Das Recht auf das Digitale Vergessen

Es gibt heute kaum Bereiche des alltäglichen Lebens, die nicht in irgendeiner Weise mit dem World-Wide-Web zusammenhängen. Das Gleiche gilt für "künstliche Intelligenz". Was hat die Philosophie dazu zu sagen?
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Stefanie
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Registriert: Mi 19. Jul 2017, 20:09

Mi 27. Nov 2019, 20:00

Das Internet vergisst nichts.
Das Bundesverfassungsgericht hat ein Urteil über das Recht auf Vergessen im Internet gesprochen.
Digitale Teilamnesie

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Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.

 
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Im Netz haben haben Täter nach den heutigen Grundsatzentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts selbst bei schweren Straftaten ein Recht auf Vergessen.Zusammengefasst folgt daraus zwar keine Pflicht, Namen aus den Onlinearchiven der Medien zu tilgen - wenn Betroffene aber zurecht auf den Schutz ihres Persönlichkeitsrechts pochen, muss ihre Auffindbarkeit erschwert werden.Die Entschiedungen des Gerichts tragen allerdings auch den Interessen der Medien Rechnung.

Das Internet vergisst nichts. Diese Erkenntnis ist längst zur festen Formel geworden. Einerseits ist genau das eine große Stärke des weltweiten Netzes, andererseits aber auch die Gefahr.

Früher breitete sich irgendwann die Gnade des Vergessens über all jene, deren Fehltritte öffentlich geworden sind. Aus den Nachrichten von heute wurde morgen Altpapier. Selbst Verbrecher konnten darauf zählen, dass ihre Untaten in den Papierarchiven der Zeitungen aufgehoben waren, im Gedächtnis der Leserschaft aber allmählich verblassten. Nun aber müssen Gerichte das Netz zum Vergessen zwingen - dort, wo es zum Schutz der Betroffenen angezeigt ist. 

Am Mittwoch hat das Bundesverfassungsgericht nun zwei Grundsatzentscheidungen zum "Recht auf Vergessen" veröffentlicht. Zusammengefasst folgt daraus zwar keine Pflicht, Namen aus den Onlinearchiven der Medien zu tilgen. Die Archivare der Medienhäuser werden aber technische Schutzvorkehrungen treffen müssen, um ein wenig Sand ins Getriebe des digitalen Gedächtnisses zu streuen: Wenn Betroffene zu Recht auf den Schutz ihres Persönlichkeitsrechts pochen, dann muss zumindest ihre allzu leichte Auffindbarkeit erschwert werden.

Dass es prinzipiell ein "Recht auf Vergessen" geben muss, begründet der Erste Senat - zuständig für das Verfahren war Johannes Masing - mit der gesellschaftspsychologischen Tiefendimension des Vergessens. "Zur Freiheit gehört es, persönliche Überzeugungen und das eigene Verhalten fortzuentwickeln und zu verändern." Dafür bedürfe es eines rechtlichen Rahmens, der es möglich mache, "Irrtümer und Fehler hinter sich zu lassen". Jeder müsse die Chance haben, "dass Vergangenes gesellschaftlich in Vergessenheit gerät, und damit die Chance zum Neubeginn in Freiheit".

https://www.sueddeutsche.de/medien/rech ... -1.4700047
Das Recht auf Vergessen. Die Gnade des Vergessens. Auch in der analogen Welt durchaus kompliziert.
Es ist doppelt lesbar. Zum einem, dass etwas über einen selber von anderen vergessen wird. Aber auch, dass man selber vergisst, manchmal auch vergessen muss, um das Leben weiter leben zu können.



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

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