Können Apps etwas wissen?

Es gibt heute kaum Bereiche des alltäglichen Lebens, die nicht in irgendeiner Weise mit dem World-Wide-Web zusammenhängen. Das Gleiche gilt für "künstliche Intelligenz". Was hat die Philosophie dazu zu sagen?
Tosa Inu
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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 21. Mai 2018, 18:31
Tosa Inu hat geschrieben :
Mo 21. Mai 2018, 18:23
Nach gängiger Meinung wird bei der biologischen Evolution aber Informationen weiter gegeben.
Auch aus diesem Grunde habe ich heute morgen das Zitatemix gebracht, um zeigen, dass ich dazu keine gängige Meinung gibt. Ich schließe mich in dieser Hinsicht Peter Janich an.
Wenn Du Dich mit Dir bereits darauf geeinigt hast, dass es nichts gibt, was man klären könnte, da der von Dir als grundlegend für das Verständnis des Wissens eingeführte Begriff der Information (aber warum sollte alles bottom up funktionieren?), nach der zu übernehmenden Meinung (oder was sollte Deine Antwort eben anderes bedeuten?) nicht zu klären ist, was willst Du denn dann eigentlich klären?



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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Herr K.
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Mo 21. Mai 2018, 18:48

Meiner Ansicht nach geht es hier weder darum, Begriffe den Tatsachen anzupassen, noch darum, Tatsachen in nicht gut passende Begriffe zu zwängen, sondern es geht nur darum, den Begriff "Wissen" zu klären. Dieser ist ein Begriff der Alltagssprache, er hat eine Bedeutung, die herauszufinden ist. Angenommen, uns gelänge das, dann wäre es noch mal eine andere Frage, ob einem diese Bedeutung gefällt oder nicht. Jedoch sind wir hier ziemlich sicher nicht in der Lage, diese Bedeutung zu ändern und dann diese neue Bedeutung allgemein durchzusetzen.




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Jörn Budesheim
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Mo 21. Mai 2018, 18:56

Ja, sicher. Wissen ist ein Begriff des Alltags und dieser Gebrauch ist fraglos sehr wichtig. Allerdings ist Wissen auch ein Begriff mit einer langen und sicher sehr vielfältigen philosophischen Tradition. Meines Erachtens spricht nichts dagegen beides (und mehr) in Betracht zu ziehen. Ich sehe auch keine Probleme darin, manche Verwendungen des Begriffs aus dem Alltag, der Philosophie und der Wissenschaft zu kritisieren und sich ein eigenes Bild zu machen.




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Jörn Budesheim
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Mo 21. Mai 2018, 19:00

@Tosa Inu: Den Begriff Information hat Alethos in die Diskussion gebracht, er hält ihn für grundlegend, nicht ich. Daraufhin hab ich ein wenig recherchiert, welche (verschiedenen) Bedeutung(en) der Begriff hat und hab meine Fundstücke hier gepostet.

Die Argumente, die Kritik von Janich (und auch von Detel) halte ich einfach für plausibel.




Tosa Inu
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Mo 21. Mai 2018, 19:14

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 21. Mai 2018, 18:56
Ich sehe auch keine Probleme darin, manche Verwendungen des Begriffs aus dem Alltag, der Philosophie und der Wissenschaft zu kritisieren und sich ein eigenes Bild zu machen.
Gut.

Manche Tiere kommen mit einem angeborenen Fluchtreflex auf die Welt, der sie, wann immer sie etwas wahrnehmen, was sich annähernd kreuzförmig und dunkel (gegen den HImmel) durch die Lüfte bewegt, sofort Deckung suchen lässt. M.E. ist das eine in dem Lebewesen vorhandene Information, die bei einem Schlüsselreiz aktiviert wird.

Bist Du auch der Meinung, dass diese Reaktione das Resultatet einer in Tier vorhandenen Information ist?

Eichhörnchen vergraben Nüsse, Krähen sogar Beute bei der sie (so hat es den Anschein), bewusst so tun, als hätten sie nichts zu essen, wenn sie meinen, dass die anderen sie nicht beobachten, greifen sie auf die Nahrung in ihrem Versteck zurück.
Wäre das was die Eichhörnchen oder, wenn nicht, dann die Krähen tun, etwas, was als Wissen zu bezeichnen wäre?



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Tosa Inu
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Mo 21. Mai 2018, 20:40

Um mal vorzulegen: Für mich wäre die Fluchtreaktion in jedem Fall Information, die nicht erworben ist (so bezeichnet man in der Biologie das Gegenteil des Ererbten), sondern eben ererbt. Für mich ist das analog einem Algorithmus, eine simple "Wenn ..., dann ..." Funktion, auch wenn ich damit ausdrücklich nicht sage, dass alle Tiere nur so 'funktionieren'. Aber dieser Verhaltensstrang ist wie ein simpler Algorithmus, auch wenn das Tier noch über weitere verfügt.

Für mich ist das im verlinkten Text beschriebene Verhalten des Krähenvogels ein wissendes Verhalten, also der Vogel weiß, was er tut. Auch dann, wenn er keine weiteren Erläuterungen zu seinem Verhalten abgibt.

Zu diskutieren wäre m.E. inwieweit die Fluchtreaktion, die eine ausgeführte Information darstellt, bereits den Aspekt des Wissens berührt und also ebenfalls so zu bezeichnen wäre.

Für mich ist die Forderung Wissen an ein erklärendes Sprachspiel zu knüpfen zu hoch, da dann der Krähenvogel herausfallen würde, was m.E. bei der Folge taktischer Abwägungen in seinem Verhalten kaum zu rechtfertigen ist.

Aber wo beginnt nun ein bewusstes Umentscheiden? Die Katze, die über eine Wiese läuft, kann abrupt innehalten, wenn sie z.B. ein Geräusch hört. Folgt sie nun einfach dem ohne ihr Wollen aktivierten übergeordneten Programm (Jagd- oder Beutetrieb) oder könnte sie auch anders? Die Ausprägung der Reaktion ist zweifelsfrei abhäbgig von anderen Parametern, d.h. die sehr hungrige Katze wird anders agieren, als die sehr satte Katze. Ist das bewusst oder laufen in der Katze nur dieverse Algorithmen ab, die unter einander auch nur algorithmisch verschaltet sind. Ab 4 von 10 Hungerpunkten Reaktion, darunter keine Reaktion, außer wenn Jungtiere zu versorgen etc. pp. Man kann sich das alles vorstellen, ohne dass die Katze irgendwas wissen muss, aber intuitiv widerstrebt es uns Katzen als Reiz-Reaktions-Maschinen zu betrachten. Warum? Weil ihr Miauen uns (von der Frequenz her) so sehr an an das Schreien kleiner Kinder erinnert, wir (besonders Frauen) können dann kaum anders, so heißt es. Programme also auch in uns?

Ich erinnere noch mal an Freud, der zeigte (oder erkannte), dass wir uns auch dann zum Urheber einer Handlung erklären, wenn sicher ist, dass wir es nicht waren (Rationalisierung).



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Alethos
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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 21. Mai 2018, 19:00
Den Begriff Information hat Alethos in die Diskussion gebracht, er hält ihn für grundlegend
Nun will mir partout nicht einfallen, warum du Informationen im Hinblick auf die Erörterung des Wissensbegriffs nicht für grundlegend hältst. Wenn man weiss, dann immer etwas. Das Gewusste stellt den Informationsgehalt dar, mithin die im Hirn gespeicherte und abrufbar gehaltene Information. Etwas wissen und über etwas informiert sein, sind zwar nicht Synonyme, aber Wissen geht aus Informiertheit hervor. Ohne Information in jedem Fall kein Wissen.

Dass zur reinen Information noch etwas hinzukommen muss (und die Frage ist, was?), damit es Wissen sei, das entbindet das Wissen nicht von der grundlegenden Eigenschaft des Informiertseins.



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Mo 21. Mai 2018, 21:15

An der Stelle hab ich einfach nur geklärt, dass nicht ich sondern du diesen Begriff eingeführt hast und für grundlegend hälst. :-)




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Alethos
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Das 'nicht ich' bezieht sich also auf die Einführung des Begriffs und nicht darauf, es für grundlegend zu halten? :-)



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Di 22. Mai 2018, 07:12

Friederike hat geschrieben :
Sa 12. Mai 2018, 17:58
Tommy hat geschrieben :
Sa 12. Mai 2018, 17:49
Herr K. hat geschrieben :
Sa 12. Mai 2018, 16:26
[...]denn diesen Maschinen fehlt eine Eigenschaft, die mE notwendig ist, um von Wissen sprechen zu können und zwar ist das - technisch gesprochen - eine Speichermöglichkeit für diejenige Information, die gewusst wird.
[...]Haben Uhr und Thermostat deshalb ein Wissen nur weil ich einen dauerhaften Speicher hinzugefügt habe?
Heißt dieser Speicher "Ich" oder "Bewußtsein"?
Das ist ein guter Punkt. Denn irgendwo muss Wissen auch verortet sein.

Meiner Meinung nach benötigt Wissen einen Gültigkeitsbereich, in dem es als Tatsache erkannt und akzeptiert wird und dort mit anderen Begriffen, mit anderem Wissen verknüpft werden kann. Ich spreche aber nicht von der physikalischen Beschaffenheit, der Bits und Bytes innerhalb eines Arbeitsspeichers, sondern von einer davon abgeleiteten Struktur, innerhalb derer z.B. eine App Wissen kategorisieren kann. Da die physikalische Repräsentation eines Begriffs auch bei einer App unterschiedlich sein kann, muss man diesem Wissen einen nicht-physikalischen Charakter zusprechen.
Und diese Sammelstelle von Begriffen kann man als ein grundlegendes Bewußtsein verstehen, also im Sinne eines "Einheitspunkt".

Ein reflektierendes Ich, das von seinem Wissen und seinem Bewußtsein weiß, gibt es bei der App wohl nicht.




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Di 22. Mai 2018, 08:06

Alethos hat geschrieben :
Mo 21. Mai 2018, 21:05
Nun will mir partout nicht einfallen, warum du Informationen im Hinblick auf die Erörterung des Wissensbegriffs nicht für grundlegend hältst.
Vereinfacht könnte man sagen, weil die Verwendung des Begriffs "Information" in zu vielen Fällen mit einer Art Naturalisierung des Begriffs "Information" einhergeht, zum Beispiel wenn man von Erbinformationen oder ähnlichem spricht. Information ist jedoch nicht einfach ein Naturding. Wie du den Begriff verstanden haben willst, ist mir noch nicht klar. Aber bei der naturalisierten Version wird "Syntax" gewissermaßen unter "Umgehung" von Semantik (und auch Pragmatik) bereits als Information verstanden. Kommunikation und Sprache werden in solchen und ähnlichen Fällen auf "prozessieren" von Zeichen und Signale beschränkt. Das halte ich für völlig verfehlt, Syntax ist keine Semantik, da wird viel zu viel ausgelassen.

Unbelebte Gegenstände wie Apps haben nach meiner Einschätzung einfach keine kognitiven und sprachlichen Fähigkeiten. Mag sein, dass viele Tiere solche Fähigkeiten haben, das müsste man vertiefen. (Dieses Buch ist recht empfehlenswert.) Wenn aber ein naturalisierter Informationsbegriff grundlegend sein sollte, dann beansprucht man entlang dieses reduktionistischen Begriffs unsere "dialogischen" Fähigkeiten verstehen zu können und die Art und Weise wie wir wissen.




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Di 22. Mai 2018, 14:41

Alethos hat geschrieben :
Mo 21. Mai 2018, 21:05
Das Gewusste stellt den Informationsgehalt dar, mithin die im Hirn gespeicherte und abrufbar gehaltene Information.
Brandom hat geschrieben : One can no more understand this normative dimension of our activity by looking into our brains than one can understand what it is to join a political party or to mortgage one’s house by studying carefully the marks on paper that constitute the signature by which (in the right social setting) one did those things.

Meine freie Übersetzung: Wenn man in unser Gehirn schaut, kann die normative Dimension unserer Tätigkeiten in etwa so gut verstehen, wie wenn man versucht zu verstehen, wie es ist, einer politischen Partei beizutreten oder sein Haus zu verpfänden, indem man sorgfältig die Zeichen auf dem Papier studiert, die die Unterschrift bilden, mit der man (im richtigen sozialen Umfeld) diese Dinge getan hat.

Quelle: http://www.dif.unige.it/epi/hp/penco/pu ... _inter.pdf




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Jörn Budesheim
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Di 22. Mai 2018, 15:47

Alethos hat geschrieben :
So 20. Mai 2018, 20:29
Dieser misst die Temperatur und leitet eine Handlung ein: Weiter rösten oder abschalten.
Hier ergibt sich dann folgendes Problem: Da (mir) dein Informationsbegriff nicht klar ist, kann ich jetzt nicht mal mehr diese Stelle richtig lesen. Sprichst du hier von Handlungen in einem metaphorischen Sinn? Meines Erachtens macht der Toaster nichts dergleichen: keine Messung, keine Handlung, kein Rösten und auch kein Abschalten. Der Grund ist ganz einfach: die Maschine selbst hat keine Absichten. Daher hab ich das Video gebracht, es zeigt, dass man alles, was da geschieht rein kausal bzw. "mechanisch" erklären kann.

Man kann die Toaster-Situation natürlich auch in "mentalistischen" Vokabular beschreiben. Aber dann kommt man nicht umhin, uns selbst zu erwähnen. Wir sind hier die Handelnden, es sind unsere Absichten aufgrund derer wir mit diesem Werkzeug etwas rosten.




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Alethos
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Di 22. Mai 2018, 19:15

Ok, lassen wir es einfach: Ein Toaster ist eine kausal-mechanische Maschine. Punkt. Er tut nichts anderes als eine Billiardkugel, die auf eine Billiardkugel trifft, nur in komplizierteren Abläufen: auf eine actio eine reactio folgen zu lassen. Im Übrigen tue das Feuer genau das Gleiche wie ein Toaster, nur einfacher, d.h. weniger komplex in den Abläufen.

Es gibt dort nur Kausalität und hier nur Semantik. Es gibt auch keine Übergänge und Nuancen. Komplexität spielt keine Rolle, das Prinzip ist schliesslich beim Toaster und der Feuerflamme das Gleiche: actio-reactio. Deshalb hat Wissen nichts mit Informationen zu tun, denn Menschenwissen ist in jeder Hinsicht völlig semantisch konstituiert, aber Information, das klingt so syntaktisch.

C'mon guys...



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Di 22. Mai 2018, 19:22

Alethos hat geschrieben :
Di 22. Mai 2018, 19:15
Es gibt auch keine Übergänge und Nuancen
Mag sein. Viele Tiere können erstaunliche Dinge. Hier ist Platz für Übergänge und Nuancen, aber nicht bei einem Toaster.




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Di 22. Mai 2018, 19:29

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 22. Mai 2018, 08:06
Alethos hat geschrieben :
Mo 21. Mai 2018, 21:05
Nun will mir partout nicht einfallen, warum du Informationen im Hinblick auf die Erörterung des Wissensbegriffs nicht für grundlegend hältst.
Vereinfacht könnte man sagen, weil die Verwendung des Begriffs "Information" in zu vielen Fällen mit einer Art Naturalisierung des Begriffs "Information" einhergeht, zum Beispiel wenn man von Erbinformationen oder ähnlichem spricht. Information ist jedoch nicht einfach ein Naturding. Wie du den Begriff verstanden haben willst, ist mir noch nicht klar. Aber bei der naturalisierten Version wird "Syntax" gewissermaßen unter "Umgehung" von Semantik (und auch Pragmatik) bereits als Information verstanden. Kommunikation und Sprache werden in solchen und ähnlichen Fällen auf "prozessieren" von Zeichen und Signale beschränkt. Das halte ich für völlig verfehlt, Syntax ist keine Semantik, da wird viel zu viel ausgelassen.

Unbelebte Gegenstände wie Apps haben nach meiner Einschätzung einfach keine kognitiven und sprachlichen Fähigkeiten.

...

Wenn aber ein naturalisierter Informationsbegriff grundlegend sein sollte, dann beansprucht man entlang dieses reduktionistischen Begriffs unsere "dialogischen" Fähigkeiten verstehen zu können und die Art und Weise wie wir wissen.
Für mich bedeutet der Begriff Information vielerlei, aber in einem ganz rudimentär zusammenfassenden Sinn bedeutet es: eine Botschaft. Diese ist immer semantisch strukturiert, auch als simples Signal übermittelt es sich und bedeutet mindestens das: dieses Signal und als solches teägt er seine Bedeutung als Information von einem Sendersystem auf ein Empfängersystem.

Information ist also eine Botschaft, die sich darstellen kann als einfaches Signal oder aber als ein komplexes Wissen, und zwar als eines, das sich ergibt aus den sich wechselseitig einstellenden, kontextualen Bedeutungen. Wissen ist in jedem Fall informativ, weil es ein System informiert, das dieses Wissen trägt. Aber nichts an dem ist naturalisiert, denn die Bedeurung ergibt sich nie und in keinem Fall aus der Physikalität, sondern aus der Relationalität von Sender, Signal, Medium und Empfänger. Informationn ist in jedem Fall semantisch, wenn auch nicht zwingend hochkomplex:



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Di 22. Mai 2018, 19:36

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 22. Mai 2018, 19:22
Alethos hat geschrieben :
Di 22. Mai 2018, 19:15
Es gibt auch keine Übergänge und Nuancen
Mag sein. Viele Tiere können erstaunliche Dinge. Hier ist Platz für Übergänge und Nuancen, aber nicht bei einem Toaster.
Aber irgendwie ist Leben enstanden und es mag uns erstaunen, aber eine Aminosäure und ein Toaster sind bezüglich der Tatsache, tote Materie zu sein, relativ ähnlich. Es muss auch bei künstlichen Systemen möglich sein, wenigstens denkbar, dass höhere Komplexität etwas bewirkt.

Damit wird nicht behauptet, dass wir im Hirn feststellen können, was etwas bedeutet oder dass wir Bedeutung an der Summe der Neuronen abzählen können. Ich halte einen solchen Biologismus oder Physikalismus für falsch. Aber wir dürfen deshalb nicht die Tatsache ausser Acht lassen, dass Komplexität etwas bewirken kann, was vorher nicht da war. Und deshalb ist ein Toaster etwas anderes als eine Flamme und ist ein Wurm etwas anderes als ein Mensch.



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Di 22. Mai 2018, 19:51

Alethos hat geschrieben :
Di 22. Mai 2018, 19:36
Es muss auch bei künstlichen Systemen möglich sein, wenigstens denkbar, dass höhere Komplexität etwas bewirkt.
Noch Mal zum Toaster und seinem angeblichen Wissen im Vergleich mit uns.

Wie sieht es aus mit unseren Gedanken? Sie dürften ja was mit dem Wissen zu tun haben. Sind die wirklich ganz und gar im Gehirn präsent? Gehört dazu nicht die Welt selbst, die Phänomene da draußen, über die wir nachdenken (Externalismus!) Gedanken sind Teil des verkörperten Menschen in seiner Umwelt, einer materiellen und sozialen Umgebung. Eine soziale Umgebung! Die Aufzählung ist natürlich lange nicht vollständig, aber die Zutaten haben es bereits in sich. Es fehlen kulturelle Einflüsse, die Logik und was alles noch, es dürfte erheblich sein. Gene, Erfahrung, Umwelt, soziale Faktoren und, und, und ... alles Mögliche muss da auf vielen verschiedenen Ebenen zusammenkommen, um so etwas wie Wissen zu ermöglichen.

Diese kleine Mini-Liste ist bereits der Wahnsinn. Und dann das unglaubliche Gehirn: Das Gehirn - ohne all den anderen Schlamassel, allein für sich genommen, gilt schon als eins der komplexesten Etwasse, welches dieses Universum kennt. "Das menschliche Gehirn besitzt etwa 100 Milliarden Nervenzellen (Neurone), die durch etwa 100 Billionen Schaltstellen (Synapsen) miteinander verbunden sind." findet man im Netz. Und das ist nur ein ganz kleiner Ausschnitt der gesamten Komplexität. Das meiste davon verstehen wir nicht Mal in Ansätzen, was man so liest.

Also dieser ganze Wahnsinn ... und daneben ein Toaster. Nein, da ist wirklich kein Platz für Übergänge und Nuancen.




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Di 22. Mai 2018, 21:03

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 22. Mai 2018, 19:51
Also dieser ganze Wahnsinn ... und daneben ein Toaster. Nein, da ist wirklich kein Platz für Übergänge und Nuancen.
Das kommt mir so vor, wie wenn wir sagen würden, eine Menge sei dann erst eine Menge, wenn eine Menge von etwas da ist :) Dabei ist eine Menge definiert durchs Mengesein, auch wenn nur ein Mengenelement da ist oder gar keins.

Und Wissen ist nicht einfach erst dann Wissen, wenn alle darunter fallenden Merkmale von Wissen vereint sind, sondern wenn das, was als seine wesentlichste Eigenschaft gilt, vorkommt, dann ist es Wissen. Und ich halte für die wesentlichste Eigenschaft von Wissen die Tatsache, dass es eine Information bedeutet resp. eine Wahrheit über etwas durch sein Sein.

Wissen lässt sich vermitteln und übermitteln, wie jede andere Form von Information. Das Gewusste ist zwar deshalb dieses Gewusste, weil es im Zusammenhang mit allem anderen Gewusstem vorkommt (es ergibt sich wechselbedingt), aber es ist als etwas Gewusstes überhaupt ein Informationsgehalt.

Deine Liste zeigt ja eindrücklich, wie komplex und vielschichtig menschliches Sein ist. Das würde ich nicht mal in die vergleichende Nähe zu einem Toaster bringen, allein aus Demut nicht. Aber diese Pietät darf uns doch nicht abhalten, nach einer Definition von Wissen zu suchen, die nicht bereits bei der höchsten uns bekannten Form beginnt. Das ist so, als wollte man allein mit dem Blick auf den Gipfel erfahren haben wollen, was es heisst, hinaufzusteigen.

Denn wie halten wir es mit einem Einzeller? Er ist ja auch nichts völlig Unintelligentes, bloss weil er praktisch nichts von dem kann, was wir können. Er weist vieles von dem, was du aufgezählt hast, nicht auf. Im Grunde besteht er nur aus Fühlern, osmotischen und chemischen Vorgängen und Erbmaterial. Nun würden wir nie sagen, dass die Zelle ein soziales Netz braucht, ein Bewusstsein, logische Systeme oder dergleichen, damit sie diese Informationen verarbeiten kann. Ich sage ja nicht, der Mensch sei ein solches Ding, nur grösser, sondern es bleibt festzustellen, dass Informationen auch in solchen Kleinstssystemen verarbeitet werden und sich darin etwas abspielt, das einem kleinen Wunder gleichkommt: Wissensproduktion. Nun ist es jedenfalls für mich denkbar, dass ein solches Information verarbeitendes System reproduzierbar ist in künstlicher Form.

So simpel die datenverarbeitende Struktur auch sein mag: Daten sind Informationspakete und, indem sie verarbeitet werden, geschieht das: Wissensvermittlung.



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Mi 23. Mai 2018, 00:11

Tommy hat geschrieben :
Di 22. Mai 2018, 21:35
Alethos hat geschrieben :
Di 22. Mai 2018, 21:03
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 22. Mai 2018, 19:51
Also dieser ganze Wahnsinn ... und daneben ein Toaster. Nein, da ist wirklich kein Platz für Übergänge und Nuancen.
Das kommt mir so vor, wie wenn wir sagen würden, eine Menge sei dann erst eine Menge, wenn eine Menge von etwas da ist :) Dabei ist eine Menge definiert durchs Mengesein, auch wenn nur ein Mengenelement da ist oder gar keins.
Jörn will wohl "einfach nur" sagen: Ein Mensch ist kein etwas komplizierterer Toaster.
Man kann ein so komplexes Wesen wie einen Menschen nicht einfach damit erklären, dass man die Grundstoffe in einen Topf wirft und dann ist das ein Toaster und wenn man von allem noch mehr reinwirft ist das ein Mensch. So funktioniert das nicht.
Dein Einwand ist sicherlich richtig, nur zielt er an dem vorbei, was ich sage. Ich vertrete keinen Naturalismus und halte den Menschen deshalb auch nicht für ein komplexes biophysisches toasterähnliches (oder einer sonstigen Apparatur ähnliches) Geschöpf.



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