#filosofix > Was ist Zeit?

Philosophische Gedankenexperimente in Form von Videos.
Antworten
Benutzeravatar
Stefanie
Beiträge: 7172
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 20:09

So 25. Feb 2018, 18:21

Eishockey kann auch zu philosophischen Fragen führen.
Wie lang - oder wie kurz? - fühlt sich eine 1 Minute an? Wenn die Uhr runterläuft, und dann bei einstelligen Sekunden dann auch noch die Zeit unterhalb der Sekunde angezeigt wird, verwirrend, weil dies im Alltag nicht relevant zu sein scheint. Auf jeden Fall lief heute die Zeit im Eishockey zu langsam. : - )

Was ist Zeit?
Gibt es die Zeit, weil wir sie entdeckt haben, oder weil wir sie erfunden haben? War die vor uns da? Ist das Zeitgefühl objektiv oder subjektiv?

In dem folgenden Video wird noch eine interessante Frage gestellt:
Was ist zuerst da, unser Zeiterleben oder die Zeit?

https://youtu.be/6xIndr43zfM



Und hier geht es um das Großvaterparadox:



(Wenn das jetzt wieder mit dem Link nicht klappt, gebe ich es am Handy auf mit dem verlinken)



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

Benutzeravatar
Stefanie
Beiträge: 7172
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 20:09

So 25. Feb 2018, 18:35




Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23283
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Mo 26. Feb 2018, 06:15

Yves Bossart, in den verlinkten Artikel hat geschrieben : Augustinus macht kurzen Prozess. Er erklärt die Zeit zu einer blossen Illusion. Sie sei nämlich zusammengesetzt aus Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit. Zeit gäbe es nur, weil die Zukunft zur Gegenwart und die Gegenwart zur Vergangenheit wird, kurz: Weil die Vergangenheit die Zukunft der Gegenwart ist, oder anders: das Heute das Gestern von morgen.

Nun aber kommt der Clou: Nach Augustinus gibt es weder Zukunft, noch Vergangenheit, noch Gegenwart. Denn das Zukünftige ist noch nicht, das Vergangene ist nicht mehr, und die Gegenwart ist eine blosse Grenze zwischen Zukunft und Vergangenheit: Sobald wir sie denken, ist sie bereits vorbei.

Zeit ist nach Augustinus also ein unwirkliches Phantasiegebilde von uns Menschen. Aus der Sicht Gottes nämlich gibt es keine Zeit. Für ihn ist alles gleichzeitig. Er sieht den gesamten Verlauf der Welt ausgebreitet vor seinem Geist – ähnlich wie wir die Geschichte auf einem Zeitstrahl abbilden und so das zeitliche Nacheinander zu einem räumlichen Nebeneinander machen.
Wenn die Gedanken von Augustinus zur Zeit in dem Artikel richtig dargestellt sind, dann finde ich sie nicht überzeugend. Mir scheint, dass er nicht klar zwischen subjektiven Zeiterleben und der Zeit an sich selbst unterscheidet.

Nehmen wir dazu den gezeichneten Zeitstrahl, von dem in dem Artikel die Rede ist, als Bild für die Zeit selbst. Stellen wir uns vor, wir würden den Zeitstrahl entsprechend unserer Leserichtung aufzeichnen, dann wäre ein Ereignis, was links von einem anderen Ereignis eingezeichnet ist, früher und das was rechts davon eingezeichnet ist, wäre später. Das wäre eine objektive Abfolge. Die Französische Revolution fand vor der Erfindung des Internet statt. Wenn man nun aufgefordert wird, in diesem Zeitstrahl das Jetzt einzutragen, dann weiß man nicht, was zu tun ist. Wessen Jetzt soll man eintragen? Wie soll man es festsetzen? Auf diesem Zeitstrahl gibt es keine ausgezeichnete Stelle namens "Jetzt". Hier und Jetzt sind ein Verhältnis von Subjekt und objektiver Zeit.

Der Versuch, das Jetzt auf dem Zeitstrahl einzuzeichnen, entspricht dem Versuch, auf einer Karte von Deutschland das "Hier" einzutragen. Denn das hier und das jetzt sind kein je an sich selbst bestimmter Punkt, sondern eben der Ort oder der Zeitpunkt, wo ein bestimmtes Subjekt, nämlich "Ich" (du, er, sie,...) sich gerade befindet.

Und daraus, dass ein bestimmtes Jetzt, also meine Gegenwart kaum, dass sie da ist, wieder weg ist, folgt nichts für die objektive Zeit. Augustinus verwechselt unser Zeiterleben mit der Zeit selbst, will mir scheinen. Er verwechselt die Relation von Subjekt und Zeit mit der Zeit selbst. Daraus, dass für ein bestimmtes Subjekt z.b. Augustinus die Zukunft nicht ist, die Vergangenheit nicht mehr ist und die Gegenwart schwer zu fassen ist, folgt nichts für die objektive Zeit. Für die Zeit gilt ebenso wenig wie für alles andere esse est percipii :)

Auf dieselbe Art und Weise hätte Augustinus auch den Raum widerlegen können. Das "Hier" ist kein klarer Punkt und kaum bewege ich mich ein wenig ist er schon woanders und ich kann nicht da sein, wo ich nicht bin, aber daraus folgt nicht, dass der Raum nicht existiert.

Bild




Benutzeravatar
Alethos
Beiträge: 4212
Registriert: Do 17. Aug 2017, 15:35
Wohnort: Schweiz

Mo 26. Feb 2018, 19:17

Du sagst, dass das Zuvor der französischen Revolution vor dem Internet objektiv sei, aber verhält es sich mit dem Vorher und Nachher nicht wie mit dem Links und Rechts? Links liegt immer nur von einem Standpunkt aus gesehen links. Ebenso ist Rechts relativ zur Betrachtung. Nur, wenn man sie gegeneinander setzt, zeigen sie sich als Gegenteile, die sich durch ihr Gegenteilsein definieren: Links ist das Gegenteil von Rechts.
Aber das Zuvor, ist es objektiv gegeben, wenn es kein Jetzt gibt, von dem aus ich messe, dass dieses weiter zurückliegt als das andere? Wenn es kein Voher und Nachher gibt, sondern eine Zeitlosigkeit, wie Augustinus meinte, dann kann es doch auch kein Zuvor und Danach geben, wenn auch die Veränderung suggeriert, dass es so ist?

Man muss ja kein radikaler Idealist sein, um berechtigte Gedanken zur Idealität von Zeit anzustellen :)



-------------------------------
Alle lächeln in derselben Sprache.

Benutzeravatar
Stefanie
Beiträge: 7172
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 20:09

Mo 26. Feb 2018, 19:29

Hach jaa, ich wusste schon, warum ich um dieses Thema bislang immer einen Bogen gemacht habe. Es schafft mich. Es lässt sich auch sagen, ich verstehe es nicht so richtig. Keine der im Video bzw. Text genannten Ansichten.

Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft, soweit so gut. Es stellt sich die Frage, wann was endet, bzw. beginnt. Die Vergangenheit liegt Links vor dem Jetzt, die Zukunft rechts vom Jetzt.
Also, wann ist das Jetzt.
Nehme ich den Zeitstrahl von Jörn, wird das so schwierig. Wir haben aber doch die Uhr, eine Zeitmessung. Ich kann doch auf den Zeitstrahl die exakte Uhrzeit eintragen, schaue auf die Uhr, und habe das Jetzt.
Links davon die Vergangenheit, rechts davon die Zukunft.
Das Jetzt ist für danach nur ein klitzekleiner Moment. Wir nehmen das Jetzt , die Gegenwart aber länger war. Das Jetzt ist für die meisten von uns mehr der jetzige Tag, der auch durch die Zeitmessung bestimmt wird.
Kleinere Abschnitte sind von uns, wenn in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gedacht wird, vom Gefühl nicht so erfassbar. Oder?
Hmm, das klappt aber nicht im Zusammenhang mit dem hier, denn wie war das mit den Zeitzonen? Mein hier und mein jetzt kann ich bestimmen, dass jetzt, und die Abgrenzung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ist aber in Australien anders.
...
*Hmpf*
Und schon wieder in den Gedanken und in Zeit verheddert.



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23283
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Di 27. Feb 2018, 05:21

Alethos hat geschrieben :
Mo 26. Feb 2018, 19:17
Links liegt immer nur von einem Standpunkt aus gesehen links.
Diese Zeichnung war ein Mittel, etwas darzustellen. Die Eigenschaften der Darstellung auf das Dargestellte zu übertragen, ist sicherlich nicht statthaft, was meinst du? ;)




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23283
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Di 27. Feb 2018, 05:47

Stefanie hat geschrieben :
Mo 26. Feb 2018, 19:29
Ich kann doch auf den Zeitstrahl die exakte Uhrzeit eintragen, schaue auf die Uhr, und habe das Jetzt.
Nein, dann hast du nicht das Jetzt, sondern nur wie viel Uhr zu dem fraglichen Jetzt war. Das heißt, du hast nur einen Teil der Relation erfasst. Jetzt und Hier sind Relationen, bei denen immer ein Subjekt involviert ist.

Stell dir vor, du hast ein Schachbrett vor dir. 64 Felder von A1 bis H8. Darauf stehen 32 Figuren, falls diese Figuren Subjekte wären, könnte jede von sich den Ort, an dem sie steht als das Hier reklamieren. Und jede diese Figuren hätte damit recht. Das Hier ist aber immer nur ein Hier für jemand bestimmtes. Von oben betrachtet ist keins der Felder in dieser Weise hervorgehoben.

Die Frage ist, ob es sich mit dem Jetzt und damit der Gegenwart eben genauso verhält wie mit dem Hier. Wenn das so ist, dann ist bereits die Stelle, die du für unproblematisch erachtet hast, nämlich die Sukzession aus Vergangenheit Gegenwart und Zukunft problematisch. Denn obwohl es auf den ersten Blick So aussehen mag, ist diese Abfolge vielleicht subjektiv, denn wir haben in ihrem Zentrum etwas subjektives, nämlich die Gegenwart. Denn die Gegenwart ist die Relation eines Subjektes zur objektiven Zeit.




Benutzeravatar
Alethos
Beiträge: 4212
Registriert: Do 17. Aug 2017, 15:35
Wohnort: Schweiz

Di 27. Feb 2018, 06:06

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 27. Feb 2018, 05:21
Alethos hat geschrieben :
Mo 26. Feb 2018, 19:17
Links liegt immer nur von einem Standpunkt aus gesehen links.
Diese Zeichnung war ein Mittel, etwas darzustellen. Die Eigenschaften der Darstellung auf das Dargestellte zu übertragen, ist sicherlich nicht statthaft, was meinst du? ;)
Du sprichst vom Zeitstrahl? Den meinte ich doch gar nicht, auf ihm ist links immer links :)



-------------------------------
Alle lächeln in derselben Sprache.

Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23283
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Di 27. Feb 2018, 06:07

Dann weiß ich nicht, was Du meinst. Du hast über die Relativität von links und rechts gesprochen, die gab es jedoch nur, weil es den gezeichneten Zeitstrahl gab.




Benutzeravatar
Stefanie
Beiträge: 7172
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 20:09

Di 27. Feb 2018, 19:16

Das Beispiel mit dem Schachbrett verstehe ich, so einzeln betrachtet.
Wo es bei mir hakt, ist die Zeit damit zu verbinden, und dazu noch die Zeitmessung, also die Uhr. Und:
Was ist denn die objektive Zeit? Ich bin immer davon ausgegangen, dass dies gemessene Zeit ist ist. Zum Beispiel mit einer Stoppuhr. 5 Sekunden sind überall und für jeden doch 5 Sekunden. Auch unabhängig davon, wo jemand ist. Immer 5 Sekunden. Das ist doch objektiv.
Wie diese 5 Sekunden empfunden werden, ist unterschiedlich. Das ist subjektiv. Oder?
Ich kann die Zeitmessung einfach nicht vergessen.

Trifft dieser Artikel in etwa das was Du meinst:

http://zeitrelationen.blogspot.de/2015/ ... n.html?m=1



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

Benutzeravatar
Alethos
Beiträge: 4212
Registriert: Do 17. Aug 2017, 15:35
Wohnort: Schweiz

Di 27. Feb 2018, 21:39

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 27. Feb 2018, 06:07
Dann weiß ich nicht, was Du meinst. Du hast über die Relativität von links und rechts gesprochen, die gab es jedoch nur, weil es den gezeichneten Zeitstrahl gab.
Lassen wir mal die Zeitachse weg. Mir ging es darum hervorzuheben, dass Links und Rechts relativ zu einander sind, z.B. in einem Supermarkt. Das Regal links von mir ist ja nicht absolut gesehen links, also objektiv links, sondern es ist nur perspektivisch links.

Wenn die Relativität von Raumorten gilt, dann könnte es ja auch eine Art Zeitrelativität von Zeitpunkten geben: Vorher und Nachher gäbe es demnach nur wegen des Gegenteils, das sie einander bilden. Klar, das muss so sein, sonst könnte es wohl auch kein Nacheinander geben, wenn das Zuvor nicht auf das Danach und umgekehrt bezogen wäre. Aber was sagen diese Relationen aus über die Objektivität von Zeit? Was ist Zeit überhaupt, das ist ja hier die Preisfrage :) Und mir will nicht aus dem Kopf, dass sich Zeit und Veränderung einfach nicht auseinander ergeben. Ja, alles verändert sich: Ein Baum ist grösser heute als gestern und wird morgen grösser sein als heute. Aber er wird auch altern, d.h. seine Zeit läuft langsam ab. Es gibt ein Stirb und Werde, Zyklen, es gibt ein Kommen und Gehen, Bewegung und alles das, was wir mit einem Zeitfluss verbinden. Aber was ist das, dem man den Zahn der Zeit sagt, der nagt?

Ich denke, es ist auch möglich zu sagen, dass es Zeit überhaupt nicht gibt, sondern dass es nur Skalierbarkeit der Intervalle gibt, in denen sich Dinge ändern. Aber würde dann nicht mit jedem kleineren Wandel die objektive Zeit langsamer gehen?

Und was heisst das überhaupt: das Jetzt? Es ist doch gar nichts, es ist nicht messbar, nicht greifbar, es lässt sich nicht eingrenzen, sowenig sich ein Hier auf den Punkt bringen lässt. Und doch entwickelt sich im Jetzt eine subjektive Präsenz, die sich auf sich selbst beziehen kann, obwohl sie sich theoretisch gar nicht im Jetzt befinden dürfte :) Denn das Jetzt ist unendlich kurz, so kurz das es beinahe unmöglich scheint, dass sich überhaupt etwas über diese Singularität ins Danach, ins Künftige retten könnte. Das Jetzt ist eine Klippe aber, die das Ich völlig souverän überspringen kann und sich in ein Späteres hinüberrettet.(was nicht erstaunt, wenn Raum und Zeit nach Kant die Bedingung für Erkenntnis überhaupt genannt werden kann, dann ist sie das Ordnungsprinzip des sich rationalisierenden Subjekt).

Es ist ganz verzwickt, mir geht es da wie Stefanie. Zeit lässt sich nicht greifen, sie lässt sich messen. Aber das Messen konstruiert gleichzeitig die Zeit. Das Messen ist ein subjektiver Vorgang, aber die Zeit soll objektiv sein. Sie soll vergehen können, wenn das Ich nicht mehr ist. Irgendwie kommt hier der Wunsch nach mehr Zeit auf, um der Zeit auf den Grund zu gehen :)



-------------------------------
Alle lächeln in derselben Sprache.

Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23283
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Mi 28. Feb 2018, 05:37

Alethos hat geschrieben :
Di 27. Feb 2018, 21:39
Das Regal links von mir ist ja nicht absolut gesehen links, also objektiv links, sondern es ist nur perspektivisch links.

Wenn die Relativität von Raumorten gilt, dann könnte es ja auch eine Art Zeitrelativität von Zeitpunkten geben...
Daraus, dass etwas aus meiner Position betrachtet links, aus einer anderen Position betrachtet aber rechts ist, folgt jedoch keineswegs dass die Raumorte selbst relativ sind :)




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23283
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Mi 28. Feb 2018, 05:42

Stefanie hat geschrieben :
Di 27. Feb 2018, 19:16
Ich kann die Zeitmessung einfach nicht vergessen.
Warum ergibt sich für dich das selbe Problem nicht bei der Raummessung? :)




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23283
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Mi 28. Feb 2018, 06:08

Alethos hat geschrieben :
Di 27. Feb 2018, 21:39
Und was heisst das überhaupt: das Jetzt?
Stefanie hat geschrieben :
Di 27. Feb 2018, 19:16
Wie diese 5 Sekunden empfunden werden, ist unterschiedlich. Das ist subjektiv. Oder?
Grob gesagt, Zeitmessung ist objektiv und Zeitempfindung ist subjektiv. Das ist sicherlich ein relevanter Kontrast. Bei dem Eingangs Beispiel mit dem Eishockeyspiel ging es ja genau darum. Die Zeit Empfindung tickte dabei ganz anders als die Uhr.

Aber daraus folgt ja nicht, dass die Objektivität der Zeit und die Objektivität der Zeitmessung einfach dasselbe sind. Ich gehe davon aus, dass es Raum und Zeit schon gab, in welchem Sinn auch immer, bevor es uns gab. Aber zur Vermessung von Raum und Zeit braucht es Wesen wie uns.

Bei meinem Beispiel oben (als Antwort auf Augustinus) geht es jedoch nicht primär um Zeitempfindungen, wie in dem obigen Beispiel mit den letzten Sekunden des Eishockeyspiels, sondern den Umstand, dass ich, hier und jetzt unverbrüchlich zusammenhängen. Und wenn jetzt und Gegenwart einfach dasselbe sind, was ich (vorläufig erstmal) glaube, dann gibt es so etwas wie Gegenwart erst, wenn es so etwas wie Iche gibt. Und dann folgt aus der Unfassbarkeit der Gegenwart nichts für die Zeit an sich.




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23283
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Mi 28. Feb 2018, 06:18

Alethos hat geschrieben :
Di 27. Feb 2018, 21:39
(was nicht erstaunt, wenn Raum und Zeit nach Kant die Bedingung für Erkenntnis überhaupt genannt werden kann, dann ist sie das Ordnungsprinzip des sich rationalisierenden Subjekt).
Warum sollte der Umstand, dass es Bedingungen der Möglichkeit der Erkenntnis gibt, zugleich dazu führen, dass wir die Wirklichkeiten, in denen wir leben, nicht so erkennen wie sie an sich sind? Warum sollte es nicht so sein, dass die Kategorien und die Anschauungsformen uns die Welt so zeigen wie sie an sich ist? Daraus, dass Raum und Zeit Anschauungsformen sind, folgt nicht, dass sie nur Anschauungsformen sind, oder?




Benutzeravatar
Stefanie
Beiträge: 7172
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 20:09

Mi 28. Feb 2018, 08:14

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 28. Feb 2018, 05:42
Stefanie hat geschrieben :
Di 27. Feb 2018, 19:16
Ich kann die Zeitmessung einfach nicht vergessen.
Warum ergibt sich für dich das selbe Problem nicht bei der Raummessung? :)
Gute Frage.
Weil ich den Raum sehe.

Zum den anderen Punkten später am Tag mehr.



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

Benutzeravatar
Alethos
Beiträge: 4212
Registriert: Do 17. Aug 2017, 15:35
Wohnort: Schweiz

Mi 28. Feb 2018, 12:20

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 28. Feb 2018, 06:18
Alethos hat geschrieben :
Di 27. Feb 2018, 21:39
(was nicht erstaunt, wenn Raum und Zeit nach Kant die Bedingung für Erkenntnis überhaupt genannt werden kann, dann ist sie das Ordnungsprinzip des sich rationalisierenden Subjekt).
Warum sollte der Umstand, dass es Bedingungen der Möglichkeit der Erkenntnis gibt, zugleich dazu führen, dass wir die Wirklichkeiten, in denen wir leben, nicht so erkennen wie sie an sich sind? Warum sollte es nicht so sein, dass die Kategorien und die Anschauungsformen uns die Welt so zeigen wie sie an sich ist? Daraus, dass Raum und Zeit Anschauungsformen sind, folgt nicht, dass sie nur Anschauungsformen sind, oder?
Ja, es heisst nicht, dass sie nur Anschauungsformen sind, aber, dass sie auch Anschauungsform ist, erklärt, warum das Ich mit dem Jetzt intuitiv sehr gut umgehen kann. Wie du schreibst hängen Ich und Jetzt zusammen. Auch wenn sich das Jetzt in einem logischen Nullpunkt auflöst, es also eine Art 'Klippe' zwischen Vorher und Nachher gibt: Das Ich fällt da nicht durch, sondern meistert sie souverän. Das ist interessant, aber eben nicht erstaunlich, wenn die Zeit auch eine Anschauungsform ist: Der ursprünglichste Punkt des Selbstbewusstseins ist sein Jetzt.



-------------------------------
Alle lächeln in derselben Sprache.

Benutzeravatar
Alethos
Beiträge: 4212
Registriert: Do 17. Aug 2017, 15:35
Wohnort: Schweiz

Mi 28. Feb 2018, 12:26

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 28. Feb 2018, 06:08
Alethos hat geschrieben :
Di 27. Feb 2018, 21:39
Und was heisst das überhaupt: das Jetzt?
Stefanie hat geschrieben :
Di 27. Feb 2018, 19:16
Wie diese 5 Sekunden empfunden werden, ist unterschiedlich. Das ist subjektiv. Oder?
Bei meinem Beispiel oben (als Antwort auf Augustinus) geht es jedoch nicht primär um Zeitempfindungen, wie in dem obigen Beispiel mit den letzten Sekunden des Eishockeyspiels, sondern den Umstand, dass ich, hier und jetzt unverbrüchlich zusammenhängen. Und wenn jetzt und Gegenwart einfach dasselbe sind, was ich (vorläufig erstmal) glaube, dann gibt es so etwas wie Gegenwart erst, wenn es so etwas wie Iche gibt. Und dann folgt aus der Unfassbarkeit der Gegenwart nichts für die Zeit an sich.
Nun ja, ob hier wirklich nichts folgt, ist noch nicht ganz geklärt: Wenn die Zeit logisch kein objektives Jetzt haben kann, kann sie auch nicht als ein Kontinuum gedacht werden, jedenfalls nicht als eine Aneinanderreihung von Zeitpunkten. Aber lassen wir das einmal weg, dann bleibt ja dennoch die Frage offen: Was ist die positive Bestimmung der objektiven Zeit? Zeitempfindung ist subjektiv. Zeitmessung ist objektiv. Aber was ist objektive Zeit?



-------------------------------
Alle lächeln in derselben Sprache.

Benutzeravatar
Stefanie
Beiträge: 7172
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 20:09

Mi 28. Feb 2018, 19:39

Stefanie hat geschrieben :
Mi 28. Feb 2018, 08:14
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 28. Feb 2018, 05:42
Stefanie hat geschrieben :
Di 27. Feb 2018, 19:16
Ich kann die Zeitmessung einfach nicht vergessen.
Warum ergibt sich für dich das selbe Problem nicht bei der Raummessung? :)
Gute Frage.
Weil ich den Raum sehe.

Zum den anderen Punkten später am Tag mehr.
Ich denke, ich muss mich wohl korrigieren.

Ich sehe nicht den Raum an sich. Ich sehe, das, was im Raum ist. Gegenstände, die sich darin befinden, ich selber, und Gegenstände, die den Raum begrenzen. Dadurch sehe ich den Raum.
Die Zeit sehe ich auch nicht. Ich "sehe" sie durch die Uhr. Die Zeitmessung macht die Zeit sichtbar.
So und jetzt werden einige wohl aufstöhnen.
Der Raum ist für mich aber statisch. Raum bewegt sich nicht. Er verändert sich nicht von sich aus, sondern nur dann, wenn ein Ich die Veränderung bewirkt. Durch sich aus dem Raum fortbewegen oder im Raum bewegen. Die Gegenstände bewegen sich nur, wenn ein jemand sie bewegt. Von alleine verschwindet ein Regal nicht. Ich beeinflusse den Raum.
Im Gegensatz dazu läuft die Zeit immer weiter, auch ohne unser zutun. Selbst, wenn die Zeitmessung angehalten wird, läuft die Zeit weiter.
Jetzt verstehe ich das Verhältnis zum Raum nicht. Wo ist die Relation zwischen den beiden? Egal was im Raum passiert, der Zeit ist das egal, sie läuft weiter. Die Zeit kann ich nicht beeinflussen.



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

Benutzeravatar
Stefanie
Beiträge: 7172
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 20:09

Mi 28. Feb 2018, 19:49

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 28. Feb 2018, 06:08
Alethos hat geschrieben :
Di 27. Feb 2018, 21:39
Und was heisst das überhaupt: das Jetzt?
Stefanie hat geschrieben :
Di 27. Feb 2018, 19:16
Wie diese 5 Sekunden empfunden werden, ist unterschiedlich. Das ist subjektiv. Oder?

Bei meinem Beispiel oben (als Antwort auf Augustinus) geht es jedoch nicht primär um Zeitempfindungen, wie in dem obigen Beispiel mit den letzten Sekunden des Eishockeyspiels, sondern den Umstand, dass ich, hier und jetzt unverbrüchlich zusammenhängen. Und wenn jetzt und Gegenwart einfach dasselbe sind, was ich (vorläufig erstmal) glaube, dann gibt es so etwas wie Gegenwart erst, wenn es so etwas wie Iche gibt. Und dann folgt aus der Unfassbarkeit der Gegenwart nichts für die Zeit an sich.
Das verstehe ich bis auf den letzten Satz.
Wieso ist die Gegenwart unfassbar?
Wenn doch ich, hier und jetzt zusammen hängen, die Zeit wie die Zeitmessung Objektiv ist, und es das Ich gibt, das die Gegenwart quasi erst macht, ist die Gegenwart doch fassbar? Durch das Ich, und wenn Zeit wie Zeitmessung Objektiv sind, ist sie doch auch objektiv fassbar.
Der letzte Satz ist mir ein Rätsel. Liegt an mir.



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

Antworten