David Chalmers Zombies Bewusstsein

Aspekte metaphysischer Systementwürfe und der Ontologie als einer Grunddisziplin der theoretischen Philosophie können hier diskutiert werden.
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Stefanie
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Sa 10. Nov 2018, 20:54

Auf der von Jörn verlinkten Seite mit den Gedankenexperimenten findet sich auch dieses hier:

http://www.jg-eberhardt.de/philo_exp/ex_zombie.html

Dieser Gedanke wurde von David Chalmers wie folgt weiterentwickelt:
Er weist auf die metaphysische Möglichkeit von Zombies hin. Unter Zombie versteht er ein Wesen, das in physischer Hinsicht einem Menschen mit Bewusstsein gleicht, aber über keinerlei Bewusstsein verfügt. In einer anderen Darstellung fand ich folgendes Beispiel:
Wen der persönliche Zombie Zwilling einer Person auf eine Nagel tritt, schreit er genauso Aua, fühlt dabei aber nichts.
Und auch folgende Anmerkung:
Der eine denkt und existiert deshalb, während der andere nicht denken kann, aber gleichwohl existiert.
Chalmers behauptet, das Bewusstsein kein physisches Phänomen ist. Allerdings glaubt er nicht wie Descartes an die Existenz geistiger Substanzen. Er meint, dass Bewusstsein eine nicht-physische Eigenschaft bestimmter physischer Dinge ist, insbesondere der unser Gehirn.

Herr Chalmers ist übrigens dieser hier
https://youtu.be/MiEVkDdmIF8

Aber es geht auch anders:
https://youtu.be/uhRhtFFhNzQ



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

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Jörn Budesheim
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I act like you act
I do what you do
but I don’t know
what it’s like to be you
What consciousness is
I ain’t got a clue
I got the Zombie Blues.




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Jörn Budesheim
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Sa 24. Nov 2018, 19:01

David Chalmer hat geschrieben : Es ist vorstellbar, dass es ein System gibt, das physikalisch identisch mit einem bewussten Wesen ist, dem jedoch wenigstens einige der bewussten Zustände dieses Wesens fehlen. Ein derartiges System könnte als Zombie bezeichnet werden, als ein System, das mit einem bewussten Wesen identisch ist, dem aber jede Form von Bewusstsein fehlt. Auch könnte es sich um den umgekehrten Fall eines „invertierten“ Zombies handeln, bei dem einige der Erlebnisse des ursprünglichen Wesens durch andere Erlebnisse ersetzt wurden, oder um einen partiellen Zombie, dem nur einige bewusste Erlebnisse fehlen, oder um eine Kombination dieser Fälle.

Von einer externen, Dritten-Person-Perspektive (third-person perspective) aus werden diese Systeme aussehen, als seien sie mit einem normalen, bewussten Wesen identisch. Das betrifft insbesondere die Gehirnprozesse, die dem Original Molekül für Molekül entsprechen; und auch das Verhalten dieser Systeme wird vom ursprünglichen nicht zu unterscheiden sein. Ganz anders hingegen sehen die Dinge von einer Ersten-Person-Perspektive aus: Wie es ist, ein invertierter oder partieller Zombie zu sein, wird sich klar davon unterscheiden, wie es ist, das ursprüngliche [bewusste] Wesen zu sein. Und beim Zombie gibt es dagegen nichts, wie es ist, eines zu sein. Zwar gibt es nur wenig Grund für die Annahme, dass Zombies in der wirklichen Welt existieren, doch sind viele davon überzeugt, dass sie wenigstens vorstellbar sind (conceivable): Wir können uns Zombies in kohärenter Weise vorstellen, und in dieser Vorstellung gibt es keinerlei Widersprüche, die selbst durch Reflexion zutage treten würden.

Hinsichtlich einer möglichen Erweiterung dieser Vorstellung sind viele der Meinung, dass Ähnliches für eine Zombie-Welt gelte, im Sinne eines Universums, das dem unsrigen gleicht, in dem es aber kein Bewusstsein gibt. Vergleichbares ließe sich für die Invertierten und alle übrigen Duplikate sagen. Aus der bloßen Vorstellbarkeit von Zombies schließen Befürworter des Arguments auf ihre metaphysische Möglichkeit. Zwar ist die Existenz von Zombies in der Natur höchstwahrscheinlich unmöglich, das heißt, sie können – unter Voraussetzung der Naturgesetze – in unserer Welt nicht existieren. Doch geht das Argument davon aus, dass Zombies existiert haben könnten, vielleicht in einem vollkommen anderen Universum als dem unsrigen.

Zum Beispiel wird [in diesem Kontext] manchmal vorgebracht, dass Gott eine Zombie-Welt erschaffen haben könnte, wenn er es gewollt hätte. Daraus wird sodann geschlossen, dass Bewusstsein nichtphysisch sei. Wenn es ein metaphysisch mögliches Universum gibt, das dem unsrigen gleicht, dem jedoch Bewusstsein fehlt, dann muss Bewusstsein eine weitere, nichtphysikalische Komponente unseres Universums sein. Wenn Gott eine Zombie-Welt erschaffen haben könnte, dann musste er (wie Kripke es ausdrückt) nach Erschaffung der physikalischen Welt noch mehr Energie aufwenden, um zu gewährleisten, dass sie auch Bewusstsein enthält.

Chalmers: Conciousness and Its Place in Nature, S. 249, zitiert nach: "die 100 wichtigsten philosophischen Argumente", Absätze von mir eingefügt.




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Jörn Budesheim
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Sa 24. Nov 2018, 19:48

Bild

Vielleicht so (als Einstieg):

Identität von etwas ist notwendig, es sind keine Welten denkbar, in denen dies nicht der Fall ist
Wenn Gehirnzustände mit Bewusstseinzuständen identisch sind, sind keine Welten denkbar, in denen das nicht der Fall ist
Solche Welten sind denkbar
---------------------------------------------------
Also liegt keine Identität von Gehirnzuständen und Bewusstseinzuständen vor




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Herr K.
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Mi 28. Nov 2018, 05:53

Alleine mit Denkbarkeit funktioniert das Argument nicht, meine ich. Es benötigt logische Möglichkeit. Denkbar ist ja Vieles, z.B. dass die Goldbachsche Vermutung (Jede gerade Zahl, die größer als 2 ist, ist Summe zweier Primzahlen) richtig ist und denkbar ist auch, dass sie falsch ist. Es ist jedoch logisch unmöglich, dass sie sowohl wahr als auch falsch ist.

Was mich allerdings am Meisten am Zombie-Argument stört ist das zugrundegelegte Konzept von Bewusstsein. Dieses läuft auf ein reines Epiphenomen hinaus. Um im Bild von Kripke zu bleiben: als Gott die Welt erschuf, fügte er am 7. Tag noch das Bewusstsein hinzu. Hätte er das nicht getan, dann wäre die Welt physisch genauso wie jetzt, u.a. würden sich alle genauso verhalten wie sie es jetzt auch tun. U.a. würde der Zombie-Chalmers Bücher über Bewusstsein und das Zombie-Argument schreiben. (Phänomenales) Bewusstsein hätte demnach keine Auswirkungen auf Physisches, z.B. das Verhalten und den Äußerungen von Menschen.

Das aber erscheint mir schlechterdings völlig unplausibel, zumindest prima facie. Es bräuchte ein stützendes Argument dafür, wieso man das annehmen sollte. Dass phänomenales Bewustssein epiphänomenal sein soll, ist eine sehr dicke Kröte, die man beim Zombie-Argument schlucken muss. Aber warum sollte man eigentlich?

Wenn aber phänomenales Bewusstsein kein Epiphänomen ist, sondern Auswirkungen auf unser Verhalten und unsere Äußerungen hat, dann sind Chalmersche Zombies nicht möglich, da diese voraussetzungsgemäß mit uns physisch identisch sein sollen. Oder auch so gesagt: würde Gott morgen das Bewusstsein aus der Welt nehmen, dann machte das einen großen Unterschied, den man am Verhalten sehen könnte. Ich fände es recht merkwürdig, zu meinen, z.B. Chalmers würde dann genauso weiterargumentieren wie bisher.




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Jörn Budesheim
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Mi 28. Nov 2018, 08:58

Herr K. hat geschrieben :
Mi 28. Nov 2018, 05:53
Was mich allerdings am Meisten am Zombie-Argument stört ist das zugrundegelegte Konzept von Bewusstsein. Dieses läuft auf ein reines Epiphenomen hinaus
Wenn Zombies möglich sind, dann ist der Physikalismus falsch, egal ob laut Gedankenexperiment Bewusstsein ein Epiphänomen wäre oder nicht. Oder?




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Herr K.
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Do 29. Nov 2018, 03:07

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 28. Nov 2018, 08:58
Wenn Zombies möglich sind, dann ist der Physikalismus falsch, egal ob laut Gedankenexperiment Bewusstsein ein Epiphänomen wäre oder nicht. Oder?
Nein, nicht unbedingt. Physikalismus ist mE keine Behauptung über alle logisch möglichen Welten, sondern nur eine Behauptung über unsere Welt. So mögen z.B. vielleicht Welten logisch möglich sein, in denen Engel (körperlose, rein geistige Wesen) existieren, aber das machte den Physikalismus nicht falsch, sondern nur, wenn es in unserer Welt Engel gäbe.

Analog: wenn hier ein Konzept von Bewusstsein zugrundegelegt wird, so dass es nach diesem Konzept in unserer Welt kein derartiges Bewusstsein gäbe, dann könnte mE daraus kein Argument gegen Physikalismus erwachsen.

Das, was ich unter "Bewusstsein" verstehe, kann nicht epiphänomal sein, denn ich kann etwas über mein Bewusstsein (bzw. mein bewusstes Erleben) aussagen; über etwas Epiphänomales könnte ich nichts aussagen, da ich darüber nichts wissen könnte. So etwas wäre wie ein unsichtbares Einhorn in meiner Garage.

Oder auch so gesagt: nach meinem Verständnis von Bewusstsein würde es Auswirkungen auf die physische Welt habe, wenn Bewusstsein verschwinden bzw. entfernt würde (z.B. durch einen hypothetischen Gott). Das Zombie-Argument, so wie ich es verstehe, erfordert aber, dass das keinen Unterschied auf die physische Welt machte.




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Jörn Budesheim
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Do 29. Nov 2018, 13:36

Herr K. hat geschrieben :
Do 29. Nov 2018, 03:07
Nein, nicht unbedingt. Physikalismus ist mE keine Behauptung über alle logisch möglichen Welten, sondern nur eine Behauptung über unsere Welt. So mögen z.B. vielleicht Welten logisch möglich sein, in denen Engel (körperlose, rein geistige Wesen) existieren, aber das machte den Physikalismus nicht falsch, sondern nur, wenn es in unserer Welt Engel gäbe.
Ich kenne das Argument von Chalmers etwas anders. Ungefähr so - ich hab es oben schon mal angedeutet. Jedes Ding ist mit sich selbst identisch. Das gilt notwendig. Mein Gehirn ist mein Gehirn, das gilt in allen Welten. Wenn mein Bewusstsein mit einem bestimmten Gehirnzustand identisch sein soll, was der Physikalist unterschreiben sollte, dann muss das notwendig in allen Welten gelten. Sind Welten vorstellbar, in denen das nicht gilt, dann liegt keine Identität vor. Solche Welten sind vorstellbar, also ist der Physikalismus falsch. Das mag verkürzt sin, aber die grobe Richtung, hoffe ich.




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Jörn Budesheim
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Do 29. Nov 2018, 13:56

Herr K. hat geschrieben :
Mi 28. Nov 2018, 05:53
Was mich allerdings am Meisten am Zombie-Argument stört ist das zugrundegelegte Konzept von Bewusstsein. Dieses läuft auf ein reines Epiphenomen hinaus. Um im Bild von Kripke zu bleiben: als Gott die Welt erschuf, fügte er am 7. Tag noch das Bewusstsein hinzu. Hätte er das nicht getan, dann wäre die Welt physisch genauso wie jetzt, u.a. würden sich alle genauso verhalten wie sie es jetzt auch tun. U.a. würde der Zombie-Chalmers Bücher über Bewusstsein und das Zombie-Argument schreiben. (Phänomenales) Bewusstsein hätte demnach keine Auswirkungen auf Physisches, z.B. das Verhalten und den Äußerungen von Menschen.
Hmmm, mich überzeugt das nicht unmittelbar. Daraus, dass sich alle genau so verhalten, folgt ja nicht, dass alles ist, wie in der anderen Welt. Und auch nicht, dass das Bewusstsein nur ein Epiphänomen ist. In Wahrheit könnte der Unterschied ja kaum größer sein: denn in der Menschen-Welt ist immer "jemand zu Hause", also bewusst. Der Unterschied ist sozusagen "immanent".

Machen wir ein weiteres Gedankenexperiment: Wir könnten uns statt Zombies auch Roboter vorstellen. Wir selbst haben sie Schritt für Schritt programmiert und gebaut bis sie uns aufs Haar gleichen. In Traurigkeits-Situationen weinen sie halt, aber sie sind nicht traurig. Im Entwicklungsprozess wurde die Zutat Bewusstsein eben nicht beigefügt. Eines Tages verschwinden wir Konstrukteure und die Roboter-Welt ist zufällig mit einer anderen Menschenwelt (einem Zwilllingsplaneten) physikalisch exakt identisch. Das erklärt auf andere Weise, warum sie genau tun, was wir tun. Die Roboter handeln wie unsere Mensch-Kollegen, alles bis auf i-Tüpfelchen identisch. Nur ist es "innen" zappeduster.




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Herr K.
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Do 29. Nov 2018, 20:48

Ein Unterschied, der lediglich "immanent" ist, der von niemandem bemerkt und festgestellt werden kann, sollte inwiefern überhaupt ein Unterschied sein?

Und eine Roboterwelt, die physikalisch identisch zu einer Menschenwelt sein soll - wie könnte das denn wohl gehen?




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Jörn Budesheim
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Fr 30. Nov 2018, 06:04

Herr K. hat geschrieben :
Do 29. Nov 2018, 20:48
Ein Unterschied, der lediglich "immanent" ist, der von niemandem bemerkt und festgestellt werden kann, sollte inwiefern überhaupt ein Unterschied sein?
Der Unterschied wird von jedem bemerkt. Und zwar jeweils aus der Ich-Perspektive.
Herr K. hat geschrieben :
Do 29. Nov 2018, 20:48
Und eine Roboterwelt, die physikalisch identisch zu einer Menschenwelt sein soll - wie könnte das denn wohl gehen?
Und eine Zombiewelt, die physikalisch identisch zu einer Menschenwelt sein soll - wie könnte das denn wohl gehen?

;) 🤖

Roboter und Zombies sind am Ende identische Figuren in den Gedankenexperimenten mit dem Unterschied, dass wir bei Robotern wissen, warum sie sich so verhalten, wie sie sich verhalten. Es handelt sich dabei gewissermaßen ursprünglich um ein riesiges Simulationsszenario, dass sich so entwickelt hat, dass es auf physikalischer Ebene mit unserer Welt bis ins kleinste Detail übereinstimmt.




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Herr K. hat geschrieben :
Mi 28. Nov 2018, 05:53
Alleine mit Denkbarkeit funktioniert das Argument nicht, meine ich. Es benötigt logische Möglichkeit. Denkbar ist ja Vieles, z.B. dass die Goldbachsche Vermutung (Jede gerade Zahl, die größer als 2 ist, ist Summe zweier Primzahlen) richtig ist und denkbar ist auch, dass sie falsch ist. Es ist jedoch logisch unmöglich, dass sie sowohl wahr als auch falsch ist.
David Chalmer hat geschrieben : Es ist vorstellbar, dass ...
Amy Kind, in "die 100 wichtigsten philosophischen Argumente" hat geschrieben : Das Zombie-Argument gehört zu einer Klasse von Argumenten innerhalb der Philosophie des Bewusstseins, die im englischsprachigen Raum als Argumente aus der Vorstellbarkeit (conceivability arguments) bekannt sind.




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Jörn Budesheim
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Herr K. hat geschrieben :
Do 29. Nov 2018, 03:07
Nein, nicht unbedingt. Physikalismus ist mE keine Behauptung über alle logisch möglichen Welten, sondern nur eine Behauptung über unsere Welt. So mögen z.B. vielleicht Welten logisch möglich sein, in denen Engel (körperlose, rein geistige Wesen) existieren, aber das machte den Physikalismus nicht falsch, sondern nur, wenn es in unserer Welt Engel gäbe.
Prof. Dr. Sven Walter, Cognitive Science hat geschrieben : Ein Anhänger des Physikalismus muss also mindestens behaupten, dass jede mögliche Welt, die in physikalischer Hinsicht exakt mit der aktualen Welt übereinstimmt, in jeder Hinsicht exakt mit der aktualen Welt übereinstimmt.
Jackson hat geschrieben : Jedes minimale physikalische Duplikat der aktualen Welt ist ein Duplikat schlechthin.




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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 29. Nov 2018, 13:56
Herr K. hat geschrieben :
Mi 28. Nov 2018, 05:53
Was mich allerdings am Meisten am Zombie-Argument stört ist das zugrundegelegte Konzept von Bewusstsein. Dieses läuft auf ein reines Epiphenomen hinaus. Um im Bild von Kripke zu bleiben: als Gott die Welt erschuf, fügte er am 7. Tag noch das Bewusstsein hinzu. Hätte er das nicht getan, dann wäre die Welt physisch genauso wie jetzt, u.a. würden sich alle genauso verhalten wie sie es jetzt auch tun. U.a. würde der Zombie-Chalmers Bücher über Bewusstsein und das Zombie-Argument schreiben. (Phänomenales) Bewusstsein hätte demnach keine Auswirkungen auf Physisches, z.B. das Verhalten und den Äußerungen von Menschen.
...

Machen wir ein weiteres Gedankenexperiment: Wir könnten uns statt Zombies auch Roboter vorstellen. Wir selbst haben sie Schritt für Schritt programmiert und gebaut bis sie uns aufs Haar gleichen. In Traurigkeits-Situationen weinen sie halt, aber sie sind nicht traurig. Im Entwicklungsprozess wurde die Zutat Bewusstsein eben nicht beigefügt. Eines Tages verschwinden wir Konstrukteure und die Roboter-Welt ist zufällig mit einer anderen Menschenwelt (einem Zwilllingsplaneten) physikalisch exakt identisch. Das erklärt auf andere Weise, warum sie genau tun, was wir tun. Die Roboter handeln wie unsere Mensch-Kollegen, alles bis auf i-Tüpfelchen identisch. Nur ist es "innen" zappeduster.
Der Punkt ist nur, dass das Gedankenexperiment nicht anders, sondern identisch ist.

Es suggeriert in beiden Fällen, dass Bewusstsein ein nachträglich geschaffenes Sahnehäubchen sein könnte (ob nun von Gott oder uns geschaffen) und ansonsten alles ebenso laufen könnte, nur eben „innen“ kalt und dunkel. Das Problem ist analog wie bei Searles chinesischem Zimmer, das suggeriert, jemand könne chinesisch (er macht äußerlich alles korrekt), ohne chinesisch zu können. Hier, bei Kripke und Chalmers, laufen Bewusstseinsprozesse ab, ohne Bewusstsein.

Warum sollte etwas identisch sein, wenn es nicht identisch empfunden wird? Wer weint, ohne zu trauern, verhält sich identisch, aber sein Fühlen und Denken wäre ein anderes. Fühlen und Denken würden demnach nicht zur materiellen Welt gehören, da ist neben dem Epiphänomenalismus, auch ein Dualismus bereits eingepreist.


@ Herr K.:

Weitere Argumente zum Epiphänomenalisus findet Du hier, auch das Zombie-Argument wird noch einmal gestreift.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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Tosa Inu hat geschrieben :
Fr 30. Nov 2018, 09:52
Der Punkt ist nur, dass das Gedankenexperiment nicht anders, sondern identisch ist.
Es kann schwerlich identisch sein, wenn es doch verschieden ist :-) Der Unterschied liegt dabei nicht im "Ergebnis", sondern in der Vorgeschichte, die verständlich macht, wieso die Roboterzombies gleichwohl sie ohne Bewusstsein sind, identisch agieren wie bewusste Menschen. Damit - nach meiner Einschätzung - ist der Einwand vom Tisch, dass es sich bei Bewusstsein und ein Epiphänomen handeln muss.




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Tosa Inu hat geschrieben :
Fr 30. Nov 2018, 09:52
Es suggeriert in beiden Fällen, dass Bewusstsein ein nachträglich geschaffenes Sahnehäubchen sein könnte.
Ich sehe nicht, warum das so sein sollte. Chalmers scheint mittlerweile (nach meinem Wissensstand) sogar der Ansicht zu sein, das Bewusstsein ein universelles Phänomen ist und quasi überall auftaucht. Es scheint also eher so zu sein, dass ihn seine eigene Argumentation in die völlig entgegen gesetzte Richtung - nämlich zum Panpsychismus - führt. Dann ist Bewusstsein sein alles andere als er nachträgliches Sahnehäubchen, sondern gleichsam immer präsent.

(Ich halte diese Vorstellung vom Panpsychismus im Übrigen für ziemlich abwegig.)




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Tosa Inu hat geschrieben :
Fr 30. Nov 2018, 09:52
Searles chinesisches Zimmer
Weil es hier erwähnt wurde nach ich aus diesem Klassiker mal einen Thread > https://www.dialogos-philosophie.de/vie ... f=17&t=565




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Herr K.
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So 9. Dez 2018, 17:06

Den Beitrag 26816 habe ich nicht verstanden. Dort sind 3 Zitate untereinander aufgelistet. Schön, und weiter?

Weiterhin ist mir das Roboter-Szenario nicht klar. Roboter sind, grob gesagt, Computer-gesteuerte Maschinen. Roboter bestehen aus Silikon, Metall, Kunststoff oder dergleichen, aber nicht aus Fleisch und Blut, daher können sie wohl kaum physikalisch identisch mit Menschen sein.

Vielleicht ist aber auch so etwas wie Replikanten aus dem Film Blade Runner gemeint. Die bestehen zwar aus Fleisch und Blut, sind aber keine Roboter. Wie sie erzeugt wurden, wird im Film nicht klar, aber evtl. sind sie gezüchtet, mit diversen Genveränderungen. Wie kann man sich nun vorstellen, dass sie kein Bewusstsein haben sollen, obgleich sie sich so verhalten wie (andere) Menschen? Es kann ja nun nicht sein, dass dabei ein "Bewusstseinsgen" weggelassen wurde, denn das wäre physikalisch feststellbar. Wie aber sonst soll ich mir das vorstellen?

Der Hauptpunkt meiner Kritik am Zombie-Argument ist jedoch folgender: nehmen wir einmal an, Bewusstsein wäre tatsächlich epiphänomenal, d.h. hätte keinerlei Auswirkungen auf die physikalische Welt - so wie es das Zombie-Gedankenexperiment anscheinend voraussetzt. Dann entstünde das, was Chalmers selber das "Paradox of phenomenal judgment" nennt, siehe in seinem Buch The conscious mind, Kapitel 5, insbesondere 5.2. In grob: alles das, was wir über unser eigenes phänomenales Bewusstsein denken und aussagen, wären unbeeinflusst und unabhängig von unserem phänomenalen Bewusstsein. Woraus mE folgt, dass wir gar nichts über unser eigenes phänomenales Bewusstsein wissen könnten, dass wir z.B. nicht wissen könnten, ob wir Zombies sind oder nicht. Es ist dann noch nicht mal klar, wieso wir überhaupt erst ein solches epiphänomenales Bewusstsein annehmen sollten, ein solches erschiene wie eine merkwürdige und überflüssige Annahme, die durch nichts fundiert ist.

Mal ein zentrales Zitat dazu aus dem o.g. Buch, S. 164:
Die Existenz von phänomenalen Urteilen offenbart eine zentrale Spannung innerhalb einer nichtreduktiven Bewusstseinstheorie. Das Problem ist folgendes. Wir haben gesehen, dass das Bewusstsein selbst nicht reduktiv erklärt werden kann. Aber phänomenale Urteile liegen im Bereich der Psychologie, und sollten grundsätzlich mit den üblichen Methoden der Kognitionswissenschaft reduktiv erklärbar sein. Es sollte eine physikalische oder funktionale Erklärung dafür geben, warum wir disponiert sind, die Behauptungen über das Bewusstsein zu machen, die wir tun, zum Beispiel, und warum wir die Urteile über bewusstes Erleben fällen, die wir fällen. Daraus folgt, dass unsere Behauptungen und Urteile über das Bewusstsein mit Begriffen erklärt werden können, die völlig unabhängig vom Bewusstsein sind. Stärker, es scheint, dass das Bewusstsein erklärungsmäßig irrelevant für unsere Behauptungen und Urteile über das Bewusstsein ist. Dieses Ergebnis nenne ich das Paradoxon des phänomenalen Urteils [paradox of phenomenal judgement].

Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator
Chalmers hat das Problem selber klar erkannt, aber eine Lösung dafür hat er mE nicht anzubieten. Sein Zombie-Zwilling (ZZ) schreibt voraussetzungsgemäß wie er ausführlich über sein phänomenales Bewusstsein und über die Möglichkeit von Zombies, behauptet all das, was der Original-Chalmers (OC) auch behauptet und ist ebenso wie OC davon überzeugt, dass er phänomenales Bewusstsein habe. Nun sagt Chalmers, es sei einfach so, dass sich ZZ irre und er jedoch nicht. Aber wie kommt er darauf, woher kann er das wissen?

Die naheliegende Erklärung scheint mir die zu sein: es gibt schlicht kein epiphänomenales Bewusstsein (E-Bewusstsein). In dem Falle jedoch ist das Zombie-Argument wirkungslos: es gibt dann in unserer Welt kein E-Bewusstsein und in der Zombie-Welt ebenso nicht. Was aber kein Problem für den Physikalismus darstellt.




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Jörn Budesheim
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So 9. Dez 2018, 17:20

Zunächst: Mir ist dann entsprechend das Zombie-Szenario nicht klar. Zombies sind, grob gesagt, auferstande Tote. Wie sollten Tote sich verhalten wie wir, wo sie doch tot sind? Das Problem: Wenn man an den Begriffen klebt, kann man nicht verstehen, was gemeint ist. Was ich mit Robotern für diesen Zusammenhang hier meine, ist, dass sie von uns geschaffen wurden und sich dann sukzessive zu identischen Kopien von uns entwickelt haben. Und dann weiter oben im Text.

Zum Rest ggf, später mehr.

Nur zu Sicherheit: Ich für meinen Teil bin gar nicht (mehr) sicher, ob ich Chalmers Argument zu verteidigen bereit bin. Deine Einwände, die ich ja schon aus dem Philosophie-Raum kenne, finde ich jedoch am Witz des Argumentes vorbei gedacht. Mal sehen, was sich daraus ergeben kann ...




ahasver
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So 9. Dez 2018, 17:22

Herr K. hat geschrieben :
So 9. Dez 2018, 17:06
Roboter bestehen aus Silikon, ....
Aber nur wenn sie nicht ganz dicht sind :lol:



"Ich kann mich auch irren und nichts ist so sicher, als dass alles auch ganz anders ist."

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