Mo 24. Jul 2023, 01:56
Auf die Eingangsfragen sind schon einige Antworten gefolgt. -- Was ich hinzufügen möchte ist noch eine elfte Kränkung. Diese Nummer elf wird allerdings noch nicht in der Breite diskutiert, aber vielleicht kommt das noch, und dann wird das einige kränken, vermute ich.
Nummer elf:
Hintergrund: Die Sozialwissenschaften stellen Theorien auf, um Menschenverhalten vorherzusagen. Menschen in gesellschaftlichen Berufen stellen Thesen auf, die beispielsweise besagen, dass Rechtsextremismus immer die Folge von Arbeitslosigkeit sei, oder die Folge von Genderei, Wärmepumpengesetzen, Maskenpflicht und Tausenden anderer Sachverhalte sei. Es mag sein, dass derlei Dinge minimalen Einfluss haben, aber tatsächlich dienen sie nie als vollständige Erklärung, weil stets große Gegenbeobachtungen die Thesen widerlegen. Die Sache mit dem Rechtsextremismus ist nur ein Beispiel. Sozialwissenschaftliche Theorien behandeln allerlei mutmaßliche Ursachen und Wirkungen im gesellschaftlichen Mechanismus. -- Kurzum: Die Sozialwissenschaften (man korrigiere mich, wenn ich falsch liege) sehen typischerweise jedes Neugeborene als Weißes Blatt Papier, das dann nach und nach durch die Gesellschaft beschriftet und geformt wird. Man müsse also nur den Umgang im Miteinander steuern, so ließe sich dann auch die Persönlichkeit jedes Indivuums steuern. Man müsse nur die richtige Steuerungstheorie entwickeln. -- Meines Erachtens kann so ein Unterfangen niemals vollständig eine Persönlichkeit formen. Warum nicht? Weil die Persönlichkeit zu einem gewissen Anteil schon bei der Geburt epigenetisch und zufallsvermischt vorhanden ist. Ein Neugeborenes ist kein Weißes Blatt Papier. Es hat schon eine gewisse, individuelle Persönlichkeit. Das ist leicht empirisch nachweisbar. Und diese individuelle Persönlichkeit besteht meist ein Leben lang, mit nur wenigen Abweichungen. -- Wo ist nun die Kränkung? Es werden diejenigen gekränkt sein, die sich wünschen, dass nur ausreichend sozialwissenschaftliche Kenntnis notwenig sei, um jeden Menschen formen zu können. Es beschränkt die Macht der Sozialwissenschaften. Es wird auch jene Marxisten kränken, die glauben, eine nichtausbeuterische Wirtschaftsform, die zweifellos notwendig ist, wird nebenbei auch automatisch die Welt bereinigen von narzistischen Persönlichkeiten. Als ob Narzismus immer erst im Lebenslauf von außen verursacht würde. Die eigentliche Kränkung ist jedoch erst dies: Die epigentische Veranlagung ist ein Lotteriespiel. Sie ist nicht berechenbar. Das Mischungsverhältnis der Persönlichkeiten innerhalb der Menschheit wandelt sich mal so, mal so. Kränkenderweise lässt sich das wohl nicht gesellschaftlich steuern; höchstenfalls durch Genmanipulation in ferner Zukunft, und das wird wiederum weitere, schwierwiegende, ethische Fragen aufwerfen. -- Was den Sozialwissenschaften in diesem Kontext meiner Ansicht nach fehlt, ist eine tiefergehende Interdisziplin mit den Naturwissenschaften, und die Einsicht, dass die Menschheit viel komplexer ist, als bisher angenommen. Die linearen Interpolationen versagen hier wohl genau so wie die lineare Geschichte von Adam und Eva; es werden allzu viele Details missachtet, die außerhalb der facheigenen Denkblase liegen ...