Philip Goff über Panpsychismus
- Jörn P Budesheim
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Philip Goff ist ein britischer Autor, panpsychistischer Philosoph und Professor an der Universität Durham, dessen Forschung sich auf die Philosophie des Geistes und des Bewusstseins konzentriert.Insbesondere geht es ihm darum, wie Bewusstsein Teil des wissenschaftlichen Weltbildes sein kann. Goff vertritt die Auffassung, dass der Materialismus „inkohärent“ sei und dass der Dualismus zu „Komplexität, Diskontinuität und Rätselhaftigkeit“ führe. Stattdessen plädiert er für einen „dritten Weg“, eine Variante des russellianischen Monismus, die versucht, die intrinsische Natur der Realität zu erfassen, indem sie annimmt, dass Bewusstsein ein fundamentales, allgegenwärtiges Merkmal der physischen Welt ist. „Das grundlegende Bekenntnis besteht darin, dass die fundamentalen Bausteine der Realität – vielleicht Elektronen und Quarks – über unglaublich einfache Formen von Erfahrung verfügen.“
Mit Verlaub, das ist Quatsch mit Soße!Jörn P Budesheim hat geschrieben : ↑So 21. Sep 2025, 21:17…„Das grundlegende Bekenntnis besteht darin, dass die fundamentalen Bausteine der Realität – vielleicht Elektronen und Quarks – über unglaublich einfache Formen von Erfahrung verfügen."
Haben manche Elementarteilchen etwa Äuglein, Öhrchen, Näschen oder andere winzige Sinnesorgane, die das Erfahren von Empfindungen ermöglichen?
Das ist natürlich eine rhetorische Frage, da selbst das kleinste Sinnesorgan aus sehr vielen Elementarteilchen besteht.
"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding
Jörn P Budesheim hat geschrieben : ↑So 21. Sep 2025, 21:17…Stattdessen plädiert [Goff] für einen „dritten Weg“, eine Variante des russellianischen Monismus, die versucht, die intrinsische Natur der Realität zu erfassen, indem sie annimmt, dass Bewusstsein ein fundamentales, allgegenwärtiges Merkmal der physischen Welt ist.…
Mehr dazu: SEP: Russellscher Monismus [Google Translate]"So wie ich es verstehe, muss eine Sichtweise zwei Kernthesen bejahen, um als Variante des Russellschen Monismus gelten zu können. Erstens muss jede solche Sichtweise der Behauptung verpflichtet sein, dass es auf der fundamentalsten Ebene der Realität nur eine einzige Eigenschaftsart gibt. Das macht die Sichtweise monistisch. Zweitens muss jede solche Sichtweise auch der Behauptung verpflichtet sein, dass diese fundamentalen Eigenschaften als intrinsische oder kategorische Grundlagen für physikalische Eigenschaften dienen, die alle selbst rein strukturell oder relational sind. Das macht die Sichtweise russellianisch. Wie Russell in einer Schlüsselpassage aus The Analysis of Matter bemerkte:
—
Die Physik an sich ist äußerst abstrakt und offenbart nur bestimmte mathematische Eigenschaften des Materials, mit dem sie sich befasst. Sie sagt uns nichts über den intrinsischen Charakter dieses Materials. (Russell 1927/1954, S. 10)
—
…
Wie auch immer Intrinsizität und Kategorizität [intrinsische und kategorische Eigenschaften] zu verstehen sind, der Russellsche Monist orientiert sich an der Tatsache, dass diese fundamentalen Eigenschaften, die selbst weder strukturell noch relational sind, sich dadurch prinzipiell dem Netz physikalischer Theorien zu entziehen scheinen: Aus physikalischer Sicht sind sie weder einer Analyse noch einer Überprüfung zugänglich. In Anlehnung an Montero (2011) werde ich die von Russellschen Monisten postulierten fundamentalen Eigenschaften einfach als unergründliche Eigenschaften [inscrutable properties] oder einfacher als Unergründlichkeiten [inscrutables] bezeichnen.
Durch die Kombination dieser beiden Kernaussagen des Russellschen Monismus können wir die Sichtweise nun wie folgt definieren:
Russellscher Monismus: Auf der fundamentalen Ebene der Realität existieren unergründliche Eigenschaften einer einzigen Art.
Nach meiner Kategorisierung würde also jemand, der an die Existenz unergründlicher Eigenschaften glaubt, aber leugnet, dass sie einer einzigen Art angehören, nicht als Russellscher Monist gelten. Betrachten wir eine Sichtweise, die an die Existenz von Unergründlichkeiten glaubt, es aber in viele verschiedene Arten unterteilt. Nach meiner Klassifizierung lässt sich eine solche Sichtweise am besten als eine Variante des Russellschen Pluralismus bezeichnen. Eine Sichtweise, die sie in zwei verschiedene Arten differenziert, würde als eine Variante des Russellschen Dualismus gelten.
Je nachdem, wie die Unergründlichkeiten charakterisiert werden, unterscheidet sich eine solche Sichtweise nicht allzu sehr von traditionellen Versionen des Eigenschaftsdualismus.
Obwohl alle Russellschen Monisten die Existenz einer einheitlichen Klasse unergründlicher Eigenschaften auf der fundamentalen Ebene der Realität teilen, sind sie sich über die Natur dieser Eigenschaften uneinig. Die aktuelle Literatur legt nahe, dass der Russellsche Monismus in vier verschiedenen Versionen existiert:
a) Phänomenaler Russellscher Monismus: Die Unergründlichkeiten sind phänomenale Eigenschaften.
b) Protophänomenaler Russellscher Monismus: Die Unergründlichkeiten sind protophänomenale Eigenschaften.
c) Neutraler Russellscher Monismus: Die Unergründlichkeiten sind neutrale Eigenschaften, weder phänomenal noch physikalisch.
d) Physikalischer Russellscher Monismus: Die Unergründlichkeiten sind physikalische Eigenschaften einer besonderen Art."
[Google Translate mit Änderungen meinerseits]
(Kind, Amy. "Pessimism about Russellian Monism." In Consciousness and the Physical World: Perspectives on Russellian Monism, edited by Torin Alter and Yujin Nagasawa, 401-422. New York: Oxford University Press, 2015. pp. 403-5)
"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding
P.S.:
Ich habe eine Kopie von Goffs Buch Galileo's Error: Foundations for a New Science of Consciousness (2019). Es ist ihm darin nicht gelungen, mich zum Panpsychismus zu bekehren.
Ich habe eine Kopie von Goffs Buch Galileo's Error: Foundations for a New Science of Consciousness (2019). Es ist ihm darin nicht gelungen, mich zum Panpsychismus zu bekehren.
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Du bist aber ein schneller Leser
"Bekehren" ist ein interessanter Ausdruck in dem Zusammenhang 
- Jörn P Budesheim
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Das heißt für dich ist ausgemacht, dass Bewusstsein als "Sinneserfahrung" möglich ist?Consul hat geschrieben : ↑Mo 22. Sep 2025, 04:22Haben manche Elementarteilchen etwa Äuglein, Öhrchen, Näschen oder andere winzige Sinnesorgane, die das Erfahren von Empfindungen ermöglichen?
Das ist natürlich eine rhetorische Frage, da selbst das kleinste Sinnesorgan aus sehr vielen Elementarteilchen besteht.
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Für/gegen nichts. Er dient nur als Informationsmaterial über den RM.Jörn P Budesheim hat geschrieben : ↑Mo 22. Sep 2025, 08:10Wofür oder wogegen argumentierst du in dem Beitrag über Russell?
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Ich gehe davon aus, dass Philip Goff so etwas natürlich nicht meint. Ich male mir aus, dass es in dieser Sicht für alles immer "irgendwie ist", zu sein. Je weniger komplex, desto weniger ist da allerdings.Jörn P Budesheim hat geschrieben : ↑Mo 22. Sep 2025, 07:56Das heißt für dich ist ausgemacht, dass Bewusstsein als "Sinneserfahrung" möglich ist?
Die drei zentralen Argumente für Goffs Panpsychismus
- Kritik am wissenschaftlichen Weltbild (Der Irrtum des Galileo): Goffs grundlegendstes Argument ist eine historische und philosophische Kritik an der modernen Wissenschaft. Er argumentiert, dass Galileo Galilei die Wissenschaft auf die Untersuchung rein quantitativer Eigenschaften der Materie (wie Masse oder Ladung) beschränkte und qualitative Aspekte (wie Farben oder Gefühle) bewusst ausklammerte. Diese strategische Entscheidung machte das Bewusstsein „von Design her für die physikalische Theorie unsichtbar“. Die Physik beschreibt daher nur, was Materie *tut* (ihr Verhalten und ihre Beziehungen), aber nicht, was sie an sich *ist*. Goffs Schlussfolgerung ist, dass eine rein physikalische Beschreibung der Welt notwendigerweise unvollständig ist, wie auch Gedankenexperimente wie das „Wissensargument“ (Mary im Schwarz-Weiß-Raum) zeigen. Der Panpsychismus löst dieses Problem, indem er postuliert, dass Bewusstsein die fehlende intrinsische Natur der Materie ist.
- Vermeidung der Probleme von Materialismus und Dualismus: Goff präsentiert seinen Ansatz als eleganten „dritten Weg“, der die unüberwindbaren Schwierigkeiten der beiden dominanten Positionen umgeht.
- Im Gegensatz zum Materialismus, der Schwierigkeiten hat zu erklären, wie Bewusstsein aus nicht-bewusster Materie entstehen kann, vermeidet der Panpsychismus dieses Rätsel der „brutalen Emergenz“, das Goff mit „Magie“ vergleicht. Da Bewusstsein von Anfang an ein fundamentales Merkmal der Materie ist, muss es nicht auf mysteriöse Weise neu entstehen.
- Im Gegensatz zum Dualismus, der Geist und Körper als getrennte Substanzen ansieht und damit das „Interaktionsproblem“ schafft, integriert der Panpsychismus das Bewusstsein direkt in die physische Welt. Materie hat einfach zwei untrennbare Aspekte: einen äußeren (physikalischen) und einen inneren (erfahrungsbezogenen).
- Der Russellianische Monismus als kohärente Erklärung: Das Herzstück von Goffs Theorie ist eine spezifische Form des Panpsychismus, der sogenannte „Russellianische Monismus“. Diese Theorie besagt, dass Bewusstsein nicht einfach eine zusätzliche Eigenschaft von fundamentalen Teilchen wie Elektronen ist, sondern die „tiefere Geschichte, die dem zugrunde liegt, was die Physik uns zu sagen hat“. Die Physik beschreibt die extrinsischen, dispositionalen Eigenschaften der Materie (was sie tut), während das Bewusstsein ihre intrinsische, kategoriale Natur darstellt (was sie ist). Diese Sichtweise ist monistisch, da sie nur eine Art von „Stoff“ annimmt – die physische Materie –, die aber aus zwei Perspektiven betrachtet werden kann: „von außen“ (Physik) und „von innen“ (Erfahrung). So wird das Bewusstsein zu einem fundamentalen und allgegenwärtigen Merkmal der physischen Welt, statt zu einem isolierten Rätsel.
- Das Kombinationsproblem: Dies ist der am häufigsten genannte und hartnäckigste Einwand gegen den Panpsychismus. Das Problem stellt die Frage, wie sich die „unglaublich einfachen Formen der Erfahrung“ von fundamentalen Teilchen wie Elektronen und Quarks zu einem einzigen, komplexen und einheitlichen Bewusstsein wie dem eines Menschen verbinden können. Kritiker argumentieren, dass dieser Prozess unverständlich ist – im Gegensatz dazu, wie sich die Teile eines Motors zu einem funktionierenden Ganzen zusammensetzen. Der Vorwurf lautet, dass der Panpsychismus das „schwierige Problem des Bewusstseins“ nicht löst, sondern es nur verlagert: Statt der unerklärten Emergenz von Bewusstsein aus Nicht-Bewusstem steht man nun vor einer ebenso unerklärten Kombination von einfachem Bewusstsein zu komplexem Bewusstsein.
- Mangel an empirischer Überprüfbarkeit: Ein zentraler Kritikpunkt, insbesondere von Naturwissenschaftlern wie Sean Carroll, ist, dass Goffs Theorie nicht empirisch testbar oder widerlegbar ist. Goff räumt dies selbst ein und argumentiert, dass Bewusstsein keine „zusätzliche Eigenschaft“ sei, die sich in Experimenten zeigen würde. Da Bewusstsein nicht öffentlich beobachtbar ist, könne keine Theorie, die über bloße Korrelationen hinausgeht, auf traditionelle Weise überprüft werden. Für Kritiker bedeutet dies jedoch, dass der Panpsychismus keine neuen, testbaren Vorhersagen liefert und die physikalischen Gesetze nicht verändert, was ihn zu einer rein philosophischen Interpretation und nicht zu einer wissenschaftlichen Theorie macht.
- Die Kritik des fehlenden Subjekts und der Inkonsistenz: Dieser philosophische Einwand stellt in Frage, ob die Idee von reinen „Erfahrungsqualitäten“ ohne ein Subjekt, das diese Erfahrungen hat, überhaupt kohärent ist. Kritiker wie Bernardo Kastrup argumentieren, dass es „inkohärent erscheint, von qualitativen Erfahrungen zu sprechen, ohne ein Subjekt, das diese Qualitäten als Modi seines Geistes erfährt“. Die bloße Existenz von „Qualia“ sei nicht ausreichend; es müsse eine Entität geben, die diese erlebt. Eng damit verbunden ist Kastrups Vorwurf der Inkonsistenz: Er kritisiert, dass Goff von konkurrierenden Theorien Erklärungen fordert, sich bei der Lösung des Kombinationsproblems aber selbst auf spekulative, nicht belegte „psycho-physikalische Gesetze“ oder ein „rohes Faktum“ beruft, was einem „Appell an Magie“ gleichkomme.
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