Rhetorik, Sprache und Philosophie
- Philosophist
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Hallo an die Mitglieder des Forums,
eventuell hat der ein oder andere von euch mitbekommen, dass es erstmals ein eigenes Handbuch zum Thema Rhetorik/Philosophie seit kurzem gibt. Dieses ist von Andreas Hetzel/Gerald Posselt herausgegeben worden im De Gruyter Verlag, kommt also aus dem Bereich der "Akademischen Philosophie". Falls ihr davon nichts mitbekommen habt, nun jetzt wisst ihr Bescheid
Siehe auch:
amazon.de/Handbuch-Rhetorik-Ph…buch+rhetorik+philosophie (ein besserer Link ist dieser hier: https://www.degruyter.com/view/product/207791)
Aus aktuellem Anlass möchte ich daher gern über dieses bzw. über die Themen , die dort behandelt hier diskutieren (sofern es natürlich dafür Interesse gibt). Das Handbuch selbst gliedert sich in "Historische Perspektiven" (also Geschichte des Verhältnisses von Rhetorik /Philosophie), dann "Aktualisierungen der Rhetorik im 20. Jahrhundert" und "Philosophische Rhetorik im Kontext".
Mein Vorschlag , dass man mit einem Thema hier anfängt und dann sieht wie die Diskussion verläuft.
Ich greife mal das Thema "Rhetorisches Philosophieren" auf, welches in der Einleitung des Handbuches thematisiert wird.
Was versteht ihr unter "Rhetorisches Philosophieren"? Ist dieses empfehlenswert für den heutigen philosophischen Diskurs? Wieviel Rhetorik verträgt die Philosophie?
Sollte man die "Philosophie rhetorisieren" (Foucault) ? Man sieht Fragen über Fragen...jeder Interessierte kann hier natürlich seine Meinung zu diesem Thema kundgeben Eine interessante, vielseitige Diskussion ist natürlich gern gesehen.
Als Einstieg bzw. als "Material" für die Diskussion ein paar Zitate aus der besagten Einleitung :
So wird Adorno dort zitiert ganz am Anfang der Einleitung: "Rhetorik vertritt in Philosophie, was anders als in der Sprache nicht gedacht werden kann".
Es wird in der Einleitung von der "philosophischen Rhetorik" sowie von der "rhetorischen Philosophie" gesprochen interessanterweise (Hetzel/Posselt 2017, S.8). Ist dies dasselbe? Auch darüber könnte man sprechen.
Und hier mal ein längerer Zitat von den Verfassern selbst:
"Vielmehr besteht diese Entsetzung in einem Selbstreflexiv-Werden, durch das Philosophie die Entgegensetzung von Philosophie und Nicht-Philosophie, durch die sie sich als Philosophie konstituiert, in der Philosophie selbst wiederholt und reflektiert. Genau dies wäre die Aufgabe eines rhetorischen Philosophierens. Ein solches rhetorisches Philosophieren internalisiert und praktiziert damit das, was die normalbetriebliche wissenschaftliche Philosophie beständig vergisst und vielleicht vergessen muss, um reibungslos als professionalisierte akademische Disziplin funktionieren zu können, nämlich dass sie selbst beständig das Nicht-Philosophische hervorbringt , gegen das sie sich abzugrenzen versucht. Damit bringt die rhetorische Philosophie etwas in die Philosophie zurück, was diese als ihr Anderes ausschließen muss, um sich als ausgezeichnete Form des Sprechens konstituieren zu können. Eine solche rhetorische oder selbstreflexive Philosophie gibt weder jeden Wahrheits- und Geltungsanspruch auf noch nimmt sie für sich in Anspruch, eine gänzlich gewalt- oder machtfreie Form des Sprechens ins Werk setzen zu können. Vielmehr geht es ihr um die Entfaltung des Widerspruchs, dass die Philosophie notwendig dazu getrieben ist, sich gegen das Nicht-Philosophische, das sie selbst in Gestalt der Rhetorik als ihr Anderes hervorbringt, abzugrenzen, zu immunisieren und durchzusetzen. Aus Sicht eines seine eigene Rhetorizität mitbedenkdenden Philosophierens gibt es keinen philosophischen Text oder Diskurs. der nicht auch rhetorisch und strategisch wäre, und keine rhetorische oder diskursive Praxis, die nicht mit Wahrheits- und Geltungsansprüchen einherginge. Philosophie und Rhetorik in ihrem wechselseitigen Bedingungsverhältnis in den Blick zu nehmen und als eine kritisch-reflexive Praxis zu begreifen, heißt folglich zweierlei: einerseits die Verfahren einer objektiven , systematischen, neutralen und unparteilichen Analyse, Prüfung und Beurteilung genauestens durchzuführen und andererseits die nichtphilosophischen Kräfte der Zerstreuung - der Textualität , Medialität , Diskursivität usw. radikal zu entfalten. In diesem Sinne liße sich nicht nur von einer <Sprachvergessenheit> , sondern auch von einer Rhetorikvergessenheit einer logozentrischen abendländischen Philosophie sprechen. Dagegen gewinnt ein rhetorisches Philosophieren gerade aus der kritischen Reflexion seiner rhetorisch-sprachlichen Verfasstheit eine argumentative Strenge." (Hetzel/Posselt 2017, S.10)
Und: "Die hier angedeutete Rhetorisierung der Philosophie geht damit sowohl über eine Philosophie der Rhetorik als auch über eine Bestimmung der Philosophie als Rhetorik oder der Rhetorik als Philosophie hinaus."
Das "Andere der Philosophie" ist hier besonders die Rhetorik (es gibt aber auch die Literatur z.B.)
Was ist also von einem "rhetorisch reflektierten Philosophieren" zu halten? Wer könnte als Beispiel eines solchen Philosophierens aus der Philosophiegeschichte aufgefasst werden?
Man sieht genug Diskussionsmaterial zu diesem Thema wäre jetzt erstmal vorhanden
Ein entsprechendes Interesse für dieses philosophische Thema und darüber zu diskutieren, wäre natürlich schön
PS: Dieses Thema könnte sich auch in dem Bereich der Hermeneutik/Phänomenologie oder auch der Ästhetik ansiedeln lassen. Ich habe mich mal für den Bereich der "Sprachphilosophie" entschieden, da dies mir am nächstliegendsten zu sein scheint.
Trotz der Länge dieses ersten Beitrages zum Thema, hoffe ich , dass er noch einigermaßen übersichtlich ist
eventuell hat der ein oder andere von euch mitbekommen, dass es erstmals ein eigenes Handbuch zum Thema Rhetorik/Philosophie seit kurzem gibt. Dieses ist von Andreas Hetzel/Gerald Posselt herausgegeben worden im De Gruyter Verlag, kommt also aus dem Bereich der "Akademischen Philosophie". Falls ihr davon nichts mitbekommen habt, nun jetzt wisst ihr Bescheid
Siehe auch:
amazon.de/Handbuch-Rhetorik-Ph…buch+rhetorik+philosophie (ein besserer Link ist dieser hier: https://www.degruyter.com/view/product/207791)
Aus aktuellem Anlass möchte ich daher gern über dieses bzw. über die Themen , die dort behandelt hier diskutieren (sofern es natürlich dafür Interesse gibt). Das Handbuch selbst gliedert sich in "Historische Perspektiven" (also Geschichte des Verhältnisses von Rhetorik /Philosophie), dann "Aktualisierungen der Rhetorik im 20. Jahrhundert" und "Philosophische Rhetorik im Kontext".
Mein Vorschlag , dass man mit einem Thema hier anfängt und dann sieht wie die Diskussion verläuft.
Ich greife mal das Thema "Rhetorisches Philosophieren" auf, welches in der Einleitung des Handbuches thematisiert wird.
Was versteht ihr unter "Rhetorisches Philosophieren"? Ist dieses empfehlenswert für den heutigen philosophischen Diskurs? Wieviel Rhetorik verträgt die Philosophie?
Sollte man die "Philosophie rhetorisieren" (Foucault) ? Man sieht Fragen über Fragen...jeder Interessierte kann hier natürlich seine Meinung zu diesem Thema kundgeben Eine interessante, vielseitige Diskussion ist natürlich gern gesehen.
Als Einstieg bzw. als "Material" für die Diskussion ein paar Zitate aus der besagten Einleitung :
So wird Adorno dort zitiert ganz am Anfang der Einleitung: "Rhetorik vertritt in Philosophie, was anders als in der Sprache nicht gedacht werden kann".
Es wird in der Einleitung von der "philosophischen Rhetorik" sowie von der "rhetorischen Philosophie" gesprochen interessanterweise (Hetzel/Posselt 2017, S.8). Ist dies dasselbe? Auch darüber könnte man sprechen.
Und hier mal ein längerer Zitat von den Verfassern selbst:
"Vielmehr besteht diese Entsetzung in einem Selbstreflexiv-Werden, durch das Philosophie die Entgegensetzung von Philosophie und Nicht-Philosophie, durch die sie sich als Philosophie konstituiert, in der Philosophie selbst wiederholt und reflektiert. Genau dies wäre die Aufgabe eines rhetorischen Philosophierens. Ein solches rhetorisches Philosophieren internalisiert und praktiziert damit das, was die normalbetriebliche wissenschaftliche Philosophie beständig vergisst und vielleicht vergessen muss, um reibungslos als professionalisierte akademische Disziplin funktionieren zu können, nämlich dass sie selbst beständig das Nicht-Philosophische hervorbringt , gegen das sie sich abzugrenzen versucht. Damit bringt die rhetorische Philosophie etwas in die Philosophie zurück, was diese als ihr Anderes ausschließen muss, um sich als ausgezeichnete Form des Sprechens konstituieren zu können. Eine solche rhetorische oder selbstreflexive Philosophie gibt weder jeden Wahrheits- und Geltungsanspruch auf noch nimmt sie für sich in Anspruch, eine gänzlich gewalt- oder machtfreie Form des Sprechens ins Werk setzen zu können. Vielmehr geht es ihr um die Entfaltung des Widerspruchs, dass die Philosophie notwendig dazu getrieben ist, sich gegen das Nicht-Philosophische, das sie selbst in Gestalt der Rhetorik als ihr Anderes hervorbringt, abzugrenzen, zu immunisieren und durchzusetzen. Aus Sicht eines seine eigene Rhetorizität mitbedenkdenden Philosophierens gibt es keinen philosophischen Text oder Diskurs. der nicht auch rhetorisch und strategisch wäre, und keine rhetorische oder diskursive Praxis, die nicht mit Wahrheits- und Geltungsansprüchen einherginge. Philosophie und Rhetorik in ihrem wechselseitigen Bedingungsverhältnis in den Blick zu nehmen und als eine kritisch-reflexive Praxis zu begreifen, heißt folglich zweierlei: einerseits die Verfahren einer objektiven , systematischen, neutralen und unparteilichen Analyse, Prüfung und Beurteilung genauestens durchzuführen und andererseits die nichtphilosophischen Kräfte der Zerstreuung - der Textualität , Medialität , Diskursivität usw. radikal zu entfalten. In diesem Sinne liße sich nicht nur von einer <Sprachvergessenheit> , sondern auch von einer Rhetorikvergessenheit einer logozentrischen abendländischen Philosophie sprechen. Dagegen gewinnt ein rhetorisches Philosophieren gerade aus der kritischen Reflexion seiner rhetorisch-sprachlichen Verfasstheit eine argumentative Strenge." (Hetzel/Posselt 2017, S.10)
Und: "Die hier angedeutete Rhetorisierung der Philosophie geht damit sowohl über eine Philosophie der Rhetorik als auch über eine Bestimmung der Philosophie als Rhetorik oder der Rhetorik als Philosophie hinaus."
Das "Andere der Philosophie" ist hier besonders die Rhetorik (es gibt aber auch die Literatur z.B.)
Was ist also von einem "rhetorisch reflektierten Philosophieren" zu halten? Wer könnte als Beispiel eines solchen Philosophierens aus der Philosophiegeschichte aufgefasst werden?
Man sieht genug Diskussionsmaterial zu diesem Thema wäre jetzt erstmal vorhanden
Ein entsprechendes Interesse für dieses philosophische Thema und darüber zu diskutieren, wäre natürlich schön
PS: Dieses Thema könnte sich auch in dem Bereich der Hermeneutik/Phänomenologie oder auch der Ästhetik ansiedeln lassen. Ich habe mich mal für den Bereich der "Sprachphilosophie" entschieden, da dies mir am nächstliegendsten zu sein scheint.
Trotz der Länge dieses ersten Beitrages zum Thema, hoffe ich , dass er noch einigermaßen übersichtlich ist
Zuletzt geändert von Philosophist am Sa 25. Nov 2017, 18:40, insgesamt 2-mal geändert.
φιλοσοφος και σοφιστες
"(...) sondern weil die Philosophie wesentlich eine menschliche, d.h. endliche Möglichkeit ist, deshalb steckt in jedem Philosophen ein Sophist." (Heidegger ,Gesamtausgabe, Band 27, S.24)
"(...) sondern weil die Philosophie wesentlich eine menschliche, d.h. endliche Möglichkeit ist, deshalb steckt in jedem Philosophen ein Sophist." (Heidegger ,Gesamtausgabe, Band 27, S.24)
- Jörn Budesheim
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Handelt es sich um dieses Buch? > https://www.degruyter.com/view/product/207791 (Ich frage, weil dein Link nicht linkt )
- Philosophist
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Ja genau. Danke für den Hinweis Ich habe meinen ersten Beitrag in der Hinsicht nochmal überarbeitet. Und jetzt dort den "besseren Link" gepostet.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Sa 25. Nov 2017, 18:36Handelt es sich um dieses Buch? > https://www.degruyter.com/view/product/207791 (Ich frage, weil dein Link nicht linkt )
φιλοσοφος και σοφιστες
"(...) sondern weil die Philosophie wesentlich eine menschliche, d.h. endliche Möglichkeit ist, deshalb steckt in jedem Philosophen ein Sophist." (Heidegger ,Gesamtausgabe, Band 27, S.24)
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- Jörn Budesheim
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Nicht mal 200 Euro - ist ja ein echtes Schnäppchen da Buch :-) Ich bin mal gespannt, wie viele User sich finden, die bereit sind so viel auszugeben.
- Philosophist
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Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Sa 25. Nov 2017, 18:50Nicht mal 200 Euro - ist ja ein echtes Schnäppchen da Buch Ich bin mal gespannt, wie viele User sich finden, die bereit sind so viel auszugeben.
Ja nicht ganz billig das Buch. Man kann aber sich auch einzelne Beiträge dieses Handbuches kopieren/ausdrucken
Da spart man dann satte 200 Euro
(und gibt stattdessen "nur" 10 oder 20 Euro für je einen Beitrag aus )
φιλοσοφος και σοφιστες
"(...) sondern weil die Philosophie wesentlich eine menschliche, d.h. endliche Möglichkeit ist, deshalb steckt in jedem Philosophen ein Sophist." (Heidegger ,Gesamtausgabe, Band 27, S.24)
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- Jörn Budesheim
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Holst du dir es in der Fernleihe oder Uni und kopierst du dir dann, was du brauchst? Ist natürlich möglich :-)
Ich hatte ja schon im alten Forum das Thema der Rhetorik mehrfach in den letzten Jahren angeschnitten. (Wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, gab es dort sogar einen Lesethread über die Anthropologische Annäherung an die Aktualität der Rhetorik von Hans Blumenberg). Nun handelt es sich bei diesem Handbuch um ein Handbuch, also eher um ein Nachschlagewerk in historischer/systematischer Absicht. Ob sich das - vom Preis mal abgesehen - als gemeinsame Lektüre eignet? - Ich habe keine Zweifel, daß dort kompetente Beiträge zu lesen sind; die Autoren des Handbuchs sind teils schon lange mit dem Thema beschäftigt, aber eignet es sich als Lektüretext?
- Philosophist
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Sagen wir mal eher letzteres , also UniJörn Budesheim hat geschrieben : ↑Sa 25. Nov 2017, 19:03Holst du dir es in der Fernleihe oder Uni und kopierst du dir dann, was du brauchst? Ist natürlich möglich
φιλοσοφος και σοφιστες
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- Philosophist
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Nauplios hat geschrieben : ↑Sa 25. Nov 2017, 19:38Ich hatte ja schon im alten Forum das Thema der Rhetorik mehrfach in den letzten Jahren angeschnitten. (Wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, gab es dort sogar einen Lesethread über die Anthropologische Annäherung an die Aktualität der Rhetorik von Hans Blumenberg). Nun handelt es sich bei diesem Handbuch um ein Handbuch, also eher um ein Nachschlagewerk in historischer/systematischer Absicht. Ob sich das - vom Preis mal abgesehen - als gemeinsame Lektüre eignet? - Ich habe keine Zweifel, daß dort kompetente Beiträge zu lesen sind; die Autoren des Handbuchs sind teils schon lange mit dem Thema beschäftigt, aber eignet es sich als Lektüretext?
Ja , Blumenberg hat sich sehr mit dem Thema der Rhetorik auseinandergesetzt (das auch deshalb da er ja auch klassischer Philologe war). Es gibt da einige lesenswerte Texte/Äußerungen zu diesem Thema bei ihm.
Nun ein Handbuch ist ja immerhin ein "Buch". Und für jedes Buch ist ja mehr oder weniger eine Lektüre möglich ist (ob diese nun gemeinsam erfolgt oder seperat/einzeln). Die Frage ist natürlich für mich nachvollziehbar. Man könnte eventuell zunächst nur einzelne Abschnitte für die Lektüre vorsehen, indem man sich z.B. auf ein Kapitel aus dem Handbuch einigt. Und dann gibt es ja mehrere Möglichkeiten , wie man an diesen "Lektüretext", diese einzelne Kapitel herankommen kann.
Das wäre jedenfalls so ein Vorschlag von meiner Seite dazu....
PS: Was ist für dich ein "geeigneter Lektüretext"? Was verstehst du genau darunter Nauplios?
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"(...) sondern weil die Philosophie wesentlich eine menschliche, d.h. endliche Möglichkeit ist, deshalb steckt in jedem Philosophen ein Sophist." (Heidegger ,Gesamtausgabe, Band 27, S.24)
- Jörn Budesheim
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Dass sich die Philosophie notwendig rhetorischer Verfahren bedienen muss, begründet allerdings meiner Ansicht nach noch kein besonderes Verhältnis von Philosophie und Rhetorik, oder? Denn das gilt schließlich immer, wenn man etwas zu sagen hat und was rhetorisch geboten ist, gilt in der Philosophie wie anderswo. Die Ergebnisse der Verständlichkeitsforschung z.b. ließen sich auf philosophische Texte ebenso anwenden, wie auf jede andere Art von Text auch.Produktinfo hat geschrieben : Denn allein in der Notwendigkeit, ihren Wahrheitsanspruch öffentlich durchsetzen zu müssen und in der Frage nach der adäquaten Wahl der Ausdrucksmittel, muss sich Philosophie notwendig rhetorischer Verfahren bedienen.
- Friederike
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Die Philosophie aber ist diejenige Disziplin, die die Rhetorik thematisiert hat und beide in ein Verhältnis der Unvereinbarkeit gesetzt hat. Darin, so denke ich, gründet die ganz eigene Beziehung der Fächer. Wenn ich den Textauszug, den Philosophist kopiert hatte, recht verstehe, dann ist der Anspruch des Handbuches, den Bogen von der Gegenwart zurück in die Antike zu schlagen und in einer Art Kreisschluß wieder zum Anfang zurückzukehren und in neuer Gestalt hervorzubringen. Das bezieht sich auf den Punkt, der "Wahrheit" und "Sprache" betrifft. Die Grund-Voraussetzung für ein "Verhältnis" ist eine Trennung von Zweien. Hier die Wahrheit, die ist, und die Sprache, in der diese Wahrheit ausgesagt wird. Die Sprache dient also nur der Vermittlung eines Gehaltes. Insofern könnte man sogar die Produktinfo-Aussage -wenngleich schwach- verteidigen, denn Ergebnisse naturwissenschaftlicher Forschungen können natürlich auch nur sprachlich verfaßt öffentlich werden, die "wahren" Gehalte jedoch sind nicht sprachlich. Die Autoren oder Herausgeber wollen den philosophischen Anspruch auf Wahrheit wiederherstellen bzw. nicht aufgeben, sondern sie wollen das aus der Philosophie Ausgestoßene von ihr als ihr Eignendes, mitbedacht wird.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑So 26. Nov 2017, 08:03Dass sich die Philosophie notwendig rhetorischer Verfahren bedienen muss, begründet allerdings meiner Ansicht nach noch kein besonderes Verhältnis von Philosophie und Rhetorik, oder? Denn das gilt schließlich immer, wenn man etwas zu sagen hat und was rhetorisch geboten ist, gilt in der Philosophie wie anderswo. Die Ergebnisse der Verständlichkeitsforschung z.b. ließen sich auf philosophische Texte ebenso anwenden, wie auf jede andere Art von Text auch.Produktinfo hat geschrieben : Denn allein in der Notwendigkeit, ihren Wahrheitsanspruch öffentlich durchsetzen zu müssen und in der Frage nach der adäquaten Wahl der Ausdrucksmittel, muss sich Philosophie notwendig rhetorischer Verfahren bedienen.
Geeignet für eine gemeinsame Lektüre unter den Bedingungen eines Internetforums sind (für mich) Texte aus dem Grundbestand des philosophischen Denkens, aus dem Kanon jener Philosophen und Philosophinnen, denen man im Allgemeinen den Status von Klassikern anerkennt. Die Wirkungsgeschichte solcher Texte in der Philosophie ist ein erster Indikator für den Stellenwert, den solche Texte haben. Wer einen solchen Text liest, begibt sich meist in eine Kathedrale aus Gedanken und ihren historischen Voraussetzungen, die ihren Besuchern ein gewisses Maß von An-dacht und Mit-dacht abnötigt. Wie bei einer Gruppenführung durch einen Dom wirken die unterschiedlichen Geschichten, verzweigte Winkel und Nischen, unterirdische Gänge, Geheimtüren, Platten, Altäre, Fenster, eine Krypta, eine Apsis, Statuen, Kanzel, Emporen, Geläut, Orgel, Skulpturen, Taufbecken, Tabernakel ... auf die Besucher. Der eine hält sich mehr hier, der andere mehr dort auf, einer mag eine Erleuchtung haben, ein anderer wiederum schläft ein. Der Ort, an dem die Leser sich befinden, spricht, flüstert bisweilen. Tausende Textbesucher haben sich vorher in den Kirchenbänken niedergelassen, haben um Textverständnis gebetet, sind vielleicht auch fluchend wieder gegangen und manch einer hat sich in dem harten Holz des Gestühls zu verewigen versucht. Die ganze Textkathedrale atmet - manchmal den Geist von Jahrhunderten, solchen die vergangen sind, solchen, die noch kommen. Auch in 2000 Jahren werden die Philosophen Platon lesen.Philosophist hat geschrieben : ↑Sa 25. Nov 2017, 23:35PS: Was ist für dich ein "geeigneter Lektüretext"? Was verstehst du genau darunter Nauplios?
Handbücher, Dissertationen, Habilitationen, Jahrbücher, historische Darstellungen u.ä. sind die Prospekte, die im Eingangsbereich ausliegen und dem Besucher helfen sollen, sich in der Denk-Kathedrale zurechtzufinden. Manche Darstellungen (ich denke zum Beispiel an Curtius´ Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter u.ä.) sind ihrerseits zu Klassikern avanciert; sie sind gleichsam das Weihwasser, dessen Segen zum besseren Verständnis verhilft. Aber es sind letztlich Hilfsmittel, ausgestattet mitunter von hoher Segnungskraft; man kommt ohne sie kaum aus. Aber den Besuch der Kathedrale selbst können auch sie nicht ersetzen.
Das Internet mit seinen Verfügbarkeiten ist auch ein solcher Segen. Klassische philosophische Texte sind in großer Breite einzusehen. Andererseits liegt darin auch der Fluch des Beliebigen. Drei Mausklicks und man hat eine Stelle aus der Kritik der reinen Vernunft aufgerufen. Nach weiteren drei Klicks hat man einen Kommentar dazu. Ein Stück weit geht damit auch eine Entwertung einher.
Natürlich sollte man auch manche Äußerlichkeiten bei der Textauswahl berücksichtigen: Preis, Länge usw. 4500 Seiten Auf der Suche nach der verlorenen Zeit bietet sich nicht an.
Dann kommt im Falle unseres Forums noch hinzu, daß die Interessen seiner Mitglieder zum Teil beträchtlich divergieren. Bisher zumindest war eine Einigung auf einen Text noch nicht möglich. Diesbezügliche Versuche sind versandet. Auch die "Byzantinische Perspektive auf die Ästhetik" (Michael Psellos) vom August hat sich nicht durchsetzen können, weil solche entlegenen Themen zu wenig Interessenten haben.
Kurzum, ich befürchte, daß wir hier - so wie die Dinge jetzt stehen, aber das kann sich ja ändern - zu keiner gemeinsamen Lektüre kommen werden. Dadurch soll sich aber auch niemand entmutigt fühlen, einen Versuch diesbezüglich zu unternehmen. -
Damit wäre die Rhetorik allerdings auf ornamentale Dienste reduziert, eine Art Kosmetikstudio, ein Vitalitätszentrum des Eigentlichen, das der Wahrheit zur Anerkennung verhilft, der Teelöffel Zucker, der die oft bittere Wahrheit bereitwilliger schlucken läßt. Das "Recht auf Rhetorik" (Blumenberg) ist ja eine Errungenschaft, die gegen den Wahrheitsabsolutismus ausgehandelt wurde.Friederike hat geschrieben : ↑So 26. Nov 2017, 15:32Hier die Wahrheit, die ist, und die Sprache, in der diese Wahrheit ausgesagt wird. Die Sprache dient also nur der Vermittlung eines Gehaltes.
- Jörn Budesheim
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Es gab einen sehr interessanten und ausführlichen Thread zu "Markus Gabriel - Warum es die Welt nicht gibt" mit 741 Antworten 10516 Views. Das ist nicht schlecht für ein so junges Forum, meine ich.
Und in welchem Sinne meinst du, dass sie die absolutistische Herrschaft der Wahrheit über das Denken aufbrechen kann? Was ist die Daseinsweise der Rhetorik?Nauplios hat geschrieben : ↑So 26. Nov 2017, 19:37Damit wäre die Rhetorik allerdings auf ornamentale Dienste reduziert, eine Art Kosmetikstudio, ein Vitalitätszentrum des Eigentlichen, das der Wahrheit zur Anerkennung verhilft, der Teelöffel Zucker, der die oft bittere Wahrheit bereitwilliger schlucken läßt. Das "Recht auf Rhetorik" (Blumenberg) ist ja eine Errungenschaft, die gegen den Wahrheitsabsolutismus ausgehandelt wurde.Friederike hat geschrieben : ↑So 26. Nov 2017, 15:32Hier die Wahrheit, die ist, und die Sprache, in der diese Wahrheit ausgesagt wird. Die Sprache dient also nur der Vermittlung eines Gehaltes.
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Alle lächeln in derselben Sprache.
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- Philosophist
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Ich danke erstmal für die ausführliche Stellungnahme , die für mich gut nachvollziehbar ist bzw. sehe ich manches dort ähnlich.Nauplios hat geschrieben : ↑So 26. Nov 2017, 19:19Geeignet für eine gemeinsame Lektüre unter den Bedingungen eines Internetforums sind (für mich) Texte aus dem Grundbestand des philosophischen Denkens, aus dem Kanon jener Philosophen und Philosophinnen, denen man im Allgemeinen den Status von Klassikern anerkennt. Die Wirkungsgeschichte solcher Texte in der Philosophie ist ein erster Indikator für den Stellenwert, den solche Texte haben. Wer einen solchen Text liest, begibt sich meist in eine Kathedrale aus Gedanken und ihren historischen Voraussetzungen, die ihren Besuchern ein gewisses Maß von An-dacht und Mit-dacht abnötigt. Wie bei einer Gruppenführung durch einen Dom wirken die unterschiedlichen Geschichten, verzweigte Winkel und Nischen, unterirdische Gänge, Geheimtüren, Platten, Altäre, Fenster, eine Krypta, eine Apsis, Statuen, Kanzel, Emporen, Geläut, Orgel, Skulpturen, Taufbecken, Tabernakel ... auf die Besucher. Der eine hält sich mehr hier, der andere mehr dort auf, einer mag eine Erleuchtung haben, ein anderer wiederum schläft ein. Der Ort, an dem die Leser sich befinden, spricht, flüstert bisweilen. Tausende Textbesucher haben sich vorher in den Kirchenbänken niedergelassen, haben um Textverständnis gebetet, sind vielleicht auch fluchend wieder gegangen und manch einer hat sich in dem harten Holz des Gestühls zu verewigen versucht. Die ganze Textkathedrale atmet - manchmal den Geist von Jahrhunderten, solchen die vergangen sind, solchen, die noch kommen. Auch in 2000 Jahren werden die Philosophen Platon lesen.Philosophist hat geschrieben : ↑Sa 25. Nov 2017, 23:35PS: Was ist für dich ein "geeigneter Lektüretext"? Was verstehst du genau darunter Nauplios?
Handbücher, Dissertationen, Habilitationen, Jahrbücher, historische Darstellungen u.ä. sind die Prospekte, die im Eingangsbereich ausliegen und dem Besucher helfen sollen, sich in der Denk-Kathedrale zurechtzufinden. Manche Darstellungen (ich denke zum Beispiel an Curtius´ Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter u.ä.) sind ihrerseits zu Klassikern avanciert; sie sind gleichsam das Weihwasser, dessen Segen zum besseren Verständnis verhilft. Aber es sind letztlich Hilfsmittel, ausgestattet mitunter von hoher Segnungskraft; man kommt ohne sie kaum aus. Aber den Besuch der Kathedrale selbst können auch sie nicht ersetzen.
Das Internet mit seinen Verfügbarkeiten ist auch ein solcher Segen. Klassische philosophische Texte sind in großer Breite einzusehen. Andererseits liegt darin auch der Fluch des Beliebigen. Drei Mausklicks und man hat eine Stelle aus der Kritik der reinen Vernunft aufgerufen. Nach weiteren drei Klicks hat man einen Kommentar dazu. Ein Stück weit geht damit auch eine Entwertung einher.
Natürlich sollte man auch manche Äußerlichkeiten bei der Textauswahl berücksichtigen: Preis, Länge usw. 4500 Seiten Auf der Suche nach der verlorenen Zeit bietet sich nicht an.
Dann kommt im Falle unseres Forums noch hinzu, daß die Interessen seiner Mitglieder zum Teil beträchtlich divergieren. Bisher zumindest war eine Einigung auf einen Text noch nicht möglich. Diesbezügliche Versuche sind versandet. Auch die "Byzantinische Perspektive auf die Ästhetik" (Michael Psellos) vom August hat sich nicht durchsetzen können, weil solche entlegenen Themen zu wenig Interessenten haben.
Kurzum, ich befürchte, daß wir hier - so wie die Dinge jetzt stehen, aber das kann sich ja ändern - zu keiner gemeinsamen Lektüre kommen werden. Dadurch soll sich aber auch niemand entmutigt fühlen, einen Versuch diesbezüglich zu unternehmen. -
Handbücher und Co. sollen ja im Grunde nur helfen Zugang zur Primärliteratur zu bekommen. D.h. man müsste dann die philosophische Texte lesen , die sich dem Thema der Rhetorik widmen und das ist natürlich für die Antike vor allem die Dialoge Platons , auf die natürlich auch im Handbuch Bezug genommen wird. Das Lesen von "Sekundärliteratur" (z.B. Handbücher) soll ja nicht die Lektüre der Primärliteratur ersetzen, sondern diese eben "ergänzen". Und ja natürlich kann man auch vom Fluch und Segen der Technik/des Internets sprechen.
Was die Interessen der Mitglieder des Forums anbetrifft, ist mir dies auch aufgefallen. Das Thema bzw. der Thread zur "Byzantinischen Perspektive auf die Ästhetik" (am Beispiel von Michael Psellos) ist natürlich recht speziell und man sollte es zumindest (wie du schon sagtest) mal ausprobieren mit so einem Vorschlag.
Was die gemeinsame Lektüre anbetrifft, wäre es ja möglich z.B. die Platonischen Dialoge und dieses Handbuch quasi "parallel" zu lesen,. Also eine Art gemeinsame Parallel-Lektüre. Ich glaube ,dass dies durchaus machbar und sinnvoll wäre in dem Fall (und eben eine gemeinsame Lektüre möglich macht). Die Platonische Dialoge haben zudem den Vorteil, dass sie recht einfach zu bekommen sind und eben weniger kosten als so ein spezielles Handbuch
φιλοσοφος και σοφιστες
"(...) sondern weil die Philosophie wesentlich eine menschliche, d.h. endliche Möglichkeit ist, deshalb steckt in jedem Philosophen ein Sophist." (Heidegger ,Gesamtausgabe, Band 27, S.24)
"(...) sondern weil die Philosophie wesentlich eine menschliche, d.h. endliche Möglichkeit ist, deshalb steckt in jedem Philosophen ein Sophist." (Heidegger ,Gesamtausgabe, Band 27, S.24)
- Philosophist
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Das sehe ich ähnlich. Nietzsche selbst betont ja in seiner Rhetorik-Vorlesung, dass die Rhetorik zur Sprache selbst gehört (also aufgrund der Metaphern). Und dass es eine Sprache ohne Rhetorik (hier besonders ohne Metaphern ) nicht geben kann. Die Rhetorik kommt also der Sprache nicht äußerlich hinzu, sie ist selbst ein integraler Bestandteil der Sprache, sofern ich Nietzsche richtig verstehe. Und Blumenberg hat mit seiner Metapherntheorie hier glaube ich direkt an Nietzsche angeknüpft.Nauplios hat geschrieben : ↑So 26. Nov 2017, 19:37Damit wäre die Rhetorik allerdings auf ornamentale Dienste reduziert, eine Art Kosmetikstudio, ein Vitalitätszentrum des Eigentlichen, das der Wahrheit zur Anerkennung verhilft, der Teelöffel Zucker, der die oft bittere Wahrheit bereitwilliger schlucken läßt. Das "Recht auf Rhetorik" (Blumenberg) ist ja eine Errungenschaft, die gegen den Wahrheitsabsolutismus ausgehandelt wurde.Friederike hat geschrieben : ↑So 26. Nov 2017, 15:32Hier die Wahrheit, die ist, und die Sprache, in der diese Wahrheit ausgesagt wird. Die Sprache dient also nur der Vermittlung eines Gehaltes.
φιλοσοφος και σοφιστες
"(...) sondern weil die Philosophie wesentlich eine menschliche, d.h. endliche Möglichkeit ist, deshalb steckt in jedem Philosophen ein Sophist." (Heidegger ,Gesamtausgabe, Band 27, S.24)
"(...) sondern weil die Philosophie wesentlich eine menschliche, d.h. endliche Möglichkeit ist, deshalb steckt in jedem Philosophen ein Sophist." (Heidegger ,Gesamtausgabe, Band 27, S.24)
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Friederike hat geschrieben : ↑So 26. Nov 2017, 15:32Die Philosophie aber ist diejenige Disziplin, die die Rhetorik thematisiert hat und beide in ein Verhältnis der Unvereinbarkeit gesetzt hat. Darin, so denke ich, gründet die ganz eigene Beziehung der Fächer. Wenn ich den Textauszug, den Philosophist kopiert hatte, recht verstehe, dann ist der Anspruch des Handbuches, den Bogen von der Gegenwart zurück in die Antike zu schlagen und in einer Art Kreisschluß wieder zum Anfang zurückzukehren und in neuer Gestalt hervorzubringen. Das bezieht sich auf den Punkt, der "Wahrheit" und "Sprache" betrifft. Die Grund-Voraussetzung für ein "Verhältnis" ist eine Trennung von Zweien. Hier die Wahrheit, die ist, und die Sprache, in der diese Wahrheit ausgesagt wird. Die Sprache dient also nur der Vermittlung eines Gehaltes. Insofern könnte man sogar die Produktinfo-Aussage -wenngleich schwach- verteidigen, denn Ergebnisse naturwissenschaftlicher Forschungen können natürlich auch nur sprachlich verfaßt öffentlich werden, die "wahren" Gehalte jedoch sind nicht sprachlich. Die Autoren oder Herausgeber wollen den philosophischen Anspruch auf Wahrheit wiederherstellen bzw. nicht aufgeben, sondern sie wollen das aus der Philosophie Ausgestoßene von ihr als ihr Eignendes, mitbedacht wird.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑So 26. Nov 2017, 08:03Dass sich die Philosophie notwendig rhetorischer Verfahren bedienen muss, begründet allerdings meiner Ansicht nach noch kein besonderes Verhältnis von Philosophie und Rhetorik, oder? Denn das gilt schließlich immer, wenn man etwas zu sagen hat und was rhetorisch geboten ist, gilt in der Philosophie wie anderswo. Die Ergebnisse der Verständlichkeitsforschung z.b. ließen sich auf philosophische Texte ebenso anwenden, wie auf jede andere Art von Text auch.Produktinfo hat geschrieben : Denn allein in der Notwendigkeit, ihren Wahrheitsanspruch öffentlich durchsetzen zu müssen und in der Frage nach der adäquaten Wahl der Ausdrucksmittel, muss sich Philosophie notwendig rhetorischer Verfahren bedienen.
Gerade Platon ist ja derjenige der die Rhetorik als einer der ersten Philosophen thematisiert hat in seinen Dialogen. Spätere Denker haben das auf je ihre Weise gemacht. Z.B. hat Nietzsche ausgehend von Platon bzw. vielleicht auch in Abgrenzung zu diesem über das Verhältnis von "Wahrheit" und "Sprache" nachgedacht. Seine Reflexionen über die Sprache sind jedenfalls nach wie vor lesenswert.
φιλοσοφος και σοφιστες
"(...) sondern weil die Philosophie wesentlich eine menschliche, d.h. endliche Möglichkeit ist, deshalb steckt in jedem Philosophen ein Sophist." (Heidegger ,Gesamtausgabe, Band 27, S.24)
"(...) sondern weil die Philosophie wesentlich eine menschliche, d.h. endliche Möglichkeit ist, deshalb steckt in jedem Philosophen ein Sophist." (Heidegger ,Gesamtausgabe, Band 27, S.24)
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Ich würde sagen, dass die "Daseinsweise" der Rhetorik sich vor allem in der gesprochenen Sprache zeigt. Allerdings kann man auch in schriftlichen Rede, also in der Schrift-Sprache eben Rhetorik, rhetorische Formulierungen usw. finden.Alethos hat geschrieben : ↑So 26. Nov 2017, 21:06Und in welchem Sinne meinst du, dass sie die absolutistische Herrschaft der Wahrheit über das Denken aufbrechen kann? Was ist die Daseinsweise der Rhetorik?Nauplios hat geschrieben : ↑So 26. Nov 2017, 19:37Damit wäre die Rhetorik allerdings auf ornamentale Dienste reduziert, eine Art Kosmetikstudio, ein Vitalitätszentrum des Eigentlichen, das der Wahrheit zur Anerkennung verhilft, der Teelöffel Zucker, der die oft bittere Wahrheit bereitwilliger schlucken läßt. Das "Recht auf Rhetorik" (Blumenberg) ist ja eine Errungenschaft, die gegen den Wahrheitsabsolutismus ausgehandelt wurde.Friederike hat geschrieben : ↑So 26. Nov 2017, 15:32Hier die Wahrheit, die ist, und die Sprache, in der diese Wahrheit ausgesagt wird. Die Sprache dient also nur der Vermittlung eines Gehaltes.
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- Friederike
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Leider habe ich das Reclambändchen, in dem "Anthropologische Annäherungen an die Rhetorik" abgedruckt ist, nicht vorliegen. So wie ich es erinnere, schreibt Blumenberg im Anschluß an das von Dir Aufgegriffene, die Rhetorik sei philosophischerseits in die Kunst bzw. die Ästhetik abgeschoben worden. Das Recht auf Rhetorik wäre demnach dem Absolutismus der Wahrheit abgerungen, um sie anschließend gleich wieder aus der Philosophie selbst auszustoßen oder zumindest an ihren Rand zu drängen.Nauplios hat geschrieben : Das "Recht auf Rhetorik" (Blumenberg) ist ja eine Errungenschaft, die gegen den Wahrheitsabsolutismus ausgehandelt wurde.