Künstliche Intelligenz

Es gibt heute kaum Bereiche des alltäglichen Lebens, die nicht in irgendeiner Weise mit dem World-Wide-Web zusammenhängen. Das Gleiche gilt für "künstliche Intelligenz". Was hat die Philosophie dazu zu sagen?
Burkart
Beiträge: 2748
Registriert: Sa 11. Jul 2020, 09:59

Mo 30. Jan 2023, 21:21

AufDerSonne hat geschrieben :
Mo 30. Jan 2023, 09:08
Burkart hat geschrieben :
So 29. Jan 2023, 14:45
Natürlich könnte man Intelligenz, die ähnlich ist wie beim Menschen, einfach simulieren. Aber fragt einmal eine KI, was sie heute gegessen hat? ;)
Was immer "simulieren" hier bedeuten soll. Kann man z.B. auch etwas wie "Planung" nur simulieren, ohne zu planen?
MIt "Essen" spielst du auf reale Existenz in der Welt an, außerdem auf eine, die Essen benötigt... höchstens beim Roboter hinsichtlich Energie-Bedarf nachvollziehbar.
Nein, ich spiele auf den Turing-Test an. Wie soll eine KI den Test bestehen ohne zu lügen?
Wenn man sie fragt, was sie heute gegessen hat, müsste sie ja lügen, sonst wäre ja sofort klar, dass eine Maschine am anderen Ende ist.
Und so gibt es noch viele "Fangfragen", wo man sofort sehen würde, dass eine KI am anderen Ende ist.
Ach, das meinst du. Ja klar, eine nicht essende KI würde sich im Turing-Test natürlich sofort verraten, wenn sie "ich esse nie" wahr darlegt. Um durch den Test zu kommen, müsste sie wirklich jemand vorgeben, die sie nicht ist.
Ich habe noch etwas über das Interessenproblem nachgedacht. Von den Grundbausteinen her einer KI, also formale Logik und rechnen, müsste eine neutrale KI möglich sein.
Genau, die Grundlage einer KI kann noch sozusagen neutral sein.
Aber für alltägliche Diskussionen mit einer KI, müsste man schon programmieren, dass die KI nicht zum Beispiel Krieg verherrlicht oder Terrorismus.
Und dann wird es eben doch wieder schwierig. Die KI muss ja dann im Prinzip eine Vorstellung davon haben, was gut ist und was schlecht. Und bei dieser Frage haben ja schon wir Menschen Probleme.
Richtig. Die KI muss, um mitreden zu können, wirklich vom Menschen lernen, was diese als gut und schlecht ansehen, und dadurch lernt sie unsere Werte. Immerhin kann sie, je intelligenter (u.a. umfangreicher) sie wird, je besser Werte gegeneinander abwägen und so so annähernde neutral wie möglich sein.



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

Timberlake
Beiträge: 1629
Registriert: Mo 16. Mai 2022, 01:29
Wohnort: Shangrila 2.0

Mo 30. Jan 2023, 21:51

@Burkart

.. du und @NaWennDuMeinst , eure Ausdauer à la bonne heure!


Um euch beide zu "erden" , nur mal zur Erinnerung ..

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 12. Aug 2022, 11:25
Hier ein gutes Diagramm von Thomas Fuchs, aus "Verteidigung des Menschen: Grundfragen einer verkörperten Anthropologie (suhrkamp taschenbuch wissenschaft)" Nur, das, was wir auf der linken Seite finden ist wirklich Intelligenz. Rechts finden wir nur sogenannte oder "als ob" Intelligenz.

Bild
Man will es nicht glauben , soweit waren wir schon mal nach gewesen.
Zuletzt geändert von Timberlake am Mo 30. Jan 2023, 22:30, insgesamt 5-mal geändert.




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23270
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Mo 30. Jan 2023, 21:56

Burkart hat geschrieben :
Mo 30. Jan 2023, 21:21
dadurch lernt sie unsere Werte
Wie lernt die KI denn, dass es in aller Regel falsch ist, "anderen" Schmerzen zuzufügen, wenn sie gar nicht weiß, was Schmerzen sind?




Burkart
Beiträge: 2748
Registriert: Sa 11. Jul 2020, 09:59

Mo 30. Jan 2023, 22:21

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 30. Jan 2023, 13:35
sybok hat geschrieben :
Mo 30. Jan 2023, 12:31
Wer nicht exakt angeben kann, wie Gefühle und (Not)lügen funktionieren und eine lückenlose Folgerungskette für die Notwendigkeit von Diesem und Jenem für Dieses und Jenes Konzept aufzeigen kann, der führt hier Behauptungen ins Blaue hinein.
Das heißt, die Behauptung Intelligenz, sei ohne Gefühle zu haben, ist nach deiner Ansicht eine Behauptung ins Blaue?

Diese Behauptung ("Intelligenz, sei ohne Gefühle zu haben") ist jedenfalls eine reine Spekulation, weil wir keine entsprechenden Fälle kennen, während die umgekehrte Behauptung zumindest darauf verweisen kann, dass Intelligenz und Gefühle bei uns zusammen auftauchen.
Auch wenn ihr meine Meinung kennt und Syboks Meinung hier insofern sicher interessanter ist ;)
Es geht hier nicht um reine Spekulation, sondern um die Machbarkeit, inwieweit KI auch ohne Gefühle funktionieren kann, also nicht ob, sondern inwieweit - jedenfalls für die, die es konstruktiv versuchen wollen. Wer das nicht akzeptieren kann, definiert KI einfach als unnötig zu "gefühlvoll" und quasi letztlich als schon zu "menschlich" (bzw. "lebendig"), was mir der technischen Grundlagen der KI und ihrem Potential nicht gerecht wird.



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

Burkart
Beiträge: 2748
Registriert: Sa 11. Jul 2020, 09:59

Mo 30. Jan 2023, 22:22

Timberlake hat geschrieben :
Mo 30. Jan 2023, 21:51
@Burkart

.. du und @AufDerSonne , eure Ausdauer à la bonne heure!
Dank dir für die Blumen. Weißt du, wenn man sich mit dem Thema seit rund 35 Jahren beschäftigt und es sich als Lebensaufgabe stellt, ist das noch nicht lang hier :)
Um euch beide zu "erden" , nur mal zur Erinnerung ..

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 12. Aug 2022, 11:25
Hier ein gutes Diagramm von Thomas Fuchs, aus "Verteidigung des Menschen: Grundfragen einer verkörperten Anthropologie (suhrkamp taschenbuch wissenschaft)" Nur, das, was wir auf der linken Seite finden ist wirklich Intelligenz. Rechts finden wir nur sogenannte oder "als ob" Intelligenz.

Bild
Man will es nicht glauben , soweit waren wir schon mal nach gewesen.
Und ich war schon weiter, aber ob man das noch wiederfindet...
U.a. bin ich für eine Einführung dreier Spalten: Z.B. in der ersten Zeile würde ich zwischen "belebt" und "unbelebt" etwas wie "maschinell intelligent" oder zumindest "beweglich wie ein Maschine" o.ä. stellen; "unbelebt" passt gut zu einem Stein, aber eine KI bzw. Roboter ist alles andere als ein dumpfer Stein.



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

sybok
Beiträge: 374
Registriert: Mi 7. Sep 2022, 17:36

Mo 30. Jan 2023, 22:47

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 30. Jan 2023, 13:35
Das heißt, die Behauptung Intelligenz, sei ohne Gefühle zu haben, ist nach deiner Ansicht eine Behauptung ins Blaue?
Ja aber natürlich. Sonst, wie gesagt, erkläre mal exakt, was Intelligenz ist, exakt, was Gefühle sind und dann eine scharfe Folgerungskette, warum Gefühle eine Voraussetzung für Intelligenz sein sollen.
Genau so gut könnte man behaupten - und insgesamt wäre das wahrscheinlich sogar noch plausibler - dass Gefühle eine Voraussetzung für Dummheit seien: Indem sie das Rationale überlagern oder zu affektiven oder selbstschädigenden Handlungen führen - beispielsweise der Typ, der die Wut "raus lässt" indem er mit der Faust gegen die Wand schlägt und sich selber schädigt ohne irgendwelchen kleinsten Benefit.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 30. Jan 2023, 13:35
Diese Behauptung ("Intelligenz, sei ohne Gefühle zu haben") ist jedenfalls eine reine Spekulation, weil wir keine entsprechenden Fälle kennen, während die umgekehrte Behauptung zumindest darauf verweisen kann, dass Intelligenz und Gefühle bei uns zusammen auftauchen.
Ja natürlich ist auch diese Position Spekulation, das Problem liegt in der Rhetorik: Ihr schreibt ständig mit einem Absolutheitsanspruch.
Das mit den "Fällen" zieht für mich nicht, cum prop ergo propter hoc: Menschen haben Bauchnäbel, ergo haben alle Entitäten, die auf dem Intelligenzlevel des Menschen sind, Bauchnäbel, ergo muss eine KI einen Bauchnabel haben, anders kann Intelligenz nicht funktionieren.
Lucian Wing hat geschrieben :
Mo 30. Jan 2023, 14:44
Das habe ich ehrlich gesagt nicht ganz verstanden, worauf willst du hinaus?
Was heißt denn: wie Notlügen funktionieren? Was willst du wissen?
Naja, eine KI soll ja scheinbar lügen können, wenn sie intelligent sein will - ich will wissen, wie die Folgerungskette dafür aussehen soll.
Lucian Wing hat geschrieben :
Mo 30. Jan 2023, 14:44
Sie haben einen ganz bestimmten Zweck, den man zwar in einer allgemeinen Definition fassen könnte, aber ihre Anwendung ist eine vollkommen situations- und beziehungsbedingte subjektive Angelegenheit. Ich entscheide mich nach subjektiven momentanen Erwägungen, ob ich meinem Gegenüber die Wahrheit sage oder nicht.

Ok, damit sind wir auf dem Weg einer Formalisierung und auf dem Weg zu einem mathematischen Modell: Beispielsweise wenn du "Erwägungen" machst, heisst das ja, dass du einen Entscheidungsalgorithmus abläufst, das kann man auch in Code giessen.

Diese Anekdote von McEwans klingt spannend und unterhaltsam, aber ich weiss nicht recht, was ich damit anfangen kann: Hat jetzt der Roboter richtig oder falsch reagiert? Auch wir beurteilen so was ja nicht Arme wedelnd und Münzen werfend, sondern es stecken Überlegungen, Argumentationsketten hinter unseren Sichtweisen.

Ich sehe das so: Wenn ich etwas exakt beschreiben kann, kann ich es formalisieren und damit modellieren und damit auch coden (insofern wären meine Nachfragen natürlich unfair, aber es gibt ja nicht wirklich Alternativen). Wenn ich es sozusagen genuin nicht exakt beschreiben kann, also prinzipiell nicht, dann liegt es ausserhalb jeglicher Erkenntnis (ausgenommen sowas wie spirituelle Erfahrungen), das gilt bei diesem Thema meiner Meinung nach nur für Qualia - und in diesem Fall sind Diskussionen so fruchtbar, wie die Frage nach der Existenz Gottes.
Das Einzige was aus meiner Sicht offen wäre, wäre, dass man irgendwie über die Berechnungskomplexität argumentieren würde. Darauf käme aber immer: "Der Mensch kann es schliesslich auch irgendwie".




Burkart
Beiträge: 2748
Registriert: Sa 11. Jul 2020, 09:59

Mo 30. Jan 2023, 22:49

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 30. Jan 2023, 21:56
Burkart hat geschrieben :
Mo 30. Jan 2023, 21:21
dadurch lernt sie unsere Werte
Wie lernt die KI denn, dass es in aller Regel falsch ist, "anderen" Schmerzen zuzufügen, wenn sie gar nicht weiß, was Schmerzen sind?
Indem sie es verstandesmäßig lernt, wann Menschen (Lebewesen) Schmerzen haben und dass sie sie nicht mögen (haben wollen).



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

Benutzeravatar
AufDerSonne
Beiträge: 1236
Registriert: Do 1. Sep 2022, 19:44

Mo 30. Jan 2023, 23:20

Burkart hat geschrieben :
Mo 30. Jan 2023, 22:49
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 30. Jan 2023, 21:56
Burkart hat geschrieben :
Mo 30. Jan 2023, 21:21
dadurch lernt sie unsere Werte
Wie lernt die KI denn, dass es in aller Regel falsch ist, "anderen" Schmerzen zuzufügen, wenn sie gar nicht weiß, was Schmerzen sind?
Indem sie es verstandesmäßig lernt, wann Menschen (Lebewesen) Schmerzen haben und dass sie sie nicht mögen (haben wollen).
Wieso, @Burkart, machst du es dir jetzt wieder schwierig?
Wir haben ja gerade oben gesagt, wie eine KI lernen kann, was gut und was schlecht ist. Also. Schmerzen sind schlecht. Punkt. Mehr muss sie nicht wissen über Schmerzen.



Ohne Gehirn kein Geist!

Benutzeravatar
NaWennDuMeinst
Beiträge: 4640
Registriert: Sa 30. Mai 2020, 12:37

Di 31. Jan 2023, 06:54

Burkart hat geschrieben :
Mo 30. Jan 2023, 20:54
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Mo 30. Jan 2023, 02:07
Burkart hat geschrieben :
So 29. Jan 2023, 19:53

Richtig, aber das sind zwei vöiig verschiedene Ebenen. Der Mensch als Anwender kann natürlich Programme wie KI löschen, z.B. wenn er sie als zu fehlerhaft ansieht. Das ist aber etwas ganz anderes als die KI als "menschenähnlich".
Nein, ist es nicht. Es ist genau das, nämlich menschenähnliche Intelligenz.
Denn wenn ein Mensch entscheidet, entscheidet er natürlich nach menschlichen Maßstäben.
Wonach auch sonst?

Wenn Du jetzt sagst eine Maschine ist intelligent, wenn sie dies und das kann, was ist dann dieses "dies und das"?
Wo kommt das her?
Das ist --ja nicht "neutral", sondern das ist genau das, was wir uns unter Intelligenz vorstellen und was wir meinen wie sie zu sein hat.
Anscheinend haben wir aneinander vorbei geschrieben. Ich habe den Anwender Mensch als eines gesehen, die KI als Anwendung als zweites.
Wenn wir entscheiden, was als intelligent durchgeht und was nicht, dann ist das Produkt natürlich eine Intelligenz nach unseren Maßstäben, also menschenähnlich.
Es kann gar nicht etwas völlig "Neutrales" rauskommen, sondern nur das was wir als intelligent ansehen. Und das ist natürlich menschlich geprägt. Was denn sonst?



But I, being poor, have only my dreams; I have spread my dreams under your feet;
Tread softly because you tread on my dreams.
(William Butler Yeats)

Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23270
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Di 31. Jan 2023, 06:56

Burkart hat geschrieben :
Mo 30. Jan 2023, 22:49
Indem sie es verstandesmäßig lernt, wann Menschen (Lebewesen) Schmerzen haben und dass sie sie nicht mögen (haben wollen)
Wie soll das gehen, wenn sie nicht weiß, was Schmerz ist und keine Vorstellung davon hat, worum es geht und warum sie es nicht mögen. (wenn sie nicht mal weiß, was mögen bedeutet ...)




Benutzeravatar
NaWennDuMeinst
Beiträge: 4640
Registriert: Sa 30. Mai 2020, 12:37

Di 31. Jan 2023, 07:17

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 31. Jan 2023, 06:56
Burkart hat geschrieben :
Mo 30. Jan 2023, 22:49
Indem sie es verstandesmäßig lernt, wann Menschen (Lebewesen) Schmerzen haben und dass sie sie nicht mögen (haben wollen)
Wie soll das gehen, wenn sie nicht weiß, was Schmerz ist und keine Vorstellung davon hat, worum es geht und warum sie es nicht mögen. (wenn sie nicht mal weiß, was mögen bedeutet ...)
Empfindungsfähige Wesen lernen das Schmerz unangenehm ist in dem Moment wo sie Schmerzen haben.
Dieser Weg ist der Maschine verschlossen.

Natürlich könnte man der Maschine beibringen, dass es bei Menschen etwas gibt, dass sie Schmerzen nennen, und man könnte ihr auch erklären, dass Menschen Schmerzen idR zu vermeiden versuchen.
Man könnte ihr sogar erklären, dass Schmerzen ein Weg sind Menschen zu manipulieren (z.B. durch Folter). Man kann ihr erklären was bei Menschen Schmerzen auslöst usw....
Also im Prinzip das was über Schmerzen in Büchern steht.
Aber was es bedeutet Schmerzen zu haben, wird die Maschine nie verstehen.
Kompliziert wird es dann auch wenn wir von seelischem Schmerz reden. Anders als bei der Maschine kann beim Menschen nicht nur der Körper verletzt werden.
Dass man das aus Büchern (also ohne eigene Erfahrung in dem Bereich) lernen kann, wage ich zu bezweifeln.



But I, being poor, have only my dreams; I have spread my dreams under your feet;
Tread softly because you tread on my dreams.
(William Butler Yeats)

Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23270
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Di 31. Jan 2023, 07:24

sybok hat geschrieben :
Mo 30. Jan 2023, 22:47
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 30. Jan 2023, 13:35
Das heißt, die Behauptung Intelligenz, sei ohne Gefühle zu haben, ist nach deiner Ansicht eine Behauptung ins Blaue?
Ja aber natürlich. Sonst, wie gesagt, erkläre mal exakt, was Intelligenz ist, exakt, was Gefühle sind und dann eine scharfe Folgerungskette, warum Gefühle eine Voraussetzung für Intelligenz sein sollen.
erkläre mal exakt, was Intelligenz ist, exakt, was Gefühle sind und dann eine scharfe Folgerungskette, warum Gefühle eine Voraussetzung für Intelligenz sein sollen ...
Kann es sein, dass du in der Frage ein wichtiges Detail übersehen hast? ;-)




Benutzeravatar
NaWennDuMeinst
Beiträge: 4640
Registriert: Sa 30. Mai 2020, 12:37

Di 31. Jan 2023, 07:57

Wer nichts empfindet kann Probleme die im Zusammenhang mit Empfindungen stehen nicht intelligent lösen.
Das scheint mir ziemlich klar zu sein.
Probleme die im Zusammenhang mit Emotionen stehen sind zum Beispiel Probleme im Bereich sozialer Interaktion.
Ethik, Moral usw.
Natürlich kann ein empfindungsloses Wesen eine Moral entwickeln für empfindungslose Wesen.
Aber was sollen wir Menschen mit so einer Moral?
Lösungen in dem Bereich, die wir (wer sonst?) als intelligent anerkennen können, müssen unsere Gefühlswelt berücksichtigen.

"Du kannst nicht einfach rumlaufen und Leute abknallen."
"Warum?"
"Was meinst Du mit 'warum'? Das macht man einfach nicht."
"Warum?"
"Vertrau mir einfach, ok?"

;)



But I, being poor, have only my dreams; I have spread my dreams under your feet;
Tread softly because you tread on my dreams.
(William Butler Yeats)

Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23270
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Di 31. Jan 2023, 08:11

Steh auf einem Bein :)




Benutzeravatar
Lucian Wing
Beiträge: 790
Registriert: Do 7. Jul 2022, 18:40

Di 31. Jan 2023, 08:37

sybok hat geschrieben :
Mo 30. Jan 2023, 22:47
Naja, eine KI soll ja scheinbar lügen können, wenn sie intelligent sein will - ich will wissen, wie die Folgerungskette dafür aussehen soll.

Ich glaube, in diesem Fall redest du an meiner Einlassung in Form des Zitats vorbei.

In dem Roman geht es um humanoide Roboter, also eine KI, die als solche am menschlichen Leben teilnimmt. Erkennbar auch daran, dass der Turing im Roman dort nicht von Intelligenz spricht, sondern von Verstand. Und ich hoffe, der Unterschied ist damit klar. Jemand mit 180 IQ hat nicht notwendig mehr Verstand als jemand mit IQ 100, und wenn ich mir Hochbegabte mit Asperger-Syndromen anschaue, dann sind die oft intelligent, aber mit wenig Verstand begabt, weil ihnen jeder Common Sense abgeht. Ihr Verhalten ist wenig intelligent, und das ist eine Sache des Verstandes und nicht der Intelligenz. Weil das Leben, zwischenmenschliche Beziehungen nicht vom Grad der Intelligenz abhängen, sondern davon, dass man versteht, nach welchen ungeschriebenen Regeln das Zusammenleben funktioniert. Deshalb scheitern im Roman letztendlich auch alle humanoiden Roboter. An ihrer Intelligenz.

Aber was die Diskussion hier allgemein angeht, haben wir das immergleiche Problem. Wie auch bei wahr/Wahrheit. Sobald man Adjektive substantiviert, kommt wie aus der Pistole geschossen die Frage: Was ist Wahrheit, was ist Intelligenz usw.

Damit nochmal zum Lügen. In zwischenmenschlichen Beziehungen ist zu lügen eine Praxis. Jedenfalls im Westen mit seiner Art des Kommunizierens. In China oder Südostasien ist das ganz anders. Man kommuniziert anders, indirekter, um den anderen nicht in eine Position zu bringen, lügen zu müssen. Kommunikation geht dort sehr verschlungene Pfade und Umwege, was die Zahl notwendiger Notlügen im Vergleich zu uns senkt. Bei uns ist die Notlüge einfach aufgrund der direkten Art zu kommunizieren unumgänglich, eine Frage der Klugheit, des Verstandes. Und wer also eine KI programmiert, die am sozialen Leben teilnehmen soll wie ein humanoider Roboter, wird diese Art zu kommunizieren lernen müssen. Und wenn er unfähig ist zur Lüge, wird er sich nie klug verhalten, auch wenn er noch so intelligent ist. Der Common Sense des Westens ist nicht nur wahrheits- sondern auch lügenbasiert. Hat Nietzsche auch schon beschrieben, und der hat's wohl auch nicht als erster herausgefunden.

Das nur noch einmal zur Klarstellung. Anonsten sind meine ganzen Einalssungen zur Ethik, zur Koalition von Kapital und Moral etc. leider ziemlich untergegangen. Den Fuchs habe ich auch schon mehrfach gelesen, aber irgendwie macht er mich nicht mehr zufrieden. Eben weil er wieder ein Substantiv umkreist und weil man sich auf seine Prämissen einlassen muss. Man kann die Sache nicht klären, weshalb ich ja dafür plädiere, sich mit dem zu beschäftigen, was unvermeidlich kommt. Also wie wir damit umgehen. Welchen Status wir einem humanoiden Roboter geben wollen. Denn, um es ein letztes Mal zu wiederholen: Es geht im Rahmen unserer Kultur und unseres "Wahrheitsbegriffes" ja längst nur darum, was anerkannt wird. Das Leben ist im postmodernen Duktus ein Narrativ, also ein Text. Und eine Maschine, die kohärente Texte produziert und sich verhält wie ein Mensch, der kann man auf dieser Grundlage des Narrativen eben das Menschsein nicht mehr absprechen. Jedenfalls nicht unter der Textprämisse. Wenn der Humanoide sagt, ich identifiziere mich als Mensch, dann sehen harte Sozialkonstruktivisten alt aus, wenn sie das argumentativ ablehnen wollen. :mrgreen:



Als ich vierzehn war, war mein Vater so unwissend. Ich konnte den alten Mann kaum in meiner Nähe ertragen. Aber mit einundzwanzig war ich verblüfft, wieviel er in sieben Jahren dazu gelernt hatte. (Mark Twain)

Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23270
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Di 31. Jan 2023, 09:10

sybok hat geschrieben :
Mo 30. Jan 2023, 22:47
Ihr schreibt ständig mit einem Absolutheitsanspruch.
Hmmm. Das sehe ich nicht so. Im Gegenteil, ich habe meine Position mehrfach ausführlich begründet. Hier eine sehr kurze Skizze: Ich habe zum Beispiel einen Vorschlag für eine Definition von "Intelligenz" gemacht. Dieser Vorschlag hat den Vorteil, dass er mit vielen anderen gängigen Definitionen von "Intelligenz" übereinstimmt oder ihnen zumindest sehr nahekommt. Ich habe diesen Vorschlag also nicht einfach "absolut" gesetzt, sondern versucht, ihn auf verschiedene Weise plausibel zu machen.

Auch die Vorstellung, dass Intelligenz mit Emotionalität zusammenhängt, habe ich nicht absolut gesetzt, sondern durch eine Reihe von Befunden aus der einschlägigen Literatur, auch aus der KI-Forschung, untermauert. Darüber hinaus habe ich versucht, den (begrifflichen) Zusammenhang von Intelligenz und Leben mit philosophischen Positionen plausibel zu machen, insbesondere mit dem semantischen (biologischen) Externalismus.

Meiner Meinung nach habe ich eine kohärente Argumentation vorgelegt, die ich durch Verweise auf Quellen, Videos, Literatur und vor allem Beispiele untermauert habe.




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23270
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Di 31. Jan 2023, 09:30

sybok hat geschrieben :
Mo 30. Jan 2023, 22:47
erkläre mal exakt
Erkläre einmal exakt, was 'erklären' ist. Erkläre mal exakt, was 'exakt' ist. Ich könnte das anhand deines Textes beliebig fortsetzen. Wir wissen von sehr vielen, wenn nicht von den meisten Begriffen nicht, was sie exakt bedeuten. Ich weiß nicht exakt, was ein Baum ist, aber ich kann über Bäume sprechen. Ich weiß nicht exakt, was Liebe ist, und doch kann ich erfahrungsgesättigt darüber sprechen. Wenn wir alles, worüber wir reden, exakt kennen müssten, kämen wir gar nicht in die Sprache hinein, könnten Kinder nicht lernen, was eine Miau ist, weil niemand exakt weiß, was Leben ist, und Katzen sind schließlich Lebewesen.

Die meisten (wenn nicht alle) Begriffe sind vage. In der Forschung gelingt es vielleicht manchmal, Präzisierungen vorzunehmen, aber das wäre gar nicht möglich, wenn wir zuvor schon exakt wissen müssten, was die Begriffe bedeuten. Die Präzisionen stehen nämlich oft erst am Ende der Forschung, und vorher wüsste man (gemäß dieser Vorstellung) schließlich gar nicht, wovon man spricht. Wusste man nicht, was Wasser ist, bevor man seine chemische Struktur entdeckte? (Schlimmer noch: Ist Wasser überhaupt H₂O? Wir wissen es nicht exakt. Fließt nicht Wasser - aber kein H₂O - in Flüssen und Bächen?)

Ich habe (wie im vorigen Beitrag angedeutet) eine ganze Reihe von konzeptionellen Vorschlägen zu diesem Thema gemacht. Sie mögen Deinen Ansprüchen an Exaktheit vielleicht nicht genügen, aber sie sind meines Erachtens gut miteinander verknüpft und durch nachvollziehbare Begründungen gestützt.




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23270
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Di 31. Jan 2023, 09:45

Lucian Wing hat geschrieben :
Di 31. Jan 2023, 08:37
Das Leben ist im postmodernen Duktus ein Narrativ
Eine Verständnisfrage, da du mehrfach (in verschiedenen Fäden) die Postmoderne erwähnt hast: Leben wir deiner Meinung nach in der Postmoderne?




Benutzeravatar
Lucian Wing
Beiträge: 790
Registriert: Do 7. Jul 2022, 18:40

Di 31. Jan 2023, 10:28

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 31. Jan 2023, 09:45
Lucian Wing hat geschrieben :
Di 31. Jan 2023, 08:37
Das Leben ist im postmodernen Duktus ein Narrativ
Eine Verständnisfrage, da du mehrfach (in verschiedenen Fäden) die Postmoderne erwähnt hast: Leben wir deiner Meinung nach in der Postmoderne?
Dein * ist ja eines der Symbole dafür, ebenso die Diskussionen um "Anerkennung" (zum Beispiel beim Geschlecht). Anerkennung ist ja eine reine textbasierte Geschichte, es geht nicht darum, ob etwas einer objektiven Tatsache in der Welt entspricht, sondern darum, dass man eine oft auf Gefühlen basierte Idee und Gefühle schon als valide Argumente in der Sache selbst akzeptiert. Und genau das, so ist meine These, wird sich bei der KI als eine Falle herausstellen. Ich habe gestern noch einmal den kleinen Abschnitt Turings über die menschliche Maschine gelesen - das ist im Prinzip vom Muster her eben genau so, wie der harte Sozialkonstruktivismus funktioniert. Nämlich rein übers Narrative.

Und in Sachen KI ist das dann viel einfacher, weil weder du noch ich noch sonst jemand Bewusstsein und die Erste-Person-Perspektive objektiv erklären kann. Also sind wir auf Narrative über Verhalten und Gefühle angewiesen, womit die Frage der Anerkennung wieder einmal moralisch und nicht wissenschaftlich gelöst werden wird. Was sagt, es fühle und identifiziere sich als Mensch, lässt man auf dieser narrativen Basis dann als Mensch "gelten", erkennt es an. Wie will man mit Judith Butler oder Richard Rorty & Co. denn argumentieren, um das zurückweisen? Warum soll der humanoide Roboter nicht Teil der postmodernen Vielfalt sein? Du kannst ja die Gebundeheit von Intelligenz an eine verkörperte Subjktivität, an eine bestimmte Substanz nicht objektiv beweisen, eben weil wir keinen Zugang zur ersten Person haben. Daher sollte man aus meiner Sicht den Begriff beerdigen und sich auf das Adjektiv einerseits und die praktischen ethischen Fragen andererseits konzentrieren.



Als ich vierzehn war, war mein Vater so unwissend. Ich konnte den alten Mann kaum in meiner Nähe ertragen. Aber mit einundzwanzig war ich verblüfft, wieviel er in sieben Jahren dazu gelernt hatte. (Mark Twain)

Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23270
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Di 31. Jan 2023, 10:40

Ich befürchte, ich kann dir nicht folgen :-(

Ich meinte etwas ganz anderes. Du hast dich wiederholt auf die Postmoderne bezogen. Richtig? Und ich will nur wissen, ob du der Ansicht bist, dass wir in der Postmoderne leben. Das ist schon alles.




Antworten