Notizen zu Beobachtungen an der Sprache

Hier geht es einerseits um die Erörterung logischer Grundstrukturen in der Philosophie und andererseits um Sprachanalyse als philosophische Methode, Theorien der Referenz und Bedeutung, Sprechakttheorien u.ä.
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Friederike
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Registriert: Mi 19. Jul 2017, 07:48

Do 16. Mai 2019, 10:46

Mir ist gestern das Wörtchen "eher" aufgefallen, das, wenn mein Eindruck zutrifft, häufig gebraucht wird. Und das, so meine ich, entweder überflüssig ist oder der Vermeidung dient.
Ich hatte folgenden Satz geschrieben:

Meine Vermutung ist zwar die, daß es eher kontingent ist und daher vernachlässigenswert, aber vielleicht irre ich mich auch.

Hier bezieht sich "eher" auf die Gewißheit meiner Annahme, etwas sei X. Es ist eine Einschränkung des Wissens. "Vermuten" würde daher bereits ausreichen. "Ich vermute, daß X". Oder "ich tendiere dazu, daß X". Ich weiß es nicht, "ich kann es nicht mit Bestimmtheit behaupten, aber ich habe einen guten Grund anzunehmen, daß X".

Anders im folgenden Satz:

Interessant, "Volk", so meinen die AutorInnen sei ein politisch eher unbestimmter Begriff
(Wiedergabe der Aussage in indirekter Rede).

Hier bezieht sich "eher" auf die Aussage/die Proposition. Ich weiß oder ich behaupte, Volk ist ein politisch eher unbestimmter Begriff. Falls der Aussage nicht eine Begründung und Präsizisierung folgt, warum und in welcher Hinsicht genau das Wort politisch unbestimmt ist, vermeidet man mit dem "eher" eine Festlegung und verbleibt im Vagen.




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