Können Apps etwas wissen?

Es gibt heute kaum Bereiche des alltäglichen Lebens, die nicht in irgendeiner Weise mit dem World-Wide-Web zusammenhängen. Das Gleiche gilt für "künstliche Intelligenz". Was hat die Philosophie dazu zu sagen?
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Alethos
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Mi 23. Mai 2018, 12:36

Tommy hat geschrieben :
Mi 23. Mai 2018, 09:55
Alethos hat geschrieben :
Mi 23. Mai 2018, 00:11
Dein Einwand ist sicherlich richtig, nur zielt er an dem vorbei, was ich sage. Ich vertrete keinen Naturalismus und halte den Menschen deshalb auch nicht für ein komplexes biophysisches toasterähnliches (oder einer sonstigen Apparatur ähnliches) Geschöpf.
Aber Dein Argument geht doch so: Wenn alles der selben Physik unterworfen ist, dann kann auch alles potentiell etwas wissen... so wie der Mensch. Es ist letztlich nur eine Frage der Komplexität.
Oder?
Nein, ich denke zwar, dass Wissen eine Frage der Komplexität ist, aber nicht eine Frage des physischen Verursachtseins. Ich reduziere Wissen nicht auf die materiellen Aspekte, die sich im Hirn manifestieren. Ich betreibe keinen Physikalismus, wenn ich sage, dass es ohne Hirn keine Kognition gibt, denn ich setze das Hirn ja nicht als hinreichende Bedingung für Wissen. Ich glaube sogar, das Hirn ist nicht einmal eine notwendige Bedingung für Wissen.

Ich denke, dass Wissen relational konstituiert wird, d.h. es sich einstellt, wo Systeme Komplexität ausbilden. Das kann biologische, aber auch technologische manifestierte Komplexität sein. aber sie ergibt sich ja nicht aus dem Stoff, sondern aus dem ineinander Wirken der Beziehungen in diesen Relationen. Wissen ist also nicht materiell fundiert, es ist holistisch 'erzeugt' (um Jörns Ausdruck zu wählen). Es braucht notwendigerweise materielle Trägersysteme, sie sind aber nicht konstitutiv für Wissen als solches.




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Jörn Budesheim
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Do 24. Mai 2018, 08:24

Schnädelbach hat geschrieben : [...] (3) Wissen ist wahre, gerechtfertigte Überzeugung.

Seit dem berühmten Aufsatz von Edmund L. Gettier, Is justified True Belief Knowledge? (vgl. Bieri, 91 ff.), der schlagende Bei­spiele dafür enthält, daß (3) unvollständig ist und keine hinrei­chenden Bedingungen für Wissen angibt, ist auf die Verbesse­rung dieser Definition sehr viel Scharfsinn verwandt worden. Heute geht man davon aus, daß solche Definitionen ungeeignet sind, alle denkbaren Gegenbeispiele auszuschließen, so daß man sich zufriedengeben muß, wenn damit die meisten paradigmati­schen Fälle der Begriffsverwendung berücksichtigt sind. (Vgl. Bieri, 77 f.) Es ist bemerkenswert, daß sich diese Standardformel bereits in Platons Dialog Theätet findet. Nachdem die Dialogpartner die erste These, Wissen sei Wahrnehmung, verworfen haben, erpro­ben sie den Satz, Wissen sei wahre Meinung (griech. doxa), um dann mit dem angedeuteten Zufallsargument als Zusatz einen logos zu fordern. Dieses Wort meint dasjenige, womit man »Rede und Antwort stehen« kann (vgl. Theät 201c ff.); meist wird es mit "Erklärung" übersetzt, meint aber nicht die Antwort auf Fragen nach Ursachen, sondern nach den Gründen, deretwegen man eine Meinung für wahr hält. Also sei Wissen wahre Mei­nung mit einer Begründung, und wenn man "doxa" (mit Recht) mit "Überzeugung" übersetzt und den begründenden logos als Rechtfertigung auffaßt, ist man wieder bei (3) angelangt. Gleich­wohl verwirft Platon auch diese Formel, so daß der Dialog aporetisch, d.h. ohne positives Ergebnis ausgeht. ...
"Natürlich" sind sich die Philosophen keineswegs so einig, wie Schnädelbach es hier anzudeuten scheint. Markus Gabriel spricht in "Die Erkenntnis der Welt, Eine Einführung in die Erkenntnistheorie" schlicht vom "Scheitern der kriteriellen Definition von 'Wissen'". Interessant ist auch, dass er den Einwand, den Platon "sich selbst" macht komplett anders (und vor allem deutlich ausführlicher) rekonstruiert als Schnädelbach. Zudem startet Gabriel sehr detailliert mit Platon und seinen Motiven, den Begriff zu hinterfragen, während Schnädelbach diesen Punkt eher als Randnotiz behandelt.

Wie auch immer. Schalten wir zurück ins Hauptstadtstudio :-)
Herr K. hat geschrieben :
Fr 11. Mai 2018, 15:42
"Wissen: wahre, gerechtfertigte Auffassung". Diesbezüglich scheinen sich hier alle noch einig zu sein.
Alethos hat geschrieben :
So 20. Mai 2018, 14:21
Ich sage, dass Wissen, in den basalsten Grundzügen, Informationen verarbeitendes Tun ist.
Tosa Inu hat geschrieben :
Mo 21. Mai 2018, 18:23
Wiki hat geschrieben : Die biologische Wissenschaft, die sich mit der biochemischen Informationsspeicherung und den Regeln ihrer Übertragung von Generation zu Generation befasst, ist die Genetik.
Erstaunlich an unserer Diskussion ist, dass in ihrem Verlauf Schritt für Schritt alle drei Punkte der traditionellen Bestimmung (von verschiedenen Usern) mit verschiedenen Begründungen eingezogen wurden. Hier ein paar Beispiele. Ich nummeriere durch, damit man weiß, wovon ich in der Aufzählung spreche. Wissen ist (1) wahre, (2) gerechtfertigte (3) Überzeugung.
  1. Wahrheit wird meines Erachtens bereits dann eingezogen, wenn der Begriff "Information" als naturalisierter verwendet wird. Etwa indem von "biochemischer Informationsspeicherung" gesprochen wird oder simplen "Wenn ..., dann ..." Funktionen". Den Grund dafür gibt Detel: "Dieser Repräsentationsbegriff erlaubt es nicht zu formulieren, was eine Fehlrepräsentation ist." Mit anderen Worten: der Unterschied zwischen "wahr" und "falsch" geht damit verloren. Alethos macht zwar geltend, dass er am Wahrheitsbegriff festhalten will, aber sehe dafür keine Argumente, die die Einwände von Detel (und Janich) entkräften.
  2. Rechtfertigung wurde eingezogen, weil damit angeblich implizites Wissen aus dem Spiel sei und man angeblich das Wissen der Tiere nicht mehr berücksichtigen kann.
  3. Überzeugung/Ansicht/Meinung wurde eingezogen, weil Apps Wissen zugesprochen wurde. Doch Apps haben weder (Ich noch Du-)Bewusstsein, noch Sprachfähigkeit, noch eine andere Eigenschaft, die uns nahelegen könnte, dass sie so etwas wie wirkliche Ansichten und damit wirkliche (und nicht bloß als-ob) Intentionalität haben können.
Die Begriffe, die in der traditionellen Definition verwendet werden, stammen aus unserer Lebenswelt, aus unserer Praxis, darauf beziehen sie sich, das ist ihre Bedeutung. Lebenwesen haben oft Ansichten. Personen können sie sogar begründen. Nun werden diese Begriffe in vielen Disziplinen mehr oder weniger umstandslos aus diesem Bereich in den Bereich der Natur übertragen. Viele in diesem Thread folgen diesem Trend, wie mir scheint. (Wenn man anderer Ansicht ist, wird man gar als halsstarrig und besserwisserisch dargestellt.)

Aber dieses Im- und Exportgeschäft ist nicht ohne Preis zu haben, denn durch solche sprachlichen Importe gerät man leicht auf Irrwege, wie Peter Janich in "Was ist Information? - Kritik einer Legende" geltend macht. Es ist beispielsweise mehr als problematisch, Begriffe aus der Nachrichtentechnik mir nichts dir nichts auf das Gehirn anzuwenden: Aktionspotenziale oder ähnliches seien "Signale" liest man. Auf der Strecke bleibt dabei die "Wahrheit" wie auch Detel sehr deutlich macht. Das ist aber kein Kinkerlitzchen. Denn Signale, wir wir sie verstehen und nutzen, können wahr oder falsch sein. Signale sind bedeutsam, so Janich. Wer ein Signale übermittelt, der hat eine Absicht: er will anderen etwas mitteilen und dieser Andere interpretiert es und will es verstehen. Doch ein natürlicher Prozess zum Beispiel ein "Nervensignal" ist weder wahr noch falsch. Und zum Verstehen gehören viele verschiedene Fähigkeiten, man denke dabei an das "Principle of Charity". Die Kommunikationspartner brauchen dazu eine "Theory of Mind" und müssen den anderen als rationales, wahrheits- und irrtumsfähiges Subjekt verstehen.

Natürlich sind weder einzelne Nervenzellen noch Gruppen von ihnen handelnde Agenten oder Subjekte, die sich an andere Subjekte, also an Adressaten richten. Der Philosoph Peter Hacker und der Neurowissenschaftler Maxwell Bennett sehen darin einen sog "mereologischen Fehlschluss" bei dem von einem Teil etwas gesagt wird, was man nur vom Ganzen (was in den fraglichen Fällen mehr als die Summe der Teile ist) sagen kann. In ihrem Buch "Die philosophischen Grundlagen der Neurowissenschaften" - welches wir im Philosophieraum mal besprochen haben - legten sie eine grundlegende (und natürlich sehr kontrovers diskutierte) Sprachkritik der Hirnforschung vor. Für Bennett und Hacker ist es begrifflich unsinnig, das Gehirn zu psychologisieren. Meines Erachtens ist das eben skizzierte der problematische Zusammenhang, der auch unsere Diskussion "ergriffen" hat.




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Alethos
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Do 24. Mai 2018, 11:52

Tommy hat geschrieben :
Mi 23. Mai 2018, 22:53
Alethos hat geschrieben :
Mi 23. Mai 2018, 12:36
Tommy hat geschrieben :
Mi 23. Mai 2018, 09:55

Aber Dein Argument geht doch so: Wenn alles der selben Physik unterworfen ist, dann kann auch alles potentiell etwas wissen... so wie der Mensch. Es ist letztlich nur eine Frage der Komplexität.
Oder?
Nein, ich denke zwar, dass Wissen eine Frage der Komplexität ist, aber nicht eine Frage des physischen Verursachtseins. Ich reduziere Wissen nicht auf die materiellen Aspekte, die sich im Hirn manifestieren. Ich betreibe keinen Physikalismus, wenn ich sage, dass es ohne Hirn keine Kognition gibt, denn ich setze das Hirn ja nicht als hinreichende Bedingung für Wissen. Ich glaube sogar, das Hirn ist nicht einmal eine notwendige Bedingung für Wissen. Ich denke, dass Wissen relational konstituiert wird, d.h. es sich einstellt, wo Systeme Komplexität ausbilden.
Ok. Aber welche? Physikalische Komplexität hast Du ja gerade abgewiesen, bzw erklärt, dass Du den Menschen als wissendes Wesen nicht darauf reduzieren willst.
Es kann also nicht um "Schalter" und "noch mehr Schalter" im Kopf gehen.
Was ist es also für eine Komplexität, die Du meinst, und wo findet man die in Apparaten und Apps-Apparaten?
Ich möchte eigentlich Jörns Beitrag, den ich sehr gut finde, setzen und wirken lassen, aber kurz eingeschoben hier meine Ausführung.

Ich sage nicht, dass es keine Materialität braucht, sondern dass es nicht zwingend ein Hirn braucht für Wissen. Das müssen wir noch eingehend diskutieren, klar.

Materialität im Sinne von 'etwas überhaupt' bildet die Grundlage für Tatsachen. Ohne Dinge gibt es kein zueinander der Dinge in Beziehungen und daher auch keine Relationalität. Es sind aber die Relationen, die die Komplexität bilden durch ihr sinnrelationales Zueinander und nicht die Dinge selbst in ihrem an sich Sein.

Eine Zahl ist z.B. kein materielles Ding in Raum und Zeit, aber es ist wahr, dass 1 die Hälfte von 2 ist. 1 und 2 stehen in Relation zueinander und durch diese Relationen bilden sich Komplexitäten. Nun braucht es aber Zahlen, feststoffliche Dinge etc., damit überhaupt ein Zueinander der Dinge stattfinden kann. Und diese Dinge müssen meiner Meinung nach nicht biophysische Elemente sein, sondern können auch Zahlensysteme sein, logische Systeme oder technologische Funktionen.



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Alethos
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Do 24. Mai 2018, 11:57

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 24. Mai 2018, 08:24
  1. Wahrheit wird meines Erachtens bereits dann eingezogen, wenn der Begriff "Information" als naturalisierter verwendet wird. Etwa indem von "biochemischer Informationsspeicherung" gesprochen wird oder simplen "Wenn ..., dann ..." Funktionen". Den Grund dafür gibt Detel: "Dieser Repräsentationsbegriff erlaubt es nicht zu formulieren, was eine Fehlrepräsentation ist." Mit anderen Worten: der Unterschied zwischen "wahr" und "falsch" geht damit verloren.
Wie gesagt, ich halte das für einen sehr guten Beitrag.

Mir fällt aber auf, dass du hier den Begriff der ontischen Wahrheit verschwinden lässt. Wie kann über das, was ein Signal signalisiert, nicht wahr sein, dass es wahr ist? Ein Signal stellt ja keine Ansicht dar und macht keine Aussage, sondern ist und indem es ist, ist es wahr, eben ontisch wahr.



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Herr K.
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Do 24. Mai 2018, 17:21

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 24. Mai 2018, 08:24
Erstaunlich an unserer Diskussion ist, dass in ihrem Verlauf Schritt für Schritt alle drei Punkte der traditionellen Bestimmung (von verschiedenen Usern) mit verschiedenen Begründungen eingezogen wurden. Hier ein paar Beispiele. Ich nummeriere durch, damit man weiß, wovon ich in der Aufzählung spreche. Wissen ist (1) wahre, (2) gerechtfertigte (3) Überzeugung.
  1. Wahrheit wird meines Erachtens bereits dann eingezogen, wenn der Begriff "Information" als naturalisierter verwendet wird. Etwa indem von "biochemischer Informationsspeicherung" gesprochen wird oder simplen "Wenn ..., dann ..." Funktionen".
Weiß nun nicht so recht, was Du mit "naturalisierter Information" meinst, aber wieso sollte der Begriff "Wahrheit" eingezogen werden, wenn ein anderer Begriff wie auch immer verwendet wird? Information ist nicht Wahrheit, denn Information kann falsch sein, Wahrheit definitionsgemäß nicht. Dennoch aber hat Wissen auch mit Information zu tun, dasjenige, was gewusst wird, ist Information.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 24. Mai 2018, 08:24
2. Rechtfertigung wurde eingezogen, weil damit angeblich implizites Wissen aus dem Spiel sei und man angeblich das Wissen der Tiere nicht mehr berücksichtigen kann.
Rechtfertigung wurde nicht eingezogen, denn es war von Vorneherein gar keine Rechtfertigung vorhanden. Daraus, dass xy gerechtfertigt ist, folgt nicht, dass eine Rechtfertigung für xy vorliegen muss und es folgt erst recht nicht, dass eine Rechtfertigung vom Wissenden erbracht werden müsse.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 24. Mai 2018, 08:24
3. Überzeugung/Ansicht/Meinung wurde eingezogen, weil Apps Wissen zugesprochen wurde. Doch Apps haben weder (Ich noch Du-)Bewusstsein, noch Sprachfähigkeit, noch eine andere Eigenschaft, die uns nahelegen könnte, dass sie so etwas wie wirkliche Ansichten und damit wirkliche (und nicht bloß als-ob) Intentionalität haben können.
An diesem Punkt kommen Tiere ins Spiel, nicht bei Punkt 2: Tiere wie Hunde, Katzen, Ratten, Eichhörnchen haben sicher keine Sprachfähigkeit, sie sind mitnichten in der Lage, irgendetwas eloquent zu begründen und sollte das nun eine notwendige Bedingung für Wissen sein, dann fielen diese Tiere hier heraus.

Ob diese Tiere wirkliche Ansichten haben können, wäre wohl zu untersuchen.




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Jörn Budesheim
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Fr 25. Mai 2018, 07:06

@'Herr K.' du schreibst: Information kann falsch sein.

Genau das ist mein zentraler Punkt.

Nach meiner Sichtweise hat @'Alethos' in die Diskussion einen neuen Begriff eingeführt, der nach meinem bisherigen Verständnis von dem abweicht, was wir zuvor diskutiert haben. In unserem Alltagsverständnis verwenden wir den Begriff genau so, wie du es darstellst: Information kann falsch sein. Nun gibt es allerdings Informationsbegriffe, die von diesem Alltagsverständnis abweichen. Dazu hab ich vor wenigen Seiten ein paar Zitate recherchiert und auf die Argumentation von Janich hingewiesen - zumindest soweit ich sie verstanden habe, das Buch liegt mir nicht im Original vor.

Zunächst erst mal (beispielhaft) der Text von Detel:
Wolfgang Detel, in Grundkurs Philosophie, Band 3, Philosophie des Geistes und der Sprache hat geschrieben : [...]

Bärenspuren im Schnee sind beispielsweise natürliche Zeichen dafür, dass Bären über den Schnee gelaufen sind, denn Bären, und nur Bären, produzieren naturgesetzlich Bärenspuren im Schnee. Eine alternative Beschreibung dieses Zusammenhangs lautet, dass die bedingte Wahrscheinlichkeit, dass Bären über den Schnee gelaufen sind, falls Bärenspuren im Schnee sind, gleich 1 ist. An dieser Stelle wird gewöhnlich ein einfacher Informationsbegriff eingeführt. Man sagt, dass die Bärenspuren im Schnee die Information tragen, dass Bären über den Schnee gelaufen sind. Allerdings ist der Gehalt dieser Information nicht eindeutig, denn die Bärenspuren im Schnee tragen z. B. auch die Information, dass irgendwelche Tiere über den Schnee gelaufen sind. Und dass Bären über den Schnee gelaufen sind, trägt in diesem Fall natürlich selbst wiederum die Information, dass irgendwelche Tiere über den Schnee gelaufen sind. Der Gehalt der Information ist daher eher die spezifischste Information, die mit dem Zeichen oder Signal verbunden ist.

[...]

Natürliche Zeichen und Informationen
  1. Wenn Tatsache T naturgesetzlich (d. h. vermittels Naturgesetzen) Z produziert, und wenn Z durch nichts anderes als durch T naturgesetzlich produziert wird, dann ist Z ein natürliches Zeichen dafür, dass T der Fall ist.
  2. Wenn das natürliche Zeichen Z anzeigt, dass T der Fall ist, dann ist T die natürliche Bedeutung von Z
  3. Wenn p(TlZ) = 1 ist, dann trägt Z die Information, dass T der Fall ist. Z trägt die spezifischste Information, dass T der Fall ist, falls Z die Information trägt, dass T der Fall ist, und wenn es kein T* gibt, so dass Z die Information trägt, dass T* der Fall ist, und T* die Information trägt, dass T der Fall ist.
  4. Wenn Z die spezifischste Information trägt, dass T der Fall ist, dann ist T der natürliche Gehalt der Information; die von Z getragen wird.
  5. Z repräsentiert T im einfachen Sinne genau dann, wenn T die natürliche Bedeutung von Z oder der natürliche Gehalt der von Z getragenen Information ist.
  6. Dieser Repräsentationsbegriff erlaubt es nicht zu formulieren, was eine Fehlrepräsentation ist.

Wichtig ist dabei der letzte Punkt: Dieser Begriff (der natürlichen Information) erlaubt es nicht zu formulieren, was eine Fehlrepräsentation ist. Meines Erachtens ist das auch ein zentraler Aspekt für Janich. Bei diesem Begriff von Information fehlt das, was du oben als selbstverständlich voraussetzt, denn diese Art von Information kann nicht falsch sein. Sie unterscheidet sich in dieser Hinsicht von unserem lebensweltlichen Begriff in einem zentralen Punkt. Daher ergibt sich die Frage, ob man diesen Informationsbegriff einfach mit dem Informationsbegriff, den du oben verwendet hast, in einen Topf werfen kann. Würde man sagen, jede Information sei eine Information dieser natürlichen Art, würde man eine Naturalisierung des Informationsbegriffs betreiben.

Meine Kritik daran lautete: Information kann falsch sein.




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Jörn Budesheim
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Fr 25. Mai 2018, 08:27

Herr K. hat geschrieben :
Do 24. Mai 2018, 17:21
... denn es war von Vorneherein gar keine Rechtfertigung vorhanden.
Damit bestätigst du doch nur, was ich oben sage. Es gibt eine klassische Definition von Wissen. Und die drei Aspekte, die sie ausmachen, wurden in diesem Thread alle (mit verschiedenen Gründen, in verschiedenen Zusammenhängen) "eingezogen".




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Fr 25. Mai 2018, 09:09

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 25. Mai 2018, 08:27
Herr K. hat geschrieben :
Do 24. Mai 2018, 17:21
... denn es war von Vorneherein gar keine Rechtfertigung vorhanden.
Damit bestätigst du doch nur, was ich oben sage. Es gibt eine klassische Definition von Wissen. Und die drei Aspekte, die sie ausmachen, wurden in diesem Thread alle (mit verschiedenen Gründen, in verschiedenen Zusammenhängen) "eingezogen".
Nein, Herr K. sagt eben nicht, dass beim impliziten Wissen eine Rechtfertigung eingezogen wurden.
Zum impliziten Wissen gehört, dass von vorn herein keine Rechtfertigung gegeben wird, da man keine geben kann, andernfalls handelte es sich um explizites Wissen.

Allgemein:

Informationen können auch m.E. falsch sein, was aber ist jetzt der Punkt daran, was folgt daraus oder soll daraus folgen, für welches Argument?

Sie kann übrigens nicht nur falsch, sondern auch fehlerhaft sein. Falsch würde man eher im Begründungskontext verwenden, etwa wenn jemand eine Wegbeschreibung falsch verstanden oder gegeben hat. Von fehlerhaft könnte man bei einem Festplattenfehler oder einer Genmutation sprechen, wobei ‚Fehler‘ im weiteren Sinne ebenfalls ein Sprachspiel impliziert, da es bereits eine Bewertung ist. Eine Genmutation kann aber zur Folge habe, dass man mit einem angeborenen ‚Defekt‘ zur Welt kommt, Zellen mutieren, aber auch, dass eine als gelungen zu bezeichnende Anpassung stattgefunden hat, z.B. die Fähigkeit artfremde Milch verdauen zu können.

Die Kritik, dass Information zu sagen stets eine Naturalisierung sei, finde ich wenig plausibel. Information ist m.E. stets ein breiter Begriff gewesen, aus Physik, Informationstechnik, Biologie, Psychologie, Soziologie und Philosophie. Aber er findet sich eben auch in nichtsprachspielenden Systemen, die (nach landläufiger Meinung) nicht von einem intelligenter Wesen designed wurden und das findet man beispielhaft und geballt im Erbgut. Laut unserer atheistischen und naturalistischen Ausrichtung der Naturwissenschaft, ist hier kein Programmierer am Werk, dennoch ist der Zellkern voll mit Informationen, gemäß derer sich ein Organismus entwickelt.

Die zu klärende Frage beim Wissen wäre m.E. nach wie vor, wo, an welcher Stelle, mit welcher Begründung Wissen ins Spiel kommt.

Ist die Weitergabe von Informationen gleich der Weitergabe von Wissen?

Und wie ist es nun mit implizitem Wissen: Wollen wir es als echtes Wissen anerkennen oder nicht?
Viele Argumente der Kritiker eines breiteren Wissensbegriffs sprechen m.E. dem impliziten Wissen einfach ab, Wissen zu sein, ohne sich aber explizit dazu zu bekennen.
Wenn zwischen implizitem Wissen und einem Können einfachster Art, bei einer Lichtschranke eine wichtige Differenz liegt (was ich auch vermute), dann sollten wir die finden.
Die 100. Bekundung, dass das Gehirn kein Toaster ist – eine Behauptung, die schon deshalb nicht zurückgewiesen werden muss, weil sie niemand hier aufgestellt hat – ist dabei m.E. wenig hilfreich.
Zuletzt geändert von Tosa Inu am Fr 25. Mai 2018, 09:39, insgesamt 3-mal geändert.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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Fr 25. Mai 2018, 09:20

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 24. Mai 2018, 08:24
Erstaunlich an unserer Diskussion ist, dass in ihrem Verlauf Schritt für Schritt alle drei Punkte der traditionellen Bestimmung (von verschiedenen Usern) mit verschiedenen Begründungen eingezogen wurden.
Tosa Inu hat geschrieben :
Fr 25. Mai 2018, 09:09
Zum impliziten Wissen gehört, dass von vorn herein keine Rechtfertigung gegeben wird, da man keine geben kann, andernfalls handelte es sich um explizites Wissen.
Und damit wird doch einer der Punkte der klassischen Definition eingezogen, oder nicht? Sie besteht aus drei Zutaten, die hier alle infrage gestellt, zurück gewiesen, eingezogen wurden.




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Fr 25. Mai 2018, 10:38

"Meine Kritik daran lautete: Information kann falsch sein."

Ja, denn Bärenspuren können auch gefälscht sein.

Bärenspuren im Schnee sind also notwendige Bedingungen für im Schnee gelaufene Bären, aber keine hinreichenden.



king - man + woman = queen

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Fr 25. Mai 2018, 11:33

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 25. Mai 2018, 09:20
Und damit wird doch einer der Punkt der klassischen Definition eingezogen, oder nicht? Sie besteht aus drei Zutaten, die hier alle infrage gestellt, zurück gewiesen, eingezogen wurden.
Ja, ich kann einsehen, wie Du das meinst.

Aber wir sind ja hier mehr oder weniger von der Voraussetzung ausgegangen, dass die klassische Definition ohnehin nur begrenzt tauglich ist, da viele ja meinen, es würde doch hinreichend komplexes Verhalten herausfallen, dass zumindest in die engere Wahl kommt, wenn es um Wissen geht.
Also: Wie wäre ein nichtdiskursiver Begriff des Wissens zu rechtfertigen, abzüglich dessen, dass wir natürlich mit Begriffen darüber reden, was für uns unvermeidlich ist?
Aber, das machte Brandom ja schön klar: Wir, mit der reicheren Sprachpraxis, können - und müssen - den diesbezüglich ärmeren Systemen ohnehin die Fähigkeit zu wissen zuschreiben oder absprechen. Die App hat, ob sie nun über Wissen verfügt, oder nicht, ohnehin nicht das Problem, klarstellen zu wollen, ob sie nun weiß, oder nicht, dass Problem haben allein wir, die wir verstehen wollen.

Da die klassische Wissensdefinition zwei Begriffe beinhaltet, die man nun nachweislich nicht verbindlich in dem Sinne klären kann, dass sich alle (nicht mal alle, die hinreichend einsichtig sind) darauf einigen können, nähmlich 'wahr' und 'gerechtfertigt', ist Wissen in dieser Form eh schwer zu bestimmen. Dann würde ich mich aber auch nicht fortwährend darauf berufen.

Dennoch fiele man beim Verzicht auf den Wissensbegriff gleich wieder auf den performativen Selbstwiderspruch zurück, ein Wissen hinsichtlich unseres Nichtwissens zu beanspruchen. Ein recht originelles Modell geht aus Brandoms Ansatz hervor, bei dem jemand dann rational agiert (und damit etwas weiß), wenn ich als rationaler und wissender Agent das Argument oder Handlungsmotiv eines anderen in dem Sinne nachvollziehen kann, dass seine Gründe dann gut sind, wenn seine Prämissen auch die meinen wären und ich sie nachvollziehen kann. Ich kann auch dann verstehen, dass jemand in seiner Mittagspause öfter in ein nahes Fischrestaurant geht, wenn ich gar keinen Fisch mag.
Das Problem ist nur, dass ich auch dann in/hinter den Abläufen der Natur einen rationalen Agenten vermuten kann, wenn es diesen gar nicht gibt.

Nach meinem Empfinden ist keine der Theorien, die mit und die ohne Schöpfer, irrational, man geht eben von unterschiedlichen Prämissen aus.
Naturalisten verwerfen die Prämisse des Schöpfers und haben als Bonus, dass ihre Theorie schlanker ist und bis in die jüngste Vergangeneit vieles ebenso gut (wenn nicht besser) erklären konnte.
Theisten meinen aktuell Aufwind zu haben, da der Naturalismus an einigen Ecken schwächelt, aber, ob dies nun stimmt oder nicht (dass sie deshalb Aufwind haben), irratonal ist ihr Ansatz nicht.
Die Folgerichtigkeit der Prämissen gibt m.E. Auskunft über die Frage, ob eine Überzeugung gerechtfertigt ist, ob die Prämissen allerdings stimmen, kann bis dato niemand sagen.
Aber die logische Folgerichtigkeit von etwas (egal ob oder wie man das nun begründet: Herr K. merkte ja an, dass etwas auch dann auf Wissen beruhen kann, wenn jemand sich nicht rechtfertigt), ist im Kern eine "Wenn ..., dann ..." Operation.

Ob nun jemand oder etwas auf Anforderung Spaghetti Carbonara korrekt zubereitet, das passende Antibiotikum raussucht oder eine Tanne erkennt, der Kern des Wissens, meinetwegen über die passenden Informationen zu verfügen und diese nach Bedarf auszuspucken, ist doch erst mal identisch. Die App, der Zellkern oder Botanikprofessor, sie alle können das.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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Fr 25. Mai 2018, 11:42

Tommy hat geschrieben :
Fr 25. Mai 2018, 11:24
Gerade Du hast ja immer wieder versucht Ähnlichkeiten zwischen z.B. Computerschaltern und dem was im Gehirn passiert herzustellen um dann sagen zu können, dass das im Prinzip das Selbe ist und deshalb man auch in beiden Fällen von einem wissenverarbeitenden System sprechen kann.
Nein.

Ich habe nur Deine, nach wie vor falsche Argumentation, eine Nervenzelle sei etwas vom Prinzip anderes als ein Schalter, bei der Du Dich ausgerechnet noch auf das Aktionspotenzial berufen hast, das Schalterhafteste, was man in der Biologie überhaupt finden kann, zurückgewiesen.
Darüber hinaus, glaube ich nicht, dass ein Gehirn größere Ähnlichkeiten mit einem Computer hat.

Wenn jemand sagt, die Grünen seien radikale Atomkraftbefürworter, dann kann man das als falsch zurückweisen, ohne, dass daraus irgendwas über die eigene Einstellung zur Atomkraft oder den Grünen ersichtlich wäre. Man weist dann nur die falsche Vermutung zurück, dass die Grünen Atomkraftbefürworter seien.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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Fr 25. Mai 2018, 12:16

@ 'Tommy':

Mir ist das im Grunde wurscht, ich sehe nur nicht, was für unsere Diskussion daraus folgen soll.
Wenn wir beide annehmen, dass das Gehirn kein Computer ist, warum genau auch immer und der Mensch etwas wissen kann, dann folgt daraus einfach nicht, dass der Computer (oder die App) darum nichts wissen kann, weil er kein Mensch (oder Gehirn) ist und es folgt auch nicht, dass er nichts wissen kann, weil er keine Gründe angibt.
Die implizite Behauptung hier lautet in beiden Fällen, dass nur der Mensch (oder sein Gehirn) etwas wissen kann, wenn man die Prämisse damit auch begründet ist das ein Fehlschluss, eine petitio principii.
Und die Aussage: Nur der Mensch kann wissen, weil ein Computer kein Gehirn ist (oder eine Nervenzelle kein Schalter) ist überhaupt keine Begründung.

Und mit Prinzip meine ich nicht die Biologie, sondern das Prinzip des folgerichtigen Schließens. Ob die Basis nun Kohlenstoff oder Silizium ist: Was ist hier der Unterschied, der es rechtfertigt zu sagen, dass sei alles ganz anders?



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Fr 25. Mai 2018, 12:47

Tommy hat geschrieben :
Fr 25. Mai 2018, 12:26
Ok. Dann erkläre ich dir nochmal meinen Ansatz: Ich argumentiere nämlich so, dass der Grund dafür, dass wir was wissen in unserer "Architektur" liegt. Ich stelle die Überlegung in den Raum, dass "etwas zu wissen" eine (ausschliessliche) Fähigkeit biologischer Systeme sein könnte.
Computer wissen eben deshalb nichts, weil sie ganz anders funktionieren.
Deshalb ist es auch entscheidend festzuhalten, dass sie tatsächlich ganz anders funtkionieren. Sie sind nicht mit biologischen Systemen vergleichbar (und zwar auf keiner Ebene).
Das ist mir schon klar, nur fehlt eben das Argument, auch hier wieder.
Du erkennst den Unterschied zwischen Behauptung und Begründung nicht.

Dein Argument lautet (analog): Milch ist gesund und Orangensaft ist ja wohl erkennbar keine Milch.
Das stimmt, aber daraus folgt, auch wenn es sich zunächst so anhören mag, nichts über die Gesundheit von Orangensaft. Irgendwie könnte das Argument hier heißen, dass nur Milch gesund ist, aber warum das so sein sollte und Orangensaft nicht dennoch gesund sein kann (auch wenn er keine Milch ist) wird nie aufgeklärt.

Tommy hat geschrieben :
Fr 25. Mai 2018, 12:26
Wenn wir beide annehmen, dass das Gehirn kein Computer ist, warum genau auch immer und der Mensch etwas wissen kann, dann folgt daraus einfach nicht, dass der Computer (oder die App) darum nichts wissen kann, weil er kein Mensch (oder Gehirn) ist und es folgt auch nicht, dass sie nichts wissen kann, weil sie keine Gründe angibt.
Doch, das würde dann folgen, wenn "etwas wissen können" eine ausschliessliche Fähigkeit biologischer Systeme wäre.
Richtig, nur ist das eben eine Behauptung, zu der die Begründung fehlt.
Ich kann auch sagen, nur Gott verfügt über wahres Wissen.
Tommy hat geschrieben :
Fr 25. Mai 2018, 12:26
Ob das so ist weiß ich nicht.
Dann ist das aber eine Spekulation, kein Argument.
Tommy hat geschrieben :
Fr 25. Mai 2018, 12:26
Aber ich weiß zum Beispiel, dass ich nie fliegen werde können wie die Vögel, weil ich nun mal einfach kein Vogel bin.
Frag mal die Libelle, die ist auch kein Vogel.
Tommy hat geschrieben :
Fr 25. Mai 2018, 12:26
Und so werden Computer - so wie sie jetzt existieren - auch nie was wissen, weil sie eben die dafür nötigen Vorausetzungen nicht haben.
Sie können so tun als ob. Das ist aber nicht das selbe.
Mag sein, aber wie begründest Du den abermals behaupteten Unterschied?

Wenn ich nun sage, dass nur weiße europäische Männer denken können, alle anderen tun nur so als ob, was würdest Du entgegnen?
Tommy hat geschrieben :
Fr 25. Mai 2018, 12:26
Die implizite Behauptung hier lautet in beiden Fällen, dass nur der Mensch (oder sein Gehirn) etwas wissen kann, wenn man die Prämisse damit auch begründet ist das ein Fehlschluss, eine petitio principii.
Quatsch. Es ist kein Fehlschluß, wenn man die Vermutung aufstellt, dass die Fähigkeit etwas zu wissen eine Fähigkeit ist, die biologischen System vorenthalten ist. Was fehlt wäre eine Erklärung warum das so ist, also was genau biologische Systeme dazu befähigt.
Richtig und solange Du die nicht angeben kann, ist es eine Behauptung, begründest Du mit dieser (was Du tust), ist es eine petitio principii.
Tommy hat geschrieben :
Fr 25. Mai 2018, 12:26
Meine Vermutung ist, dass das eben was damit zu tun hat wie unser Denkapparat aufgebaut ist.
So wie die Fähigkeit der Vögel zu fliegen etwas damit zu tun hat, dass sie Federn und hohle Knochen haben.
Das ist aber so unbefriedigend wie die Behauptung des Biologisten, dass Gründe irgendwas im Kopf sein müssen (was durchaus sein kann), weil man sich nichts anderes vorstellen kann, das Denken irgendwie ja mit neuronaler Aktivität zu tun hat und beim Schlaganfall das Begründen schon mal ausfallen kann.
Das ist ein "irgendwie so und außerdem wisst ihr anderen es ja selbst nicht besser" Argument, was eben keins ist.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

Tosa Inu
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Sa 26. Mai 2018, 08:16

Tommy hat geschrieben :
Sa 26. Mai 2018, 01:04
Oder allgemeiner formuliert: Wir spekulieren hier alle nur rum, weil nix Genaues weiß man nicht.
Jein.
Philosophie bedeutet gerade nicht einfach zu spekulieren, sondern, das systematisch zu tun.
Das ausschließen, was man begründet ausschließen kann und das sind eben die Fehlschlüsse und das festhalten, was gesichert ist.
Tommy hat geschrieben :
Sa 26. Mai 2018, 01:04
Logisch ist das was ich sage vollkommen korrekt. Ob es auch inhaltlich korrekt ist, ist eine andere Frage.
Ja, aber auch das muss man eben klären.
Tommy hat geschrieben :
Sa 26. Mai 2018, 01:04
Dein Missverständnis ist hier einfach, dass Du meinst die Ausgangsfrage wäre ob Wissen auch woanders vorkommen kann als nur in biologischen Systemen (Dein Vorwurf lautet also, dass ich das was zu klären wäre schon voraussetze)
Das ist kein Missverständnis, sondern die Threadfrage, ob Apps etwas wissen können.
Tommy hat geschrieben :
Sa 26. Mai 2018, 01:04
Das ist aber nicht meine Frage, sondern meine Frage ist ob Computer etwas wissen können. Und meine These dazu lautet: Nein, können sie nicht, wenn davon ausgegangen wird, dass "etwas wissen" eine Fähigkeit ist, die nur lebende, biologische Systeme hervorbringen.
Mein Problem wiederum ist, dass ich nicht erklären kann wie lebende, biologische Systeme überhaupt Wissen hervorbringen.
Ich vermute es hat was damit zu tun, dass sie eben "lebend" und "biologisch" sind. Zwei Eigenschaften die Computer nicht haben.
Diese Vermutung ist aber zu unpräzise und zu unbegründet, um durchgewunken zu werden.
Deine Behauptung, dass nur biologische Systeme wissen können, ist ja stark, da sollte dann schon eine Begründung folgen, die das auch trägt. 'Irgendwas mit Leben', ist einfach keine Begründung.
Tommy hat geschrieben :
Sa 26. Mai 2018, 01:04
Begründe Du doch mal das es nicht so ist. Du behauptest ja das Gegenteil, nämlich das "Wissen" nicht nur auf biologische Systeme beschränkt wäre.
Das kannst Du aber genauso wenig beweisen wie ich das Gegenteil beweisen kann.
Nein, das behaupte ich nicht. Ich will einfach die zentralen Begriffe klären, wenn Wissen der Kernbegriff ist, um den es hier geht, dann muss dringend geklärt werden, was Wissen ist.
Es bringt einfach nichts zu sagen, dass Computer etwas wissen, sei völlig ausgeschlossen, aber was Wissen ist … keine Ahnung.
Tommy hat geschrieben :
Sa 26. Mai 2018, 01:04
Ich kann auch sagen, nur Gott verfügt über wahres Wissen.
Zwischen biologischen Systemen und Gott besteht glaube ich ein Unterschied.
Ob Gott irgendwas weiß wissen wir nicht, noch ob es Gott überhaupt gibt.
Dass wir (also biologische Systeme) existieren und was wissen, wissen wir hingegen sehr wohl.
Bislang behaupten wir nur vom Menschen, dass er weiß und machen das daran fest, dass er sein Wissen erläutern kann, d.h. konkret, sich bei einer aufgestellten Behauptung, auf weitere Behauptungen, die aus der ersten logisch oder inferentiell folgen, festgelegt weiß. Wer behauptet, etwas sei rot, weiß, dass er eine Aussage über eine Farbe gemacht hat (und nicht über den Geruch), weiß, dass er damit behauptet, Farben erkennen und unterscheiden zu können, weiß, dass er damit gesagt hat, dass etwas nicht gelb oder grün ist. Wenn auch nur der (theoretische) Philosoph explizit an dem interessiert sein muss, was man tut, wenn man behauptet, so weiß doch jeder implizit um diese Regeln. Denn das Spiel des Gebens und Nehmens von Gründen meint genau das, plus weitere Feinheiten, die wir auch alle kennen, ohne sie explizit machen zu können oder zu müssen.
Wie Herr K., der sehr gutes Deutsch schreibt, ohne die grammatikalischen Regeln explizit zu kennen, denen er folgt. Genau so hat unsere Kommunikation noch eine Unzahl weiterer soziologischer, psychologischer und eben auch philosophischer Regeln, die wir still beherrschen, ohne sie genau benennen zu können.
Tommy hat geschrieben :
Sa 26. Mai 2018, 01:04
ich sage ja nicht, dass Wissen dem Menschen vorbehalten wäre, sondern biologischen Systemen.
Da sind deine Tierchen mit einbegriffen. Leblose Computer allerdings nicht.
Das wissen wir ja nicht und wollen es untersuchen. Da wir aber immer noch nicht wissen, was Wissen ist, müssen wir Schritt für Schritt vorgehen.
Wir wissen, dass es Wissen gibt. Schon das ist nicht selbstverständlich, ergibt sich aber logisch, aus der Gegenannahme. Wer behauptet, dass es kein Wissen gibt oder der Mensch nichts wissen kann, beansprucht damit Wissen und widerspricht sich selbst. Oder er beansprucht kein Wissen und hat also nur ein Geräusch produziert, was wir vergessen können.
Also: Es gibt Wissen. Von uns wissen wir, dass wir wissen können und das mit der Begründung ist schon gut, wir können es im Grunde durchwinken. Wer versteht und begründen kann, was er macht und sagt und sich auf die Konsequenzen, nämlich (im Zweifelsfall) Begründungen zu geben, festgelegt fühlt, ist wissend.
Aber jetzt kommt das erste dicke Problem: Implizites Wissen. Alles sieht so aus, als ob jemand, der über implizites Wissen verfügt nicht einfach wahllos und zufällig herum probiert und würden wir den Betreffenden fragen, würde er auch eher sagen, er sei seiner Intuition gefolgt, so einem schwer zu beschreibenden Gefühl. Damit kommt man gut durchs Leben und wenn man einen guten Zugang zu seiner Intuition hat, sogar tendenziell besser als andere. Allerdings kann man Intuition begrifflich schwer fassen, vor allem überhaupt nicht klar begründen. Könnte man das, wäre es explizites Wissen. Nun ist man sich in der Forschung halbwegs einig, dass Intuition eben vor allem bei Menschen mit sehr viel Erfahrung auf einem Gebiet vorkommt, die halbbewusst bemerken, dass hier irgendwas anders ist als sonst, ohne es genauer spezifizieren zu können. Irgendwas stimmt halt nicht. Aber er Philosoph kann hier nicht zufrieden sein, weil das keine philosophisch gute Begründung ist.
Also, was tun wir? Dem erfahrenen Feuerwehrmann, der sagt, dass man raus muss, weil das Haus gleich einstürzt, dem Chefoperateur, der heute anders ansetzt, als sonst und als im Lehrbuch erläutert, dem Leistungssportler, der das Gefühl hat, genau jetzt sei der Moment zur Attacke gekommen oder der die Aktionen des anderen antizipiert einfach unterstellen, er habe letztlich keine Ahnung von dem, was er tut? Schwierig. Wenn wir ihm aber zugestehen, im Grunde sehr gut und genau zu wissen, was er tut, ist es wiederum schwer zu behaupten, implizites Wissen sei nichts wert.
Gestehen wir aber jemandem zu, dass er, wenn er über implizites Wissen verfügt, tatsächlich etwas weiß, können wir schlecht sagen, ja der Chefarzt schon, aber die Katze nicht. Oder, wir müssten abermals begründen, warum. Eine gute Begründung ist immer der praktische Erfolg. Den hat der Chefarzt, der als der beste Operateur im Haus gilt, sicher auf seiner Seite, die Katze, die reihenweise Mäuse fängt, aber eben auch. Zu sagen, dass sie erfolgreich und dauernd Mäuse fängt, aber kein Wissen vom Mäusefangen hat, weil sie darüber kein Kurzreferat hält, ist schwierig. Also, implizites Wissen, ja oder nein?
Auf die Entscheidung ist man nicht festgelegt, auf die Folgen aus der Entscheidung aber sehr wohl, inferentiell.
Sage ich ja, ist die Katze mit im Boot, sage ich nein, stehen auch der erfahrene Arzt, Feuerwehrmann, Psychotherapeut, Sportler, Pädagoge, Sprengstoffexperte … Diagnostiker in jeder Hinsicht vor der Tür.

Wenn nun implizites Wissen echtes Wissen ist, muss man klären, was implizites Wissen ausmacht. Brandoms VURDs beschreiben das ganz gut: über verlässliche unterscheidende responsive Dispositionen zu verfügen, also auf Anforderung, zuverlässig das „Richtige“ zu tun, ist da gar nicht schlecht und wenn einen etwas stört muss man sagen, was einen daran stört. Winkt man das durch, ist allerdings die App, die Eiche, Buche und Tanne zuverlässig unterscheidet, ebenfalls an Bord.

Ob die nun lebt, wie sie an ihr ‚Wissen‘ gekommen ist, ist an dieser Stelle zu vernachlässigen, da man sein Bauchgefühl eben auch hier nicht begründen kann. Ich würde den Blick auch nicht auf die Hardware richten, weil ich z.B. nicht sehe, warum nur die Biologie etwas hervorbringen sollte, was andere, nichtbiologische Systeme ebenso gut der besser können.
Ich hatte ja Beispiele für problematische Sätze gebracht:
Wenn man von Taschenrechner, Schachcomputer, der Pilze App, dem Navi … behaupten kann, dass es nichts weiß, aber alles besser kann, als ich selbst, der etwas weiß, ist das ein Widerspruch oder ist müssten Wissen radikal vom Können abtrennen, womit wir wieder beim Punkt davor wären, dem impliziten Wissen.
Ich würde bei der Frage nach Wissen, den Blick auf die logische Operation richten: Zuverlässig, auf Anforderung das Richtige in einem bestimmten Kontext zu tun, ist m.E. das Ausführen einer „Wenn, … dann …“ Operation, zu der die Fähigkeit zu Unterscheiden gehört.
Diese Eigenschaften kennzeichnen m.E. in gleicher Weise die Eigenschaften einer App und die Verhaltensweise einiger Tiere, vor allem, wenn in ihnen eine bestimmte komplexe Reaktion auf einen Schlüsselreiz hin bis zum Ende ausgeführt wird, d.h. das Verhalten nicht gestoppt werden kann, wenn der Reiz nicht mehr vorhanden ist.
Nun hat man die Möglichkeit zu sagen, dass das Tier weiß, was es tut, da es ja kann, was es tut, aber man könnte auch sagen, es weiß nicht, was es tut, weil es ja sein Verhalten im Grunde sinnloserweise durchzieht.

Falls also irgendwo hier der heikle Punkt liegt, der einen automatisierten Prozess vom feiner unterscheidenden Wissen trennt, dann hieße die Lösung an der Stelle so in etwa, schneller in Kaskaden eingreifen zu können, also in der Reaktion noch einmal reagieren zu können, also ein (oder mehrere) Ausfahrt(en) mehr zu haben. Nun wäre hier die kritische Frage, ob das nicht mit einem weiteren, denkbar simplen Algorithmus im Algorithmus zu ‚programmieren‘ wäre. Einfach eine Kontrollschleifen, nach einem definierten Schritt, der sagt: Wenn Reiz noch da, dann weiter, oder: Wenn Reiz weg, dann Ende. Ist es das, was Wissen ausmacht?

Also liegt Wissen vielleicht doch noch etwas oberhalb dessen, aber wenn wir uns mal das Verhalten vom impliziten Wissen des Chefoperateurs anschauen: Was ist dort prinzipiell anders, als dass in den Algorithmus, einfach ein paar mehr Kontrollschleifen eingebaut sind?
Oder noch stärker: Was ist bei dem Begründen einer Aussage oder Handlung eigentlich anders, als dass man einer Aktion den Algorithmus hinzufügt: ‚Wenn Aktion oder Aussage, dann begründen‘?
Bevor man lautstark Einspruch und sagt: „Ja ist doch klar, wer begründen kann, der weiß genau was er tut“, denken wir noch mal einen Moment an Freud, den ich nicht umsonst, oder weil ich so gerne über Freud schreibe, ins Spiel brachte. Freud stellt in aller ihm eigenen knochentrockenen Nüchternheit fest, dass wir alle sehr gerne mal Begründungen geben, die uns als vermeintlichen Urheber einer Handlung ausweisen, aber dass das nicht stimmt. Sein Begriff: Rationalisierung. Seine Erklärung: Auch Menschen, die nachweislich, unter Hypnose einen absurden Befehl suggeriert bekamen und diesen auf ein suggeiertes Zeichen hin posthypnotisch ausführten, behaupten, der Urheber der Handlung zu sein und präsentieren für diese Handlung gute, d.h. plausibel und rational klingenden Gründe. Nur, dass die halt nachweislich falsch sind.
Überzeugt: ja, wahr: nein, gerechtfertigt: Kann man so und so sehen. Wenn ich glaube, was ich für wahr halte, ist meine Überzeugung ja gerechtfertigt.
Da wir aber letztlich nie wissen, was nun wirklich wahr ist, sind die Punkte wahr und gerechtfertigt bei der Definition von Wissen problematisch.
Tommy hat geschrieben :
Sa 26. Mai 2018, 01:04
Tommy hat geschrieben :
Fr 25. Mai 2018, 12:26
Und so werden Computer - so wie sie jetzt existieren - auch nie was wissen, weil sie eben die dafür nötigen Vorausetzungen nicht haben.
Sie können so tun als ob. Das ist aber nicht das selbe.
Mag sein, aber wie begründest Du den abermals behaupteten Unterschied?
Ich sagte bereits, das ich das nicht kann. Ich halte das "am grünen Tisch" auch nicht für möglich. Dazu müsste weitere Forschung betrieben werden, die wir hier nicht leisten können.
Da bin ich optimistischer, die Philosophie verfügt ja über ein feines Instrumentarium, man muss es nur richtig anwenden.
Tommy hat geschrieben :
Sa 26. Mai 2018, 01:04
Wenn ich nun sage, dass nur weiße europäische Männer denken können, alle anderen tun nur so als ob, was würdest Du entgegnen?
Ich würde entgegnen, dass das mit meiner These nichts zu tun hat.
Auch nichteuropäische, nichtweiße Frauen sind biologische Systeme.
Auch Hunde und Katzen sind biologische Systeme.
Sie haben alle was gemeinsam: Sie leben.
Im Gegensatz zum leblosen Siliziumchip.
Das ist aber nicht meine Analogie. Sie richtet sich viel mehr, gegen das Aufstellen einer unbewiesenen Behauptung, wie der, dass es doch sonnenklar sei, dass eine App (oder ein nichtbiologisches System) nichts wissen kann. Da kann ich auch behaupten, dass auch nichtmännliche, nichtweiße Systeme nichts wissen können und dass das doch sonnenklar sei.
Denn weiße, männliche Systeme haben auch etwas gemeinsam, was sie von anderen unterscheidet, sie sind weiß und männlich.
Und wenn es stimmt, dass nur diese so richtig wirklich denken können, dann ist es auch logisch richtig, dass die nichtmännlichen, nichtweißen Systeme das nicht können. Denn exakt so argumentierst Du hier:
Tommy hat geschrieben :
Sa 26. Mai 2018, 01:04
Ich stelle eine These auf. Die These lautet: Wenn das was Wesen zu einem Wissen befähigt für lebende, biologische Systeme einzigartig ist, dann haben nichtbiologische Systeme kein Wissen.
Das ist keine petitio principii.
Das ist völlig legtim und Du kannst das nicht einfach damit abtun, dass Du einen Fehlschluß an den Haaren herbeiziehst.
Du kannst aber selbstverständlich die Prämissen anzweifeln, also das was nach dem "wenn" steht.
Ich stell dann halt die These auf, dass nur männliche, weiße Systeme denken können, was Deiner Meinung nach logisch richtig ist, aber die Prämisse darf man anzweifeln.
Dieselbe Argumentation klingt einmal intuitiv toll, das andere mal dann nicht so, also stimmt da mit der Logik offenbar doch irgendwas nicht.
Wenn meine Mutter Räder hätte, wäre sie ein Auto, ist eben nicht so überzeugend.
Tommy hat geschrieben :
Sa 26. Mai 2018, 01:04
Du behauptest zwar auch ständig, dass Computer was wissen (weil Du das aus welchem Grund auch immer glauben und anerkannt haben willst), aber wo dieses Wissen herkommen soll, das kannst Du nicht erklären.
Und weil Du das weißt versuchst Du natürlich den Wissensbegriff so weit zu reduzieren, dass er anwendbar wird.
Nee, plausibel. Die Obergrenze haben wir, die mag Schwächen haben, aber wer begründen kann, hat schon mal was vorzuweisen.
Die Untergrenze ist das, was uns fehlt. Und natürlich reduziert man den Wissensbegriff dann so weit es eben geht, was denn sonst?
Tommy hat geschrieben :
Sa 26. Mai 2018, 01:04
Das wäre so wie wenn ich Intelligenz so weit runterreduziere, dass ich behaupten kann Steine wären intelligent.
In meinen Augen ist das nicht nur unbefriedigend, es ist Schummellei und keine Lösung des Problems.
Jede Definition hat eine Obergrenze, die sie mit anderen in der Klasse, Menge, Gruppe verbindet und eine Untergrenze, die sie von anderen trennt.
Ein Elefant ist kein Nilpferd, aber ein indischer eben auch kein afrikanischer.
Tommy hat geschrieben :
Sa 26. Mai 2018, 01:04
Das ist ein "irgendwie so und außerdem wisst ihr anderen es ja selbst nicht besser" Argument, was eben keins ist.
Mach es doch besser. daran dass wir nicht sagen können woher wir Menschen diverse Fähigkeiten haben und was nötig ist um sie zu haben, kann ich nichts ändern. Und Du auch nicht. Deshalb ist es - so weit stimme ich dir zu - unsinnig uns das gegenseitig vorzuwerfen.
Das ist kein Vorwurf, sondern der Versuch Begriffe zu klären und Fehler in der Argumentation zu finden.
Tommy hat geschrieben :
Sa 26. Mai 2018, 01:04
Ich sehe das halt so: Mehr als Spekulation ist hier nicht drin, weil das was Du machst eine Verlegenheitslösung ist: Wenn ichs nicht erklären kann reduziere ich es soweit, dass es mit unseren beschränkten Mitteln erklärbar wird. Apropos Gott: Genau so entstanden die Göttersagen. Mensch weiß nicht was los ist, also sind die Götter verantwortlich.
Machen wir uns nichts vor: Diese Diskussion ist sinnlos. Es mangelt ihr an den nötigen Information um die Fragen abschliessend zu klären.
Und so lange das so ist, kann ich natürlich auch weiterhin behaupten dass Wissen lebenden, biologischen Systemen vorbehalten ist.
So wie Du einfach grundlos sagen kannst ein lebloser, bewusstloser Computer würde was wissen.
Ich versuche es ja gerade lang und breit zu begründen und bin nicht so erkenntnispessimistisch wie Du.
Würde ich die Diskussion ernsthaft für sinnlos halten, würde ich sie nicht führen, denn so viel Langeweile habe ich dann doch nicht.
Ganz im Gegenteil, bin ich immer erstaunt, wie viel man aus dem geschmähten Lehnsessel heraus wissen kann.
Tommy hat geschrieben :
Sa 26. Mai 2018, 04:39
Wenn jeder sich sein Wissen so definieren darf wie er will, z.B. einfach ein "erkennendes Wissen" einführen, damit alles gut passt, dann führe ich eben auch einfach frei Schnauze Definitionen ein.
Es gibt dann ein Menschenwissen, und ein Computeriwssen und ein Affenwissen und ein Rattenwissen usw.
Und ein Steinwissen.
Alle diese Wissenformen passe ich dann per Defintion so an, dass sie jeweils auf reale Menschen und Computer und Affen und Ratten anwendbar sind (also immer reduzierter, wie mans grade braucht) und schon haben alle ein Wissen.
Fantastisch.
Problem gelöst.
Oder doch nicht?
Doch. Auch wenn das von Dir eher satirisch gemeint war, genau so ist es richtig.
Man definiert Begriffe (wenn man mit den bereits definierten unzufrieden ist) und schaut, ob das Ergebnis konsistent ist.
Wenn ja, ist die philosophische Arbeit, wenn wir Philosophie mal eng definieren, erledigt.
Es könnten sich jedoch, alternative begriffliche klare und in sich konsistente Erklärungssysteme ergeben und dann stehen wir vor dem breiteren Problem (und einer breiteren Definition von Philosophie), welches System wir nun, aus welchem Grund wählen: Weil es gut zum Gewohnten passt? Weil es funktioniert? Weil es fair ist? Weil die meisten Menschen damit was anfangen können? Oder oder oder.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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Sa 26. Mai 2018, 10:03

John McDowell soll mal sinngemäß gesagt haben, Erbitterung darüber, dass das, was wir tun, das ist, was wir tun, ist unangemessen. Ebenso sinnlos ist es aus falscher Bescheidenheit Schach Mensch ärgere dich nicht zu nennen.

Das, worum es hier geht, z.b. Wissen, Sprechen, Denken und so weiter und so fort - das sind alles öffentliche Spiele. (Dies nicht in ausreichendem Maße bedacht zu haben, ist im übrigen mein Haupt-Einwand gegen die Gettier-Einwände und die kriterielle Definition des Wissens.) Das ist meines Erachtens ein ganz entscheidender Punkt, der in der Regel nicht ausreichend gewürdigt wird.

Es ist die Idee, dass sich all das, worüber wir hier sprechen, irgendwo in unserem Kopf versteckt, die den Gedanken für manche plausibel macht, dass irgendwelche Blackboxen wissen könnten, sprechen könnten, denken könnten, denen wir das gar nicht ansehen. Schließlich, so ähnlich lautet wohl die Intuition, befindet sich das Denken immer irgendwo in einer Blackbox. Wäre es wirklich so, dann müssten wir auch von unseren Mitmenschen grundsätzlich nicht, ob sie wissen, denken, sprechen...

In die fraglichen Spiele wurden wir hinein sozialisiert, manches davon haben wir wahrscheinlich mitgebracht. Zu ihnen gehört es selbstverständlich, dass wir die Mitspieler auch als solche erkennen und anerkennen. Unter anderem natürlich auch deshalb, weil sie das überhaupt erst zu Mitspielern macht. Es gehört also zum Teil des Spieles zu sehen und zu verstehen, wer ein Mitspieler ist, sein kann, und wer nicht. Wer dazu weder Willens noch fähig ist, hat das Spiel nicht verstanden und spielt es auch nicht.

Es ist aus der öffentlichen Logik dieses Spiel heraus unmöglich, dass wir uns grundsätzlich und systematisch darin täuschen können, wer Teil des Spieles sein kann und wer nicht. Das wäre so, als würden wir uns immer die Frage stellen, ob der andere tatsächlich Schach spielt, und nicht vielleicht ein ganz anderes Spiel... Und dazu gehört natürlich nicht nur das Ausführen der Züge auf dem Brett, sondern auch die gemeinsame Analyse, der Smalltalk, das Abweichen vom Themenbereich, das Vergleichen dieses mit anderen Spielen, das plötzliche Wechseln zu ironischen und unernsthaften Bemerkungen oder Quatsch und das ebenso plötzliche Wechseln zurück in die ernste Erörterungen der gegebenen Stellung des Spiels. Wer wissen will, was damit gemeint ist, sollte sich vielleicht eine der vielen Schachübertragungen im Internet anschauen, keine Maschine der Welt ist auch nur näherungsweise in der Lage irgendetwas in dieser Art zu tun.

Die Kriterien, nach denen wir entscheiden, wer dazu gehört und wer nicht, sind nicht immer einfach explizit zu machen, das merkt man offenbar auch in diesem Thread. Daraus folgt aber nicht, dass wir uns nicht defacto sehr gut darauf zu verstehen, unsere Mitspieler zu erkennen und anzuerkennen. Weil das so ist, hat bisher auch noch keine Maschine den Turing Test ernsthaft bestehen können. Der Turing Test zeigt im übrigen auch, dass ganz selbstverständlich wir selbst die Latte dorthin legen wo sie hingehört und und dir selbst feststellen, was als gelungener Sprung und was als Reißen gilt.

Es mag vereinzelte Sequenzen geben, wo bereits Maschinen den Test zu bestehen scheinen. Aber die Illusion endet in der Regel sehr schnell, wenn man die Maschine in Bereiche lockt, für die sie nicht programmiert wurde. Wir sind nämlich problemlos in der Lage, Wissen aus vielen verschiedenen Bereichen miteinander zu verknüpfen. Das ist übrigens ein weiterer Hauptpunkt, der häufig übersehen wird, nämlich der holistische Charakter dieses Sets von Fähigkeiten.

Aber der Turing-Test ist nicht mal, wie Donald Davidson geltend macht, die wahre Nagelprobe. Solange sich der Kandidat gleichsam auf der anderen Seite des Bildschirms oder Displays verschanzen kann, wird er nicht wirklich getestet, da keine wirklichen Triangulations-Situation entstehen.

Ernsthafte Kandidaten sind natürlich viele der höher entwickelten Tiere. Mit ihnen bewegen wir uns triangulierend in einer Umwelt, die wir zumindestens in Teilen teilen. Hier haben wir von vornherein, gute Gründe anzunehmen, dass sie sich (zumindest in Teilen und Vorformen) auf vergleichbares verstehen, wie wir. Wenn wir mit dem Hund vor dem Kühlschrank stehen, können wir ziemlich sicher sein, dass auch er erkennt, dass die Wurst sich darin befindet. Aber ebenso sicher können wir sein, dass ein Hund niemals einen Begriff von Kühlschrank entwickeln kann. Der Grund dafür ist einfach einzusehen: der Begriff Kühlschrank ist Teil eines tatsächlichen und begrifflichen Netzes, auf dass das Tier einfach keinen Zugriff hat. Das erkennen wir sicher im Umgang mit dem Tier. Wer meint das Tier könnte vielleicht insgeheim dennoch über diese Informationen verfügen, würdigt den öffentlichen Charakter der Dinge, von denen wir hier sprechen, nicht ausreichend.

Denkbar ist hingegen, dass die anderen Tiere ihrerseits in realen, öffentlichen und speziesspezifischen Räumen leben, die uns selbst nicht ohne weiteres zugänglich sind. Diese zu erforschen, ist offenbar ein vielversprechendes Projekt - es gibt, wenn man so sagen möchte, einen begründeten Anfangsverdacht, dass es so ist. Insbesondere der Umstand, dass es für sie, genauso wie für uns, immer um etwas geht, spricht dafür. Das heißt die Tatsache, dass sie so wie wir, einen endlichen biologischen lebendigen Körper "bewohnen".

Auf der anderen Seite wissen wir sicher, dass Tiere keine Sonette schreiben, den Urknall nicht erforschen und auch keine systematische Philosophie betreiben, so wie wir es tun. Wenn wir die Tiere manchmal für Ihre ausgebufften Werkzeuge bewundern, dann genügt es in der Regel sich an die Werkzeuge zu erinnern, die wir selbst entwickelt haben und tagtäglich nutzen, um aufzuwachen ...




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Sa 26. Mai 2018, 10:22

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 25. Mai 2018, 07:06
In unserem Alltagsverständnis verwenden wir den Begriff genau so, wie du es darstellst: Information kann falsch sein. Nun gibt es allerdings Informationsbegriffe, die von diesem Alltagsverständnis abweichen. Dazu hab ich vor wenigen Seiten ein paar Zitate recherchiert und auf die Argumentation von Janich hingewiesen - zumindest soweit ich sie verstanden habe, das Buch liegt mir nicht im Original vor.

Zunächst erst mal (beispielhaft) der Text von Detel:
Wolfgang Detel, in Grundkurs Philosophie, Band 3, Philosophie des Geistes und der Sprache hat geschrieben : [...]

Bärenspuren im Schnee sind beispielsweise natürliche Zeichen dafür, dass Bären über den Schnee gelaufen sind, denn Bären, und nur Bären, produzieren naturgesetzlich Bärenspuren im Schnee. [...]

[...]

Natürliche Zeichen und Informationen
  1. Wenn Tatsache T naturgesetzlich (d. h. vermittels Naturgesetzen) Z produziert, und wenn Z durch nichts anderes als durch T naturgesetzlich produziert wird, dann ist Z ein natürliches Zeichen dafür, dass T der Fall ist.
  2. Wenn das natürliche Zeichen Z anzeigt, dass T der Fall ist, dann ist T die natürliche Bedeutung von Z
  3. Wenn p(TlZ) = 1 ist, dann trägt Z die Information, dass T der Fall ist. Z trägt die spezifischste Information, dass T der Fall ist, falls Z die Information trägt, dass T der Fall ist, und wenn es kein T* gibt, so dass Z die Information trägt, dass T* der Fall ist, und T* die Information trägt, dass T der Fall ist.
  4. Wenn Z die spezifischste Information trägt, dass T der Fall ist, dann ist T der natürliche Gehalt der Information; die von Z getragen wird.
  5. Z repräsentiert T im einfachen Sinne genau dann, wenn T die natürliche Bedeutung von Z oder der natürliche Gehalt der von Z getragenen Information ist.
  6. Dieser Repräsentationsbegriff erlaubt es nicht zu formulieren, was eine Fehlrepräsentation ist.

Wichtig ist dabei der letzte Punkt: Dieser Begriff (der natürlichen Information) erlaubt es nicht zu formulieren, was eine Fehlrepräsentation ist. Meines Erachtens ist das auch ein zentraler Aspekt für Janich. Bei diesem Begriff von Information fehlt das, was du oben als selbstverständlich voraussetzt, denn diese Art von Information kann nicht falsch sein. Sie unterscheidet sich in dieser Hinsicht von unserem lebensweltlichen Begriff in einem zentralen Punkt. Daher ergibt sich die Frage, ob man diesen Informationsbegriff einfach mit dem Informationsbegriff, den du oben verwendet hast, in einen Topf werfen kann. Würde man sagen, jede Information sei eine Information dieser natürlichen Art, würde man eine Naturalisierung des Informationsbegriffs betreiben.
Ich dachte erst, Du bezögest Dich auf den Informationsbegriff aus der Informationsbegriff aus der Informationstheorie, den Informationsbegriff nach Shannon, der eigentlich lediglich ein Maß für Entropie ist und der mit dem landläufigen Informationsbegriff recht wenig zu tun hat - das ist ein terminus technicus aus der Informationstheorie. Ähnlich wie "Arbeit" sowohl ein landläufiger Begriff als auch ein terminus technicus in der Physik ist.

Aber darauf scheinst Du Dich nun nicht zu beziehen, sondern auf das hier von Dir Zitierte. Das kann ich allerdings nicht so recht nachvollziehen, bzw. mir ist erstens nicht klar, wieso hier keine Fehlrepräsentationen vorkommen können und zweitens, was das eigentlich mit unserer Diskussion zu tun hat. Nehmen wir die Bärenspuren. Wieso produzieren nur Bären etwas im Schnee, das wie Bärenspuren aussieht? Solches könnte auch auf andere Weise entstehen, z.B. könnte das - wie future06 eingewandt hat - einfach durch jemanden erzeugt werden. Oder auch könnte es durch Zufall enstehen. Oder nehmen wir eine Fata Morgana - ein "naürliches" Zeichen im obigen Sinne, nehme ich an. In all diesen Fällen würde es sich um eine Fehlrepräsentation handeln - oder?

Außerdem ist mir hier der Punkt 1 schon nicht klar - was ist genau mit a) "naturgesetzlich produziert" gemeint? Bzw. ist mir nicht klar, von was sich das abgrenzt, was also b) NICHT(naturgesetzlich produziert) sein soll. Das Beispiel mit den Bärenspuren soll anscheinend unter a) fallen, was aber z.B. unter b)? Und wie sieht ein Informationsbegriff aus, der es erlaubt, "echte" Fehlrepräsentationen zu formulieren?




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Sa 26. Mai 2018, 10:36

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 25. Mai 2018, 08:27
Herr K. hat geschrieben :
Do 24. Mai 2018, 17:21
... denn es war von Vorneherein gar keine Rechtfertigung vorhanden.
Damit bestätigst du doch nur, was ich oben sage. Es gibt eine klassische Definition von Wissen. Und die drei Aspekte, die sie ausmachen, wurden in diesem Thread alle (mit verschiedenen Gründen, in verschiedenen Zusammenhängen) "eingezogen".
Was mich betrifft: ich will die keineswegs einziehen, ich stimme der (groben) Bestimmung "Wissen: wahre, gerechtfertigte Ansicht" zu.

Nur verstehe ich "gerechtfertigt" nicht so wie anscheinend Du. Nehmen wir an, P weiß x. X sei wahr - das erscheint mir hier relativ unproblematisch zu sein. Nun ist die Frage, wann x gerechtfertigt ist. Das ist meiner Ansicht nach dann der Fall, wenn x gerechtfertigt werden könnte. D.h. diese hypothetische Möglichkeit reicht hier aus, es ist jedoch mE nicht erforderlich, dass P diese Rechfertigung tatsächlich vorbringt oder sie vorbringen könnte, wie Du anscheinend meinst. Das aber wäre mE eine andere Anforderung an Wissen, das könnte man dann ungefähr so formulieren: "Wissen: wahre Ansicht, die vom Wissenden explizit gerechtfertigt werden kann". Und dem stimme ich nicht zu, denn dadurch fiele Einiges hinaus, das nach meiner Intuition Wissen darstellt, Beispiele wurden oben genannt: der Arzt, Grammatik, die Ratten und das EInhörnchen.




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Jörn Budesheim
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Sa 26. Mai 2018, 10:40

Herr K. hat geschrieben :
Sa 26. Mai 2018, 10:22
Wieso produzieren nur Bären etwas im Schnee, das wie Bärenspuren aussieht?
Bei einem Blick, auf das was du selbst zitiert hast, wirst du leicht feststellen, dass dort etwas völlig anderes behandelt wird.




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Sa 26. Mai 2018, 10:58

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 26. Mai 2018, 10:03
Es ist die Idee, dass sich all das, worüber wir hier sprechen, irgendwo in unserem Kopf versteckt, die den Gedanken für manche plausibel macht, dass irgendwelche Blackboxen wissen könnten, sprechen könnten, denken könnten, denen wir das gar nicht ansehen. Schließlich, so ähnlich lautet wohl die Intuition, befindet sich das Denken immer irgendwo in einer Blackbox. Wäre es wirklich so, dann müssten wir auch von unseren Mitmenschen grundsätzlich nicht, ob sie wissen, denken, sprechen...
So ist es aber doch auch.
Wir nehmen das a priori an und das klappt auch sehr gut.
Rekonstruieren wir aber diesen Weg, müssen wir von uns selbst ausgehen, von wem auch sonst?
Dann folgen Fragen wie die, ob es plausibel ist, anzunehmen, dass das was mir als Welt erscheint, nur eine Phantasie von mir sein könnte.
Gewöhnlich wird das verneint, ich halte den Solipsismus auch für eine nicht durchzuhaltende Strategie.
Dann kommen Fragen wie die, ob die anderen wirklich bewusst sind, wie ich, oder auch Zombies sein könnten.
Weiß man nicht, ich sehe aber auch keinen großen Gewinn in dem Spiel.
Jedoch halte ich Deine Argumentation für merkwürdig. Du wendest Dich immer wieder gegen die Idee einer Blackbox, schreibst aber andererseits unten:
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 26. Mai 2018, 10:03
Auf der anderen Seite wissen wir sicher, dass Tiere keine Sonette schreiben, den Urknall nicht erforschen und auch keine systematische Philosophie betreiben, so wie wir es tun. Wenn wir die Tiere manchmal für Ihre ausgebufften Werkzeuge bewundern, dann genügt es in der Regel sich an die Werkzeuge zu erinnern, die wir selbst entwickelt haben und tagtäglich nutzen, um aufzuwachen ...
Die Idee, dass wir nur aus dem Verhalten auf Inneres schließen können, ist doch typisch behavioristisch und das sind die mit der Blackbox.

Tatsächlich halte ich den behavioristischen Ansatz nur bei Grobheiten für gelungen, denn die gleiche Handlung oder das identische Verhalten, kann aus sehr unterschiedlichen Gründen erfolgen. Über die Motive erfahren wir etwas, wenn wir den anderen fragen und der bereit ist zu antworten. Ist er nicht bereit oder belügt er uns oder verstehen wir ihn (seine Argumente) nicht richtig, sollten wir nicht zwingend daraus ableiten, dass da nun auch kein Innenleben oder kein Grund vorhanden ist.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 26. Mai 2018, 10:03
In die fraglichen Spiele wurden wir hinein sozialisiert, manches davon haben wir wahrscheinlich mitgebracht. Zu ihnen gehört es selbstverständlich, dass wir die Mitspieler auch als solche erkennen und anerkennen. Unter anderem natürlich auch deshalb, weil sie das überhaupt erst zu Mitspielern macht. Es gehört also zum Teil des Spieles zu sehen und zu verstehen, wer ein Mitspieler ist, sein kann, und wer nicht. Wer dazu weder Willens noch fähig ist, hat das Spiel nicht verstanden und spielt es auch nicht.

Es ist aus der öffentlichen Logik dieses Spiel heraus unmöglich, dass wir uns grundsätzlich und systematisch darin täuschen können, wer Teil des Spieles sein kann und wer nicht.
Wie verhält es sich mit Gott?



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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