Gadamer

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Jörn Budesheim
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Mi 24. Jun 2020, 20:15

Tatjana Schönwälder-Kuntze, in Philosophische Methoden hat geschrieben : "Wahrheit und Methode": Zunächst wird die Frage gestellt, wie es überhaupt zum Alleingeltungsanspruch der naturwissenschaftlichen Methode gekommen sei angesichts der Tatsache, dass sowohl historisch betrachtet – in der Antike – als auch transdisziplinär betrachtet – in der Rechtspraxis und der Theologie – andere Methoden der Wahrheitsfindung anerkannt, d.h. zulässig sind. Die falsche Weichenstellung für die methodischen Verirrungen in Bezug auf mögliche Wege zur Erkenntnis identifiziert Gadamer in einer falsch verstandenen Aufklärung, die auch in Kants Ausschluss der Kunst, d.h. des ästhetischen Urteils, ausdem Bereich der objektiven Erkenntnis zum Ausdruck kommt. Denn Kant habe in der Kritik der Urteilskraft (1799) die »Ästhetik subjektiviert« (Gadamer 2010: 48–61) und damit jegliches objektives Erkennen den Naturwissenschaften allein zugestanden. Diesen Fehler gilt es zu korrigieren, weil der Geltungsanspruch in der Kunst unbegründet, d.h. dogmatisch nach Anerkennung verlange, ohne deshalb willkürlich zu sein. So beendet Gadamer seine Analyse der Auffassungen von Ästhetik und ästhetischem Bewusstsein bei und im Anschluss an Kant damit, dass er das Kunstwerk einem Text gleichstellt, das ebenso wie dieser auszulegen sei, um es überhaupt als Kunstwerk verständlich zu machen: »Die Hermeneutik muß […] im ganzen so bestimmt werden, dass sie der Erfahrung der Kunst gerecht wird. Das Verstehen muss als ein Teil des Sinngeschehens gedacht werden, in dem der Sinn aller Aussagen – derjenige der Kunst und derjenige aller sonstigen Überlieferung – sich bildet und vollendet.« (Gadamer) Die Kunst ist für Gadamer gleichsam das prototypische Beispiel für die Einheit aus soziokulturell bedingter Darstellungsform und darin ausgedrücktem überzeitlichen ästhetischen Sinn. So bleibe es unbezweifelbar, »daß die Kunst niemals nur als vergangene ist, sondern den Abstand der Zeiten durch ihre eigene Sinnpräsenz zu überwinden weiß« (Gadamer). Das gilt ihm als erstes Vorbild für die avisierte hermeneutische Methode.
Das ist vielleicht nicht die beste Methode, einen Thread über ein solch bedeutenden Philosophen zu beginnen ... aber vielleicht kann man später noch weiteres hinzufügen.




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