke, auch auf das Erzählen. "Im Ansatz" bedeutet ja sowas wie prinzipiell, grundsätzlich. Es geht also nicht um kontingente Fähigkeiten oder das Publikum. Das will mir nicht einleuchten bzw. verstehe ich nicht, warum Du das meinst @Hermeneuticus.
Bei Metzinger gibt es dafür ein Argument: "Die gesuchte Form von Erkenntnis ist nicht propositional, es geht nicht um wahre Sätze. Es geht auch nicht um gedankliche Einsichten, und die gesuchte Form von Erkenntnis ist deshalb sprachlich nicht kommunizierbar, sie kann höchstens angedeutet oder gezeigt werden." (Metzinger)

Sinngemäß: Die Erkenntnis ist nicht propositional und daher ist sie nicht kommunizierbar. Das halte ich für seltsam. Vieles, was sich gerade in diesem Moment in meiner Reichweite befindet, ist nicht propositional, dennoch kann ich darüber reden. Das ist sogar der Normalfall der Kommunikation, dass die Dinge über die wir reden keine sprachliche/gedankliche/propositionale Form haben, scheint mir.




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Metzinger vertritt letztlich (wie zu erwarten) einen recht strengen Naturalismus:
Thomas Metzinger, auf Seite 23 hat geschrieben : Die vernünftigste Annahme ist, dass auch fortgeschrittene Meditationszustände ein notwendiges neuronales Korrelat besitzen, ohne das sie nicht auftreten können. Die veränderten Bewusstseinszustände, die im Rahmen einer spirituellen Praxis um der Erkenntnis willen kultiviert werden, sind am Ende wahrscheinlich schlicht und einfach identisch mit physikalischen Zuständen in unserem Kopf. Weil auch das Gehirn ein Teil des menschlichen Körpers ist, sind dann zum Beispiel auch die Erfahrungsgegenstände der Meditation – Erinnerungsepisoden, auf die Zukunft gerichtete Fantasien, spontan auftretende Gedanken und Gefühle – letztlich körperliche Vorgänge, auch wenn sie normalerweise subjektiv nicht als solche erlebt werden.




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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 11. Jan 2019, 06:41
"Koan"
"Welches war dein ursprüngliches Gesicht vor deiner Geburt?"




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