Künstliche Intelligenz

Es gibt heute kaum Bereiche des alltäglichen Lebens, die nicht in irgendeiner Weise mit dem World-Wide-Web zusammenhängen. Das Gleiche gilt für "künstliche Intelligenz". Was hat die Philosophie dazu zu sagen?
Wolfgang Endemann
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Mo 9. Dez 2024, 18:30

Quk hat geschrieben :
Mo 9. Dez 2024, 03:32


Kurz gesagt: Ich meine, im Kreativen ist Versuch-und-Irrtum nur eine der Aufgaben. Die andere Aufgabe ist es, jene Irrtümer und Erfolge zu verstehen, um darauf weitere Versuch-und-Irrtum-Schleifen aufzubauen.
Das ist eine gute Vorlage, der ich überwiegend zustimme. Nur ist sie zu verallgemeinert, daher ein kleiner Einwand. Das Verstehen ist nur da erforderlich bzw möglich, wo es etwas zu verstehen gibt. Viele Dinge sind kontingent. Manche meinen sogar, alles sei kontingent, was selbstverständlich keinen Sinn macht, denn dann gäbe es keinen Sinn, dann wäre Denken eine Energieverschwendung für nichts. Es gibt Nicht-kontingentes und Kontingentes, das Nichtkontingente muß verstanden, das Kontingente kann nur zur Kenntnis genommen werden. Allerdings ist die Kenntnis des Kontingenten als Grenze des Nichtkontingenten durchaus relevant. Und es ist immer nur eine problematische, die wie alles Reale nur falsifizizier-, nicht verifizierbar ist.
Die vollständige extensionale Erfassung der Welt wäre die faktische Kenntnis der Belegung aller Weltpunkte (Raum-Zeit-Punkte), eine Erfassung, die selbstverständlich nur angenähert in winzigen Weltsegmenten möglich ist. Aber im Mesoraum kann man mit mow guten Gründen von einer weitgehenden Erfassung des extensionalen Seins eines Objektbereichs sprechen. Einen höheren Erkenntniswert als verläßliche kurzfristige Prognosen zu stellen hat solche Kenntnis jedoch in der Regel nicht.

Ich würde hier erst einmal von einer Differenzierung des extensionalen Wisssens und des intensionalen Verstehens ausgehen. Ersteres ist die Kenntnis des Seins, letzteres ist das Verstehen des Seins, wenn es etwas zu verstehen gibt, also dieses Sein eine innere Notwendigkeit hat (= nicht kontingent ist). Nehmen wir das Fallgesetz. Ich kann empirisch testen, wie Dinge fallen. Ganz sicher werden die Maschinen auf Muster kommen, die unterschiedliche Klassen von Objekten definieren lassen. Ich kann mir aber nicht vorstellen, wie die Maschinen erklären können, daß ein extrem dünnes Metallblättchen genauso schnell oder sogar langsamer fällt als ein zu einem dünnen Pfeil zusammengepresstes Stück Papier (gleichen Gewichts), beide werden womöglich in der gleichen Objektklasse landen. Das ist dann sogar richtig, aber völlig unverstanden.
Oder um ein Beispiel aus der Mathematik zu nehmen. Ein Beispiel, das ich schon einmal angesprochen habe, weil es für die Einfachheit und Schönheit mathematischen Beweisens steht, der Kreativität, Intelligenz operationalen Denkens. Das ist der Satz von der Winkelsumme eines Dreiecks. Es ist ein Satz über eine geometrische Figur, die aus 3 Punkten besteht, die nicht kollinear liegen, und die durch Linien miteinander verbunden sind. Die Maschine kann "erkennen", was ein Dreieck ist, und sie kann die Winkelsumme addieren, sie stellt also fest, daß das Ergebnis immer 180° beträgt. Es ist eine Kenntnis des Seins, aber kein Erkennen des Grunds für dieses Sein. Der Mensch kommt auf die Idee, ein gegebenes Dreieck stetig zu verkleinern, das ergibt eine unendliche Reihe ähnlicher Dreiecke, die selbstverständlich die gleiche Winkelsumme haben. Am Ende ist das Dreieck auf einen Punkt geschrumpft und es zeigt sich die Winkelsumme. Da das für jedes Dreieck gilt, ergibt sich der Satz. Ich habe verstanden, daß der Satz notwendig gilt.

Daß die Sachlage noch viel komplizierter ist, ergibt sich aus verwirrenden Erfahrungen, die nur in verstehendem Denken aufgelöst werden können, das der Maschine nicht möglich ist. Hier sei das schon einmal besprochene Phänomen des gekrümmten Stocks im Wasser erwähnt sowie eine im Zeitalter der Fernreisen tatsächlich mögliche Erfahrung.
Dazu betrachte ich riesige Dreiecke auf der Erdoberfläche, zB fliege ich vom Nordpol geradeaus bis zum Äquator, fliege dann den Äquator entlang, bis ich die Erde 1/4 umrundet habe, fliege dann zum Nordpol zurück. Die Winkelsumme dieses Dreiecks beträgt 270°, hätte ich auf dem Äquator die Erde statt 1/4 mal 3/4 mal umrundet, wäre die Winkelsumme sogar 450°.
Das führt auf die problematischen, mathematisch zu definierenden Begriffe von "gerader Linie" und "Raum".




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Thomas
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Mo 9. Dez 2024, 19:53

@Jörn: Nur noch mal kurz: Ich sehe Dich schon als Neuer Realist, wie Du Dich ja auch selbst verstehst. Aber ich sehe den Neuen Realismus, was ich glaube ich auch schon mal irgendwann geschrieben habe, als eine Spielart des Idealismus. (Darüber können wir ja später mal bei anderer Gelegenheit sprechen, es passt ja auch eher nicht in diesen Themenstrang.)

Ich würde die Sicht von Burkart auf das Thema KI tatsächlich nicht als falsch betrachten! Denn ich beurteile Positionen gar nicht so sehr nach richtig und falsch, sondern ich achte mehr darauf, was jemand mit seiner Position sagen will - und was und wie er damit erkennt. Ich glaube, jeder sieht von seiner Position aus etwas, und was das jeweils ist, das interessiert mich. Wissenschaftliche Studien und objektive Tatsachen interessieren mich nicht (mehr) so sehr, eher subjektive Tatsachen, Phantasien, Glaubensinhalte. Darin und in anderen irrationalen Dinge sehe ich das Leben des Menschen vor allem verankert.

Du siehst, Jörn, ich habe im Grunde einfach ein anderes Erkenntnisinteresse als Du. Und ich würde nicht sagen, dass Du dogmatisch denkst, sondern eher objektivitätsliebend und stark rational; während ich halt eher das Irrationale als wichtig erachte und dementsprechend häufig etwas undisziplinierter herumspinne...naja, zumindest hier im Forum, beim freigeistigen Philosophieren. ;)




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Jörn Budesheim
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Mo 9. Dez 2024, 20:01

Ich fühle mich mit deiner Bechreibung nicht getroffen, aber wir sind jetzt hier eh schon zu sehr im off-topic.




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Thomas
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Mo 9. Dez 2024, 21:19

Oh ja, sorry dafür, dass ich mit meinen letzten Beiträgen zu sehr vom Topic abgelenkt habe.

Ich habe aber noch eine Frage zum Thema: Gibt es nicht auch beim Menschen selbst so etwas wie Algorithmen und Programme? Ich denke u.a. an die vielen alltäglichen Routinen, bei denen man sich wie automatisch oder fremdgesteuert verhält – also nach einem ganz festen Frage-Antwort-Schema, bei dem es kaum noch auf konkrete Bedeutungen, sondern praktisch nur noch auf die Syntax des Verhaltens (z.B. von Bewegungen, etwa Zähneputzen) ankommt. Man denke auch an die vielen Reiz-Reaktions-Mustern, die ganz reflexartig passieren, also ohne Besinnung oder Bedenkzeit. Oder die vielen Vorurteile, die quasi unseren Datenspeicher, unsere historische Reaktionsbasis bilden.

Ich will damit natürlich nicht sagen, dass Menschen wirklich Computer sind. Aber es könnte ja vielleicht sein, dass die in manchen Kreisen verbreitete Vorstellung vom Menschen als (lebendigem) Computer sich an solchen erfahrbaren Prozessen orientiert – diese werden sozusagen generalisiert und als das allgemeine Wesen des Menschen auffasst. Und ein Teil dieser Idee könnte auch sein, dass Menschsein vor allem im Problemlösen besteht.




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Quk
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Di 10. Dez 2024, 01:21

Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Mo 9. Dez 2024, 18:30
Quk hat geschrieben :
Mo 9. Dez 2024, 03:32


Kurz gesagt: Ich meine, im Kreativen ist Versuch-und-Irrtum nur eine der Aufgaben. Die andere Aufgabe ist es, jene Irrtümer und Erfolge zu verstehen, um darauf weitere Versuch-und-Irrtum-Schleifen aufzubauen.
Das ist eine gute Vorlage, der ich überwiegend zustimme. Nur ist sie zu verallgemeinert, daher ein kleiner Einwand. Das Verstehen ist nur da erforderlich bzw möglich, wo es etwas zu verstehen gibt. Viele Dinge sind kontingent. Manche meinen sogar, alles sei kontingent, was selbstverständlich keinen Sinn macht, denn dann gäbe es keinen Sinn, dann wäre Denken eine Energieverschwendung für nichts.
Ich verstehe Deinen Einwand. Aber er ist keiner, weil Dein Gedanke kompatibel ist zu meiner These.

Wenn ich verstehe, dass dieser Klecks kontingent ist, muss mein Verstand nicht länger diesen Klecks prüfen. Der Weg zu dieser Erkenntnis ist ein Akt des Verstehens. Mögliche Erkenntnisinhalte sind: "X ist kontingent" oder "X ist gelb" oder "X passt ins Loch (Erfolg)" oder "X widerspricht meiner Erwartung (Irrtum)" etc. Was auch immer die Erkenntnis beinhaltet, ich will es verstehen. Nur diesen Aspekt meinte ich. Verstehen. Egal, was. Je mehr ich verstehe, desto weniger Heu und desto größer die Nadel. Wenn ich nichts verstehe, verstehe ich nicht einmal, was Verstehen heißt. Wenn da aber ein Ansatz des Verstehens ist, dann wächst daraus eine Erkenntnis-Verästelung, eine Kaskade des Verstehens des Verstehens des Verstehens ... -- und unterwegs treffe ich dabei auf Inhalte wie gelb, widersprechend, kontingent, unlogisch, schön, hässlich und so weiter ...




Wolfgang Endemann
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Di 10. Dez 2024, 12:07

Thomas hat geschrieben :
Mo 9. Dez 2024, 21:19
diese werden sozusagen generalisiert und als das allgemeine Wesen des Menschen auffasst. Und ein Teil dieser Idee könnte auch sein, dass Menschsein vor allem im Problemlösen besteht.
Das ist völlig richtig. Angeborene Strukturen sind wie Maschinenprogramme. Und selbstverständlich funktionieren wir Menschen überwiegend aufgrund angeborener Muster strikter Reiz-Reaktions-Verknüpfungen, nur eben nicht völlig determiniert. Und wir folgen sehr stark erworbener Handlungsroutinen, worauf ich auch schon hingewiesen habe. Es gibt den Spruch "99% Transpiration, 1% Inspiration", der es gut trifft, zu 99% sind wir eine Quasimaschine, zu 1% sind wir dieses Ausnahmewesen Mensch. Und man kann vielleicht sagen "Tiere sind zu 99,99" Transpiration - maschinenähnlich, 0,01% Selbstorganisation, Subjekt. Aber genau dieses 1% macht den Menschen zu einem Vernunftwesen, zu mehr, als es die Maschine ist (dieses 0,01% macht das Tier zu einem biologischen Subjekt, unterscheidet es von der Maschine).
Darum sagte ich in #86123 "Ist es nicht sinnvoller, Intelligenz auf kreative geistige Prozesse zu beschränken?" Es ist ein Verbesserungsvorschlag, der angenommen werden muß, und der gerade heute wenig Chancen hat, sich durchzusetzen, weil zeitgeistig die moralische Korrektheit der Sprache eine größere Rolle spielt als die inhaltliche Präzision, und weil wir in einer Gesellschaftsentwicklung stecken, in der eher von einer sprachlichen Entdifferenzierung gesprochen werden muß, was freilich auch sein Gutes hat, es ist ein Demokratisierungsprozeß, wenn alle ohne Schulmeisterei sprechen dürfen, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Aber für die Hochsprache eine Regression.




Wolfgang Endemann
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Di 10. Dez 2024, 12:22

Quk hat geschrieben :
Di 10. Dez 2024, 01:21


Ich verstehe Deinen Einwand. Aber er ist keiner, weil Dein Gedanke kompatibel ist zu meiner These.

Nun gut, das ist aber ein bißchen tricky. "ich möchte verstehen, daß es da nichts zu verstehen gibt". Das ist wie das formalistische Argument gegen die Religionskritiker: "Atheisten unterscheiden sich nicht von Religiösen, weil auch sie Gläubige sind, nur glauben sie an die Nichtexistenz Gottes wie die Gläubigen an dessen Existenz." Ist ja nicht ganz falsch, wie sich am missionarischen Eifer einiger Aufklärer zeigt, aber es gibt doch ein paar Unterschiede zwischen Gläubigen und Ungläubigen, die der Gleichsetzung, dem anything goes widersprechen.




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Jörn Budesheim
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Di 10. Dez 2024, 13:45

Automat stammt nach meiner kurzen Recherche (siehe Quelle) ursprünglich aus dem Griechischen, wo autómatos (αὐτόματος) so viel wie „von selbst geschehend“ oder „selbsttätig“ bedeutete. Damit war alles gemeint, was ohne äußeres Zutun geschieht, sei es in der Natur oder im menschlichen Leben. Es waren also gerade keine Maschinen oder technischen Apparate gemeint.

Bereits in der Antike wurde der Ausdruck automata (Plural) jedoch auch auf mechanische Nachbildungen von Lebewesen angewandt, die sich scheinbar „von selbst“ bewegten – etwa die selbst öffnenden Türen des Olymp in Homers Ilias. Im Lateinischen übernahm man diesen Begriff für Maschinen, die sich eigenständig bewegten. Im Lauf der Zeit wurde mit demselben Ausdruck verschiedene Phänomene beschrieben: Ab dem 19. Jahrhundert bezog er sich zunehmend auf technische Apparate und Maschinen, insbesondere in der Produktionstechnik.

Wenn wir heute sagen, dass etwas „automatisch“ geschieht, denken wir eher an maschinelle oder künstliche Abläufe – also genau das Gegenteil von dem, was ursprünglich gemeint war. Ursprünglich beschrieb der Begriff ja - wie oben schon erläutert - lebendige Prozesse, die von selbst geschehen, während Maschinen gerade nicht „von selbst geschehen“, sondern auf menschliche Konstruktion und Steuerung angewiesen sind.

Heute verstehen wir unter „automatisch“ aber oft etwas, das maschinell geschieht und von Menschen programmiert wurde. Dennoch kann der Begriff weiterhin auf lebendige Vorgänge angewandt werden, wie etwa den Herzschlag: Das Herz schlägt automatisch.

Während das Wort „automatisch“ also immerhin noch mehrdeutig ist, hat sich der Ausdruck „Automat“ in gewisser Weise in sein Gegenteil verwandelt. Er bezog sich ursprünglich auf natürliche Vorgänge, die dann auf Nachbildungen und später auf Maschinen übertragen wurden. Heute scheint mir die Denkrichtung umgekehrt zu sein: Das Maschinelle wird auf das Lebendige übertragen. Wegen der Mehrdeutigkeit des Begriffs sollte man mit Folgerungen sehr vorsichtig umgehen, finde ich.

Quelle: https://www.dwds.de/wb/automatisieren




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Jörn Budesheim
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Di 10. Dez 2024, 14:43

@Thomas: Ich habe aber noch eine Frage zum Thema: Gibt es nicht auch beim Menschen selbst so etwas wie Algorithmen und Programme? Ich denke u.a. an die vielen alltäglichen Routinen, bei denen man sich wie automatisch oder fremdgesteuert verhält – also nach einem ganz festen Frage-Antwort-Schema, bei dem es kaum noch auf konkrete Bedeutungen, sondern praktisch nur noch auf die Syntax des Verhaltens (z.B. von Bewegungen, etwa Zähneputzen) ankommt. Man denke auch an die vielen Reiz-Reaktions-Mustern, die ganz reflexartig passieren, also ohne Besinnung oder Bedenkzeit. Oder die vielen Vorurteile, die quasi unseren Datenspeicher, unsere historische Reaktionsbasis bilden.

Sehr vereinfacht gesagt, ist ein Programm gemäß der ursprünglichen Wortbedeutung prógramma etwas „Vorgeschriebenes“, also eine Sammlung von Anweisungen, die ausgeführt werden. Algorithmen sind Schritt-für-Schritt-Anweisungen, die eine Lösung für ein bestimmtes Problem bieten. Für beides braucht es jemanden, der die Vorschriften beziehungsweise die Anweisungen formuliert – und zudem sind sie gnadenlos, sie werden einfach durchgeführt.

Auch wenn wir Dinge wie Zähneputzen, morgens Kaffeekochen oder „Guten Morgen“ sagen „automatisch“ machen, handelt es sich dabei nicht einfach um Programme oder Algorithmen. Wenn ich nämlich innehalte und mich frage, was ich da gerade mache, kann ich mir Rechenschaft darüber ablegen, was ich tue – und es oft auch ändern oder beibehalten. Natürlich spielen die vielen alltäglichen Routinen in unserem Leben eine große Rolle, und das ist auch sehr praktisch so, da es eine große Entlastung bietet. Aber diese Routinen sind nicht grundsätzlich „gnadenlos“ – wir haben in vielen Fällen die Möglichkeit, sie zu stoppen oder hinter sie zurückzutreten.

Wer hat unsere Programme geschrieben? Haben uns unsere Eltern programmiert? Es mag Eltern geben, die das versuchen, aber ich bin so nicht groß geworden. War es die Kultur? Klar, wir sind alle Kinder unserer Zeit und tun vieles „weil man es halt so macht“. Aber sieht Deutschland heute noch genauso aus wie vor fünfzig Jahren? Gibt es nicht die Möglichkeit zu lernen? Ich denke schon. Wenn ich auf das Leben meiner Großmutter schaue und jetzt auf das Leben meiner Enkel:innen, dann hat sich sehr, sehr viel getan – und auch vieles zum Guten. Das meiste, was meine Töchter und die Enkel:innen tun, würde meine Großmutter nicht mal wirklich verstehen, diese Freiheiten würden sie vermutlich fassungslos machen.




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Di 10. Dez 2024, 15:09

Noch ein kleiner Nachschlag: Thomas: Ich habe aber noch eine Frage zum Thema: Gibt es nicht auch beim Menschen selbst so etwas wie Algorithmen und Programme?

Ich glaube, was das Leben im Unterschied zu Algorithmen und Programmen neben vielem anderen auch auszeichnet, ist die Fähigkeit zur Improvisation. Lebewesen folgen keinen starren Schritt-für-Schritt-Anweisungen, sondern können flexibel auf Unerwartetes reagieren. Die Natur „programmiert“ Organismen nämlich nicht so, dass sie biologisch auf alle Eventualitäten vorbereitet sind. Sie ist ja auch kein „Programmierer“. Natürlich haben nicht alle Arten diese Fähigkeit in gleichem Maße. Aber das nur als Nachschlag :-)




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Di 10. Dez 2024, 15:18

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Der heilige Franziskus erklärt einem Vogel die Möglichkeiten der KI.




Timberlake
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Mi 11. Dez 2024, 00:19

Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Di 10. Dez 2024, 12:07
Thomas hat geschrieben :
Mo 9. Dez 2024, 21:19
diese werden sozusagen generalisiert und als das allgemeine Wesen des Menschen auffasst. Und ein Teil dieser Idee könnte auch sein, dass Menschsein vor allem im Problemlösen besteht.
Das ist völlig richtig. Angeborene Strukturen sind wie Maschinenprogramme.


... ich ergänze ... Angeborene wie auch erworbene Strukturen sind wie Maschinenprogramme.

Wolfgang Endemann hat geschrieben :
So 8. Dez 2024, 11:32

Du hast völlig recht, diese Konstanz der Lichtgeschwindigkeit ist mit unserem vormodernen, klassischen Verständnis nicht zu begreifen. Es gibt keinen Weg von jenem Verständnis zur modernen Sicht, man muß einen Paradigmenwechsel vornehmen, es ist ein Bruch im Verstehen, das Neue ist nicht implizit im Alten; das, was nicht das Alte fortsetzt, nennen wir kreativ, wenn es nicht willkürlich, zufällig, sondern (erklärungs-)notwendig ist.

Diese Art des Umorganisierens des ganzen Systems ist einer Maschine nicht möglich, sie kann nur explizieren, was schon in ihr steckt. Daher ist sie nicht kreativ, obwohl sie viel besser rechnen kann als Menschen. Es ist, wie Jörn sagt: die Maschine versteht nicht, daher kann sie auch nicht ihr Verständnis ändern.
Nur mit dem Unterschied , dass Maschinenprogramme keine Strukturen erwerben können. Jedenfalls keine , die , wie von dir beschrieben , auf einen Paradigmenwechsel bzw. auf das Umorganisierens eines ganzen Systems hinauslaufen. Wie eben die Entwicklung der Relativitätstheorie , die die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit durch den Paradigmenwechsel hin zu einer nicht konstanten Zeit , wie auch einem nicht konstanten Raum begreifbar macht. Dergleichen ist dazu tatsächlich nicht willkürlich, zufällig, sondern (erklärungs-)notwendig.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 10. Dez 2024, 15:09
. Lebewesen folgen keinen starren Schritt-für-Schritt-Anweisungen, sondern können flexibel auf Unerwartetes reagieren.
.. so hatte man übrigens auch nicht erwartet, als man Lichtgeschwindigkeit entgegen der Erdbewegung um die Sonne und parallel dazu gemessen hat ( MICHELSON-MORLEY-Experiment ), im Ergebnis immer gleich groß war.




Timberlake
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Mi 11. Dez 2024, 01:32

Thomas hat geschrieben :
Mo 9. Dez 2024, 21:19
Oh ja, sorry dafür, dass ich mit meinen letzten Beiträgen zu sehr vom Topic abgelenkt habe.

Ich habe aber noch eine Frage zum Thema: Gibt es nicht auch beim Menschen selbst so etwas wie Algorithmen und Programme? Ich denke u.a. an die vielen alltäglichen Routinen, bei denen man sich wie automatisch oder fremdgesteuert verhält – also nach einem ganz festen Frage-Antwort-Schema, bei dem es kaum noch auf konkrete Bedeutungen, sondern praktisch nur noch auf die Syntax des Verhaltens (z.B. von Bewegungen, etwa Zähneputzen) ankommt. Man denke auch an die vielen Reiz-Reaktions-Mustern, die ganz reflexartig passieren, also ohne Besinnung oder Bedenkzeit. Oder die vielen Vorurteile, die quasi unseren Datenspeicher, unsere historische Reaktionsbasis bilden.

Ich will damit natürlich nicht sagen, dass Menschen wirklich Computer sind. Aber es könnte ja vielleicht sein, dass die in manchen Kreisen verbreitete Vorstellung vom Menschen als (lebendigem) Computer sich an solchen erfahrbaren Prozessen orientiert – diese werden sozusagen generalisiert und als das allgemeine Wesen des Menschen auffasst. Und ein Teil dieser Idee könnte auch sein, dass Menschsein vor allem im Problemlösen besteht.
Oder man denke nur, weil selber als Beruf erlernt, an die Arbeit eines Autoschlossers. Man mag zwar Autos weitgehend automatisch herstellen können. Meinetwegen auch mithilfe einer Künstlichen-Intelligenz. Zu Reparaturarbeiten, wie beispielsweise die Erneuerung einer Zylinderkopfdichtung, sind solche Technologien jedenfalls gänzlich ungeeignet. Wie soll das auch gehen, bei den dazu erforderlichen unzähligen Arbeitsschritten, aus den unterschiedlichsten Positionen. Auch dabei denke man übrigens an die vielen Reiz-Reaktions-Mustern, die ganz reflexartig passieren, also ohne Besinnung oder Bedenkzeit.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 10. Dez 2024, 15:09
Noch ein kleiner Nachschlag: Thomas: Ich habe aber noch eine Frage zum Thema: Gibt es nicht auch beim Menschen selbst so etwas wie Algorithmen und Programme?

Ich glaube, was das Leben im Unterschied zu Algorithmen und Programmen neben vielem anderen auch auszeichnet, ist die Fähigkeit zur Improvisation. Lebewesen folgen keinen starren Schritt-für-Schritt-Anweisungen, sondern können flexibel auf Unerwartetes reagieren. Die Natur „programmiert“ Organismen nämlich nicht so, dass sie biologisch auf alle Eventualitäten vorbereitet sind. Sie ist ja auch kein „Programmierer“. Natürlich haben nicht alle Arten diese Fähigkeit in gleichem Maße. Aber das nur als Nachschlag :-)
Eine KI müsste all das nicht nur berechnen, sondern auch in Schritt-für-Schritt-Anweisungen ausführen, wie auch flexibel auf Unerwartetes reagieren können. Wie seiner Zeit, bei der Armee, als mir beim Anziehen einer Zylinderkopfschraube beim Ural ein Stück aus dem Motorblock um die Ohren flog. .So das nun mehr, weil nicht mehr zu reparieren, der ganze Motor gewechselt werden musste. Das mal nur so nebenbei. Oder auch nicht , stände für die KI ja nun mehr noch ein Motorwechsel an. Was nochmal ganz andere Berechnungen und Schritt-für-Schritt-Anweisungen erforderlich macht. Unerwartetes einmal ausgeklammert. Wie dem auch sei. Autoschlosser müssen jedenfalls (noch) nicht befürchten, ( jemals ) durch eine KI ersetzt zu werden.

Dazu nur mal zum Vergleich ...





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Jörn Budesheim
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3.044.747 Zugriffe auf diesen Faden! Das Thema scheint wichtig zu sein :-)




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Mythos der Maschine? Künstliche Intelligenz und Gesellschaftskritik

Künstliche Intelligenz (KI) steht gegenwärtig im Mittelpunkt zahlreicher kontroverser Debatten. KI wird sowohl als Hochrisikotechnologie als auch als allumfassender Heilsbringer diskutiert. KI-Anwendungen wird geopolitisch, militärstrategisch und politökonomisch bereits seit einigen Jahren eine hohe Relevanz beigemessen. Allerdings geraten dabei die global sehr ungleich verteilten Produktionskapazitäten und Arbeitsverhältnisse aus dem Blick, unter denen sich diese rasante Technologieentwicklung und KI-Implementierung vollziehen.

In dieser umkämpften Ausgangslage fragen wir in PROKLA 217, welchen Gehalt die mit Künstlicher Intelligenz verknüpften Mythen, Versprechen und Bedrohungsszenarien, die mit der Veröffentlichung von ChatGPT erneut aufgelebt sind, tatsächlich haben. Was sind die Hintergründe Künstlicher Intelligenz, was sind ihre realen Effekte und was ihre potenziellen Entwicklungen?

Mit Beiträgen von Adam Birk, Florian Butollo, Jannis Eicker, Hannah Fitsch, Jürgen Geuter, Heiner Heiland, Leon Hellbach, Sarrah Kassem, Matteo Pasquinelli, Peter Schulz, Mariana Schütt, Jens Schröter, Sandra Sieron, Felix Syrovatka, Jutta Weber, Tom Khaled Würdemann

https://www.prokla.de/index.php/PROKLA/issue/view/223




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Mi 11. Dez 2024, 13:20

Hier gibt es auch einen frei verfügbaren Artikel > https://www.prokla.de/index.php/PROKLA/ ... /2167/2016

Hier ein kleiner Teaser eines Aspektes dieses freien Texts: Heiner Heiland meint, dass der Begriff KI den Fokus viel zu sehr auf Programme wie ChatGPT lenkt, die dann wie eine Art Super-Subjekt behandelt werden. Dabei geht aber Wichtiges verloren: Man übersieht, dass KI das Ergebnis kollektiver Arbeit ist und von gesellschaftlichen Verhältnissen abhängt.
  • Fixierung auf Programme: Wenn man sich nur auf Tools wie ChatGPT konzentriert, geht’s nur um die Technologie an sich. Das lenkt ab von den sozialen und politischen Bedingungen, die dafür sorgen, dass solche Programme überhaupt entwickelt und genutzt werden.
  • Unsichtbare Arbeit: Oft wird KI so dargestellt, als ob sie einfach von irgendwelchen Genies aus dem Hut gezaubert wurde. Aber dahinter stecken viele Leute, die KI-Systeme entwickeln, trainieren und warten – besonders Crowdworker, die oft kaum sichtbar und schlecht bezahlt sind.
  • Gesellschaftliche Einflüsse: KI ist alles andere als neutral. Sie spiegelt die Werte, Normen und Machtstrukturen der Gesellschaft wider, in der sie entsteht. Trainingsdaten, Algorithmen und Entscheidungen von KI sind voll von gesellschaftlichen Vorurteilen und Ungleichheiten.




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Jörn Budesheim
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Mi 11. Dez 2024, 15:02

Gerade hab ich bei Insta eine sehr nette Nachricht bekommen:
Hallo Herr Budesheim,

in [Name des Wohnorts] habe ich eine kleine Zeichnergruppe [...] Gestern Abend sind wir nicht zum Zeichnen gekommen, weil eine heftige Diskussion über die KI anfing. Als ich kurz auf Instagram sah, erschien Ihre Zeichnung mit dem Franz von Assisi und dem schwarzen Vogel [siehe oben]. Ich zeigte sie den anderen. Die Zeichnung passte in dem Moment so gut. Alle wurden sprachlos und verstanden. Einfach genial [...]

Liebe Grüße [Name]




Burkart
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Mi 11. Dez 2024, 23:45

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 11. Dez 2024, 10:20
3.044.747 Zugriffe auf diesen Faden! Das Thema scheint wichtig zu sein :-)
Was soll ich dazu sagen... :D



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

Burkart
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Mo 16. Dez 2024, 13:30

So, Zeit mal wieder anzufangen, hier Punkte im KI-Thread aufzuarbeiten :)
Timberlake hat geschrieben :
Mi 11. Dez 2024, 00:19
Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Di 10. Dez 2024, 12:07
Thomas hat geschrieben :
Mo 9. Dez 2024, 21:19
diese werden sozusagen generalisiert und als das allgemeine Wesen des Menschen auffasst. Und ein Teil dieser Idee könnte auch sein, dass Menschsein vor allem im Problemlösen besteht.
Das ist völlig richtig. Angeborene Strukturen sind wie Maschinenprogramme.
... ich ergänze ... Angeborene wie auch erworbene Strukturen sind wie Maschinenprogramme.
Mir ist nicht ganz klar, was ihr mit Maschinenprogramme meintet, aber wenn passt für mich der Vergleich mit Angeborenem, nicht auch mit Erworbenem, also Gelerntem.
Wolfgang Endemann hat geschrieben :
So 8. Dez 2024, 11:32

Du hast völlig recht, diese Konstanz der Lichtgeschwindigkeit ist mit unserem vormodernen, klassischen Verständnis nicht zu begreifen. Es gibt keinen Weg von jenem Verständnis zur modernen Sicht, man muß einen Paradigmenwechsel vornehmen, es ist ein Bruch im Verstehen, das Neue ist nicht implizit im Alten; das, was nicht das Alte fortsetzt, nennen wir kreativ, wenn es nicht willkürlich, zufällig, sondern (erklärungs-)notwendig ist.

Diese Art des Umorganisierens des ganzen Systems ist einer Maschine nicht möglich, sie kann nur explizieren, was schon in ihr steckt. Daher ist sie nicht kreativ, obwohl sie viel besser rechnen kann als Menschen. Es ist, wie Jörn sagt: die Maschine versteht nicht, daher kann sie auch nicht ihr Verständnis ändern.
Nur mit dem Unterschied , dass Maschinenprogramme keine Strukturen erwerben können. Jedenfalls keine , die , wie von dir beschrieben , auf einen Paradigmenwechsel bzw. auf das Umorganisierens eines ganzen Systems hinauslaufen. Wie eben die Entwicklung der Relativitätstheorie , die die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit durch den Paradigmenwechsel hin zu einer nicht konstanten Zeit , wie auch einem nicht konstanten Raum begreifbar macht. Dergleichen ist dazu tatsächlich nicht willkürlich, zufällig, sondern (erklärungs-)notwendig.
Was immer das "Umorganisierens des ganzen Systems" genau sein soll. Eine stärkere KI soll ja ("maschinell", das lasse ich ggf. später wieder weg) lernen können und das nicht nur einmalig, sondern quasi immer, mal mehr, mal weniger, mal nur einzelne Details, mal aber auch komplexere Zusammenhänge (z.B. durch Erkennen von Widersprüchen).Und sollte "ein ganzes System" mal als falsch erkannt werden wie durch die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit, dann kann sie dieses auch lernen. Natürlich erfordert es die Revidierung des bisher Gelernten, aber das sollte bei (etwas komplexerem) Lernen selbstverständlich sein.



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
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Mo 16. Dez 2024, 14:07

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 11. Dez 2024, 13:20
Hier gibt es auch einen frei verfügbaren Artikel > https://www.prokla.de/index.php/PROKLA/ ... /2167/2016

Hier ein kleiner Teaser eines Aspektes dieses freien Texts: Heiner Heiland meint, dass der Begriff KI den Fokus viel zu sehr auf Programme wie ChatGPT lenkt, die dann wie eine Art Super-Subjekt behandelt werden. Dabei geht aber Wichtiges verloren: Man übersieht, dass KI das Ergebnis kollektiver Arbeit ist und von gesellschaftlichen Verhältnissen abhängt.
  • Fixierung auf Programme: Wenn man sich nur auf Tools wie ChatGPT konzentriert, geht’s nur um die Technologie an sich. Das lenkt ab von den sozialen und politischen Bedingungen, die dafür sorgen, dass solche Programme überhaupt entwickelt und genutzt werden.
  • Unsichtbare Arbeit: Oft wird KI so dargestellt, als ob sie einfach von irgendwelchen Genies aus dem Hut gezaubert wurde. Aber dahinter stecken viele Leute, die KI-Systeme entwickeln, trainieren und warten – besonders Crowdworker, die oft kaum sichtbar und schlecht bezahlt sind.
  • Gesellschaftliche Einflüsse: KI ist alles andere als neutral. Sie spiegelt die Werte, Normen und Machtstrukturen der Gesellschaft wider, in der sie entsteht. Trainingsdaten, Algorithmen und Entscheidungen von KI sind voll von gesellschaftlichen Vorurteilen und Ungleichheiten.
Dass bei "KI" zu sehr Richtung ChartGPT u.ä. gedacht wird, sehe ich auch so. Welche andere Richtung(en) es (zumindest auch) sein sollten, scheint dagegen Geschmackssache. Für mich geht es ja weiter Richtung stärkerer KI.

Richtig ist natürlich, dass KI sicher nicht aus dem Hut gezaubert wurde... genauer: wird. Klar, dass viele Menschen dahinter stecken.
Allerdings werden die Systeme wie ChatGPT auf jeden Fall entwickelt, unabhängig von sozialen und politischen Bedingungen , das nennt sich einfach "Wissenschaft". Wie sehr und wofür sie dann genutzt werden, ist dann eine andere Frage.

Die Technik der KI ist schon neutral, "nur" ihre Anwendungen sind es nicht unbedingt bzw. nur insofern, als dass nur das herauskommen kann, was in sie reingesteckt wird/wurde, vor allem bei schwacher, nicht (oder nur elementar) lernender KI. Insofern ist KI nicht unneutraler als so viele andere Technik; man muss immer zuerst auf den Menschen schauen, der sie erstellt und nutzt.



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

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