Jovis hat geschrieben : ↑Mi 19. Aug 2020, 19:07
Ich finde das gar nicht so off topic. Das ist ja ein ganz fundamentaler Punkt, den man bei der Meditation lernt: Das Geschehenlassen. Und Ulrich, so, wie du ihn beschrieben und zitiert hast, würde damit arge Probleme haben, wenn er eine solche Abneigung gegen das "Seinesgleichen geschieht" hat. Ich bin mit dem Buch vor vielen Jahren ziemlich weit gekommen, wurde aber immer unwilliger beim Lesen, weil es einerseits nach meinem Gefühl immer mehr zerfaserte, aber vor allem, weil mir die Hauptfigur mit ihrer gequälten Individualitätssucht immer unsympathischer wurde. Und das bestätigt sich bei deinen Zitaten wieder.
Der Verlag bewirbt den Mann ohne Eigenschaften von Robert Musil mit einem Zitat von W. E. Süskind:
"Musils Buch besitzt die hinreißendsten Romaneigenschaften: Anschaulichkeit noch in der unsinnlichsten Reflexion, Heiterkeit bis zu tanzendem Übermut, gründlichen Humor, der kaum an ein oder zwei Stellen geringere Humostika passieren lässt, und vor allem einen Reichtum und Witz des Vergleichs und der Bilder, wie er in der deutschen Literatur, mindestens seit Gottfried Keller, nicht seinesgleichen hat.» (W. E. Süskind)
Schon wieder "seinsgleichen".
Der Name Süskind läßt uns natürlich an den berühmten Autor des "Parfums" denken, Patrick Süskind. Wilhelm Emanuel Süskind war sein Vater, nach 1945 Sonderberichterstatter von den Nürnberger Prozessen für die "Süddeutsche". Über seinen Sohn Patrick schreibt der Vater an einen Freund: "Patrick kam auf einem Halbjahresband der Wirtschaftszeitung zur Welt, den man der Mutter zu ihrer Bequemlichkeit unterschob. Die Hoffnung, daß er davon ein kaufmännisches Genie werden könnte, ist mir lieb." Die Hoffnung des Vaters hat sich, wenn auch auf andere Weise, mit dem Welterfolg und der anschließenden Verfilmung von Das Parfum dann ja auch erfüllt. -
"Reichtum und Witz des Vergleichs und der Bilder, wie er in der deutschen Literatur, mindestens seit Gottfried Keller, nicht seinesgleichen hat ... Heiterkeit bis zu tanzenden Übermut ... gründlicher Humor ... die hinreißendsten Romaneigenschaften ... "
Ist Literatur eine Angelegenheit des Geschmacks? - Die Frage ist auf gefährlichem Kollisionskurs mit der Frage nach der Schönheit. - Auch hier schieden sich die Geister am (objektiven/subjektiven) Status. Der Mann ohne Eigenschaften findet auch heute sicher nur wenige Leser, die das begeisterte Urteil von W.E. Süßkind teilen. In der Literaturwissenschaft zählt der Roman Musils, neben anderen von Joyce, Proust, Thomas Mann, Kafka ... zu den bedeutendsten Werken des 20. Jahrhunderts. - Ist das ein Maßstab? Oder ist es das Gefallen, das als "subjektives" legitimerweise sein Urteil spricht? -
(Zum eigentlichen Thema "Meditation und ihr philosophischer Gehalt" kann ich nichts beitragen. Ich habe noch nie meditiert.)