"Frauenbücher"

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Stefanie
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Di 19. Dez 2017, 22:40

So was, die Google Tastatur hat das Wort Frauenbücher tatsächlich in der Autovervollständigung.
Es geht um Bücher, von denen gesagt wird, diese lesen nur oder hauptsächlich Frauen.

"Vom Winde verweht"
Ich kenne keinen Mann, der dieses Buch gelesen hat. Warum, ist es zu lang, oder wird der Film als Maßstab genommen, oder weil eine Frau die Hauptperson ist, oder weil sich das Vorurteil hält, es sei kitschig? Hat jemand von den Männern hier das Buch gelesen? Wenn nicht, ihr habt was verpasst.

"Desiree" von Annemarie Selinko.
Gut, ich gebe zu, eine fortgeschrittenen Übung für männliche Lesende. Aber es lohnt sich, wenn Mann es gelesen hat, es steigen die Chancen bei Wer wird Millionär, denn es gab mal bei der 500.000 Euro Frage eine Geschichtsfrage, die locker zu beantworten war, wenn diese Buch gelesen wurde. : - )

Rosamunde Pilcher
Es lohnen sich für Frau und Mann nur zwei Bücher, September und vor allem "Die
Muschelsucher". Allen anderen können Frau und Mann sich sparen.

Gibt es wirklich sowas wie Frauenbücher?



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

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TsukiHana
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Fr 8. Feb 2019, 22:32

Stefanie hat geschrieben :
Di 19. Dez 2017, 22:40
Es geht um Bücher, von denen gesagt wird, diese lesen nur oder hauptsächlich Frauen.
"Vom Winde verweht"
"Desiree" von Annemarie Selinko.
"Die Muschelsucher".
Versaue ich jetzt die Statistik, wenn ich mich oute KEINS davon gelesen zu haben? :?
Stefanie hat geschrieben :
Di 19. Dez 2017, 22:40
Gibt es wirklich sowas wie Frauenbücher?
Nein.



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Stefanie
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Sa 9. Feb 2019, 20:59

Wenn es nach den Verlagen und den großen Buchhandlungen geht, gibt es Frauenbücher.
In meiner örtlichen Filiale von Thalia gibt es extra einen Tisch nur für Bücher für Frauen. Im online Angebot heißt das "Unterhaltung für Frauen." So Nora Roberts Stil, usw. Interessanterweise hauptsächlich Autorinnen. Kitsch in der Regel.
Mehr Frauen als Männer lesen, also sind sie die Zielgruppe.
In einem Bericht über den Tod von Rosamunde Pilcher wurde erwähnt, sie solle doch Romane für Frauen schreiben, so ihr verleger. Was sie auch tat und damit Erfolg hatte.



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Friederike
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So 10. Feb 2019, 09:40

Stefanie hat geschrieben :
Sa 9. Feb 2019, 20:59
Wenn es nach den Verlagen und den großen Buchhandlungen geht, gibt es Frauenbücher. In meiner örtlichen Filiale von Thalia gibt es extra einen Tisch nur für Bücher für Frauen. Im online Angebot heißt das "Unterhaltung für Frauen."
Das erinnert mich an de Beauvoir, die erste Autorin, bei der ich las, das weibliche Geschlecht gelte für das Besondere, das männliche Geschlecht hingegen sei das Allgemeine. Das heißt, das weibliche Geschlecht wird als solches markiert, das männliche Geschlecht jedoch nicht. Das assoziiere ich zu Deiner Beobachtung. Kann aber gut sein, daß inzwischen auch Männer-Bücher als solche im Angebot sind.

@TsukiHana, sagst Du einige Sätzchen zu Deinem knappen "Nein"?! Ich bin neugierig.




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Friederike
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So 10. Feb 2019, 14:49

Ich habe meine Jugendlektüre vorhin Revue passieren lassen und dabei -wider Erwarten- festgestellt, daß ich keineswegs hauptsächlich bevorzugt die Bücher gelesen habe, in denen Mädchen/Frauen die Heldinnen gewesen sind.

Winnetou
Emil und die Detektive
Gepäckschein 666
Tonio Kröger
Drei Männer im Schnee
Leuchtturmwärter Josefine
Jim Knopf

NS: Wobei ich hier davon ausgegangen bin, Frauenbücher seien Bücher, in denen Frauen die Protagonistinnen sind und Männerbücher seien die Bücher, in denen Männer usw.usf.




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Stefanie
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So 10. Feb 2019, 20:17

Ich meine Bücher, die als Zielgruppe Frauen haben, und/oder die hauptsächlich von Frauen gelesen werden.
Das heißt, das weibliche Geschlecht wird als solches markiert, das männliche Geschlecht jedoch nicht.
Markiert als Menschen, die hauptsächlich leichte Sachen zur Unterhaltung vertragen. Diese Frauentische in der Buchhaltung erinnern mich immer etwas an meinen alten Friseursalon, in dem "Der Spiegel" immer in der Männerecke lag.



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TsukiHana
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Mo 11. Feb 2019, 16:50

Friederike hat geschrieben :
So 10. Feb 2019, 09:40
Stefanie hat geschrieben :
Sa 9. Feb 2019, 20:59
Wenn es nach den Verlagen und den großen Buchhandlungen geht..."
Das erinnert mich an de Beauvoir...

@TsukiHana, sagst Du einige Sätzchen zu Deinem knappen "Nein"?!
Es gibt für mich eigentlich nur die Unterteilung in gute Bücher und schlechte Bücher.
Wer sie geschrieben hat, ist für mich von untergeordneter Bedeutung, ebenso das Geschlecht des/der Autors/Autorin.
Wenn Verlage und Buchhandlungen nun ausgerechnet die Frauen als Leserinnen bestimmter Themen ausgemacht haben, so sind es für mich weder Aussagen, noch Qualitätsmerkmale, sondern lediglich Marketingkonzepte und Vermarktungsstrategien... Frau sollte sie kritisch unter die Lupe nehmen.

Der Klassiker "Das andere Geschlecht" von Simone de Beauvoir wurde/wird ja auch von Männern gelesen. Die Autorin gilt als Feministin. Nun gut. Ist dann ihr Werk zwangsläufig ein feministisches Buch? Hm...
Simone de Beauvoir untersuchte darin den männlichen Mythos über die Frau und stellte damit Fragen, die heute noch diskutiert werden.
Ich meine, dass eine Auseinandersetzung mit diesem Werk immer noch durchaus lohnenswert ist, wenn man es nicht nur auf einen Satz reduziert, der dazu auch noch (meistens) falsch zitiert wird:
Margarete Stokowski hat geschrieben :
So 10. Feb 2019, 09:40
Alles, was da ist, ist dieser eine Satz: „Man kommt nicht als Frau zur Welt …“ – und weiter? „… man wird es.“ Das berühmteste Zitat aus Simone de Beauvoirs Buch „Das andere Geschlecht“ ist ein Satz, der komisch klingt. „Man wird es“, was soll das heißen? Und weil der Satz so merkwürdig klingt, wird er gern anders beendet: „… man wird dazu gemacht“. Im französischen Original von 1949 schrieb Beauvoir: „On ne naît pas femme : on le devient.“ Das Verb devenir = werden wird in der falschen Übersetzung aus einem aktiven „werden“ zu einem passiven „gemacht werden“. Ein ziemlicher Unterschied.
Simone, wo bist du? http://www.taz.de/!5051795/



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Stefanie
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Mo 11. Feb 2019, 19:28

Von 114 Literaturnobelpreisträger waren sage und schreibe 14 Frauen.



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Jörn Budesheim
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Mo 11. Feb 2019, 19:32

ouch




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Stefanie
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Mo 11. Feb 2019, 19:42

Dafür gab es einen für Winston Churchill, Russel und Bob Dylan.

Gut, ich werde polemisch.



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TsukiHana
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Mo 11. Feb 2019, 22:34

Stefanie hat geschrieben :
Mo 11. Feb 2019, 19:42
Gut, ich werde polemisch.
Und welche Aussage soll diese Polemik jetzt ersetzen?



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Friederike
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Di 12. Feb 2019, 13:08

TsukiHana hat geschrieben :
Mo 11. Feb 2019, 22:34
Stefanie hat geschrieben :
Mo 11. Feb 2019, 19:42
Gut, ich werde polemisch.
Und welche Aussage soll diese Polemik jetzt ersetzen?
Was Du @Stefanie im Sinn hattest, das weiß ich nicht. Meine Idee dazu ist, daß das den Literaturnobelpreis vergebende Komitee festgestellt hat, daß Frauen eindeutig die schlechteren Bücher schreiben (das Ungleichgewicht hat mich übrigens sehr überrascht). Dies in Verbindung mit Deiner Äußerung @TsukiHana:
TsukiHana hat geschrieben : Es gibt für mich eigentlich nur die Unterteilung in gute Bücher und schlechte Bücher.
Wer sie geschrieben hat, ist für mich von untergeordneter Bedeutung, ebenso das Geschlecht des/der Autors/Autorin.




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Friederike
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Di 12. Feb 2019, 14:17

TsukiHana hat geschrieben :
Mo 11. Feb 2019, 16:50
Der Klassiker "Das andere Geschlecht" von Simone de Beauvoir wurde/wird ja auch von Männern gelesen. Die Autorin gilt als Feministin. Nun gut. Ist dann ihr Werk zwangsläufig ein feministisches Buch? Hm ... Simone de Beauvoir untersuchte darin den männlichen Mythos über die Frau und stellte damit Fragen, die heute noch diskutiert werden.
Der entscheidende Punkt aber ist der, daß sie den männlichen Mythos als solchen, nämlich den Männlichen, herausgearbeitet hat. Die geschlechterspezifische u.a. Rollenverteilung ist eine, die aus vorgeblich allgemeiner, d.h. geschlechtsunabhängiger Sicht, tatsächlich jedoch aus männlicher Sicht vorgenommen wurde.

Das allerentscheidendste :lol: aber ist, aus diesem Grunde war Beauvoirs Arbeit für mich eine "Offenbarung", daß wir, die Frauen, uns die -männlichen- Annahmen darüber, was und wie wir sind, zu eigen gemacht haben/zu eigen machen. Was sehr "schön" in der von Dir erwähnten Aktivform des Buchtitels zum Ausdruck kommt.




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Stefanie
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Di 12. Feb 2019, 14:20

Es ist nicht unbedingt fair, andern männlichen Preisträgern die Berechtigung für den Preis abzusprechen, nur weil sie Männer sind. Bei den von mir drei genannten Beispielen habe ich zumindest bei Winston Churchill und bei Bob Dylan so meine Zweifel, ob im Fall Dylan Liedtexte durch einen Literaturnobelpreis gewürdigt gehören.

Die geringe Anzahl von Frauen bei der Verleihung des Nobelpreises hat nichts mit der Qualität deren Bücher zu tun.
Es liegt, wie in vielen anderen Bereichen auch, daran, dass Frauen und ihre Leistungen bis weit in das 20 Jhd. schlicht nicht anerkannt wurden, einfach weil sie Frauen sind. Anfang des 20 Jahrhundert gab es die Frau als Literaturschreibende oder Romanschriftsstellerin nicht, und wenn wurden deren Bücher als reine, seichte Unterhaltung angesehen. Das war in der bildenden Kunst nicht viel anders. Frauen, die schreiben konnten, und zwar wirklich gut, hatten wohl keine Chance, dass sie verlegt werden.
Nicht nur Frauen, die lesen sind gefährlich, sondern offensichtlich auch Frauen, die schreiben. Hätten Jane Austen und die Bronte Schwestern je eine Chance auf den Nobelpreis gehabt? Letztere hatten übrigens unter einem männlichen Pseudonym veröffentlicht.
Frauen hatten sich um die Familie zu sorgen, Salons zu führen, sich zurückzuhalten, usw. usw. usw.
Schaut man sich die Liste an, so fällt auf, dass zwar relativ früh eine Frau den Literaturnobelpreis bekam, aber danach nur sporadisch und es Jahrzehnte gab, in denen keine Frau berücksichtigt wurde, und das waren die Jahrzehnte nach dem 2. Weltkrieg.
Erst ab den 90 zigern änderte sich dies, mit den Nobelpreisen für Gordimer und Toni Morrison und den folgenden Frauen. Die Zusammensetzung des Komitees. war und ist Männer dominiert.
Bei den gesamten Nobelpreisen, um bei diesem mal zu bleiben, sind Frauen unterrepräsentiert. Bis heute wurde nur einer Frau der Nobelpreis für Wirtschaft verliehen. Berühmte Frauen wie Marie Curie und deren Tochter bilden die Ausnahmen. Beim Friedensnobelpreis gibt es auch ein Ungleichgewicht, was mit Sicherheit auch daran liegt, dass Frauen, die sich politisch oder gesellschaftlich im Sinne des Nobelpreises betätigten, bis weit nach dem 2. Weltkrieg eine Ausnahme waren. Spezifische Frauenthemen, die Gewalt gegen Frauen und die Unterdrückung von Frauen waren Jahrzehntelang nur ein Randthema.

Ich habe zwei kurze Bücher von Paul Auster gelesen, das eine war eine Weihnachtsgeschichte, den anderen Titel habe ich vergessen. Das sagt schon aus, dass die Bücher mich nicht überzeugt haben, und nicht viel bei mir hängen geblieben ist.
Paul Auster ist Kult, sein Bekanntheitsgrad ist enorm. Ist er deswegen der besser Autor, als seine Frau Siri Hustvedt, die kaum bekannt ist, und in meinen Augen besser ist als ihr Mann?



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Stefanie
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Di 12. Feb 2019, 14:30

Interessanterweise gibt es meinen Bücherregalen, zumindest die in der 1. Reihe, ein Übergewicht an männlichen Autoren. Schriftstellerinnen sind in der Unterzahl.



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TsukiHana
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Mi 13. Feb 2019, 02:38

Stefanie hat geschrieben :
Mo 11. Feb 2019, 19:28
Von 114 Literaturnobelpreisträger waren sage und schreibe 14 Frauen.
Friederike hat geschrieben :
Di 12. Feb 2019, 13:08
… das Ungleichgewicht hat mich übrigens sehr überrascht
Dass es nur SO wenige Frauen sind, wundert mich jetzt doch auch etwas. Immerhin ist meine Lieblings-Lyrikerin Wisława Szymborska dabei, was mich natürlich sehr freut. Doch hätte ich jetzt eher vermutet, Frauen würden inzwischen ca. 1/3 der Preisträger/innen ausmachen. Es dauert also noch etwas.
Nun gut. Ich habe nicht grundsätzlich etwas gegen den Nobel-Preis, oft hinterfrage ich allerdings die Vergabekriterien, wenn sich bei mir der Eindruck verdichtet, dass die Juroren (meistens Männer) eher eine politische, statt einer literarischen Entscheidung getroffen haben. Eine direkte Leseempfehlung ist/war es noch nie für mich. Selbst dann nicht, wenn den Preis unerwartet doch eine Frau bekommen hat. Das Geschlecht genügt nicht, um meine Neugierde zu wecken.
Jedoch wünschte ich es mir manchmal bei den Büchern, die mich schwer beeindruckt haben und wichtig für mich waren, man hätte sie mit solchen Ehren bedacht. Da fällt mir spontan zum Beispiel Christina Brückners wunderbarer Zyklus von Monologen ein: Wenn du geredet hättest, Desdemona. - Ungehaltene Reden ungehaltener Frauen. 11 bekannte Frauen aus der Geschichte, Literatur und Mythologie, die sonst eher Nebenrollen an der Seite berühmter Männer spielten, bekamen eine Stimme und schilderten, eingebettet in eine fiktive Situation, das oft bekannte Geschehen aus ihrer Sicht, dazu aus einer weiblichen Perspektive, die so erfrischend anders, auch heiter und provokativ oder anklagend gegenüber der männlichen Perspektive erscheint, dass sie fesselt...

Wenn ich also ein "Frauenbuch" nennen sollte, dann könnten die Monologe noch am ehesten passen.
Immerhin ist mir doch noch ein (mögliches) Beispiel eingefallen, obwohl ich dieses Buch gerne an Männer verschenkte. :D
Bei der wesentlich bekannteren Bühnenfassung dürfte das Publikum auch nicht nur hauptsächlich aus Frauen bestehen.



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TsukiHana
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Mi 13. Feb 2019, 04:36

Friederike hat geschrieben :
Di 12. Feb 2019, 14:17
TsukiHana hat geschrieben :
Mo 11. Feb 2019, 16:50
Der Klassiker "Das andere Geschlecht" von Simone de Beauvoir wurde/wird ja auch von Männern gelesen. Die Autorin gilt als Feministin. Nun gut. Ist dann ihr Werk zwangsläufig ein feministisches Buch? Hm ... Simone de Beauvoir untersuchte darin den männlichen Mythos über die Frau und stellte damit Fragen, die heute noch diskutiert werden.
Der entscheidende Punkt aber ist der, daß sie den männlichen Mythos als solchen, nämlich den Männlichen, herausgearbeitet hat. Die geschlechterspezifische u.a. Rollenverteilung ist eine, die aus vorgeblich allgemeiner, d.h. geschlechtsunabhängiger Sicht, tatsächlich jedoch aus männlicher Sicht vorgenommen wurde.

Das allerentscheidendste :lol: aber ist, aus diesem Grunde war Beauvoirs Arbeit für mich eine "Offenbarung", daß wir, die Frauen, uns die -männlichen- Annahmen darüber, was und wie wir sind, zu eigen gemacht haben/zu eigen machen. Was sehr "schön" in der von Dir erwähnten Aktivform des Buchtitels zum Ausdruck kommt.
Meine erste Lektüre des Buches würde ich heute mit einer "Erschütterung" umschreiben. :D
Natürlich war es absolut wichtig und prägend für mich gewesen es sehr früh zu lesen, dazu empfand ich Simones kühle, wissenschaftliche Art der Beobachtung und Analyse absolut beeindruckend und hilfreich. Auch hier setzte ein sprachlicher Lernprozess ein, für den ich heute noch dankbar bin. Als ich dann auch noch erfuhr, dass ihr Werk im Index Librorum Prohibitorum einen "Ehrenplatz" fand, wusste ich einfach, dass ich es lesen muss.
Die Feminismus-Debatte dauerte ja schon eine ganze Weile an (die zweite Welle) und die Argumente der Feministinnen waren nicht immer so hilfreich für meine "Frauwerdung", wie ich es mir gewünscht hätte, da sie für mein Empfinden viel zu emotional und polemisch geführt wurde, was nicht ganz so meine Sache war. Plötzlich waren es also nicht nur Männer, sondern auch Frauen, die mir dauernd sagten, wie eine Frau zu sein hat.
Zwar konnte ich damals nicht genau sagen, was ich will, oder mich zu wollen traue, dafür aber mit absoluter Sicherheit, was für mich nicht in Frage kommt. Das und "Das andere Geschlecht" waren sozusagen meine Wetzsteine, an denen ich mich abarbeiten konnte, um innerlich zu wachsen und mein Selbstbewusstsein und Selbstverständnis langsam auszubilden.
Natürlich ging es manchmal nur sehr holperig voran und die Zeit war auch voller Irrtümer, doch hatte ich immer das Gefühl, dass ich mich halbwegs auf dem richtigen Weg befinde, auch wenn ich manchmal aneckte. Beruhigend war jedoch für mich, dass ich gleichermaßen mit Frauen, wie auch mit Männern aneckte. Und wenn ich mir heute einige Debatten anhöre, staune ich doch sehr, wie zahlreich die männlichen Mythen über die Frau gegenwärtig immer noch sind.



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