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Impulstext:
Stellen wir uns folgende Szene vor: Ein Vater spielt mit seinem Kind. Er wirft einen Ball auf den Boden, der federnd in die Höhe sprang, und der Junge oder das Mädchen versucht, ihn jedes Mal zu fangen – vergeblich. Doch das Kind liebt dieses Spiel, lacht unentwegt und ruft immer wieder, wenn es nach dem Ball griff: „Ball, Ball …“.
Das ist sicher nicht nur ein Spiel, sondern zugleich auch ein Stück Spracherwerb. Wer glaubt, dass der Sinn von Wörtern allein im Kopf liegt, könnte sich von dieser Beobachtung herausgefordert fühlen. Oder ist das Wort „Ball“ tatsächlich zunächst nichts anderes als ein Zeichen für ein inneres Bild oder eine Idee im Kopf des Kindes?
In neurolinguistischen Studien wird berichtet: Hören oder Lesen "handlungsbezogener Wörter" (was für ein Ausdruck) aktiviert im Gehirn genau jene Bereiche, die auch bei der tatsächlichen Ausführung tätig sind. Das Wort „treten“ regt also einen Teil des "motorischen Kortex" an, der für die Beinbewegung zuständig ist. Ähnlich könnte es bei einem Wort wie „fangen“ sein.
Was das Kind mit seinen „Ball-Rufen“ meinte, lässt sich freilich nicht mit Sicherheit sagen. Vielleicht war das Springen gemeint, vielleicht das ständige Nicht-Fangen, vielleicht auch die ganze Spielsituation – oder der Ruf war schlicht selbst Teil des Spiels. Zeigt sich hier eine Schwierigkeit?: Ein einzelner Ausruf kann oftmals vieles heißen.
Wie auch immer, solche Spielszenen sind von zentraler Bedeutung für den Spracherwerb. Technisch gesprochen: Es handelt sich um eine Triangulation zwischen dem „Sprachlehrer“, also dem Vater, dem „Schüler“, also dem Kind, und dem Stück Wirklichkeit, also dem hüpfenden Ball, das beide miteinander teilen. In dieser Dreiecksbeziehung entsteht Sprache. Oder?
Oder aber liegt der Blickwinkel falsch? Vielleicht befinden sich Bedeutungen tatsächlich im Kopf des Sprechers, sodass sich der Ausdruck „Ball“ nicht auf den Ball selbst, sondern auf eine Vorstellung davon bezieht.
Konkrete Dinge wie Bälle lassen sich noch zeigen und benennen. Aber wie verhält es sich mit abstrakten Konzepten wie „Gerechtigkeit“? Hier genügt kein einfaches Zeigen mehr. Oder doch? Woher beziehen solche Wörter ihre Bedeutung?
Ein weites Feld, Luise. In diesem Faden soll es um die Frage gehen: Wieso können Menschen überhaupt sprechen?