Ludwig Wittgenstein über Privatsprache
...
255. Der Philosoph behandelt eine Frage; wie eine Krankheit.
256. Wie ist es nun mit der Sprache, die meine Innern Erlebnisse beschreibt und die nur ich selbst verstehen kann? Wie bezeichne ich meine Empfindungen mit Worten? - So wie wir's gewöhnlich tun? Sind also meine Empfindungsworte mit meinen natürlichen Empfindungsäußerungen verknüpft? - In diesem Falle ist meine Sprache nicht ›privat‹. Ein Anderer könnte sie verstehen, wie ich. - Aber wie, wenn ich keine natürlichen Äußerungen der Empfindung, sondern nur die Empfindung besäße? Und nun assoziiere ich einfach Namen mit den Empfindungen und verwende diese Namen in einer Beschreibung. -
257. »Wie wäre es, wenn die Menschen ihre Schmerzen nicht äußerten (nicht stöhnten, das Gesicht nicht verzögen, etc.)? Dann könnte man einem Kind nicht den Gebrauch des Wortes ›Zahnschmerzen‹ beibringen.« - Nun, nehmen wir an, das Kind sei ein Genie und erfinde selbst einen Namen für die Empfindung! - Aber nun könnte es sich freilich mit diesem Wort nicht verständlich machen. - Also versteht es den Namen, kann aber seine Bedeutung niemand erklären? - Aber was heißt es denn, daß er ›seinen Schmerz benannt hat‹? - Wie hat er das gemacht: den Schmerz benennen?! Und, was immer er getan hat, was hat es für einen Zweck? - Wenn man sagt »Er hat der Empfindung einen Namen gegeben«, so vergißt man, daß schon viel in der Sprache vorbereitet sein muß, damit das bloße Benennen einen Sinn hat. Und wenn wir davon reden, daß einer dem Schmerz einen Namen gibt, so ist die Grammatik des Wortes »Schmerz« hier das Vorbereitete; sie zeigt den Posten an, an den das neue Wort gestellt wird.
258. Stellen wir uns diesen Fall vor. Ich will über das Wiederkehren einer gewissen Empfindung ein Tagebuch führen. Dazu assoziiere ich sie mit dem Zeichen »E« und schreibe in einem Kalender zu jedem Tag, an dem ich die Empfindung habe, dieses Zeichen. - Ich will zuerst bemerken, daß sich eine Definition des Zeichens nicht aussprechen läßt. - Aber ich kann sie doch mir selbst als eine Art hinweisende Definition geben! - Wie? kann ich auf die Empfindung zeigen? - Nicht im gewöhnlichen Sinne. Aber ich spreche, oder schreibe das Zeichen, und dabei konzentriere ich meine Aufmerksamkeit auf die Empfindung - zeige also gleichsam im Innern auf sie. - Aber wozu diese Zeremonie? denn nur eine solche scheint es zu sein! Eine Definition dient doch dazu, die Bedeutung eines Zeichens festzulegen. - Nun, das geschieht eben durch das Konzentrieren der Aufmerksamkeit; denn dadurch präge ich mir die Verbindung des Zeichens mit der Empfindung ein. - »Ich präge sie mir ein« kann doch nur heißen: dieser Vorgang bewirkt, daß ich mich in Zukunft richtig an die Verbindung erinnere. Aber in unserm Falle habe ich ja kein Kriterium für die Richtigkeit. Man möchte hier sagen: richtig ist, was immer mir als richtig erscheinen wird. Und das heißt nur, daß hier von ›richtig‹ nicht geredet werden kann.
259. Sind die Regeln der privaten Sprache Eindrucke von Regeln? - Die Waage, auf der man die Eindrücke wägt, ist nicht der Eindruck von einer Waage.
260. »Nun, ich glaube, daß dies wieder die Empfindung E ist.« - Du glaubst es wohl zu glauben!
So hätte sich also, der das Zeichen in den Kalender eintrug, gar nichts notiert? - Sieh's nicht als selbstverständlich an, daß Einer sich etwas notiert, wenn er Zeichen - in einen Kalender z.B. - einträgt. Eine Notiz hat ja eine Funktion; und das »E« hat, soweit, noch keine.
(Man kann zu sich selber reden. - Spricht Jeder zu sich selbst, der redet, wenn niemand anderer zugegen ist?)
261. Welchen Grund haben wir, »E« das Zeichen für eine Empfindung zu nennen? »Empfindung« ist nämlich ein Wort unserer allgemeinen, nicht mir allein verständlichen, Sprache. Der Gebrauch dieses Worts bedarf also einer Rechtfertigung, die Alle verstehen. - Und es hülfe auch nichts, zu sagen: es müsse keine Empfindung sein; wenn er »E« schreibe, habe er Etwas - und mehr könnten wir nicht sagen. Aber »haben« und »etwas« gehören auch zur allgemeinen Sprache. - So gelangt man beim Philosophieren am Ende dahin, wo man nur noch einen unartikulierten Laut ausstoßen möchte. - Aber ein solcher Laut ist ein Ausdruck nur in einem bestimmten Sprachspiel, das nun zu beschreiben ist.
262. Man könnte sagen: Wer sich eine private Worterklärung gegeben hat, der muß sich nun im Innern vornehmen, das Wort so und so zu gebrauchen. Und wie nimmt er sich das vor? Soll ich annehmen, daß er die Technik dieser Anwendung erfindet; oder daß er sie schon fertig vorgefunden hat?
263. »Ich kann mir (im Innern) doch vornehmen, in Zukunft DAS ›Schmerz‹ zu nennen.« - »Aber hast du es dir auch gewiß vorgenommen? Bist du sicher, daß es dazu genug war, die Aufmerksamkeit auf dein Gefühl zu konzentrieren?« - Seltsame Frage. -
...
Quelle: http://www.geocities.jp/mickindex/wittg ... lLink-c250 Dort finden sich weitere relevante Passagen zu dieser und damit verwandter Fragestellungen.
Sicherlich ist Wittgensteins Privatsprachenargument ein bedeutender Schritt in der Philosophie, mir ist das reine Einstellen aber ein wenig zu nackt.
Bei Wittgenstein geht es um die Unmöglichkeit (der Anschlussfähigkeit) einer Privatsprache und damit verbunden um die Frage, wie privat eigentlich meine allerprivatesten Erfahrungen, wie z.B. "meine Scherzen" oder auch meine geheimen Gedanken eigentlich sind, von denen man intuitiv meint, dass nur ich sie kennen und um sie wissen kann und zwar prinzipiell.
Dem zieht Wittgenstein den Zahn und sagt: Nix da. Das eigene Innere erschließt man sich, im Gegenteil zur intuitiven Annahme, erst einmal durch den Gebrauch (und damit das Erlernen) einer öffentlichen Sprache. Erst wenn ich prinzipiell weiß, was Schmerzen sind (was man meint, wenn man von Schmerzen redet und welche Verhaltensweise dazu gehören) kann ich auch kapieren, dass es Schmerzen sind (im Sinne von: dass man das "Schmerzen" nennt), worunter ich leide.
Das bedeutet nicht, dass es vorher nicht weh tun kann.
Es bedeutet nicht, dass Tiere, die keine Begriffe kennen, keine Schmerzen empfinden.
Es beudetet auch nicht, dass wenn die anderen genauso gut wissen können, wie ich, dass ich Schmerzen habe, dass sie diese Schmerzen damit auch empfinden.
Um das und die damit verbundenen Fragen, dreht sich das Argument von der Unmöglichkeit einer Privatsprache.
Bei Wittgenstein geht es um die Unmöglichkeit (der Anschlussfähigkeit) einer Privatsprache und damit verbunden um die Frage, wie privat eigentlich meine allerprivatesten Erfahrungen, wie z.B. "meine Scherzen" oder auch meine geheimen Gedanken eigentlich sind, von denen man intuitiv meint, dass nur ich sie kennen und um sie wissen kann und zwar prinzipiell.
Dem zieht Wittgenstein den Zahn und sagt: Nix da. Das eigene Innere erschließt man sich, im Gegenteil zur intuitiven Annahme, erst einmal durch den Gebrauch (und damit das Erlernen) einer öffentlichen Sprache. Erst wenn ich prinzipiell weiß, was Schmerzen sind (was man meint, wenn man von Schmerzen redet und welche Verhaltensweise dazu gehören) kann ich auch kapieren, dass es Schmerzen sind (im Sinne von: dass man das "Schmerzen" nennt), worunter ich leide.
Das bedeutet nicht, dass es vorher nicht weh tun kann.
Es bedeutet nicht, dass Tiere, die keine Begriffe kennen, keine Schmerzen empfinden.
Es beudetet auch nicht, dass wenn die anderen genauso gut wissen können, wie ich, dass ich Schmerzen habe, dass sie diese Schmerzen damit auch empfinden.
Um das und die damit verbundenen Fragen, dreht sich das Argument von der Unmöglichkeit einer Privatsprache.
„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)
- Jörn Budesheim
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Die folgenden Zeilen lehnen sich sehr frei an die Erläuterungen von Georg W. Bertram in "Philosophische Gedankenexperimente" an. (Alle Zitate sind in Anführungszeichen und kursiv.)
Jeder kennt diesen Ausdruck: “... mehr als Worte sagen können.” Manchmal scheint die Sprache einfach zu grob und zu wenig auf uns selbst zugeschnitten zu sein. Wäre es nicht manchmal schön, eine Sprache zu haben, die nur mir allein gehört, (m)eine private Sprache? Wittgenstein bringt dazu Gedankenexperiment, welches zeigen soll, dass eine private Sprache eine begriffliche Unmöglichkeit ist.
Man kann sich das vielleicht so vergegenwärtigen: Ich und meine Gefühle sind im Grunde “einzigartig und unvergleichlich”. Sie können nicht wirklich mit den “Allgemeinbezeichnungen der öffentlichen Sprache ausgedrückt werden.” Wie wäre es also mit (m)einer privaten Sprache? Dazu müsste ich nur innere Zeichen erfinden, die sich auf auf bestimmte ganz private Empfindungen beziehen. Das klingt einfach: Ich gebe der Empfindung im Grunde einen Namen ('E' ) und wenn sie erneut auftritt, wende ich das fragliche Wort ('E' ) einfach wieder an. Voila, meine private Sprache. Nur ich und sonst keiner wüsste, worauf sich meine Wörter beziehen, da sie meine privaten Namen für meine privaten Empfindungen wären. Niemand kann meine Gefühle haben, also könnte meine Privatsprache auch keiner verstehen. (Auf Privates kann man auch nicht zeigen wie auf Öffentliches.)
Bertram meint dazu: “Wittgensteins Privatsprachen-Argument ist eines jener Gedankenexperimente, zu deren Durchführung der Leser nur deswegen aufgefordert wird, damit er bemerkt, dass sich das Gedankenexperiment gar nicht durchführen lässt. Er soll gewissermaßen die Erfahrung machen, dass der geplante experimentelle Aufbau schon in sich zusammenbricht, bevor der Versuchsleiter das Experiment überhaupt beginnen kann.”
Wittgenstein fragt also nicht, was passieren würde, wenn ich so eine Sprache entwickle, sondern er will deutlich machen, dass das gar nicht geht. Bertram: "Seine Auffassung ließe sich so auf den Punkt bringen: Eine Privatsprache ist eine begriffliche Unmöglichkeit, weil ihre Wörter nicht nur für eventuelle Hörer, sondern auch für die Sprecherin - die Erfinderin der Privatsprache selbst - unverständlich wären. » Wörter« einer Privatsprache hätten bei Licht besehen überhaupt keine Bedeutung. Das bedeutet aber nichts anderes, als dass es sich bei ihnen nur um vermeintliche Wörter handeln würde, um Pseudowörter, und bei der Privat-»Sprache« deshalb um eine Pseudosprache."
Worauf beruht Wittgensteins Argument? Nach Bertram ist der Kern des Argumentes folgender: ein Wort kann nur dann eine Bedeutung haben, wenn manche Verwendungsweisen des Wortes richtig und andere wiederum falsch sind. Nehmen wir ein simples Beispiel: Das Wort "Pferd" bedeutet Pferd. Weist man mit dem Wort auf ein Pferd hin, nutzt man es richtig, weist man damit auf eine Kuh hin, nutzt man es falsch. Wäre es auch in diesem Fall richtig, hätte es eine andere Bedeutung, welche auch immer: jedenfalls nicht Pferd. Vielleicht "Pferd-oder-Kuh" oder "Tier" etc. Jedoch: “Ein Wort, für dessen Gebrauch es keinerlei Unterschied zwischen richtig und falsch gäbe, hätte keinerlei Bedeutung.” Welche auch?
Wenn ich also einen Namen für einen bestimmten Empfindungs-Typ vergeben will, muss ich jede spätere Empfindung richtig einordnen können: Entweder ist sie vom Typ E oder nicht. Dazu brauche ich Kriterien, Unterscheidungsmerkmale. Denn wenn ich eine gewisse Empfindung auf den Name E taufe, sollte ich später schließlich nur Empfindungen des gleichen Typs E nennen. Sonst wäre das ja witzlos. Doch geht das? Bertram fragt im Sinne Wittgensteins: “Welche Empfindung ist dem Ur-E noch ähnlich genug, um von derselben Art zu sein, welche ist es aber nicht mehr? Wo verlaufen die Grenzen genau? Auf diese Frage kann keine noch so konzentrierte innere Inspektion des Ur-E eine Antwort liefern.”
Daraus folgt (laut Wittgenstein und Bertram): Mit dem inneren Taufakt habe ich im Grunde nichts als eine leere »Zeremonie« (wie Wittgenstein sagt) vollzogen. Denn sie bewirkt nichts: jedenfalls nicht, dass ich nun an einen objektiven Standard zur Verwendung von E gebunden wäre. Denn es gibt ja nichts, was mich auf irgendetwas festlegt. Was immer ich für richtig halte … wäre auch richtig. Denn es gibt hier offenbar nicht so etwas wie eine “Kontrollinstanz”. Doch wenn alles richtig ist, was mir richtig erscheint, dann ist damit der Unterschied zwischen richtig und falsch aufgehoben. Bertram: Weil für die einzige Verwenderin von 'E' zu jedem beliebigen Zeitpunkt jede beliebige weitere Verwendung von 'E' gleichermaßen »richtig« wäre, würde 'E' für sie im buchstäblichen Sinne alles und nichts, genauer: alles mögliche, und darum nichts Bestimmtes bedeuten.
Fragen und Probleme
"Wittgensteins Privatsprachenargument hat einen sonderbaren Status in der philosophischen Diskussion erlangt. Offenbar sind die meisten Philosophen der Ansicht, dass das Gedankenexperiment erfolgreich zeigt, was es zeigen soll, während gleichzeitig große Uneinigkeit darüber herrscht, was genau es eigentlich zeigen soll. In erster Linie herrscht Uneinigkeit darüber, auf was es bei dem Gedankenexperiment wesentlich ankommt. Geht es vor allem darum, dass es sich bei der hypothetischen privaten Sprache um die Sprache einer einzigen Sprecherin handelt, oder geht es wesentlich darum, dass sie sich auf ihre inneren Empfindungen beziehen soll? Geht es um die Frage, ob eine Sprecherin, die bereits eine öffentliche Sprache beherrscht, sinnvolle Privatwörter erfinden könnte, oder um die Frage, ob die erste Sprache eines Menschen eine Privatsprache sein könnte? Weiterhin ist auch der methodische Status des Gedankenexperiments umstritten: Es sieht zunächst so aus, als ob Wittgenstein für die Wahrheit der These »Eine private Sprache ist unmöglich« argumentieren wolle. Bei näherer Betrachtung verhält es sich jedoch mit dem Traum von einer privaten Sprache ähnlich wie mit dem Traum von einem viereckigen Dreieck: Die Wortkombination »viereckiges Dreieck« sieht grammatisch korrekt aus und erweckt daher die Illusion, einen verständlichen Inhalt auszudrücken, ist aber tatsächlich sinnlos. Analog wäre auch der Satz »Eine private Sprache ist möglich« nicht falsch, sondern sinnlos. Dann wäre aber auch das Gegenteil dieses Satzes (»Eine private Sprache ist unmöglich«) nicht etwa wahr, sondern ebenfalls sinnlos. Der Traum von einer privaten Sprache wäre dann ein Traum von nichts - oder, um eine Formulierung Kants aufzunehmen: weniger noch als ein Traum." (Georg W. Bertram in "Philosophische Gedankenexperimente")
Jeder kennt diesen Ausdruck: “... mehr als Worte sagen können.” Manchmal scheint die Sprache einfach zu grob und zu wenig auf uns selbst zugeschnitten zu sein. Wäre es nicht manchmal schön, eine Sprache zu haben, die nur mir allein gehört, (m)eine private Sprache? Wittgenstein bringt dazu Gedankenexperiment, welches zeigen soll, dass eine private Sprache eine begriffliche Unmöglichkeit ist.
Man kann sich das vielleicht so vergegenwärtigen: Ich und meine Gefühle sind im Grunde “einzigartig und unvergleichlich”. Sie können nicht wirklich mit den “Allgemeinbezeichnungen der öffentlichen Sprache ausgedrückt werden.” Wie wäre es also mit (m)einer privaten Sprache? Dazu müsste ich nur innere Zeichen erfinden, die sich auf auf bestimmte ganz private Empfindungen beziehen. Das klingt einfach: Ich gebe der Empfindung im Grunde einen Namen ('E' ) und wenn sie erneut auftritt, wende ich das fragliche Wort ('E' ) einfach wieder an. Voila, meine private Sprache. Nur ich und sonst keiner wüsste, worauf sich meine Wörter beziehen, da sie meine privaten Namen für meine privaten Empfindungen wären. Niemand kann meine Gefühle haben, also könnte meine Privatsprache auch keiner verstehen. (Auf Privates kann man auch nicht zeigen wie auf Öffentliches.)
Bertram meint dazu: “Wittgensteins Privatsprachen-Argument ist eines jener Gedankenexperimente, zu deren Durchführung der Leser nur deswegen aufgefordert wird, damit er bemerkt, dass sich das Gedankenexperiment gar nicht durchführen lässt. Er soll gewissermaßen die Erfahrung machen, dass der geplante experimentelle Aufbau schon in sich zusammenbricht, bevor der Versuchsleiter das Experiment überhaupt beginnen kann.”
Wittgenstein fragt also nicht, was passieren würde, wenn ich so eine Sprache entwickle, sondern er will deutlich machen, dass das gar nicht geht. Bertram: "Seine Auffassung ließe sich so auf den Punkt bringen: Eine Privatsprache ist eine begriffliche Unmöglichkeit, weil ihre Wörter nicht nur für eventuelle Hörer, sondern auch für die Sprecherin - die Erfinderin der Privatsprache selbst - unverständlich wären. » Wörter« einer Privatsprache hätten bei Licht besehen überhaupt keine Bedeutung. Das bedeutet aber nichts anderes, als dass es sich bei ihnen nur um vermeintliche Wörter handeln würde, um Pseudowörter, und bei der Privat-»Sprache« deshalb um eine Pseudosprache."
Worauf beruht Wittgensteins Argument? Nach Bertram ist der Kern des Argumentes folgender: ein Wort kann nur dann eine Bedeutung haben, wenn manche Verwendungsweisen des Wortes richtig und andere wiederum falsch sind. Nehmen wir ein simples Beispiel: Das Wort "Pferd" bedeutet Pferd. Weist man mit dem Wort auf ein Pferd hin, nutzt man es richtig, weist man damit auf eine Kuh hin, nutzt man es falsch. Wäre es auch in diesem Fall richtig, hätte es eine andere Bedeutung, welche auch immer: jedenfalls nicht Pferd. Vielleicht "Pferd-oder-Kuh" oder "Tier" etc. Jedoch: “Ein Wort, für dessen Gebrauch es keinerlei Unterschied zwischen richtig und falsch gäbe, hätte keinerlei Bedeutung.” Welche auch?
Wenn ich also einen Namen für einen bestimmten Empfindungs-Typ vergeben will, muss ich jede spätere Empfindung richtig einordnen können: Entweder ist sie vom Typ E oder nicht. Dazu brauche ich Kriterien, Unterscheidungsmerkmale. Denn wenn ich eine gewisse Empfindung auf den Name E taufe, sollte ich später schließlich nur Empfindungen des gleichen Typs E nennen. Sonst wäre das ja witzlos. Doch geht das? Bertram fragt im Sinne Wittgensteins: “Welche Empfindung ist dem Ur-E noch ähnlich genug, um von derselben Art zu sein, welche ist es aber nicht mehr? Wo verlaufen die Grenzen genau? Auf diese Frage kann keine noch so konzentrierte innere Inspektion des Ur-E eine Antwort liefern.”
Daraus folgt (laut Wittgenstein und Bertram): Mit dem inneren Taufakt habe ich im Grunde nichts als eine leere »Zeremonie« (wie Wittgenstein sagt) vollzogen. Denn sie bewirkt nichts: jedenfalls nicht, dass ich nun an einen objektiven Standard zur Verwendung von E gebunden wäre. Denn es gibt ja nichts, was mich auf irgendetwas festlegt. Was immer ich für richtig halte … wäre auch richtig. Denn es gibt hier offenbar nicht so etwas wie eine “Kontrollinstanz”. Doch wenn alles richtig ist, was mir richtig erscheint, dann ist damit der Unterschied zwischen richtig und falsch aufgehoben. Bertram: Weil für die einzige Verwenderin von 'E' zu jedem beliebigen Zeitpunkt jede beliebige weitere Verwendung von 'E' gleichermaßen »richtig« wäre, würde 'E' für sie im buchstäblichen Sinne alles und nichts, genauer: alles mögliche, und darum nichts Bestimmtes bedeuten.
Fragen und Probleme
"Wittgensteins Privatsprachenargument hat einen sonderbaren Status in der philosophischen Diskussion erlangt. Offenbar sind die meisten Philosophen der Ansicht, dass das Gedankenexperiment erfolgreich zeigt, was es zeigen soll, während gleichzeitig große Uneinigkeit darüber herrscht, was genau es eigentlich zeigen soll. In erster Linie herrscht Uneinigkeit darüber, auf was es bei dem Gedankenexperiment wesentlich ankommt. Geht es vor allem darum, dass es sich bei der hypothetischen privaten Sprache um die Sprache einer einzigen Sprecherin handelt, oder geht es wesentlich darum, dass sie sich auf ihre inneren Empfindungen beziehen soll? Geht es um die Frage, ob eine Sprecherin, die bereits eine öffentliche Sprache beherrscht, sinnvolle Privatwörter erfinden könnte, oder um die Frage, ob die erste Sprache eines Menschen eine Privatsprache sein könnte? Weiterhin ist auch der methodische Status des Gedankenexperiments umstritten: Es sieht zunächst so aus, als ob Wittgenstein für die Wahrheit der These »Eine private Sprache ist unmöglich« argumentieren wolle. Bei näherer Betrachtung verhält es sich jedoch mit dem Traum von einer privaten Sprache ähnlich wie mit dem Traum von einem viereckigen Dreieck: Die Wortkombination »viereckiges Dreieck« sieht grammatisch korrekt aus und erweckt daher die Illusion, einen verständlichen Inhalt auszudrücken, ist aber tatsächlich sinnlos. Analog wäre auch der Satz »Eine private Sprache ist möglich« nicht falsch, sondern sinnlos. Dann wäre aber auch das Gegenteil dieses Satzes (»Eine private Sprache ist unmöglich«) nicht etwa wahr, sondern ebenfalls sinnlos. Der Traum von einer privaten Sprache wäre dann ein Traum von nichts - oder, um eine Formulierung Kants aufzunehmen: weniger noch als ein Traum." (Georg W. Bertram in "Philosophische Gedankenexperimente")
Ich kann das Argument, dass es eine Privatsprache nicht geben kann, nicht wirklich nachvollziehen. Es ist doch mir möglich, einen Begriff zu erfinden für das Phänomen y, wonach ich jedem Phänomen y diesen Begriff gebe. Und dadurch, dass sich Phänomen y von Phänomen z unterscheidet, werden sich meine erfundenen Begriffe dieser Phänomene voneinander unterscheiden. Etwas zu etikettieren ist ein allgemeines menschliches Vermögen, aber das Etikett selbst ist deshalb nicht zwingend ein allgemeines, wenn ich es erfinde und nur für mich selbst anwende?
Dass die Dinge der Aussenwelt uns gemeinsam in einer relativ konstanten Form gegeben sind, ermöglicht die Allgemeinheit unsere Begriffe und damit auch unserer Sprache. Wir indizieren unsere Gegenstände mittels Begriffe, sie sind das Korrelat unserer Gegenstände. Auch Gefühlsbegriffe sind uns in einer gewissen Weise gemeinsam gegeben, weil wir empathische Fähigkeiten ausgebildet haben, dank denen es uns möglich ist, uns über unsere Gefühle auszutauschen und auf Empfindungen zu verweisen, so dass uns dieser Gefühlsgegenstand, wenn auch nicht gemeinsam gegeben ist, so doch in der Vorstellung davon, was er für den anderen bedeuten könnte.
Aber in dieser Gegebenheit der Gegenstände - des Gefühls oder der Aussenwelt - für uns liegt lediglich die Allgemeinheit der Sprache begründet, doch das bedeutet wiederum nicht, dass Sprache Allgemeinheit voraussetze. Selbstverständlich denken wir Sprache als soziale Handlung, d.h. als eine Fähigkeit, die wir im Miteinanander mit Blick auf eine Vermittelbarkeit ausgebildet haben. Sprache heisst demnach seit je, die Allgemeinheit zu betreffen, die mindestens zwei Individuen miteinander herstellen durch die Referenz aufeinander und auf das Dritte, das eben ihr gegebener Gegenstand ist. Aber das schliesst doch nicht aus, dass ich mir selbst einen Gegenstand vermittle durch eine Sprache, die nur mir verständlich ist, weil sie nur die private Allgemeinheit betrifft, die ich mit mir selbst herstelle?
Es ist, so meine ich, durchaus denkbar, dass ich die Gegebenheit der Dinge für mich in einer Weise sprachlich kodiere, die niemand anderes verstehen kann und auch nicht verstehen braucht, damit sie überhaupt verstanden würde, denn die Wirkung dieser Sprache erschöpfte sich in der Bedeutung, die sie für mich hat, so dass die Vermittelbarkeit für andere nicht ein relevantes Kriterium wäre für ihr Sprachesein.
Was verstehe ich nicht?
Dass die Dinge der Aussenwelt uns gemeinsam in einer relativ konstanten Form gegeben sind, ermöglicht die Allgemeinheit unsere Begriffe und damit auch unserer Sprache. Wir indizieren unsere Gegenstände mittels Begriffe, sie sind das Korrelat unserer Gegenstände. Auch Gefühlsbegriffe sind uns in einer gewissen Weise gemeinsam gegeben, weil wir empathische Fähigkeiten ausgebildet haben, dank denen es uns möglich ist, uns über unsere Gefühle auszutauschen und auf Empfindungen zu verweisen, so dass uns dieser Gefühlsgegenstand, wenn auch nicht gemeinsam gegeben ist, so doch in der Vorstellung davon, was er für den anderen bedeuten könnte.
Aber in dieser Gegebenheit der Gegenstände - des Gefühls oder der Aussenwelt - für uns liegt lediglich die Allgemeinheit der Sprache begründet, doch das bedeutet wiederum nicht, dass Sprache Allgemeinheit voraussetze. Selbstverständlich denken wir Sprache als soziale Handlung, d.h. als eine Fähigkeit, die wir im Miteinanander mit Blick auf eine Vermittelbarkeit ausgebildet haben. Sprache heisst demnach seit je, die Allgemeinheit zu betreffen, die mindestens zwei Individuen miteinander herstellen durch die Referenz aufeinander und auf das Dritte, das eben ihr gegebener Gegenstand ist. Aber das schliesst doch nicht aus, dass ich mir selbst einen Gegenstand vermittle durch eine Sprache, die nur mir verständlich ist, weil sie nur die private Allgemeinheit betrifft, die ich mit mir selbst herstelle?
Es ist, so meine ich, durchaus denkbar, dass ich die Gegebenheit der Dinge für mich in einer Weise sprachlich kodiere, die niemand anderes verstehen kann und auch nicht verstehen braucht, damit sie überhaupt verstanden würde, denn die Wirkung dieser Sprache erschöpfte sich in der Bedeutung, die sie für mich hat, so dass die Vermittelbarkeit für andere nicht ein relevantes Kriterium wäre für ihr Sprachesein.
Was verstehe ich nicht?
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Alle lächeln in derselben Sprache.
Alle lächeln in derselben Sprache.
Alles richtig, der einzige der die Sprache dann können würde, wärest Du.
Tatsächlich gibt es solche Fälle, nur verbreiten sich diesen Sprachen nicht, weil es schon andere gibt.
Diese Sprache wäre also nicht anschlussfähig.
Ansonsten hast Du Recht.
Tatsächlich gibt es solche Fälle, nur verbreiten sich diesen Sprachen nicht, weil es schon andere gibt.
Diese Sprache wäre also nicht anschlussfähig.
Ansonsten hast Du Recht.
„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)
Ihr seid schon mittendrin, ich bin noch beim ersten Satz, die Nr. 255:
Die Philosophie behandelt eine Frage; wie eine Krankheit.
Was genau meint er damit, zumal da ein Semikolon steht?
Sind Fragen für ihn wie eine Krankheit? Krank sein will niemand, will die Philosophie keine Fragen, oder muss die Frage irgendwie geheilt werden?
Oder geht es um die Krankheit ansich, sozusagen als Einleitung zu den nächsten Kapiteln?
...
Ich persönlich finde das Beschreiben von Schmerzen schwierig. Das es weh tut, ist das eine, aber wie der Schmerz ist, ist schon schwieriger. Nie bin ich mir sicher, ob ein Arzt das so versteht, wie ich das meine. Woher soll ich wissen, wie jemand anders pochend, ziehen, krampfartig usw. definiert. Das führt bisweilen zu starken Irritationen.
Die Philosophie behandelt eine Frage; wie eine Krankheit.
Was genau meint er damit, zumal da ein Semikolon steht?
Sind Fragen für ihn wie eine Krankheit? Krank sein will niemand, will die Philosophie keine Fragen, oder muss die Frage irgendwie geheilt werden?
Oder geht es um die Krankheit ansich, sozusagen als Einleitung zu den nächsten Kapiteln?
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Ich persönlich finde das Beschreiben von Schmerzen schwierig. Das es weh tut, ist das eine, aber wie der Schmerz ist, ist schon schwieriger. Nie bin ich mir sicher, ob ein Arzt das so versteht, wie ich das meine. Woher soll ich wissen, wie jemand anders pochend, ziehen, krampfartig usw. definiert. Das führt bisweilen zu starken Irritationen.
Der, die, das.
Wer, wie, was?
Wieso, weshalb, warum?
Wer nicht fragt bleibt dumm!
(Sesamstraße)
Wer, wie, was?
Wieso, weshalb, warum?
Wer nicht fragt bleibt dumm!
(Sesamstraße)
Damit wäre aber zugleich festgestellt, dass eine solche nicht anschlussfähige Sprache die Funktion von Sprache nicht übernehmen kann. Sprache, die nicht mindestens zwei Menschen verbindet, verliert ihren Sinn, sie wäre keine Sprache in der Definiton des Sprachzwecks, sondern nur Zwiesprache.
Aber auch eine Zwiesprache ist eine Sprache, und zwar eine private. Aber ich will verstehen, was Wittgenstein meinte, nicht ablehnen
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Alle lächeln in derselben Sprache.
Alle lächeln in derselben Sprache.
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wittgenstein hat geschrieben : Stellen wir uns diesen Fall vor. Ich will über das Wiederkehren einer gewissen Empfindung ein Tagebuch führen. Dazu assoziiere ich sie mit dem Zeichen »E« und schreibe in einem Kalender zu jedem Tag, an dem ich die Empfindung habe, dieses Zeichen. - Ich will zuerst bemerken, daß sich eine Definition des Zeichens nicht aussprechen läßt. - Aber ich kann sie doch mir selbst als eine Art hinweisende Definition geben! - Wie? kann ich auf die Empfindung zeigen? - Nicht im gewöhnlichen Sinne. Aber ich spreche, oder schreibe das Zeichen, und dabei konzentriere ich meine Aufmerksamkeit auf die Empfindung - zeige also gleichsam im Innern auf sie. - Aber wozu diese Zeremonie? denn nur eine solche scheint es zu sein! Eine Definition dient doch dazu, die Bedeutung eines Zeichens festzulegen. - Nun, das geschieht eben durch das Konzentrieren der Aufmerksamkeit; denn dadurch präge ich mir die Verbindung des Zeichens mit der Empfindung ein. - »Ich präge sie mir ein« kann doch nur heißen: dieser Vorgang bewirkt, daß ich mich in Zukunft richtig an die Verbindung erinnere. Aber in unserm Falle habe ich ja kein Kriterium für die Richtigkeit. Man möchte hier sagen: richtig ist, was immer mir als richtig erscheinen wird. Und das heißt nur, daß hier von ›richtig‹ nicht geredet werden kann.
Dadurch wird deine Argumentation jedoch zu einer petitio principii, schätze ich. Du behauptest einfach, dass das geht. Wittgensteins zentralen Punkt (nach Georg W Bertram zumindest) blendest du dabei einfach aus: Wenn alles, was dir richtig erscheint, auch richtig ist, dann verschwindet die Unterscheidung zwischen richtig und falsch.
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Ich verstehe es so, dass die philosophische Frage irgendwie geheilt werden muss. Ich schätze aber, er meint nicht, dass jede beliebige Frage bloß geheilt werden muss. Nimm dir ein Beispiel. Eine Physikerin fragt sich, warum sich die Erde um die Sonne dreht. Wird die Frage beantwortet, steht am Ende irgendeine Erklärung, warum das eben der Fall ist. Die Frage findet einfach eine Antwort.
Bei philosophischen Fragen ist das nach Wittenstein, wenn ich richtig verstehe, anders. Am Ende einer Behandlung der philosophischen Frage steht dann nicht irgendein Ergebnis\eine Antwort (wie oben bei der Frage der Physikerin) sondern die Frage verschwindet einfach, so wie die Krankheit verschwunden ist, nachdem sie geheilt wurde.
Eine Frage wie eine Krankheit behandeln heißt, nach meinem Verständnis, die philosophische Frage zum Verschwinden zu bringen, sodass die Frage sich am Ende gar nicht mehr stellt. Philosophische Probleme entstehen, soweit ich Wittgenstein richtig verstehe, nach seiner Ansicht im Wesentlichen dadurch, dass wir unsere eigene Sprache missverstehen. Dieses Missverstehen ist sozusagen die Krankheit, die geheilt werden muss.
Das dürfte für diejenige, die philosophieren will, vielleicht sogar äußerst frustrierend sein, wenn es sich so tatsächlich verhält. Zu Beginn hat sie 100 Fragen, dann werden die Fragen geheilt, dann hat sie keine einzige Antwort, aber die Fragen stellen sich ihr nicht mehr :)
- Jörn Budesheim
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Die Autoren des Buches "die 100 wichtigsten philosophischen Argumente rekonstruieren Wittgensteins Argument" zunächst folgendermaßen (später fügen Sie an einer Stelle noch eine Alternative ein... Die vielleicht später nachtragen kann.)
P1. Wenn eine Empfindung notwendig privat sein soll, dann darf sie nicht die Form einer natürlichen Äußerung haben, wie sich zum Beispiel Schmerz in Stöhnen, Schreien, Weinen und dergleichen äußert.
P2. Man nehme einmal an, dass man eine Privatsprache schaffen möchte und dazu jedes Mal ein Zeichen ‚E‘ in ein Tagebuch einträgt, wenn eine bestimmte Empfindung auftritt.
P3. Wenn ‚E‘ eine Bedeutung haben soll und diese ein Kriterium für die Richtigkeit der Anwendung von ‚E‘ in der Zukunft sein soll, dann muss eine Definition von ‚E‘ formuliert werden können, oder, wenn ‚E‘ eine Bedeutung erhalten soll, dann muss für ‚E‘ eine ostensive Definition gegeben werden können (das heißt eine Definition, bei der man auf das genannte Ding zeigt und seinen Namen sagt oder schreibt).
P4. Es kann keine Definition von ‚E‘ formuliert werden, denn das würde den Gebrauch einer ‚öffentlichen‘ Alltagssprache er erforderlich machen und die Privatheit der Sprache außer Kraft setzen.
P5. Wäre es nicht trotzdem möglich, eine ostensive Definition für ‚E‘ zu finden, indem man seine Aufmerksamkeit auf die Empfindung konzentriert, die man hat, während man das Zeichen in das Tagebuch schreibt? Nein. Denn:
5a1. Wie in Paragraph 257 dargestellt und in den Paragraphen 27–37 der Philosophischen Untersuchungen erläutert, gilt: Wenn eine ostensive Definition funktionieren soll, dann muss ein begrifflich-linguistischer Kontext existieren, um das ‚Objekt‘ des Zeigens, oder, wie in diesem Fall, das ‚Objekt‘ der konzentrierten Aufmerksamkeit überhaupt bestimmen zu können.
5a2. Ostensive Definitionen können nicht verwendet werden, um Bedeutungen zu begründen; sie stellen vielmehr einen letzten Schritt dar, um die bereits bestehende Bedeutung eines Zeichens zu explizieren. 5a3. Ohne einen begrifflich-linguistischen Kontext, mit dessen Hilfe ein ‚Objekt‘ der Aufmerksamkeit bestimmt werden kann, gibt es kein determinierendes ‚Zeigen‘ auf diese Empfindung. Ist es die Empfindung, auf die man sich konzentriert oder ihre Dauer, Intensität, der Körper ohne diese Empfindung usw.? K1. Im Kontext des privaten Tagebuchschreibers ist keine ostensive Definition möglich (modus tollens, P5, 5a1–5a2).
5b. Im Kontext des privaten Tagebuchschreibers gibt es keinen möglichen, begrifflich-linguistischen Kontext. K2. Die Konzentration der eigenen Aufmerksamkeit auf eine Empfindung, bei deren Erscheinen man ein Zeichen aufschreibt, reicht nicht aus, um eine private oder sonstige Bedeutung für das Zeichen zu generieren (modus tollens, 5a, 5b).
Wittgenstein ist Holist. Irgendwo sagt er, ein Wort zu verstehen, heißt, einen Satz zu verstehen und einen Satz zu verstehen, heißt eine Sprache zu verstehen.Alethos hat geschrieben : ↑Fr 16. Mär 2018, 23:33Damit wäre aber zugleich festgestellt, dass eine solche nicht anschlussfähige Sprache die Funktion von Sprache nicht übernehmen kann. Sprache, die nicht mindestens zwei Menschen verbindet, verliert ihren Sinn, sie wäre keine Sprache in der Definiton des Sprachzwecks, sondern nur Zwiesprache.
Aber auch eine Zwiesprache ist eine Sprache, und zwar eine private. Aber ich will verstehen, was Wittgenstein meinte, nicht ablehnen
Genauso sagte es Quine, bevor er nachher seinen sprachlichen Holismus zu einem "Clusterismus" veränderte. Nun musste man nicht mehr alles verstehen, um eine Sprache zu verstehen, aber einiges, einige Cluster. Sprache zu verstehen, bleibt aber top down.
Darauf will auch Wittgenstein hinaus, wenn er beschreibt, wie wir Sprache lernen. Wir nehmen ein Wort, was wir hören, z.b. Schmerzen. Wenn wir dieses Wort einfach nur wiederholen, also nachplappern, dann können wir das zwar richtig tun, im Sinne der Lautbildung ... wir üben also: Sch ... Schmer ... zen ... Schmerzen, aber wenn wir das tun, machen wir nichts anderes als ein Papagei oder Sprachaufzeichner - wir wiederholen Laute. Damit aus dem Wort ein Begriff wird - Wittgenstein ist, hier wieder wie Quine, der Meinung, dass die Bedeutung eines Begriffs sein Gebrauch ist - muss noch etwas entscheidendes anderes dazukommen: Das Wort muss auf die/in der richtige(n) Situation angewendet werden. Wie lernt man das?
Durch die Vernknüpfung des Wortes, was man in bestimmten Situationen hört: "Schmerzen" und der Situation, die man dabei erlebt. Jemand ruft "Au", springt herum, schüttelt den Arm aus, den er sich gerade gestoßen hat. Jemand wimmert und macht ein leidendes Gesicht. Jemand flucht und hält sich einen Körperteil. Jemand weint. Jemand verzerrt das Gesicht, atmet durch die Zähne ein. Man hält eine bestimmte Körperregion fest. Jemand schreit entsetzlich und windet sich ... All das ist verbunden mirt Aussagen in denen Schemerzen ... das tut bestimmt weh ... der muss höllische Schmerzen habe usw. gesagt wird.
Irgendwann stößt man sich selbst, schreit kurz auf, denkt "Ah Mist, was ist denn das?" und weiß nun, aufgrund der vielen Beobachtungen, dass es Schmerzen sind, die man selbst hat.
Das ist die Pointe bei dem Argument: Ich veröffentliche nicht einfach mein Inneres, sondern ich erschließe es mir zunächst anhand öffentlich zugänglicher Begriffe und lerne mich so erst mal selbst kennen: "Ah ja, das müssen wohl Schmerzen sein, die ich habe." Da ist kontraintutiv.
Wittgenstein meint nun, selbst wenn das Kind seinen eigenen Begriff prägte, würde das nicht klappen, denn es könnte nun nicht erklären - und das müsste es - wann denn dieser Begriff benutzt werden soll. Wenn ich "Wamm" sage, muss der andere ja kapieren, wann, warum in welchem Kontext ich "Wamm" sage, sonst kommt man wieder über ein Nachplappern von etwas nicht Verstandenem, nicht hinaus. Und anhand einer Privatsprache könnte sich das Kind nicht erklären, weil die Begriffe, die es zum erklären bräuchte ebenfalls vom anderen nicht verstanden würden. Ein Wort zu verstehen, heißt einen Satz zu verstehen. Den Satz zu verstehen, heißt die Sprache zu verstehen.
Quine erklärt dasselbe nur anders herum an dem berühmten "gavagai" Beispiel. Ganz kurz: Sprachforscher gerät zu unbekanntem Volk, versteht dort kein Wort. Irgendwann hoppelt ein Kaninchen daher, er hört jemanden sagen "gavagai" und weiß nun wenigstens und notiert sich: Kaninchen = gavagai. Richtig?
Nein, sagt uns Quine. Das ist nur eine Vemutung. gavagai könnte auch das Auge oder der Schwanz des Kaninchens sein, es könnte auch Ahnengeist oder "bösen Omen" oder "da kommt unser Abnedbrot" heißen.
Die Pointe auch hier Übersetzungen funktionieren, rein logisch betrachtet, nur im Ganzen. Bis dahin, bis wir eine Sprache komplett beherrschen, bleiben wir auf der Ebene der Spekulationen.
(Und da Du schlau bist und gerne denkst: Die eigentliche Pointe reicht noch viel weiter. Sie lautet, dass wir bei keiner Art der Kommunikation genau wissen, was der andere meint. Das treffen wir dann wieder bei Fragen, wie denen, woran wir eigentlich erkennen können, ob der andere, mit dem wir sprechen, wirklich bewusst ist oder nur ein Zombie. Jemand, der wie im Chinesichen Zimmer, enfach nur richtig übersetzt, aber gar nicht versteht, was das bedeutet, was er tut.
Wann ist Alexa eigentlich bewusst? All das hängt da dran.)
„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)
Für Wittgenstein war irgendwann die ganze Philosophie eine Krankheit und er verstand seinen Ansatz, wie einige sagen, therapeutisch, um der Fliege den Ausweg aus dem Fliegenglas zu zeigen, was bei ihm sovoel hieß wie, albernen Wortverdrehereien nicht mehr mitzumachen.
Wittgenstein war unheimlich gut darin die Sprache auf das Wesentliche, den logischen Gehalt der Aussage einzudampfen, den Rest hielt er für Firlefanz.
"Ich habe Schmerzen" hat den gleichen Gehalt wie "Ich bin mit gewiss, dass ich Schmerzen habe."
Damit können Ärzte aber durchaus was anfangen. EIne genaue Abgleichung ist da nicht nötig. Es muss nicht geklärt werden, ob es eher ein reißendes Ziehen oder ein ziehendes Reißen ist. Aber mit spitz, dumpf oder pochend und der Ausdehnung ist schon viel gewonnen.Stefanie hat geschrieben : ↑Fr 16. Mär 2018, 22:31Ich persönlich finde das Beschreiben von Schmerzen schwierig. Das es weh tut, ist das eine, aber wie der Schmerz ist, ist schon schwieriger. Nie bin ich mir sicher, ob ein Arzt das so versteht, wie ich das meine. Woher soll ich wissen, wie jemand anders pochend, ziehen, krampfartig usw. definiert. Das führt bisweilen zu starken Irritationen.
„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)
Weil man Fälle beobachtet hat, bei denen so eine Privatsprache natürlicherweise entstanden ist. Eibl-Ebesfeldt (Ethologe, Lorenz-Schüler) beschreibt den Fall zweier Kinder, die bei einer taubstummen Oma im tiefsten Schweden, am Ende der Welt aufwuchsen. SIe unterhielten sich in so einer Privatsprache, die niemand außer ihnen verstand. Den Sinngehalt der Sprache beurteilen kann man nicht, nur anhand der Reaktionen vermuten, dass es einen gibt.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Sa 17. Mär 2018, 06:54Woher will man das wissen? Wie will man eine Sprache, die keiner verstehen kann, außer der Sprachverwenderin selbst, von einer beliebigen anderen Lautabsonderung unterscheiden?
EInen anderen Fall als Oliver Sacks (Neurologe, Neuropsychologe) beschrieben. Er sah Zwillinge, die mit niemandem kommunizierten und untereinander nur mit gewaltigen Zahlen, an denen sie offenbar Freude hatten. Sacks, meinte, die Zahlen müssten irgendeien Sinn haben, schrieb sie auf und (es war die prä-Internet-Ära) wälzte dicke Bücher, bis er es endlich hatte: Es waren irrsinnig lange Primzahlen, die die beiden sich zuriefen. Sacks lernte einige große Primzahlen auswendig, setzte sich zu den Zwillingen sagte nun eine riesige Primzahl auf. Die Zwillinge schauten erst irritiert an, dann lächelten sie und er war als einer von ihnen akzeptiert. Hier konnte der Sinn sogar nachgewiesen werden.
Aber auch hier: Dass wir den anderen tatsächlich verstehen, ist und bleibt eine Spekulation. Wenn der andere macht, was wir erwarten, wenn wir ihm etwas sagen, gehen wir davon aus, dass er dasselbe meint, wie wir. In Paartherapien offenbart sich aber oft eine andere Welt. Da findet man dann Sätze, wie den, dass man etwas zwar so geaagt, aber nicht so gemeint hat. Bzw. der Begriff der beim einen neckisch, scherzhaft oder nur so dahergesagt wurde, kann beim andere tiefe Verletzungen auslösen. Das gipfelt in der interessanten Aussage des Paartherapeuten Jelloushek, der meinte, Paare würden sich nicht trennen, weil sie sich in- und auswendig kennen, sondern weil sie sich so gut wie gar nicht kennen.
Man weiß zwar, dass er/sie genau jetzt wieder, exakt diese Bemerkung machen wird, aber was unter der Oberfläche liegt, der Eingang dazu ist verschüttet.
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Wenn zwei die selbe Sprache nutzen, haben wir es allerdings nicht mit einer Privatsprache zu tun.
Wenn nur einer da ist, gibt es niemanden, mit dem er reden könnte.
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Genau diesen Punkt in der Argumentation Wittgensteins kann ich nicht nachvollziehen. Es ist mir doch durch die Empfindung, die ich habe, ein Kriterium gegeben, durch das ich unterscheiden kann, dass sich diese Empfindung von der anderen unterscheidet? In der Qualität dieser Empfindung habe ich doch, indem ich sie mir einpräge, einen Referenzpunkt, an welchem ich die Verwendung eines Begriffs ausrichte. Sofern ich mir die Regel gebe, Begriff a mit Phänomen y zu verknüpfen, verhindere ich die Beliebigkeit von richtig und falsch, wie sie hier unterstellt wird.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Sa 17. Mär 2018, 06:52Dadurch wird deine Argumentation jedoch zu einer petitio principii, schätze ich. Du behauptest einfach, dass das geht. Wittgensteins zentralen Punkt (nach Georg W Bertram zumindest) blendest du dabei einfach aus: Wenn alles, was dir richtig erscheint, auch richtig ist, dann verschwindet die Unterscheidung zwischen richtig und falsch.
Sofern ich nicht ein gewichtiges Argument übersehe, begeht Wittgenstein eine petitio principii, denn er setzt als Voraussetzung fest, was er noch zu beweisen hätte, nämlich dass eine private Sprache zur Beliebigkeit führt. Aber ich bin leider noch kein Wittgenstein-Kenner, darum ging ja meine Frage an seine Apologeten
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Alle lächeln in derselben Sprache.
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Richtig.Alethos hat geschrieben : ↑Sa 17. Mär 2018, 09:57Genau diesen Punkt in der Argumentation Wittgensteins kann ich nicht nachvollziehen. Es ist mir doch durch die Empfindung, die ich habe, ein Kriterium gegeben, durch das ich unterscheiden kann, dass sich diese Empfindung von der anderen unterscheidet? In der Qualität dieser Empfindung habe ich doch, indem ich sie mir einpräge, einen Referenzpunkt, an welchem ich die Verwendung eines Begriffs ausrichte.
Als die Sprache entstanden ist, egal ob als Selbstgespräch - aber warum? - oder im Dialogversuch, gab es noch keine reichhaltigere Metasprache im Hintergrund, von der man abweichen konnte. Auch hier musste man Refrenzpunkte erst finden. Ob allein oder zusammen spielt in dem Kontext keine Rolle.
Die starke Behauptung wäre demnach, dass wir gar nicht sprechen können dürften, was offensichtlich falsch ist. Die schwache ist, das wir nicht sicher sein können, ob wir uns überhaupt verstehen.
Zuletzt geändert von Tosa Inu am Sa 17. Mär 2018, 10:21, insgesamt 1-mal geändert.
„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)
Ich habe das Gleichnis anders verstanden. Philosophie führt in den Wahnsinn, weil ihre Fragen an den Rand der Erkenntnisfähigkeit und manchmal, vielleicht auch oft, sogar darüber hinaus führen.
Wenn wir uns mit Philosophie beschäftigen, dann hinterfragen wir die Wirklichkeit, wir stellen die Welt auf den Kopf und ziehen in Zweifel, was als Gewissheit galt.
Gleichzeitig aber ist die Philosophie das Heilmittel für diesen Wahnsinn, denn sie liefert Antworten für den Fragenden und und stellt ihn, wenn auch nur temporär, in gewissem Sinne ruhig. Das bedeutet aber, dass die Antworten die Frage nicht einfach so zum Verschwinden bringen, sondern dass die Antworten stetig zugeführt werden müssen, damit sie den Überfluss an Fragen eindämmen können.
So gesehen bietet Philosophie eine gute Heilungsprognose für den an unbändiger Neugier Erkrankten, insofern sie gleichzeitig eine Langzeittherapie darstellt für die Behandlung der Symptome, die sie selber hervorbringt.
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