Was sind Begriffe - was ist Begriffs-Realismus?
Gleis 9 und Gleis 1, sie sind in gewissem Sinn dasselbe: Sie sind Gleis. Aber sie sind zugleich auch das, wofür wir keinen Begriff haben. Alles andere wäre Begriffsmetaphysik.
Sofern also der Begriff auf eine bestimmte Bedeutung des Seins eingrenzt, verzerrt er das vielfältige Sein eines Dings durch ein metaphysisches Phantasma, das vom Glauben ausgeht, es gebe einen exklusiven Blick auf das Ding, wodurch er in seinem ganz Wesen erfasst würde. Dabei ist selbst der noch so konkreteste Begriff nie umfassend dieses Ding, was er bezeichnet. Nicht, weil die Sache ihn nicht hergäbe, sondern weil es schlicht nicht seine Aufgabe ist, Ding zu sein.
Sofern also der Begriff auf eine bestimmte Bedeutung des Seins eingrenzt, verzerrt er das vielfältige Sein eines Dings durch ein metaphysisches Phantasma, das vom Glauben ausgeht, es gebe einen exklusiven Blick auf das Ding, wodurch er in seinem ganz Wesen erfasst würde. Dabei ist selbst der noch so konkreteste Begriff nie umfassend dieses Ding, was er bezeichnet. Nicht, weil die Sache ihn nicht hergäbe, sondern weil es schlicht nicht seine Aufgabe ist, Ding zu sein.
-------------------------------
Alle lächeln in derselben Sprache.
Alle lächeln in derselben Sprache.
- Jörn Budesheim
- Beiträge: 26183
- Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
- Wohnort: Kassel
- Kontaktdaten:
Ich finde nicht, dass man sich darauf festlegt, zu unterstellen, man habe das, was man Gleis nannte, in seinem "ganzen Wesen" nach erfasst, wenn man es Gleis nennt. Es ist ein Gleis, weil es im Feld Bahnhof die nämliche Funktion erfüllt. Es mag aber auch ein verstecktes Biotop für kleine Lebewesen sein. Es kann zum Schauplatz von Dramen werden, Teil eines Kunstwerkes etc. Physiker mögen hier jenes entdecken und Soziologen dieses. Der Begriff "Gleis" schließt das nicht aus.
Nebenbei: Das scheint, so hab ich gelesen, zur Sprachvorstellung von Benjamin zu gehören, dass im Namen ALLES ausgesprochen ist! Alles, was über etwas wahr ist, ist im Namen ausgesprochen. (So habe ich es verstanden.) Das hieße dann, dass die Lampe eigentlich nicht zu uns spricht, weil sie viel mehr als dies ist. Aber das ist ein anderes Thema. Oder?
Nebenbei: Das scheint, so hab ich gelesen, zur Sprachvorstellung von Benjamin zu gehören, dass im Namen ALLES ausgesprochen ist! Alles, was über etwas wahr ist, ist im Namen ausgesprochen. (So habe ich es verstanden.) Das hieße dann, dass die Lampe eigentlich nicht zu uns spricht, weil sie viel mehr als dies ist. Aber das ist ein anderes Thema. Oder?
- Jörn Budesheim
- Beiträge: 26183
- Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
- Wohnort: Kassel
- Kontaktdaten:
Natürlich, das schliesst sich sogar der Möglichkeit nach ein.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mo 5. Aug 2019, 18:20Ich finde nicht, dass man sich darauf festlegt, zu unterstellen, man habe das, was man Gleis nannte, in seinem "ganzen Wesen" nach erfasst, wenn man es Gleis nennt. Es ist ein Gleis, weil es im Feld Bahnhof die nämliche Funktion erfüllt. Es mag aber auch ein verstecktes Biotop für kleine Lebewesen sein. Es kann zum Schauplatz von Dramen werden, Teil eines Kunstwerkes etc. Physiker mögen hier jenes entdecken und Soziologen dieses. Der Begriff "Gleis" schließt das nicht aus.
Mein Punkt war ein anderer (auch wenn kein so zentraler): Der Begriff ist nicht das Ding, sondern seine Abstraktion: ein Zusammenzug seiner wesentlichsten Eigenschaften. Und damit betone ich nur den Unterschied zwischen Dingwirklichkeit und Begriffswirklichkeit, weil es beim (Begriffs-)Realismus doch vorwiegend darum geht, die Natur der Wirklichkeit zu verstehen. Das ist nur mein Versuch.
-------------------------------
Alle lächeln in derselben Sprache.
Alle lächeln in derselben Sprache.
Weil das Gleis ein Einzelding ist und der Begriff ein Zusammendenken der Einheit seiner Eigenschaften. Es fliessen dabei nicht alle Eigenschaften in den Begriff ein. Daher ist die Einheit eine funktionale, eine gedachte, und keine vollständige. Vielleicht sollten wir anstatt von Verzerrung von Aspektiertheit sprechen. Der Begriff ist der wesentlichste Aspekt des Dings, aber da nicht das Ding selbst, auch nicht seine volle ontische Realität.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mo 5. Aug 2019, 18:25Womit wir übrigens bei der Sinnfeld-Ontologie von Gabriel sind. Das Gleis ist eben Teil vieler (unendlich vieler) Felder. Aber warum sollte es eine Verzerrung sein, wenn man konstatiert, dass es ein Gleis ist (neben anderem eben)?
Dass ein Gleis Schauplatz von vielen Relationen sein kann, das bestreite ich nicht, im Gegenteil, ich befürworte diese Ansicht.
-------------------------------
Alle lächeln in derselben Sprache.
Alle lächeln in derselben Sprache.
Dieses "gleich ihrer Funktion" kommt aber doch nicht vom Begriff her, oder? Falls doch, läge der unendlich erhabene Sultan mit seinem Terrorismusbegriff recht locker richtig, was ich recht intensiv bestreiten wollte. Da (Begriff) wird gar nichts gleichgesetzt, zumindest wenn man (Begriffsverwender) halbwegs hinreichend bei Sinnen ist.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mo 5. Aug 2019, 06:16Deswegen ist die Formulierung ja auch differenzierter. Es heißt schließlich, dass man das Ungleiche gleichsetzt. Beides ist in dieser Formulierung berücksichtigt, das Gleiche sowie das Ungleiche. Stühle fallen sehr verschieden aus, dennoch sind sie gleich hinsichtlich ihrer Funktion.
- Jörn Budesheim
- Beiträge: 26183
- Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
- Wohnort: Kassel
- Kontaktdaten:
Verstehe. Das Gleichsetzen des Ungleichen kann richtig oder falsch, angemessen oder unangemessen sein. Es kann sicherlich auch inadäquate Begriffe und unangemessenes Denken geben, das möchte ich nicht ausschließen :)
Fraglich. Denkst du damit irgendwie auf meinen Post eingegangen zu sein? Dich interessiert anderes, oder?
Ob sich auf ideenhimmlischen Gegenständen sitzen lässt...?!? Ich glaube der saß auch nur auf irgendwas, was irgendwie unter den Begriff fällt. *gAlethos hat geschrieben : ↑Mo 5. Aug 2019, 00:55Platon sass auf so einem Und er ass auch von einem idealen Tisch, DEMjenigen, welchen, von dem alle anderen Tische seine Form erhieltennovon hat geschrieben : ↑So 4. Aug 2019, 23:30Ja, richtig. Stuhl, Hocker, Sessel und Couch unterscheiden sich in wesentlichen allgemeinen Formmerkmalen, etwaige individuelle Formen werden da aber quasi notwendig ausgeblendet. Von "Gleichsetzung" keine Spur. (Die Überlegung finde ich irgendwie interessant: Könnte man sich quasi einen Reinen Stuhl vorstellen, DEN Stuhl...? *g)Alethos hat geschrieben : ↑So 4. Aug 2019, 13:06Mit Gleichem, im alltäglichen Sprachgebrauch, meinen wir oft Ähnliches: 'Dieser Stuhl gleicht dem Anderen' heisst, dass sie sich in wesentlichen Aspekten ähnlich sind, sodass sie sich überhaupt zu einer Art zugehörig unter einen Begriff bringen lassen.
Ja, "selbstverständlich"... Eine Vokabel, die sich bei mir irgendwie mittlerweile vollkommen abgenutzt hat. Normalerweise bemühe ich mich - zumindest subtil -, zunächst mal ein wenig auszuloten, ob das für mich selbstverständliche auch von denen als solches angesehen wird, mit denen ich zu tun habe. Und das ist seltener der Fall, als ich ehemals mal dachte. Z. B. auch "Extension" & "Intension" in Folgendem.Alethos hat geschrieben : ↑Mo 5. Aug 2019, 00:55Selbstverständlich grenzt sich ein Begriff von allen anderen Begriffen ab, die er nicht ist. Der Begriff ist immer alles andere nicht.novon hat geschrieben : ↑So 4. Aug 2019, 23:30Da verstehe ich Hegel wohl etwas anders. Begriffe sind analytisch und trennen das unter sie fallende von all dem, was nicht unter sie fällt. D. h. Mit begrifflicher Trennung teilst du die Welt quasi instantan in zwei Sphären, nämlich diejenige der Dinge die unter den Begriff fallen und den ganzen Rest, der eben nicht darunter fällt.Alethos hat geschrieben : ↑So 4. Aug 2019, 13:06Das unter einen Begriff gebrachte Einzelding (a) wird, mit Hegel gesprochen, zu etwas Unwesentlichem (nicht-a), denn der Begriff bezeichnet sowohl dieses als auch jenes, das unter ihm ist, also mehrere, die eben weil sie mehrere sind, gar nicht gleich sein können.
Hmm... Für mich fallen Dinge unter einen Begriff oder eben nicht. Alle Dinge die unter einen etwaigen Begriff fallen (können), werden als dessen Extension (Umfang) bezeichnet. Was diesen insofern allgemein ist, dass es durch diesen gefasst ist, wird als Intension (Inhalt) bezeichnet, diese befasst also jene formalen Merkmale, die wesentlich für eine etwaige begrifflich kategoriale Zuordnung wären.Alethos hat geschrieben : ↑Mo 5. Aug 2019, 00:55Da ist seine Extension. Aber was er in sich fasst, das ist doch eine intensional identische Ansammlung von Einzeldingen. Intensionalität meint aber die Funktion des Begriffs, eine Reihe von ähnlichen Dingen mit ähnlichen Eigenschaften unter sich zu fassen. Deshalb sind Begriffe der Funktion nach identisch: Ein Haus ist kein Berg (Extension), aber ein Haus ist immer ein Haus (Intension).
Das stellte eine rein semantische Position dar, die quasi lediglich mit Begriffen befasst wäre und - meinem Geschmack nach - Wesentliches - wir haben es nun Extension genannt - quasi ausblendet. Der Unterschied zu anderen Begriffen scheint mir nicht wesentlich. Wie ein solches begriffliches Nebeneinander ein und derselben Extension funktioniert, lässt sich in den Wissenschaften beobachten. Ganz offensichtlich scheint mir das in der Physik, aber auch in der Gegenüberstellung von Physik, Chemie und Biologie (etc.) meine ich dies sehen zu können. Die "Differens zu anderen Begriffen" halte ich im Weitesten für eher nebensächlich, die intensional (inhaltlich) gefassten Kriterien für wesentlicher.
Soweit - was sagst du zu den fraglichen [k?] im Quote? - Klar. Wobwi Bananen offenbar auch recht gerade (hängt wohl von der Position in der Staude ab; bin da nicht der Experte) oder auch grün anstatt gelb sein (wären dann halt nocht nicht reif). Die Gattung Musa scheint mir jedenfalls recht ausgeprägt in verschiedene Arten verzweigt und eine Intension von - gerade mal - gelb, krumm doch eher defizitär.Alethos hat geschrieben : ↑Mo 5. Aug 2019, 00:55Aber, wenn wir den Begriff Stuhl nach der Intension untersuchen, dann werden wir doch feststellen, dass der Begriff selbst vom eigentlichen Gegenstand abstrahiert, er meint gar nicht den Gegenstand, sondern bezeichnet ihn nur. Wenn du sagst: 'Das ist eine Banane' (um mal etwas anderes zu nehmen als Stühle und Tische oder Dreiecke), dann meinst du sicherlich nicht die Banane in meiner Fruchtschale auf meinem Tisch in meiner Küche. Aber auch das dort in meiner Küche ist eine gekrümmte gelbe Frucht, die du jedoch gar nicht meinst. Du meinst ein anderes Einzelding. Der Begriff entwirft also nur ein Konzept einer Banane überhaupt, aber bezeichnet [k?]ein Einzelding, das, wenn es auch identifiziert ist als zum Begriff gehörig, nicht identisch ist mit allen Einzeldingen, die Bananen sind.
Im Supermarkt kommt man damit zwar super hin, wird der Gattung aber ja nicht wirklich nicht gerecht.
Ich mag den Begriff der begrifflichen Trennschärfe. Setzt man sich damit auseinander, wird einem imo klar, dass man eigentlich immer z. B. mit pragmatischen, professionellen oder auch engagierten Begriffswelten zu tun bekommt, aber auch mit ideologischen, manipulativen oder (vielleicht) reaktionären, regressiven, etc... die je nachdem ganz offenbar auf einen Zweck hin quasi gestaltet deherkommen. (Die krumme, gelbe Banane könnte man so z. B. vielleicht in eine konsumistische Begriffswelt problemlos integrieren... )
Glas Wein tut auch... Cheers... *g
- Jörn Budesheim
- Beiträge: 26183
- Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
- Wohnort: Kassel
- Kontaktdaten:
Yepp. Dein Einwand war, dass der unendlich erhabene Sultan mit seinem Terrorismusbegriff falsch liegt. So hab ich dich verstanden. Dem stimme ich zu. Das ändert aber nichts daran, dass auch bei richtiger Verwendung der Begriffe, das ungleiche gleichgesetzt wird, oder?
Die Formulierung, um die wir gerade streiten, ist im Grunde sehr gängig und bekannt, wenn man so will ein stehender Ausdruck. Man findet sie bei Nietzsche zum Beispiel, lese ich gerade bei Google. ("Jeder Begriff entsteht durch Gleichsetzen des Nicht-Gleichen.") Da geht es sowohl um das Gleichsetzen des Ungleichen als auch die Erkenntnis des Gleichen im Ungleichen. Manchmal wird als Quelle auch gewisser Hilary Lawson genannt, der mir aber nicht bekannt ist. Fraglos wird man bei Adorno einschlägiges (vermutlich kritisches) dazu finden, wenn es um das berüchtigte "identifizierende Denken" geht. Ich kenne die Wendung (glaube ich) noch aus meiner Zeit im Philosophie-Raum, ich meine von Hermeneuticus her - seither gehört es zu meinem "Wortschatz".
Man kann daraus eine Kritik der Begriffe machen, wenn man es als "Verzerrung" (Gleichsetzen des Ungleichen) verstehen will. Dazu ist man aber meines Erachtens keineswegs gezwungen, wie ich oben gegenüber Alethos schon geltend gemacht habe.
Ja, soweit bekannt. Aber warum ex Cathedra gehen, wenn man sich daran auch reflektierend anpirschen könnte...?Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mi 7. Aug 2019, 05:33Die Formulierung, um die wir gerade streiten, ist im Grunde sehr gängig und bekannt, wenn man so will ein stehender Ausdruck.
Ja, kann man wohl. Zunächst mal könnte man es aber auch als dasjenige sowohl die eigene, wie auch in die kollektive Reflexion nehmen, das einem ja selbst näher ist, als alles andere. "Das eigene Begreifen zu begreifen" würde ich quasi ganz analog zu Homers "Erkenne dich selbst" setzen. Niemand ist dazu gezwungen. Machte imo aber durchaus Sinn, sich, bevor man quasi mit Denken anfängt, zunächst mal zu klären, womit dies im Wesentlichen befasst wäre. Muss natürlich nicht. Stimmt.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mi 7. Aug 2019, 05:33Man kann daraus eine Kritik der Begriffe machen, wenn man es als "Verzerrung" (Gleichsetzen des Ungleichen) verstehen will. Dazu ist man aber meines Erachtens keineswegs gezwungen, wie ich oben gegenüber Alethos schon geltend gemacht habe.
- Jörn Budesheim
- Beiträge: 26183
- Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
- Wohnort: Kassel
- Kontaktdaten:
Tja, ich bin halt nicht gut genug für die erlauchte Gesellschaft. Viel Spaß noch. Adios.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Do 8. Aug 2019, 05:12Haben wir uns nicht reflektierend angepirscht? Du hast Einwände gemacht und ich habe den Satz gegen sie "verteidigt".
Ok, wir haben hier ja wohl keinen Dissens: Die Extension ist die Menge von Dingen, die unter einen Begriff fallen. Und sie fallen darunter wegen besonderer Eigenschaften, wobei das Besondere an ihnen ist, wodurch sie unter einen Begriff gesondert werden können. Das Wodurch bedeutet eine Funktion, nach der die gemeinsamen Eigenschaften der Dinge (und damit sie selbst) zu einem Begriff angeordnet werden.novon hat geschrieben : ↑Di 6. Aug 2019, 22:39Hmm... Für mich fallen Dinge unter einen Begriff oder eben nicht. Alle Dinge die unter einen etwaigen Begriff fallen (können), werden als dessen Extension (Umfang) bezeichnet. Was diesen insofern allgemein ist, dass es durch diesen gefasst ist, wird als Intension (Inhalt) bezeichnet, diese befasst also jene formalen Merkmale, die wesentlich für eine etwaige begrifflich kategoriale Zuordnung wären.Alethos hat geschrieben : ↑Mo 5. Aug 2019, 00:55Da ist seine Extension. Aber was er in sich fasst, das ist doch eine intensional identische Ansammlung von Einzeldingen. Intensionalität meint aber die Funktion des Begriffs, eine Reihe von ähnlichen Dingen mit ähnlichen Eigenschaften unter sich zu fassen. Deshalb sind Begriffe der Funktion nach identisch: Ein Haus ist kein Berg (Extension), aber ein Haus ist immer ein Haus (Intension).
Das Wesentliche eines Begriffs zeigt sich in der Gemeinsamkeit der Eigenschaften aller dieser Dinge. Darauf wollte ich hinaus, als ich vom identifizierenden Moment der Intension sprach. Nichts Weltbewegendes, sondern nur eine Feststellung (weil man ja das Selbstverständliche auch nennen soll )
Wesentlicher wofür? Wenn du 'für den Begriff' meinst, dann ja. Denn wesentlich ist sowohl die Differenz des Begriffs zu anderen als die Identität des Begriffs zu sich selbst. Aber das Wesen des Begriffs ist wesentlich gegeben durch diese Vereinigung von Eigenschaften. Die Intension ist wesentlich der Begriff.novon hat geschrieben : ↑Di 6. Aug 2019, 22:39Das stellte eine rein semantische Position dar, die quasi lediglich mit Begriffen befasst wäre und - meinem Geschmack nach - Wesentliches - wir haben es nun Extension genannt - quasi ausblendet. Der Unterschied zu anderen Begriffen scheint mir nicht wesentlich. Wie ein solches begriffliches Nebeneinander ein und derselben Extension funktioniert, lässt sich in den Wissenschaften beobachten. Ganz offensichtlich scheint mir das in der Physik, aber auch in der Gegenüberstellung von Physik, Chemie und Biologie (etc.) meine ich dies sehen zu können. Die "Differens zu anderen Begriffen" halte ich im Weitesten für eher nebensächlich, die intensional (inhaltlich) gefassten Kriterien für wesentlicher.
Diese Eigenschaften von Dingen sind miteinander, als zum Begriff gehörend gedacht, identisch. Denn eine Eigenschaft ist ja eine Bestimmung eines Dings (ein Zustand desselben) und damit selber Abstrahiertes. Was macht einen Stuhl zu einem Stuhl? Wohl die Tatsache, dass sie ein 'Möbel mit erhöhter Sitzgelegenheit' ist und eine Rückenlehne hat (denn ohne Rückenlehne wäre es ein Hocker). Welche Formen konkret, welche Farben, welche Ausformungen diese Sitzgelegenheiten oder die Rückenlehne haben, das ist unwesentlich im Lichte des Begriffs Stuhl, weil ja vom Konkreten des Stuhls abstrahiert wird auf das Identische: (Sitzgelegenheit, Rückenlehne), was sie alle zu Stühlen macht.
Aber deshalb ist ja, wie ich meine mit Hegel richtig angezeigt zu haben, ein Stuhl zugleich das Mitführen der Differenz: Denn insofern ich also Stuhl meine und auf diesen Gegenstand zeige, bezeichne ich diesen als Stuhl, aber blende alle anderen Stühle aus. Mit dem Bezeichnen eines Gegenstandes als etwas (indem
wir einen Begriff auf ihn anwenden) erfassen wir das Unwesentliche: denn es ist für den Begriff selbst ja unwesentlich, ob ich diesen oder jenen Stuhl meine. Ich meine immer alle Stühle zugleich nicht mit, obwohl alle Stühle mitgemeint sind.
Man musst halt auch einmal die Banane gerade sein lassen könnennovon hat geschrieben : ↑Di 6. Aug 2019, 22:39Soweit - was sagst du zu den fraglichen [k?] im Quote? - Klar. Wobwi Bananen offenbar auch recht gerade (hängt wohl von der Position in der Staude ab; bin da nicht der Experte) oder auch grün anstatt gelb sein (wären dann halt nocht nicht reif). Die Gattung Musa scheint mir jedenfalls recht ausgeprägt in verschiedene Arten verzweigt und eine Intension von - gerade mal - gelb, krumm doch eher defizitär.Alethos hat geschrieben : ↑Mo 5. Aug 2019, 00:55Wenn du sagst: 'Das ist eine Banane' (um mal etwas anderes zu nehmen als Stühle und Tische oder Dreiecke), dann meinst du sicherlich nicht die Banane in meiner Fruchtschale auf meinem Tisch in meiner Küche. Aber auch das dort in meiner Küche ist eine gekrümmte gelbe Frucht, die du jedoch gar nicht meinst. Du meinst ein anderes Einzelding. Der Begriff entwirft also nur ein Konzept einer Banane überhaupt, aber bezeichnet [k?]ein Einzelding, das, wenn es auch identifiziert ist als zum Begriff gehörig, nicht identisch ist mit allen Einzeldingen, die Bananen sind.
zum k: Mit Bezeichnen meine die Applikation eines Begriffs auf einen Gegenstand. Der Begriff bezeichnet einen Gegenstand, indem er sozusagen eine 'intensionale Form' (mangels besserer Ausdrücke) über dem Gegenstand zeichnet, wodurch er eben ein, unter dieser Bezeichnung stehend, Begriffenes ist.
novon hat geschrieben : ↑Di 6. Aug 2019, 22:39Ich mag den Begriff der begrifflichen Trennschärfe. Setzt man sich damit auseinander, wird einem imo klar, dass man eigentlich immer z. B. mit pragmatischen, professionellen oder auch engagierten Begriffswelten zu tun bekommt, aber auch mit ideologischen, manipulativen oder (vielleicht) reaktionären, regressiven, etc... die je nachdem ganz offenbar auf einen Zweck hin quasi gestaltet deherkommen.
Ich weiss leider nicht genau, was du damit
meinen könntest: Dass Begriffe quasi geformt sind durch die Begriffswelten, in denen sie vorkommen?
Zwei Gläser, sonst kein Kling
-------------------------------
Alle lächeln in derselben Sprache.
Alle lächeln in derselben Sprache.
- Jörn Budesheim
- Beiträge: 26183
- Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
- Wohnort: Kassel
- Kontaktdaten:
Mir ist jetzt nicht ganz klar, womit ich dich verärgert haben könnte?!novon hat geschrieben : ↑Do 8. Aug 2019, 22:34Tja, ich bin halt nicht gut genug für die erlauchte Gesellschaft. Viel Spaß noch. Adios.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Do 8. Aug 2019, 05:12Haben wir uns nicht reflektierend angepirscht? Du hast Einwände gemacht und ich habe den Satz gegen sie "verteidigt".
Das war schließlich nur eine Beschreibung der Situation, denke ich. Du hast die Formulierung der "Gleichsetzung des Ungleichen' kritisiert und ich habe sie gegen diese Kritik verteidigt. Und das ist meines Erachtens eine Form der Reflexion.
Betreffend das 'Mitgemeinte':
G.F.W Hegel, in Phänomenologie des Geistes hat geschrieben : Indem ich sage: dieses Hier, Jetzt oder ein Einzelnes, sage ich: alle Diese, alle Hier, Jetzt. Einzelne, ebenso, indem ich sage: Ich, dieser einzelne Ich, sage ich überhaupt: alle Ich, jeder ist das, was ich sage: Ich, dieser einzelne Ich.
-------------------------------
Alle lächeln in derselben Sprache.
Alle lächeln in derselben Sprache.
- Friederike
- Beiträge: 4947
- Registriert: Mi 19. Jul 2017, 07:48
An diesen Beitrag habe ich die letzten Tage immer denken müssen, während wir über die "absolute Metapher" bei Blumenberg gesprochen und ich darüber nachgedacht habe. Besonders der von mir unterstrichene Satz scheint mir nochmals den Anstoß zu geben dafür, ob man für diese "Grundbegriffe" die Metaphorik dahinter aufsuchen müßte.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Sa 30. Jun 2018, 19:52Kemmerling macht geltend, dass es etliche Grundbegriffe gibt. Begriffe, ohne die wir - wie Davidson sagt - gar keine Begriffe hätten: Grundbegriffe sind “nicht durch explizite Definitionen auf grundlegendere Begriffe zurückführbar. Wodurch sind sie bestimmt? Die beste Antwort, die ich kenne, besagt: durch die Verbindungen, in denen sie zu anderen Begriffen, insbesondere zu anderen Grundbegriffen, stehen.”
Nach Kemmerling werden diese Verbindungen mit Hilfe von Aussagen charakterisiert, bei denen es sich um begriffliche Wahrheiten handelt. Man sagt: die Grundbegriffe seien in dieser Weise “impliziert definiert”. Wenn auch manche dieser Wahrheiten trivial sein mögen, handelt es sich bei der Analyse dieser Grundbegriffe - in meinen Worten gesagt: um ein Forschungsprogramm. Das bedeutet, dass sich das, was sich über die fraglichen Begriff sagen und herausfinden, also erforschen lässt, nicht darin erschöpft, was wir derzeit von ihnen wissen. Zwar kennen wir (kompetente Begriffsverwender) diese Begriffe leidlich gut. Dennoch haben wir - selbst die, die lange über diese Begriffe nachgedacht haben - oft nur unvollständige Kenntnisse von ihren implizieren Definitionen.
- Jörn Budesheim
- Beiträge: 26183
- Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
- Wohnort: Kassel
- Kontaktdaten:
"Ich", "Jetzt", "Hier" sind Begriffe. Inwiefern kann man hier von einer Leistung auf Distanz sprechen?Blumenberg (zitiert nach Nauplios) hat geschrieben : "Der Begriff gilt als ein Produkt der Vernunft, wenn nicht sogar ihr Triumph, und ist es wohl auch. Das läßt aber nicht die Umkehrung zu, Vernunft sei nur dort, wo es gelungen oder wenigstens angestrebt sei, die Wirklichkeit, das Leben oder das Sein - wie immer man die Totalität nennen will - auf den Begriff zu bringen.
Es gibt keine Identität zwischen Vernunft und Begriff. Aber es wäre natürlich Unfug zu sagen, die Intention der Vernunft habe mit der Leistung des Begriffs nichts zu tun. Es könnte sein, daß die Leistung des Begriffs nur partiell gegenüber der Intention der Vernunft ist, die immer etwas mit Totalität zu tun zu haben scheint.
Der Begriff hat etwas zu tun mit der Abwesenheit seines Gegenstandes. Das kann auch heißen: mit dem Fehlen der abgeschlossenen Vorstellung des Gegenstandes. Dieses Verhältnis ist verglichen worden mit dem zwischen verschiedenen Sinnesorganen: das Sehen vertritt nur die Möglichkeit der Berührung, des Fühlens, damit des Besitzens. Die optische Präsenz nimmt die taktile vorweg, auch wenn sie sich ohne diese begnügt. Die Sichtbarkeit ist der Mangel der Fühlbarkeit wegen der Distanz zum Gegenstand. Stellt man sich vor, die Distanz würde weiter vergrößert - räumlich oder zeitlich -, so bleibt nur noch der Begriff, der seinerseits die ganze Skala der sinnlichen Erreichbarkeit vertritt.
Man könnte sagen, die Vernunft sei der Inbegriff solcher Leistungen auf Distanz, die Integration dessen, was im Begriff als Ersetzung der Gegenwärtigkeit schon liegt. Also auch dessen, was überhaupt nicht gegenwärtig werden kann, weil es nicht die Art des Gegenstandes hat, wie zum Beispiel: die Welt, das Ich, die Zeit, der Raum (Ideen - Regeln, als ob sie Gegenstände wären.)
Schopenhauer hat gemeint, mittels der Vernunft besäßen wir ˋeine völlige Übersicht des Lebens, unabhängig von der Zeit, haben gleichsam immer einen verkleinerten, farblosen, abstrakten, mathematischen Riß der ganzen Welt´.
Der Begriff ist zwar kein Surrogat, aber er ist zur Enttäuschung der auf ihn gesetzten philosophischen Erwartungen nicht die Erfüllung der Intentionen der Vernunft, sondern nur deren Durchgang, deren Richtungsnahme." (Theorie der Unbegrifflichkeit; S. 9f) -
"ich", "jetzt", "hier" ... sind sog. deiktische Ausdrücke oder auch indexikalische Ausdrücke.
"Eine begriffliche Bedeutung in der Art eines Begriffsinhalts und eines Begriffsumfanges, wie wir sie bei Prädikatausdrücken [oft] unterstellen, haben diese Ausdrücke [möglicherweise? notwendigerweise?] nicht."
aus: http://www.baader54.de/indexikal/texte/indexika.pdf
https://grammis.ids-mannheim.de/terminologie/717
"Eine begriffliche Bedeutung in der Art eines Begriffsinhalts und eines Begriffsumfanges, wie wir sie bei Prädikatausdrücken [oft] unterstellen, haben diese Ausdrücke [möglicherweise? notwendigerweise?] nicht."
aus: http://www.baader54.de/indexikal/texte/indexika.pdf
https://grammis.ids-mannheim.de/terminologie/717