Felder

Hier werden Vorträge diskutiert, die online als Video verfügbar sind.
sybok
Beiträge: 374
Registriert: Mi 7. Sep 2022, 17:36

Fr 28. Okt 2022, 23:56

Körper hat geschrieben :
Fr 28. Okt 2022, 22:43
sybok hat geschrieben :
Fr 28. Okt 2022, 20:44
Diese Geschichte halte ich wie gesagt für Sprachphilosophie.
Das wäre ein Fehler, denn Sprache (in unserem Fall: Schrift) übermittelt nicht die Information, sondern nur den Anlass zum Nachvollziehen der Information.
Du versuchst dir gerade ein Ablehnungs-Alibi zu geben, dass in "Sprachphilosophie" nicht enthalten sein kann.
sybok hat geschrieben :
Fr 28. Okt 2022, 20:44
Da verstehe ich leider nicht, was du meinst. Konkret was "kombiniert 16 mit 12" und " wird korrekt eingesetzt" genau heissen sollen. "12 als Objektausprägung von 16 in Form eines konkreten Gegenübers" meint den Link von Symbol mit dem, was es referenziert, wenn ich das richtig verstanden habe?
Bleiben wir einfach beim Kugelschreiber-Szenario:
"16" ist "Farbe" und "12 in Kombination mit 16" soll "Farbe Rot" sein.
("Kombination" soll für "Datenpaket" stehen, wobei nacheinander auf die Speicherstellen reagiert wird)

Selbst wenn eine Datenverarbeitung als Notlösung mit "12" und "16" hantiert, ist es keine Information.
Zwar kann die Kombination zu einem richtigen Gesamtverhalten führen (Alarmton, beim Vorliegen der "Farbe Rot"), aber das System verwaltet "12 und 16" nicht als "Ganzes"/"Etwas".
Nein, ich verstehe das nicht als "Ablehnungs-Alibi", ich bin nur nicht der gleichen Meinung. Bedeutung ist ja gerade eines der grossen Felder der Sprachphilosophie. Bedeutung, umgangssprachlich verstanden, ist nicht quantifizierbar, erstmal willkürlich setzbar, und auch entfernbar. Information hingegen ist absolut, entweder trägt es Information oder nicht, wie beispielsweise "AAAAAAA...". Sie ist quantifizierbar und Shannon hat eine mit der Intuition verträgliche Formalisierung gefunden. Ich kann damit nicht sagen, dass dein "roter Kugelschreiber" einen roten Kugelschreiber meint, aber ich kann über den Informationsgehalt sprechen, wie viel Information da maximal eincodiert sein kann, ob es zufälliger Symbolsalat ist und solche Dinge.
Ich spreche von den Eigenschaften des Wassers und du von der Form das Gefässes in das wir es kippen.


Körper hat geschrieben :
Fr 28. Okt 2022, 22:43
Schau mal hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Informationstheorie

Shannon selbst bezeichnet sein Werk als eine „mathematische Theorie der Kommunikation“. Er schließt semantische und pragmatische Aspekte der Information, also Aussagen über den „Inhalt“ übertragener Nachrichten sowie deren Bedeutung für den Empfänger ausdrücklich aus. Dies bedeutet, dass eine „sinnvolle“ Botschaft ebenso gewissenhaft übertragen wird wie eine zufällige Folge von Buchstaben. Obwohl die Shannon-Theorie üblicherweise als „Informationstheorie“ bezeichnet wird, macht sie also keine direkte Aussage über den Informationsgehalt von übertragenen Botschaften.
Der Name "Informationstheorie" ist eine ungünstige Bezeichnung, weil sie einen wichtigen Teil von Information nicht erfasst: Bedeutung.
Mir ist hier nicht klar, ob "Shannon" selbst überhaupt die Bezeichnung "Informationstheorie" verwendet hat.

Weiter steht im Link:
https://de.wikipedia.org/wiki/Informationstheorie

Die Informationstheorie stellt mathematische Methoden zur Messung bestimmter Eigenschaften von Daten zur Verfügung. Der Begriff der Information aus der Informationstheorie hat keinen direkten Bezug zu Semantik, Bedeutung und Wissen, da sich diese Eigenschaften mit informationstheoretischen Verfahren nicht messen lassen.
Es ist also lediglich eine Datentheorie und der Begriff "Information" wurde von "übermotivierten Schurken" gekidnappt :-)
Wenn "Shannon" sauber mit den Begriffen umgegangen ist, dann würde ich empfehlen, sich an ihm zu orientieren.

Da "Information" gar nicht in dieser "Informationstheorie" drin steckt, kann ich dir schwerlich einen diesbezüglichen Formalismus zu meinem Anliegen angeben.
Ja, Shannon sprach selbst von "information theory". Der letzte Satz des ersten Wiki-Quotes ist falsch, exakt genau darüber - über den Informationsgehalt von übertragenen Botschaften - macht sein Paper Aussagen, Shannon spricht von Metrik für eben genau den Informationsgehalt und die Unsicherheit.
Wo steht das denn, das Bedeutung ein Teil von Information ist, wer hat das festgelegt (durchaus nicht rhetorisch gemeint)? Was bedeuted 1011101111...?
Die exakt gleiche Bitsequenz auf einer Festplatte kann als Textdokument oder als ausführbares Programm interpretiert werden, die Bedeutung / der Typ ist nicht inhärent, keine Eigenschaft der Sequenz. Hingegen muss etwas, was potentiell als Textdokument oder Programmcode interpretiert werden könnte, sicher Information enthalten.
Ich halte die Bezeichnung zwar für sehr treffend, aber hänge auch nicht dran. Du kannst auch eine alternative Bezeichnung für den Thread hier vorschlagen, von der man dann reden kann, letztlich geht es mir um den Inhalt der Theorie und nicht deren Namen.




ahasver
Beiträge: 275
Registriert: Di 25. Sep 2018, 09:55

Sa 29. Okt 2022, 10:14

Habe derzeit leider gar keine Zeit fürs Forum. Hab die letzten Beiträge noch nicht gelesen. Werde es nachholen.
In Kürze worauf es meiner Meinung nach ankommt:

Entropie ist die Größe, die Information und Physik verbindet. Deshalb muss man Shannons Informationstheorie kennen, wenn man hier weiterforschen will.
Shannons Theorie bezieht sich auf die Technik der Informationsübertragung. Wie bekomme ich möglichst viel Information durch einen Kanal gepresst. Sein Informationsbegriff ist ein rein quantitativer und als solcher für uns notwendig aber nichthinreichend. Wir müssen uns also durchaus mit Shannon beschäftigen, wesentlich wird aber die Quanteninformationstheorie sein. Also auf zum Quantenbit.

muss schon wieder los :(



"Ich kann mich auch irren und nichts ist so sicher, als dass alles auch ganz anders ist."

Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23266
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Sa 29. Okt 2022, 11:49

Ulla Aeschbacher · Arne Hansen · Stefan Wolf,
Invitation to Quantum Informatics

Habe ich gerade beim Surfen entdeckt, dieses Buch gibt es umsonst, ist aber - soweit ich sehe - nur auf Englisch verfügbar.




sybok
Beiträge: 374
Registriert: Mi 7. Sep 2022, 17:36

Sa 29. Okt 2022, 12:27

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 29. Okt 2022, 11:49
Ulla Aeschbacher · Arne Hansen · Stefan Wolf,
Invitation to Quantum Informatics
Oh, das ist ja cool! Ich wollte nämlich (siehe unten) gerade kurz auf ein Seminar (und gleichnamige Vorlesung, die ich aber nur spärlich besucht hatte 8-) ) mit dem Titel "quantum information and quantum computing" zu sprechen kommen, das ich als Student mal gemacht hatte, und das war bei Stefan Wolf :) !
ahasver hat geschrieben :
Sa 29. Okt 2022, 10:14
Sein Informationsbegriff ist ein rein quantitativer und als solcher für uns notwendig aber nichthinreichend.
Nicht hinreichend, hm, in besagtem Seminar ging es - naturgemäss - ständig um Information und da reichte Shannon, d.h. öfter noch als mit Shannon wurde mit der Kolmogorov-Komplexität hantiert. (*)

EDIT:
(*) Also kann natürlich sein das du recht hast, war nur als kleiner Kommentar am Rande gedacht.




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23266
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Sa 29. Okt 2022, 12:42

Für mich ist es eine Entdeckung erst der jüngeren Zeit, dass Informationen etwas physikalisches ist. Früher war ich der Ansicht, dass sie in irgendeiner Form an Menschen (oder andere Wesen) gebunden ist. Letztlich fügt sich das natürlich sowieso viel besser in meine durch und durch realistische Position. Und ich meine (bin nicht ganz sicher), auch der Nobelpreisträger Zeilinger hat in einem Interview gesagt, dass die Trennung von "Information und Wirklichkeit" obsolet ist.




Körper
Beiträge: 483
Registriert: Fr 18. Feb 2022, 20:14

Sa 29. Okt 2022, 18:31

sybok hat geschrieben :
Fr 28. Okt 2022, 23:56
Wo steht das denn, das Bedeutung ein Teil von Information ist, wer hat das festgelegt (durchaus nicht rhetorisch gemeint)?
Wir Menschen legen das durch unsere Funktionsweise fest.

Hier ein Link zur Wortherkunft:
https://www.wissen.de/wortherkunft/information

Das lat. informatio heißt wörtlich „Formung, durch Unterricht erworbene Bildung“, zugrunde liegt dem Substantiv das Verb informare „formen, eine Gestalt geben“. Der Bedeutungswandel des Wortes und seiner Ableitungen ist auffällig: Im 17. und 18. Jh. war ein Informator noch jemand, der andere unterwies, also ein „Lehrer“, heute gibt ein Informant Auskünfte – nicht als Lehrer, sondern eher als gut Informierter.
Es geht also von alters her um die menschliche Wahrnehmung ("das Mentale"), und zwar genauer um Bildung, Wissen, Verstehen.

Information ist damit ein Wahrnehmungsbegriff.

Eine konkrete Information startet, indem ein bewusster Mensch aus seiner Wahrnehmungssituation heraus einen Bewusstseins-Anteil als "die relevante Information" bestimmt.
Eine Information ist damit eine konkrete Phänomenal-Objekteinteilung (es ist egal, ob das etwas direkt "Wahrgenommenes" oder "Vorgestelltes" ist).
Der Mensch verwaltet Objekte und weiss damit, worum es geht. Das Objekt ist dabei sozusagen direkt die Bedeutungsausprägung. Wir sind nicht von einem Objekt und dann nochmal von einer Bedeutung überzeugt, sondern Objekt ist auch gleichzeitig Bedeutung.
Das ist das "Phänomenale".

Nehmen wir wieder mein obiges Beispiel:
vor mir auf dem Tisch liegt ein Kugelschreiber mit Farbe Rot.

Diese Szene liegt als Realweltsituation vor und ich bin ein Objekt inmitten der Objektkonstellation, aus der ich den Anteil "Kugelschreiber mit Farbe Rot" als Information auswähle.
(warum ich das mache und was ich dann mit dieser Information anstelle, sei mal egal).

"Kugelschreiber mit Farbe Rot" ist ein für mich phänomenal vorliegendes Verstehen/Wissen.
Beim menschlichen Verstehen/Wissen geht es unweigerlich um Bedeutung.
sybok hat geschrieben :
Fr 28. Okt 2022, 23:56
Bedeutung, umgangssprachlich verstanden, ist nicht quantifizierbar, erstmal willkürlich setzbar, und auch entfernbar.
Umgangssprache dreht sich hier nur um den Nutzen, ob man also mit der Information in einer Situation etwas anfangen kann.
Beispiel:
Jemand wird gefragt "Wo warst du am 12.4.2005?" und er antwortet mit "mein Auto ist blau", dann ist seine Information (in Bezug auf die Frage) umgangssprachlich "bedeutungslos".
Das heist aber nicht, dass seine Information frei von Bedeutung ist.
sybok hat geschrieben :
Fr 28. Okt 2022, 23:56
zufälliger Symbolsalat
Das ist ein Beispiel dafür, dass eine Information zwar keinen Nutzen haben kann, aber dennoch als Phänomenal-Objekteinteilung vorliegt.
In diesem Fall gibst du deinen Phänomenaleindruck direkt wieder "zufälliger Symbolsalat".
D.h. du machst selbst aus der Konstellation, die du nach deinem Prinzip eher als Nicht-Information ansehen möchtest, in deiner menschlichen Wahrnehmung wieder eine konkrete Bedeutungsausprägung (sozusagen "das Ganze") "den zufälligen Symbolsalat".

Da sind wir wieder bei der "Paradoxie des Haufens".
Wo steckt die Information, dass es ein Haufen ist?
Ganz einfach: in der individuellen Phänomenal-Objekteinteilung des Wahrnehmenden.
Der Wahrnehmende baut nur ein Grobverständnis zu den Einzelteilen auf und verwaltet sie dennoch als Gesamtheit.
Die Überzeugung vom Phänomenal-Objekt "Haufen" ist dann die Bedeutung "kein näherer Einblick in die Details".
Es ist blanker Unsinn, die Information in/bei der Materie zu suchen.
sybok hat geschrieben :
Fr 28. Okt 2022, 23:56
Was bedeuted 1011101111...?
Du sagst es ja selbst bereits: es ist eine konkrete Sequenz.
Das ist eine Phänomenal-Objekteinteilung, die du und ich zur Verfügung haben - kein Problem.
sybok hat geschrieben :
Fr 28. Okt 2022, 23:56
Die exakt gleiche Bitsequenz auf einer Festplatte kann als Textdokument oder als ausführbares Programm interpretiert werden, die Bedeutung / der Typ ist nicht inhärent, keine Eigenschaft der Sequenz.
Wo ist die Sensation? Die Festplatte speichert keine Informationen, sondern selbst aus menschlicher Sicht eher nur Daten.

Hierzu Wiki:
https://de.wikipedia.org/wiki/Information#Daten

Daten sind nur Darstellungen/Angaben über Sachverhalte und Vorgänge, die in der Form bestimmter Zeichen/Symbole auf bestimmten Datenträgern existieren. Aus ihnen kann (bei Menschen durch kognitive Tätigkeiten des Empfängers) „Information“ werden, zweckbezogenes Wissen, das man beim Handeln im Hinblick auf gesetzte Ziele benötigt. Dies geschieht, indem wahrgenommene Daten „intraindividuell“ (vom jeweiligen Individuum) semantisiert und weitere Operationen (wie z. B. Schlussfolgerungen) ausgeführt werden. Anhand gleicher Daten können also unterschiedliche Informationen gewonnen werden. Die Begriffe Information und Daten sind also eng miteinander verwandt.
Du siehst, da ist eigentlich kein Spielraum für den Anspruch der Physiker, den Begriff "Information" einsetzen zu dürfen.
Es ist immer der Wahrnehmende notwendig, um Information daraus zu machen, sein Verstehen/Wissen muss sich ergeben (-> Bedeutung).
sybok hat geschrieben :
Fr 28. Okt 2022, 23:56
Ich halte die Bezeichnung zwar für sehr treffend, aber hänge auch nicht dran. Du kannst auch eine alternative Bezeichnung für den Thread hier vorschlagen, von der man dann reden kann, letztlich geht es mir um den Inhalt der Theorie und nicht deren Namen.
Ich hätte jetzt eher "Daten" gesagt, aber für die physikalischen Sachverhalte, die ja keine Darstellungen/Angaben sind, sondern direkt die Sachverhalte, ist das auch noch zu viel.
Ich würde auf jeden Fall jeglichen Wahrnehmungsbegriff ablehnen.
Mein persönlicher Grenzbegriff ist "Wechselwirkung". Für die Basis von Wechselwirkung verwende ich den Begriff "Existenz", aber was das sein soll, kann ich nicht sagen, denn ich komme nur an Wechselwirkungen heran.




sybok
Beiträge: 374
Registriert: Mi 7. Sep 2022, 17:36

So 30. Okt 2022, 09:39

Körper hat geschrieben :
Sa 29. Okt 2022, 18:31
zugrunde liegt dem Substantiv das Verb informare „formen, eine Gestalt geben“
Ok, das wird aber von der formalisierten Variante in TCS und Physik ja nahezu perfekt getroffen ;) - Daten "in Form", da geht es ja nicht um Bedeutung, den Mensch, Wahrnehmung und Verstehen (du schmeisst hier ein bisschen alles in einen Topf, oder?).
Ich kann dein Unbehagen mit dem Begriff Information schon nachvollziehen. Aber der Begriff in der kritisierten Form ist nun mal etabliert - seit rund einem Jahrhundert. Schlussendlich kannst du das mit vielen formalisierten Begriffen machen: "Heute hab ich wenig Energie", meint das, dass ich wenig Joule "besitze"? Oder "sie hat bei der letzten Prüfung eine fantastische Leistung abgeliefert", hat sie dann viele Watt aufs Papier geschrieben?

Abgesehen davon würd ich dir mal mit dem letzten Post das "letzte Wort" überlassen.

Wenn es nach mir ginge - der Strang heisst zwar eigentlich "Felder" und ich bin auch nicht der TS: Aber das vorherige Thema fand ich super spannend, ich würde eigentlich lieber das weiter diskutieren, mit dem in Physik und TCS üblichen Gebrauch von "Information". Wenn dich das mit dem Begriff sehr interessiert könnte man, wenn der TS und sonst Niemand was dagegen hat, vielleicht eher einen eigenen Thread dazu machen?
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 29. Okt 2022, 12:42
Und ich meine (bin nicht ganz sicher), auch der Nobelpreisträger Zeilinger hat in einem Interview gesagt, dass die Trennung von "Information und Wirklichkeit" obsolet ist.
Interessant. Von Leonard Susskind - und der ist ja auch eine Physik-Koryphäe (holographisches Universum, Stringtheorie, etc.) - hab ich unter Anderem seine Vorlesung zur statistischen Mechanik angeschaut, ein paar schöne Zitate daraus:
  • "Statistical Mechanics is not really modern physics, it's pre-modern physics, but it is also modern physics and I ensure you, it'll be post-modern physics."
  • "The second law of thermodynamics will probably outlast anything."
  • "Statistical Mechanics and Thermodynamics may not be as sexy as the Higgsboson but I ensure you, it is at least as deep. (Dann mit der Hand vor dem Mund, flüsternd:) It is a lot deeper."
Ich find das wirklich abgefahren, die Entropiezunahme (oder vielleicht vorsichtiger "nicht-Abnahme") gilt auf allen Ebenen, selbst in abstrakten Kontexten. Es scheint mir das universellste Gesetz - über die Physik hinausgehend - überhaupt zu sein, das wir entdeckt haben. Etwa die Beobachtung, dass mein Zimmer immer wieder von selbst ( :D ) unordentlich wird, ich es periodisch aufräumen muss, ist ja tatsächlich das gleiche Gesetz (nicht bloss eine Analogie) wie das, mit dem wir beispielsweise Wärmekraftmaschinen analysieren und sagen, dass Energie von Warm zu Kalt fliesst - abgefahren :shock: . Es gibt sogar, und jetzt wird es beinahe lächerlich, einen Beweis des Primzahlsatzes aus der Informationstheorie heraus (über Kolmogorov-Komplexität).
Die Quantenmechanik wie auch die Relativitätstheorie "müssen" sich auch an diese Gesetze halten. Höchst interessante und fruchtbare Gedankenexperimente wie der Maxwellsche Dämon oder das Boltzmann-Gehirn entspringen aus der Theorie. Wir haben da quasi die Bestätigung von Top-Shots wie Zeilinger oder Susskind, und doch...
Wie bereits gefragt: Warum macht man denn eigentlich den Schritt nicht, zu versuchen, die Physik auf der Grundlage der Informationstheorie aufzubauen? Sie spielt in meiner Wahrnehmung, Obigem zum Trotz, immer nur die Rolle eines Werkzeuges (abgesehen vielleicht von ihrer "Stammheimat", der Thermodynamik). Ist das zu abstrakt? Zu interdisziplinär? Zu wenig "sexy"? Oder bekomme ich das einfach nicht mit? Wo klemmts?




ahasver
Beiträge: 275
Registriert: Di 25. Sep 2018, 09:55

So 30. Okt 2022, 11:46

sybok hat geschrieben :
So 30. Okt 2022, 09:39
Wie bereits gefragt: Warum macht man denn eigentlich den Schritt nicht, zu versuchen, die Physik auf der Grundlage der Informationstheorie aufzubauen? Sie spielt in meiner Wahrnehmung, Obigem zum Trotz, immer nur die Rolle eines Werkzeuges (abgesehen vielleicht von ihrer "Stammheimat", der Thermodynamik). Ist das zu abstrakt? Zu interdisziplinär? Zu wenig "sexy"? Oder bekomme ich das einfach nicht mit? Wo klemmts?
Weizsäcker hat das versucht mit seiner Theorie der Ur-Alternativen. Ist aber über einen sehr spannenden Anfang nicht hinausgekommen. Mitarbeiter waren Holger Lyre und Thomas Görnitz. Lyre ist wieder ausgestiegen weil nichts mehr zu gehen schien. Görnitz hat weitergemacht.
Ganz neu dabei ist ein Immanuel Kober, mit dem ich mich aber noch nicht beschäftigt habe. Bin dabei das nachzuholen. Könnte spannend werden.

Sobald ich wieder ein klein bißchen Zeit habe, werde ich berichten.



"Ich kann mich auch irren und nichts ist so sicher, als dass alles auch ganz anders ist."

sybok
Beiträge: 374
Registriert: Mi 7. Sep 2022, 17:36

So 30. Okt 2022, 12:15

ahasver hat geschrieben :
So 30. Okt 2022, 11:46
sybok hat geschrieben :
So 30. Okt 2022, 09:39
Wie bereits gefragt: Warum macht man denn eigentlich den Schritt nicht, zu versuchen, die Physik auf der Grundlage der Informationstheorie aufzubauen? Sie spielt in meiner Wahrnehmung, Obigem zum Trotz, immer nur die Rolle eines Werkzeuges (abgesehen vielleicht von ihrer "Stammheimat", der Thermodynamik). Ist das zu abstrakt? Zu interdisziplinär? Zu wenig "sexy"? Oder bekomme ich das einfach nicht mit? Wo klemmts?
Weizsäcker hat das versucht mit seiner Theorie der Ur-Alternativen. Ist aber über einen sehr spannenden Anfang nicht hinausgekommen. Mitarbeiter waren Holger Lyre und Thomas Görnitz. Lyre ist wieder ausgestiegen weil nichts mehr zu gehen schien. Görnitz hat weitergemacht.
Ganz neu dabei ist ein Immanuel Kober, mit dem ich mich aber noch nicht beschäftigt habe. Bin dabei das nachzuholen. Könnte spannend werden.

Sobald ich wieder ein klein bißchen Zeit habe, werde ich berichten.
Fantastisch, Danke für den Suchbegriff! Dass Lyre dabei ist, der ist ja glaube ich von Haus aus Philosoph (hab mal ein Teil einer Vorlesung von ihm zu Wissenschaftsphilosophie angeschaut), scheint vielversprechend. Das klingt schon mal gut:
Wikipedia hat geschrieben : In ihr wird eine einheitliche Beschreibung der Natur alleine auf Basis der Quantentheorie angestrebt, die in diesem Rahmen als eine Theorie der Information in der Zeit verstanden wird.
Ich hoffe ich verstehe hinreichend genug QM, aber das wird wohl meine Beschäftigung für heute Nachmittag. :)




Körper
Beiträge: 483
Registriert: Fr 18. Feb 2022, 20:14

So 30. Okt 2022, 19:29

sybok hat geschrieben :
So 30. Okt 2022, 09:39
Ok, das wird aber von der formalisierten Variante in TCS und Physik ja nahezu perfekt getroffen ;) - Daten "in Form", da geht es ja nicht um Bedeutung, den Mensch, Wahrnehmung und Verstehen (du schmeisst hier ein bisschen alles in einen Topf, oder?).
Ich kann dein Unbehagen mit dem Begriff Information schon nachvollziehen. Aber der Begriff in der kritisierten Form ist nun mal etabliert - seit rund einem Jahrhundert. Schlussendlich kannst du das mit vielen formalisierten Begriffen machen: "Heute hab ich wenig Energie", meint das, dass ich wenig Joule "besitze"? Oder "sie hat bei der letzten Prüfung eine fantastische Leistung abgeliefert", hat sie dann viele Watt aufs Papier geschrieben?

Abgesehen davon würd ich dir mal mit dem letzten Post das "letzte Wort" überlassen.
Dein Abbrechen erstaunt mich jetzt etwas und du kannst dir sicher sein, dass ich etwas zu sagen hätte.
sybok hat geschrieben :
So 30. Okt 2022, 09:39
Wie bereits gefragt: Warum macht man denn eigentlich den Schritt nicht, zu versuchen, die Physik auf der Grundlage der Informationstheorie aufzubauen? Sie spielt in meiner Wahrnehmung, Obigem zum Trotz, immer nur die Rolle eines Werkzeuges (abgesehen vielleicht von ihrer "Stammheimat", der Thermodynamik). Ist das zu abstrakt? Zu interdisziplinär? Zu wenig "sexy"? Oder bekomme ich das einfach nicht mit? Wo klemmts?
Du möchtest abbrechen, um dann aber dennoch mit dem Informationsthema weiterzumachen?
Der Sinn dahinter erschliesst sich mir nicht.
sybok hat geschrieben :
So 30. Okt 2022, 12:15
Fantastisch, Danke für den Suchbegriff! Dass Lyre dabei ist, der ist ja glaube ich von Haus aus Philosoph (hab mal ein Teil einer Vorlesung von ihm zu Wissenschaftsphilosophie angeschaut), scheint vielversprechend.
Jetzt mutiert der Diskussionsverlauf ein wenig in Richtung Schenkelklopfer :-)

Da "Holger Lyre" laut "ahasver" die Expertenrunde zu "Theorie der Ur-Alternativen" verlassen haben soll, hat mich interessiert, was er zum Informationsbegriff zu sagen hat.

Du möchtest Kritik ja anscheinend nicht von mir hören, aber vielleicht nimmst du all deine Begeisterung für "Holger Lyre" und schaust dir dieses Video an:



"Holger Lyre" spricht mit seiner Kritik sicherlich nicht in allen Punkten exakt meine Meinung aus, aber für dich könnte es vielleicht eine Motivationsstütze sein, dass du deutlich kritischer auf den Begriff "Information" in der Physik schauen solltest und vielleicht glaubst du ja "Lyre", wenn er das Fass skizziert, das mit "Information" aufgemacht wird (Stichwort: "Bedeutung") - wenn ich das sage, soll ich ja "alles in einen Topf werfen".




sybok
Beiträge: 374
Registriert: Mi 7. Sep 2022, 17:36

So 30. Okt 2022, 23:24

Körper hat geschrieben :
So 30. Okt 2022, 19:29


"Holger Lyre" spricht mit seiner Kritik sicherlich nicht in allen Punkten exakt meine Meinung aus, aber für dich könnte es vielleicht eine Motivationsstütze sein, dass du deutlich kritischer auf den Begriff "Information" in der Physik schauen solltest und vielleicht glaubst du ja "Lyre", wenn er das Fass skizziert, das mit "Information" aufgemacht wird (Stichwort: "Bedeutung") - wenn ich das sage, soll ich ja "alles in einen Topf werfen".
Fand ich kein schlechtes Video, er bestätigt ja in meiner Wahrnehmung, was ich versuche mitzuteilen. Unter Anderem, wenn er um +-39:00 herum "semantische Informationstheorie" von "syntaktischer Info'theorie" unterscheidet, dem Ersteren "normative Elemente" zuordnet, diese mit Bedeutung identifiziert und dann sagt (39:13) "normative Elemente, normatives Vokabular geht klarerweise über das hinaus, was üblicherweise durch eine naturwissenschaftliche Diskription erfasst werden kann." In meinem Verständnis genau das, was ich dir vorgeschlagen hatte: Da sind wir in der Sprachphilosophie und haben die naturwissenschaftliche Physik verlassen. Dass man Information möglicherweise so gebrauchen kann, darum geht es mir nicht, das genannte Beispiel dazu war: "Super Leistung an der Prüfung abgeliefert!" hat auch nichts mit Watt zu tun.
Nur ein, zwei kleinlichere, eher technische Dinge, hätten mich am Vortrag gestört.

Geh an eine technische Uni, frag eine beliebige Person was Information sei, ich würde darauf wetten, dass praktisch alle Befragten in der einen oder anderen Art mit "-p*log(p)" antworten würden. Der Informationsbegriff ist meiner Erfahrung nach im alltäglichen Sprachgebrauch in der Naturwissenschaft nicht - wie Lyre sagt (das wäre eines der Dinge) - mehrdeutig: Denn 1. Kolmogorov-Komplexität wird meiner Erfahrung nach auch immer so bezeichnet, kaum je als "algorithmische Informationstheorie" (und wenn, hat es ja eben gerade ein abgrenzendes "algorithmische" davor) und 2. Boltzmann-Entropie und Shannon-Entropie sind glaube ich mehr als strukturidentisch, das kann man u.A. an der Herleitung der Schwarzkörperstrahlung von Planck (in Unkenntnis von Shannon, der kam erst später) klar machen - exakt so würde sie auch Shannon herleiten. Aber auch am Maxwellschen Dämon, wo meines Wissens mittlerweile eigentlich die Identität der beiden Konzepte indirekt tatsächlich empirisch nachgewiesen wurde.




sybok
Beiträge: 374
Registriert: Mi 7. Sep 2022, 17:36

Mo 31. Okt 2022, 11:28

ahasver hat geschrieben :
So 30. Okt 2022, 11:46
Theorie der Ur-Alternativen.
Hab nun gestern mal mit dem Versuch angefangen, mich einzuarbeiten. Hab mal soweit ein Paper von Lyre (The Quantum Theory of Ur-Objects as a Theory of Information) gelesen und eine Diskussion mit Weizsäcker (Carl Friedrich Freiherr von Weizsäcker in Gespräch und Vorlesung) angeschaut.
Soweit ich das bisher verstanden habe, sind da einige coole Ideen dabei, einige Dinge hätte ich mir aber auch anders vorgestellt.
Ich kann mich in der Mathematik bewegen, SU(2), U(1), Tensoren, hermitesche Operatoren, etc. habe aber kaum Erfahrung, diese Sprache im physikalischen Kontext anzuwenden und zu interpretieren - da könnte ich Hilfe gebrauchen.
Gäbe es denn eigentlich überhaupt sonst noch Interesse, ein bisschen in diese Theorie einzutauchen und sie zu diskutieren?




Körper
Beiträge: 483
Registriert: Fr 18. Feb 2022, 20:14

Mo 31. Okt 2022, 11:58

sybok hat geschrieben :
So 30. Okt 2022, 23:24
Unter Anderem, wenn er um +-39:00 herum "semantische Informationstheorie" von "syntaktischer Info'theorie" unterscheidet, dem Ersteren "normative Elemente" zuordnet, diese mit Bedeutung identifiziert und dann sagt (39:13) "normative Elemente, normatives Vokabular geht klarerweise über das hinaus, was üblicherweise durch eine naturwissenschaftliche Diskription erfasst werden kann."
Ist das die einzige Stelle, die dir gefällt?
Dass "Lyre" überhaupt so ein Video zu "Information" in den Naturwissenschaften (insbesondere in der Physik) macht, zeigt ganz klar das Problem auf.

Er unterscheidet bei 39:00 nicht Theorien, sondern "syntaktische Information" von "semantischer Information".
"Syntaktische Information" soll sich um Wahrscheinlichkeiten von Signalen drehen.
Zu Wahrscheinlichkeiten sagt er im Video, dass dies kein unproblematischer Begriff ist (Stichwort "Subjektivismus").
Ihm scheint da etwas aufzufallen :-)
Nach dieser Syntaktisch/Semantisch-Unterscheidung, weisst er aber darauf hin, dass die übliche Verwendung des Begriffes "Information" ganz klar in Verbindung mit Bedeutung steht.
Du erinnerst dich, dass du das oben noch angezweifelt hast.

Ich sage:
Die Formulierung "syntaktische Information" erhebt erst einmal nur den Anspruch, frei von Bedeutung zu sein.
Dieser Anspruch basiert aber nicht auf einer genauen Analyse.
Der Einsatz in der Physik geschieht ja zum Zwecke, einen Sachverhalt als Weltanteil zu veranschaulichen.
Nun ist "Wahrscheinlichkeit von Signalen" eine Art "Wissen über die Möglichkeiten".
Das ist relativ unproblematisch, solange man sagt "darunter liegt ein Etwas, durch das sich dieser Effekt ergibt".
Genau das soll hier aber nicht geschehen, sondern das "Wissen über die Möglichkeiten" soll selbst einen Weltanteil darstellen.
Dadurch kommt wiederum Bedeutung ins Spiel, denn "die Möglichkeit" muss wissenstechnisch verankert sein und das ist Bedeutung.
Letztlich kommt man durch "syntaktische Information" nicht von Bedeutung weg.
Die Formulierung "syntaktische Information" verändert den Begriff "Information" nicht, sondern spezifiziert lediglich, worum sich die Information drehen soll.

Der Einsatz von "Information" in den Naturwissenschaften ist laut "Lyre" aber schon vor dem Hintergrund der üblichen Verwendung, als schwierig anzusehen.
Des Weiteren sagt er irgendwo im Video (sinngemäss), wenn zum Informationsbegriff in den Naturwissenschaften eine verändernde Erklärung benötigt wird, weshalb entwickelt man dann nicht aus der Erklärung einen besseren Begriff.

Hierzu liefert vielleicht ein Link auf die "Theorie der Ur-Varianten" den entscheidenden Hinweis:
http://lyre.de/urinfo.htm#:~:text=Man%2 ... aut%20sind.

Abstrakte Theorie der Information:
Die Ur-Theorie erlaubt eine philosophische Interpretation als konsequente Quantentheorie der Information. Das Wort "konsequent" deutet dabei an, dass im Rahmen dieser Interpretation der Informationsbegriff in seiner gesamten konzeptionellen Vollständigkeit und Reichhaltigkeit berücksichtigt wird. Hierunter ist insbesondere zu verstehen, dass Information, vollständig aufgefasst, notwendig unter den drei semiotischen Aspekten der Syntax, Semantik und Pragmatik steht, und dass ferner Information ein essentiell zeitlicher Begriff ist.

Dies ist die besondere These der Arbeit (Lyre 1998b). Im Zentrum steht dabei die versuchte Begründung von Information auf der alleinigen Basis zweier Aprioriprinzipien: Unterscheidbarkeit und Zeitlichkeit. Die Idee wäre, dass sich eine "Abstrakte Theorie der Information" formulieren lässt, in deren Rahmen sich der im obigen Sinne vollständige Informationsbegriff systematisch herleiten lässt. Einen konzeptionellen Versuch hierzu stellt das Kapitel 3.1.2 von (Lyre 1998b) mit dem Titel Systematik des vollständigen Informationsbegriffes dar. Eine englische Version ist in (Lyre 1997) enthalten.
Als "Lyre" 1998 noch an dieser Theorie mitwirkte (das obige Video gab es damals noch nicht), war die Absicht, den Begriff "Information" in der vollständig üblichen Einsatzform ins physikalische Umfeld einzubetten.
Die übliche Einsatzform von Information sollte die Basis der anderen Grundbegriffe (Materie, Energie) bilden.
Im Video, also im Jahr 2013, hat sich "Lyre" davon entfernt - er ist ja auch aus dem Team zu der Theorie ausgestiegen.

Ich habe oben "Max Tegmark" und seine gebastelte "Überleitung von Information zu Bewusstsein" in einem Zitat angegeben.
"Zeilinger", den "Lyre" auch in seinem Video mit klaren "Informations"-Absichten erwähnt ("Zeilinger" ist in früheren Beiträgen hier im Thread schon mehrmals vorgekommen - Stichwort "Wirklichkeit und Information"), sucht explizit einen Austausch zwischen Physik und Religion.

Nach meinem Eindruck sind die, rund um "Information" aktiven (theoretischen) Naturwissenschaftler schon in einer ganz bestimmten Richtung unterwegs und der Hinweis "Information unterliegt bei uns einer ganz eigenen Definition" riecht eher nur nach einer oberflächlichen Ausrede.
=> Diese Leute wollen keinen anderen Begriff einsetzen, weil sie einer anderweitigen Zielsetzung folgen.

Du hast selbst bereits auf "Sabine Hossenfelder" hingewiesen, die (zwar nicht explizit zu "Information") ungünstige Phantasiebildung in der theoretischen Physik anprangert.
Nach eigenem Bekunden wird sie dabei von ihren Kollegen regelrecht ignoriert.
https://www.derstandard.de/story/200009 ... se-geraten

Hossenfelder holt dabei zu einem Rundumschlag gegen ihren eigenen Forschungsbereich aus: Die Physiker würden ihr Geld damit verdienen, "wahnwitzige Theorien auszubrüten, die höchst umstritten sind", lautet ihr Urteil. Diese seien "spekulativ, aber faszinierend; schön, aber nutzlos".
...
Hossenfelder: Ich habe von den Leuten aus den Forschungsgebieten, über die ich schreibe, absolut nichts gehört – da herrscht komplette Funkstille. Man versucht dort, mich vollkommen zu ignorieren.
Mir kommt es auch so vor, dass sich bei den (theoretischen) Physikern deutlich Ungutes einschleicht.

Die Frage liegt auf dem Tisch: Warum muss es unbedingt der Bergriff "Information" sein?
Ist es so einfach, wie "Hossenfelder" es beschreibt: "man kommt leicht an Geld heran, wenn man in populär wirkende Richtungen forscht" (Stichwort: Informationszeitalter).
sybok hat geschrieben :
So 30. Okt 2022, 23:24
"Super Leistung an der Prüfung abgeliefert!" hat auch nichts mit Watt zu tun.
Das übliche Verständnis von Leistung ist aber schon die Abgabe/Vorlegen/Abwickeln einer Arbeit in einer gewissen Einsatzzeit und je kürzer die Zeit, desto grösser das Staunen.
sybok hat geschrieben :
So 30. Okt 2022, 23:24
Geh an eine technische Uni, frag eine beliebige Person was Information sei, ich würde darauf wetten, dass praktisch alle Befragten in der einen oder anderen Art mit "-p*log(p)" antworten würden.
Und was würden sie sagen, wenn man darauf reagiert mit "nein, nicht dieser Informations-Begriff, sondern der übliche"?
Kommt dann mehr als Gestammel und liegt nicht darin eine enorme Gefahr?

"Lyre" hat es angesprochen, "Bedeutung" ist eine grosse Problematik, die Philosophie versagt hier vollständig.
D.h. der Sprung von Information zu Bewusstsein, wie ihn z.B. "Tegmark" vorführt (siehe Zitat aus einem obigen Beitrag) ist mindestens als ungeeignet einzuschätzen.

Ist es sinnvoll, eine Herde von eingeschränkt denkenden Fachleuten aufzubauen, die letztlich die eigentliche Problematik eines Begriffes vergessen haben?

Wie reagiert ein technisch ausgebildeter Fachmann, wenn man ihm klar macht, dass er zu einem seiner gewohnten Begriffe ein vollständiger Dillettant ist?
Ich tippe darauf, dass er sein "Weltbild" zu verteidigen versucht und erst einmal gar nichts einsehen möchte.

Physik hat durchaus ein hohes Ansehen und zusammen mit den Hinweisen von "Hossenfelder" ergibt sich eine ungünstige Kombination.
Es wird sicherlich zu einem Anspruchsverhalten kommen - das läuft dann versteckt auf "Obermufti-Entscheidung" hinaus.

Warum dieses Risiko eingehen?




ahasver
Beiträge: 275
Registriert: Di 25. Sep 2018, 09:55

Mo 31. Okt 2022, 18:01

Wir müssen uns folgende Fragen stellen:

1. Was ist Information?
2. Ist Information eine physikalische Größe?
3. Ist Information vielleicht sogar die grundlegende physikalische Größe?


Ich will mit der ersten Frage beginnen. Dazu sagt Weizsäcker:
Information ist nur, was verstanden wird.
Information ist nur, was Information erzeugt.
und Lyre:
Der vollständige Begriff von Information entfaltet sich in den Dimensionen Syntax, Semantik, und Pragmatik.
.....daß es nur eine einzige "Qualität" Information gibt, deren notwendige und hinreichende Definition aber aller drei genannten Aspekte bedarf.



"Ich kann mich auch irren und nichts ist so sicher, als dass alles auch ganz anders ist."

Burkart
Beiträge: 2747
Registriert: Sa 11. Jul 2020, 09:59

Mo 31. Okt 2022, 18:31

ahasver hat geschrieben :
Mo 31. Okt 2022, 18:01
Wir müssen uns folgende Fragen stellen:

1. Was ist Information?
2. Ist Information eine physikalische Größe?
3. Ist Information vielleicht sogar die grundlegende physikalische Größe?


Ich will mit der ersten Frage beginnen. Dazu sagt Weizsäcker:
Information ist nur, was verstanden wird.
Dann ist die Frage, was "verstanden" bzw. Verstehen bedeuten soll.
Information ist nur, was Information erzeugt.
Eine rekursive Definition.... Soll das ein Perpetuum mobile sein? Oder eine Trivialität? Oder wie soll man das verstehen?
und Lyre:
Der vollständige Begriff von Information entfaltet sich in den Dimensionen Syntax, Semantik, und Pragmatik.
Das klingt immerhin vertrauter.



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

Körper
Beiträge: 483
Registriert: Fr 18. Feb 2022, 20:14

Mo 31. Okt 2022, 19:06

ahasver hat geschrieben :
Mo 31. Okt 2022, 18:01
Wir müssen uns folgende Fragen stellen:

1. Was ist Information?
2. Ist Information eine physikalische Größe?
3. Ist Information vielleicht sogar die grundlegende physikalische Größe?
Zu 1.
Jegliche Zusammenhangsmenge, auf die als "Ganzes" reagiert wird.
Das ist das Hoheitsgebiet von "Wahrnehmung".
(Keine Sorge, "Bedeutung" und "Verstehen" sind da mit drin)

Zu 2.
Nein

Zu 3.
Nein




Groot
Beiträge: 229
Registriert: Di 6. Apr 2021, 17:10

Di 1. Nov 2022, 21:26

1+1=3 hat geschrieben :
Fr 28. Okt 2022, 12:43


14. Wir müssen also nur noch verstehen was denn eigentlich Information ist. Das wiederum hängt davon ab wie und wen man fragt. Der Physiker denkt an Ordnung. Der Biologe an Funktion. Der Psychologe an Kontext. Der springende Punkt ist der Übergang von Wissenschaften ohne zu solchen mit den Begriff von Bedeutung. Wie Symbole ihre Bedeutung erlangen damit beschäftigt die Wissenschaft der Semiotik. Wie man von Daten zu wissen gelangt erklärt die Philosophie die Information. Wie unsere Gedanken von der Umwelt und der Wechselwirkung mit anderen Lebewesen abhängen klären die verschiedenen Zweige der Kognitionswissenschaften.
Ich denke, es gilt die drei ontologisch gleichwertigen Entitäten: Kommunikation, Information, Energie zu unterscheiden. Zwischen Energie und Information klappt das dank der modernen Physik schon ganz gut, aber es muss gelingen Kommunikation und Information zu unterscheiden. Denn der Kosmos ist eben auch Soziologie und erst, wenn wir diese Triangel entdeckt haben, können wir wirklich Information verstehen.

Shannon schafft hier eine Grenze an der Natur...hier noch Information - dort nurnoch physische, kinetische Energie. Aber Shannon schafft nicht die Unterscheidung von Information und Kommunikation klar einsichtig zu machen. Die aber ist viel entscheidender als eine noch genauere Dividierung zwischen Energie und Information.




sybok
Beiträge: 374
Registriert: Mi 7. Sep 2022, 17:36

Mi 2. Nov 2022, 10:08

ahasver hat geschrieben :
Mo 31. Okt 2022, 18:01
1. Was ist Information?
2. Ist Information eine physikalische Größe?
3. Ist Information vielleicht sogar die grundlegende physikalische Größe?
total
Bezüglich der Frage, was Information sei (1. und 2.), steig ich mal aus.
Auf die 3. Frage hab ich mein Empfinden ja auch schon mehrfach kundgetan, aber mir wäre da noch ein weiteres Indiz eingefallen, eine weitere prominente Stelle in der Physik, die aus der Informationstheorie entspringt: Die einigermassen wilde Behauptung Bekensteins, die Oberfläche schwarzer Löcher sei ein Entropiemass (Flächenaddition bei Kollision). Eine Behauptung, die ja dann von Hawking sozusagen aufgegriffen und mit seiner berühmten Hawking-Strahlung bestätigt wurde, diese ist ursprünglich also auch informationstheoretischen Überlegungen entsprungen. (auch Susskind's holographisches Universum basiert ja auf dieser "Oberflächen-Entropie" schwarzer Löcher.)

(*) Hier übrigens noch die Vorlesung, alle 3 Zitate stammen aus den ersten 1.5 Minute der 1. Vorlesung:
Statistical Mechanics Lecture 1 (youtube)
(Die Vorlesung fand ich übrigens allgemein super, falls man an statistischer Mechanik interessiert ist. Besonders das Ende der 9. Lektion und dann die 10. Lektion waren sehr spannend, da spricht er u.A. vom Boltzmann-Gehirn und ob das Universum ein offenes oder geschlossenes System sei und solche Dinge.)




Körper
Beiträge: 483
Registriert: Fr 18. Feb 2022, 20:14

Mi 2. Nov 2022, 12:07

sybok hat geschrieben :
Mi 2. Nov 2022, 10:08
Bezüglich der Frage, was Information sei (1. und 2.), steig ich mal aus.
Was ist der Grund für dieses Aussteigen?
(mir gegenüber hast du oben auch schon diesen Versuch unternommen)

Mal angenommen, du hast das Wort "Information" nicht wirklich im Griff, würdest du es dann, so wie ich, als problematisch ansehen, eine "Informationstheorie" in den Grundlagenmittelpunkt (Motto: "grundlegende Weltanteile") ziehen zu wollen?




Benutzeravatar
Lucian Wing
Beiträge: 790
Registriert: Do 7. Jul 2022, 18:40

Mi 2. Nov 2022, 12:10

@All hier, die über die Neu- oder Andersbeschreibung der Welt diskutieren, ein kleines literarisches Schmankerl:
Du wirst nie erfahren, woraus die Welt besteht. Sicher ist nur eins, nämlich dass sie nicht aus der Welt besteht. Während du dich irgendeiner mathematischen Beschreibung der Realität näherst, geht dir das Beschriebene zwangsläufig verloren. Jede Untersuchung verdrängt, worauf sie sich richtet. Ein Moment in der Zeit ist ein Faktum, keine Möglichkeit.
Cormac McCarthy, Der Passagier, S. 175

In dem Roman des düsteren Altmeisters wird ganz untypisch für ihn viel Quantenphysik, höhere Mathematik und allerlei andere hoch technische Dinge nebst metaphysischen Welterklärungsmodellen im Rahmen einer nachtdunklen Geschichte verbraten.



Als ich vierzehn war, war mein Vater so unwissend. Ich konnte den alten Mann kaum in meiner Nähe ertragen. Aber mit einundzwanzig war ich verblüfft, wieviel er in sieben Jahren dazu gelernt hatte. (Mark Twain)

Antworten