Künstliche Intelligenz

Es gibt heute kaum Bereiche des alltäglichen Lebens, die nicht in irgendeiner Weise mit dem World-Wide-Web zusammenhängen. Das Gleiche gilt für "künstliche Intelligenz". Was hat die Philosophie dazu zu sagen?
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Jörn Budesheim
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Lucian Wing hat geschrieben :
Di 31. Jan 2023, 10:28
Dein *
Was meinst du denn damit???




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Lucian Wing
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Di 31. Jan 2023, 11:02

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 31. Jan 2023, 10:41
Lucian Wing hat geschrieben :
Di 31. Jan 2023, 10:28
Dein *
Was meinst du denn damit???
Jede*r, Philosoph*Innen.



Als ich vierzehn war, war mein Vater so unwissend. Ich konnte den alten Mann kaum in meiner Nähe ertragen. Aber mit einundzwanzig war ich verblüfft, wieviel er in sieben Jahren dazu gelernt hatte. (Mark Twain)

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Jörn Budesheim
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Du sprichst in Rätseln, das kam doch in den Beiträgen zuvor gar nicht vor??

Aber egal, mich würde wirklich interessieren, ob du der Ansicht bist, wir leben in der Postmoderne, das würde mir helfen, deine Beiträge etwas besser nachvollziehen zu können. Weil mir bei deinen Bezügen auf die Postmoderne nie klar ist, was du damit sagen willst.




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Lucian Wing
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Di 31. Jan 2023, 11:31

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 31. Jan 2023, 11:09
Du sprichst in Rätseln, das kam doch in den Beiträgen zuvor gar nicht vor??

Aber egal, mich würde wirklich interessieren, ob du der Ansicht bist, wir leben in der Postmoderne, das würde mir helfen, deine Beiträge etwas besser nachvollziehen zu können. Weil mir bei deinen Bezügen auf die Postmoderne nie klar ist, was du damit sagen willst.
Dass wir mit der Auflösung des Wahrheitsbegriffes die Möglichkeit aus der Hand geben, wahre Sätze über "Intelligenz" oder "Denken" usw. zu formulieren. Wir entscheiden die Frage Mann oder Frau auf Basis von Text, der sich nicht aus objektiven Tatsachen speist, sondern aus subjektiven. Und deshalb sage ich: Der humanoide Roboter in dem Roman oder in Schraders Film ist ausreichend performant im postmodernen Sinne, um als Mensch anerkannt zu werden. Wer beim Geschlecht behauptet, es würde aus dem Wort als Substanz erschaffen, der hat kein Argument gegen den Humanoiden. Also muss man ihn (auf rein logischer Basis) auch anerkennen als Mensch. Zumal es, wie gesagt, keinen wissenschaftlichen Weg gibt, solange wir nicht wissen, was Bewusstsein ist und wie es entsteht.



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Di 31. Jan 2023, 11:35

:-)

Du beantwortest die Frage einfach nicht. Ich will doch nur wissen, ob du denkst, dass wir in der Postmoderne leben. Das ist alles.




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Lucian Wing
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Di 31. Jan 2023, 12:12

Ich dachte, nur Bots verstehen nicht, was jemand schreibt.



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Di 31. Jan 2023, 12:17

Ja, schwer. Ich hab jetzt keine gute Vorstellung, wieso du meine Frage nicht verstehst. Die Postmoderne ist für mich ein historisches Phänomen, es liegt in der Vergangenheit. Manche datieren ihr Ende auf den 11. September 2001 um 2:14 PM MESZ. Deine Texte lesen sich für mich so, als wärst du der Ansicht, dass wir (noch) in der Postmoderne leben. Ist das so? Leben wir aktuell in der Postmoderne?




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Lucian Wing
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Di 31. Jan 2023, 12:44

Die Postmoderne ins die Methodik, die in den Sozialwissenschaften, die die gesellschaftlichen Debatten bestimmen, wesentlich dominiert. Viele gesellchaftspolitische Themen sowie akademische Methoden sind davon bestimmt.

Kleines Schmankerl aus McEwans Roman über die zweite Hauptperson des Buches, die Sozialgeschichte belegt:
Die als Dekonstruktion bekannte akademische Bewegung hatte die Sozialgeschichte »im Sturm erobert«. ... Da sie an einer traditionellen Universität studiert hatte, die auf altmodische Art narrative Berichte über die Vergangenheit produzierte, musste sie ein neues Vokabular lernen, eine neue Art zu denken. ... Als gegeben anzunehmen, dass überhaupt etwas geschehen war, gehörte sich nicht mehr. Es galt allein, historische Dokumente zu berücksichtigen, den sich ändernden wissenschaftlichen Zugang zu diesen Texten und unser eigenes, sich änderndes Verhältnis zu diesen jeweiligen Zugängen, die allesamt durch ihren Zusammenhang mit Macht und Wohlstand, mit Rasse, Klasse, Geschlecht und sexueller Orientierung definiert waren.
Das beschreibt die Methode recht hübsch und ist, so nehme ich an, von den Gedanken her an Galen Strawsons Aufsatz "Against Narrativity" sowie an Slingerlands "What science offers the humanities : integrating body and culture" angelehnt (muss ich aber noch checken).

Es wird aus meiner Sicht bei der KI nur um deren Status gehen (die EU will ja schon den Status einer "elektronischen PERSON" für gewisse KIs schaffen). Und Status bedeutet ja, dass nicht entscheidend ist, was nun eine Person IST, sondern was oder wer als Person und mit welchen Rechten gelten soll. Und dafür sind dann keine Neurowissenschaftler zuständig, die können uns das Rätsel des Bewusstseins so wenig lösen wie Biologen oder sonstige Naturwissenschaftler. Womit die "Experten" wieder aus den Sozialwissenschaften kommen werden. Here we go again.

Ddas ist das, was mich so amüsiert, sie müssen dann alle Argumente, die sie jetzt vortragen wenn es um Themen wie das Geschlecht geht, dann auch auf die KI anwenden. Und unter den gegenwärtigen Vorzeichen in dieser Zunft sehe ich kein valides Argument, das man gegen den Status einer Person mit menschengleichen Rechten vorbringen könnte, ohne sich in Widerspruch mit der eigenen Haltung zur "Wahrheit" zu begeben. Das deckt sich dann mit den Interessen der Kapitalgeber und Profitjäger, aber auch mit den eher mystischen, quantentheoretischen und magischen Weltsichten und dem Turingschen Funktionalismus. Da treffen sich ganz viele, und entschieden wird es machtpolitisch. Das ist mein Punkt. Den ich jetzt nicht noch einmal vortrage. Wenn's nicht verstanden wird, nehme ich alles auf mich. Aber ein neues Stöckchenspiel, wie du sie über dein angebliches Nichtverstehen immer anzettelst, kannst du mit jemand anderem spielen. ;)



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Jörn Budesheim
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Di 31. Jan 2023, 12:58

Die Frage bleibt also offen. Gut, von mir aus. Aber du scheinst zu denken, dass wir heute immer noch postmodern denken sollten, oder? Ich verstehe deine Argumentation jedenfalls nicht ganz. Im Grunde genommen sagst du, wenn wir postmodern denken, dann folgt daraus für das Thema dieses oder jenes. Aber was ich nicht verstehe: Warum sollen wir so denken? Da fehlt mir die Begründung. Manche denken vielleicht heute noch so. Mag sein. Aber was soll's? Was hat das mit uns hier zu tun? Also für mich hängt das immer ein bisschen in der Luft.




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Lucian Wing
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Di 31. Jan 2023, 13:24

Man sollte übrigens meine persönliche Meinung nicht mit dem verwechseln, was ich als erwartetes Szenario beschreibe.

Ich GLAUBE nicht daran, dass eine KI Bewusstsein oder Gefühle hat oder haben wird. Aber ich brauche mindestens eine Annahme, nämlich dass Bewusstsein an Leben gebunden ist. Das ist m.E. wie bei Gott. Man kann weder beweisen, dass es so ist, noch dass es nicht so ist. Und weil das noch länger bleiben wird, als es dauert, bis die KIs auf die Menschheit losgelassen wird, sollten keine müßigen Debatten über "Was ist Intelligenz" geführt werden (weil alle Prämissen ebenfalls weder beweisbar sind noch ihr Gegenteil), sondern um die praktischen ethischen Fragen. Die KIs werden kommen, und die Menschen werden beantworten müssen, welchen Status das Zeugs haben wird. Das wird machtpolitisch entschieden.



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Jörn Budesheim
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Di 31. Jan 2023, 13:29

Lucian Wing hat geschrieben :
Di 31. Jan 2023, 12:44
... das ist das, was mich so amüsiert, sie müssen dann alle Argumente, die sie jetzt vortragen wenn es um Themen wie das Geschlecht geht, dann auch auf die KI anwenden. [Hervorhebung von mir]
Diejenigen, die deiner Meinung nach all die postmodernen Argumente, die sie jetzt vorbringen, wenn es um Themen wie Gendern geht, auch auf die KI anwenden sollten, schreiben hier doch gar nicht. Das verstehe ich nicht: Du argumentierst (wie mir scheint) gegen (bist du dagegen?) eine Position, die meines Erachtens niemand hier vertritt. Und deswegen verstehe ich nicht, worauf du damit hinaus willst.

[das hat sich jetzt mit dem Beitrag zuvor überschnitten.]




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NaWennDuMeinst
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Di 31. Jan 2023, 18:06

sybok hat geschrieben :
Mo 30. Jan 2023, 22:47
Ok, damit sind wir auf dem Weg einer Formalisierung und auf dem Weg zu einem mathematischen Modell: Beispielsweise wenn du "Erwägungen" machst, heisst das ja, dass du einen Entscheidungsalgorithmus abläufst, das kann man auch in Code giessen.
A: Emotionen kann man nicht in Code giessen.
B: Das ist doch alles Spekulation.
A: Und wann ist es keine Spekulation mehr?
B: Wenn man es in Code giessen kann.
A: ????

Ich : Haha, sehr clever.
Aber nein.
Erzähl doch mal. Wie sieht er denn aus, der "Liebesalgorithmus"?
Nein?
Ok. Was anderes.
Wieso steht Horst auf "Brünette" und Lutz auf "Blonde"?
Hm? Nach welchem "Algorithmus" "wägen" Horst und Lutz das ab?



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sybok
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Di 31. Jan 2023, 22:06

Lucian Wing hat geschrieben :
Di 31. Jan 2023, 08:37
Aber was die Diskussion hier allgemein angeht, haben wir das immergleiche Problem. Wie auch bei wahr/Wahrheit. Sobald man Adjektive substantiviert, kommt wie aus der Pistole geschossen die Frage: Was ist Wahrheit, was ist Intelligenz usw.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 31. Jan 2023, 09:30
Erkläre einmal exakt, was 'erklären' ist. Erkläre mal exakt, was 'exakt' ist. Ich könnte das anhand deines Textes beliebig fortsetzen. Wir wissen von sehr vielen, wenn nicht von den meisten Dingen nicht, was sie exakt sind. Ich weiß nicht exakt, was ein Baum ist, aber ich kann über Bäume sprechen. Ich weiß nicht exakt, was Liebe ist, und doch kann ich erfahrungsgesättigt darüber sprechen.
Wir sprechen hier aber über eine technische Sache und sind nicht auf der Ebene der Alltagssprache. Über letzterer wird aber argumentiert, wenn man die Unschärfe beibehält. Es gibt schon Begriffe, die neben der unscharfen Bedeutung in der Alltagssprache auch eine formalisierte Version haben und die Unschärfe wegdefinieren und damit hinreichend exakt sind, wie etwa Information, Energie oder Wahrscheinlichkeit.
"Erklären" meint hier definieren und "exakt" meint, diese Definition in einer wenigstens halb-formalisierten Sprache auszudrücken.
Man kann selbstverständlich auf Ebene der Alltagssprache auch ein solches Thema diskutieren, und manchmal ist das sicher sogar angezeigt, aber nicht, wenn man Logik und damit einen gewissen Formalismus ins Spiel bringt: "Es braucht Gefühle für Intelligenz" oder "Gefühle sind nicht berechenbar" ist aber genau das, eine vermeintlich formale Argumentation (denn, Rheotirk, da steht ja nicht "ich glaube, dass...", "nach meiner Sichtweise..." oder Ähnliches). Mit unscharfen Begriffen kann man behaupten was man will, zum Beispiel die Geschichte mit der Lüge...:
Lucian Wing hat geschrieben :
Di 31. Jan 2023, 08:37
Damit nochmal zum Lügen. In zwischenmenschlichen Beziehungen ist zu lügen eine Praxis. Jedenfalls im Westen mit seiner Art des Kommunizierens. In China oder Südostasien ist das ganz anders. Man kommuniziert anders, indirekter, um den anderen nicht in eine Position zu bringen, lügen zu müssen. Kommunikation geht dort sehr verschlungene Pfade und Umwege, was die Zahl notwendiger Notlügen im Vergleich zu uns senkt. Bei uns ist die Notlüge einfach aufgrund der direkten Art zu kommunizieren unumgänglich, eine Frage der Klugheit, des Verstandes. Und wer also eine KI programmiert, die am sozialen Leben teilnehmen soll wie ein humanoider Roboter, wird diese Art zu kommunizieren lernen müssen. Und wenn er unfähig ist zur Lüge, wird er sich nie klug verhalten, auch wenn er noch so intelligent ist. Der Common Sense des Westens ist nicht nur wahrheits- sondern auch lügenbasiert. Hat Nietzsche auch schon beschrieben, und der hat's wohl auch nicht als erster herausgefunden.
... keine Einwände, aber darin steckt keine Voraussetzung, kein "Intelligenz erfordert die Fähigkeit lügen zu können".
Das Kind, das seine Eltern bezüglich den Hausaufgaben anlügt, ist intelligent, weil es erkannt hat, dass es mit dieser Lüge auf kurze Zeit seine Ziele erreichen kann.
Das Kind, das seine Eltern bezüglich den Hausaufgaben anlügt, ist dumm, weil es nicht erkennt, dass es mit dieser Lüge auf lange Zeit sich selbst schadet.
==> Ich kann über der Alltagssprache fast behaupten, was immer ich will. Die Realität ist einfach viel zu komplex, viel zu viele Aspekte und Beziehungen.




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Jörn Budesheim
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sybok hat geschrieben :
Di 31. Jan 2023, 22:06
Wir sprechen hier aber über eine technische Sache und sind nicht auf der Ebene der Alltagssprache.
Zur Erinnerung, worum es ging: "... erkläre mal exakt, was Intelligenz ist, exakt, was Gefühle ..."




sybok
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Di 31. Jan 2023, 22:31

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 31. Jan 2023, 22:17
Zur Erinnerung, worum es ging: "... erkläre mal exakt, was Intelligenz ist, exakt, was Gefühle ..."
Jaja, aber im Kontext von KI!
Lucian Wing hat geschrieben :
Di 31. Jan 2023, 10:28
Du kannst ja die Gebundeheit von Intelligenz an eine verkörperte Subjktivität, an eine bestimmte Substanz nicht objektiv beweisen, eben weil wir keinen Zugang zur ersten Person haben. Daher sollte man aus meiner Sicht den Begriff beerdigen und sich auf das Adjektiv einerseits und die praktischen ethischen Fragen andererseits konzentrieren.
Da wäre ich glaube ich nahe. Was wären deiner Meinung nach die drängendsten praktischen ethischen Fragen?
Meine Prognose wäre, dass solche Dinge ad hoc angegangen werden (also letztlich durch Macht, wie du ja schon sagtest), wir halten uns ja für das Ende der Geschichte. So was wie: Die Frage ob wir vor Gericht von Computerprogrammen beurteilt werden wollen, werden wir uns wohl erst in dem Moment stellen, wo es bereits passiert.

Noch zu den letzten paar Posts:
Statt Postmoderne, würde ich es Poststrukturalismus nennen (habe aber ehrlichgesagt nicht wirklich Ahnung von diesem Themenbereich). Oder sind das eigentlich mehr oder weniger Synonyme? Wenn ich dich richtig verstanden habe etwa so (?):
Poststrukturalistisch wäre es im Sinne von "der Autor ist tot", die Intention des Absenders einer Botschaft ist komplett irrelevant, einzig die Interpretation des Empfängers zählt. In dem Sinne spielt es dann keine Rolle, ob ein Computersystem eine "Person" ist, ob sie ein Innenleben besitzt, ob sie bewusst wäre, es zählt einzig "unsere" Interpretation - so wie das Stofftier für das Kind eine lebendige Existenz führt, nicht weil es so ist, sondern weil es das Kind so will - einfach als eine Version für Erwachsene.
Wenn ich das richtig verstanden habe, scheint mir eine Symbiose dieser Philosophie mit hinreichend performancestarken Computersystemen ziemlich unheiliger (ich denke an sowas wie Referenz-Zyklen oder nicht mehr sichtbare Biases).




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AufDerSonne
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Di 31. Jan 2023, 22:33

sybok hat geschrieben :
Di 31. Jan 2023, 22:06
... keine Einwände, aber darin steckt keine Voraussetzung, kein "Intelligenz erfordert die Fähigkeit lügen zu können".
Das Kind, das seine Eltern bezüglich den Hausaufgaben anlügt, ist intelligent, weil es erkannt hat, dass es mit dieser Lüge auf kurze Zeit seine Ziele erreichen kann.
Das Kind, das seine Eltern bezüglich den Hausaufgaben anlügt, ist dumm, weil es nicht erkennt, dass es mit dieser Lüge auf lange Zeit sich selbst schadet.
==> Ich kann über der Alltagssprache fast behaupten, was immer ich will. Die Realität ist einfach viel zu komplex, viel zu viele Aspekte und Beziehungen.
Intelligenz und Gefühle exakt definieren. Exakt geht wohl nicht. Aber definieren geht.
Vielleicht ist es auch wichtig, erst einmal festzuhalten, dass es Intelligenz und Gefühle gibt. Es gibt etwas, das wir Intelligenz nennen und etwas, das wir Gefühle nennen.

"Intelligenz erfordert die Fähigkeit lügen zu können". Nein, aber anders herum stimmt es.
"Lügen zu können erfordert Intelligenz". Das schon eher.
Wenn jemand lügt, dann hat er eine gewisse Intelligenz, wenn auch schlecht angewendet. Aber was heisst schon lügen?

Was meinst du eigentlich mit deinen Beispielen mit den Hausaufgaben? Wahrscheinlich meinst du, dass das Kind die Eltern anlügt, indem es ihnen sagt, es habe die Hausaufgaben gemacht, aber in Wirklichkeit nicht gemacht hat.
Ist das richtig?

Das Beispiel ist viel zu wenig ausgebaut um es brauchen zu können. Wieso hat das Kind gelogen? Das wäre wichtig. Sogar sehr wichtig, wenn es um die Beziehung eines Kindes zu seinen Eltern geht.
Vielleicht möchte das Kind die Eltern herausfordern, dass sie endlich einmal sagen, dass ihr Kind selbst verantwortlich ist für die Hausaufgaben? Was steckt dahinter?
Lügen ist eigentlich eine Kunst. Man muss ja erst einmal auf die Idee kommen, dass man überhaupt lügen könnte. Was ist eine Lüge?

Aber noch zur Alltagssprache. Nehmen wir noch einmal Intelligenz und Gefühle. Vielleicht ist das Problem gar nicht, dass man diese beiden exakt definieren muss, sondern, dass man erst einmal mit sich ins Reine kommt, ob es diese beiden Begriffe gibt. Gibt es Gefühle? Gibt es Intelligenz? Was sagst du, @sybok?



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NaWennDuMeinst
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Mi 1. Feb 2023, 00:19

AufDerSonne hat geschrieben :
Di 31. Jan 2023, 22:33
"Intelligenz erfordert die Fähigkeit lügen zu können". Nein, aber anders herum stimmt es.
"Lügen zu können erfordert Intelligenz". Das schon eher.
Weder noch. Richtig ist: Lügen erfordert einen gewissen Grad an Intelligenz.
Und um diesen Grad geht es.
Von einer K.I., die ihren Namen wirklich verdient, würde ich erwarten, dass sie die Fähigkeit zur Manipulation Anderer (z.B. durch Lügen) beherrscht.
Die bewusste, absichtliche Manipulation Anderer ist ein extrem komplexer Vorgang, der neben Intelligenz auch ein Selbstbewusstsein (->Porjektion), Emotionen (-> Empathie) und Motivation (-> Ziel der Manipulation, Erlangung eines Vorteils) erfordert.
Die Fähigkeit zu lügen (Andere zu manipulieren) ist somit für mich ein Indikator für den Grad der Intelligenz, den Grad der kognitiven und metakognitiven Fähigkeiten.
Ist das nicht vorhanden, dann ist kein ausreichender Grad an Intelligenz erreicht.



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Timberlake
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Mi 1. Feb 2023, 00:42

Burkart hat geschrieben :
Mo 30. Jan 2023, 22:22
Timberlake hat geschrieben :
Mo 30. Jan 2023, 21:51
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 12. Aug 2022, 11:25
Hier ein gutes Diagramm von Thomas Fuchs, aus "Verteidigung des Menschen: Grundfragen einer verkörperten Anthropologie (suhrkamp taschenbuch wissenschaft)" Nur, das, was wir auf der linken Seite finden ist wirklich Intelligenz. Rechts finden wir nur sogenannte oder "als ob" Intelligenz.

Bild
Man will es nicht glauben , soweit waren wir schon mal nach gewesen.
Und ich war schon weiter, aber ob man das noch wiederfindet...
U.a. bin ich für eine Einführung dreier Spalten: Z.B. in der ersten Zeile würde ich zwischen "belebt" und "unbelebt" etwas wie "maschinell intelligent" oder zumindest "beweglich wie ein Maschine" o.ä. stellen; "unbelebt" passt gut zu einem Stein, aber eine KI bzw. Roboter ist alles andere als ein dumpfer Stein.
... und genau den Eindruck hatte ich von dein "ich war schon weiter" und zwar die Einführung einer Spalte zwischen den Spalten.
Burkart hat geschrieben :
Mo 30. Jan 2023, 22:22
Timberlake hat geschrieben :
Mo 30. Jan 2023, 21:51
@Burkart

.. du und @NaWewnnDuMeinst ( Korrektur ..Timberlake !) eure Ausdauer à la bonne heure!
Dank dir für die Blumen. Weißt du, wenn man sich mit dem Thema seit rund 35 Jahren beschäftigt und es sich als Lebensaufgabe stellt, ist das noch nicht lang hier :)

Ach wenn doch @NaWewnnDuMeinst auch schon so weiter wäre . Möglicherweise würde wir dann vielleicht noch irgendwann einmal erleben, dass eure Ausdauer, im Dialog , hier in diesem Thread , mit gefühlt über hundert Beiträgen , tatsächlich Früchte tragen wird. Dazu müsste sich allerdings auch @NaWewnnDuMeinst einmal bequemen, sich zur o.g. Tabelle zu äußern. Steht dergleichen , zumindest meines Wissens , noch immer aus.
Um hier nicht weiter im Trüben zu fischen, so sei allerdings auch den anderen hier empfohlen , diese Tabelle zumindest zur Kenntnis zu nehmen.

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Mi 1. Feb 2023, 00:19
.
Von einer K.I., die ihren Namen wirklich verdient, würde ich erwarten, dass sie die Fähigkeit zur Manipulation Anderer (z.B. durch Lügen) beherrscht.
ich denke mal , dass @NaWennDuMeinst mit dieser Bemerkung , zu den Fähigkeiten einer KI , auf den besten Weg ist , sich mit der Einführung einer "dritten Spalte" an zu freunden. Wäre doch dergleichen , nach meiner Aufassung , irgendetwas zwischen "Reflexivität " und "Keine Reflexivität"




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NaWennDuMeinst
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Mi 1. Feb 2023, 01:32

Timberlake hat geschrieben :
Mi 1. Feb 2023, 00:42
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Mi 1. Feb 2023, 00:19
.
Von einer K.I., die ihren Namen wirklich verdient, würde ich erwarten, dass sie die Fähigkeit zur Manipulation Anderer (z.B. durch Lügen) beherrscht.
ich denke mal , dass @NaWennDuMeinst mit dieser Bemerkung , zu den Fähigkeiten einer KI , auf den besten Weg ist , sich mit der Einführung einer "dritten Spalte" an zu freunden. Wäre doch dergleichen , nach meiner Aufassung , irgendetwas zwischen "Reflexivität " und "Keine Reflexivität"
Wie kommst Du denn darauf? Metakognition ist genau das: Volle Reflexivität, also das eigene Denken analysieren, und es in Relation bringen zum Denken der Anderen.
Beim Lügen wird diese Fähigkeit bewusst und absichtlich eingesetzt (u.a.) zum eigenen Vorteil.



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Burkart
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Fr 3. Feb 2023, 00:36

Gerade so kurz vor dem Schlafen gehen durch den Kopf gegangen...

KI und Fliegen:
Wenn man KI so sieht. als wenn man mit den eigenen Armen schwingend fliegen wollte, also möglichst nah am Menschen, hat man ein ernsthaftes Problem.
Wenn man KI so sieht, als wenn man wie mit einem Flugzeug in die Luft abnheben möchte, dann hat man einen kreativen produktiven Ansatz zu KI.



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

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