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Burkart
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Sa 15. Okt 2022, 11:44

ahasver hat geschrieben :
Sa 15. Okt 2022, 11:17
Langsam, es ist in Bezug auf das Thread-Thema "Felder" kritisch zu sehen, wenn philosophische "Neuanfangs"-Ideen mit Aussagen der Physik verheiratet werden.
Ich will das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Der Neuanfang muß das Alte als Spezialfall beinhalten.
Im (alltags-)philosophischen Sinne würde ich sogar sagen, dass das Alte oft als Normalfall beizubehalten sein sollte, spezielle Quanteneffekte u.ä. tangieren den normalen Menschen eher selten ;)



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

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Lucian Wing
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Sa 15. Okt 2022, 11:57

Burkart hat geschrieben :
Sa 15. Okt 2022, 11:44
ahasver hat geschrieben :
Sa 15. Okt 2022, 11:17
Langsam, es ist in Bezug auf das Thread-Thema "Felder" kritisch zu sehen, wenn philosophische "Neuanfangs"-Ideen mit Aussagen der Physik verheiratet werden.
Ich will das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Der Neuanfang muß das Alte als Spezialfall beinhalten.
Im (alltags-)philosophischen Sinne würde ich sogar sagen, dass das Alte oft als Normalfall beizubehalten sein sollte, spezielle Quanteneffekte u.ä. tangieren den normalen Menschen eher selten ;)
Das "Alte" ist im "Neuen" immer enthalten, und sei es nur als das, wogegen letzteres abzugrenzen ist. Eine Theorie, die sich als falsch erweist, ist ja oft die Voraussetzung dafür, überhaupt eine neue aufstellen zu können.



Als ich vierzehn war, war mein Vater so unwissend. Ich konnte den alten Mann kaum in meiner Nähe ertragen. Aber mit einundzwanzig war ich verblüfft, wieviel er in sieben Jahren dazu gelernt hatte. (Mark Twain)

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Jörn Budesheim
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Sa 15. Okt 2022, 12:01

Burkart hat geschrieben :
Sa 15. Okt 2022, 11:44
... Quanteneffekte u.ä. tangieren den normalen Menschen eher selten ;) ...
Lars Jaeger hat geschrieben : ... Weil wir immer exakter berechnen können, was sich auf atomarer Ebene abspielt, beherrschen wir den Mikrokosmos immer besser. Längst sind Anwendungen der Quantenphysik konkreter Bestandteil unseres Lebens geworden. Elektronik, Digitaltechnologien, Laser, Mobiltelefon, Satelliten, Fernseher, Radio, Nukleartechnik, die moderne Chemie, medizinische Diagnostik – all diese Technologien beruhen auf den Gesetzen der Quantentheorie. Von moderner Chemie bis zur Festkörperphysik, von der Signalverarbeitung bis zu den modernen bildgebenden Systemen in der Medizin – überall treffen wir heute auf sie. Tagtäglich vertrauen wir ihren Gesetzen, wenn wir in ein Auto steigen (und uns auf die Bordelektronik verlassen), unseren Computer hochfahren (der aus integrierten Schaltkreisen, d.h. einer auf Quantenphänomenen beruhender Elektronik, besteht), Musik hören (CDs werden durch Laser, einem reinen Quantenphänomen, ausgelesen), Röntgen- oder MRT-Aufnahmen unseres Körpers machen, uns von GPS leiten lassen oder mittels unseres Handys kommunizieren ...




Körper
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Sa 15. Okt 2022, 12:30

Burkart hat geschrieben :
Sa 15. Okt 2022, 11:44
Im (alltags-)philosophischen Sinne würde ich sogar sagen, dass das Alte oft als Normalfall beizubehalten sein sollte, spezielle Quanteneffekte u.ä. tangieren den normalen Menschen eher selten ;)
Keine Sorge, das Funktionieren des Menschen wird man in keiner Weise dadurch verändern, dass man zu erklären versucht.

"Felder" ist ja zudem etwas, das man ganz handfest als kleines Kind mitbekommt.
Im Video zeigt der Sprecher das Spiel mit zwei Magneten, die sich abstossen und er verdeutlicht die Faszination, diese Kraftverteilung räumlich zu spüren.
Passt, ich habe das auch gemacht, immer wieder :-)
Es wäre nichts dabei, einem kleinen Kind direkt zu erklären, dass hier ein Effektverlauf vorliegt, den man als "Feld" bezeichnet. Das könnte den Spielspass sogar noch verstärken, weil mehr auf den Verlauf geachtet wird.

Solche Verwendbarkeitsumstände ergeben sich, wenn tatsächlich Wissen aufgebaut wird.
Bei dem zuletzt angesprochenen "Neuanfang" brechen aber lediglich philosophische Behauptungsdämme und die Aktiven überschauen noch nicht einmal, was sie da behaupten.
Der Begriff "Information" ist keine Kleinigkeit, sondern da steckt automatisch der Begriff "Bedeutung" mit drin und es ist garantiert, dass hierdurch eine Armada von Philosophen in den Phänomenal-Existenz-Galopp wechseln werden.

Solange es hierbei klar erkennbar um Philosophie geht, habe ich eigentlich kein Problem damit.
Schwierig wird es, wenn so eine Aussage unter dem Anspruch einer Wissenschaftskompetenz (wie z.B. Physik) gemacht wird.
Hier entsteht dann eine unnötige Verwirrung, die erst durch Aufwand entwirrt werden muss.
Das geschieht ein, zwei Mal und ab dann geht man mit Misstrauen an Wissenschaftsaussagen heran.

In diesem Thread wurden Aussagen des Physikers "Zeilinger" zitiert. Er hat gerade eben den Physik-Nobelpreis (ich glaube, für seine Forschung an "Quanten-Teleportation") bekommen.
Seine Aussage über "Wirklichkeit und Information" gehört aber nicht zur Physik, sondern es ist seine Privatphilosophie.
Das Problem ist der Aufwand, den man investieren muss, um das herauszubekommen.




Körper
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Sa 15. Okt 2022, 12:38

ahasver hat geschrieben :
Sa 15. Okt 2022, 11:17
Ich will das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Der Neuanfang muß das Alte als Spezialfall beinhalten.
Da täuschst du dich, denn du betreibst Philosophie, nicht Physik.
Es ist nur wieder ein Ontologie-Anlauf in der Philosophie - solche Versuche stellen eigentlich nichts Neues dar.




ahasver
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Sa 15. Okt 2022, 12:45

Körper hat geschrieben :
Sa 15. Okt 2022, 12:38
Da täuschst du dich, denn du betreibst Philosophie, nicht Physik.
Es ist nur wieder ein Ontologie-Anlauf in der Philosophie - solche Versuche stellen eigentlich nichts Neues dar.
Physiker sind (oder sollten es sein) spielende Metaphysiker. Sie verfahren nach dem Motto: Tun wir mal so als ob.
zB tun wir mal so als ob die Welt aus kleinen Materieklümpchen bestünde. Das ist ein Modell! Physiker verfertigen Modelle. Sie können nicht beanspruchen wahre Aussagen über die Welt zu machen.

Modelle haben einen gewissen Gültigkeitsbereich und werden darüber hinaus dann falsch. Dann werden neue Modelle gebaut, die in der Regel die alten als Spezialfall enthalten.



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AufDerSonne
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Sa 15. Okt 2022, 12:48

ahasver hat geschrieben :
Sa 15. Okt 2022, 12:45
Physiker verfertigen Modelle. Sie können nicht beanspruchen wahre Aussagen über die Welt zu machen.

Modelle haben einen gewissen Gültigkeitsbereich und werden darüber hinaus dann falsch. Dann werden neue Modelle gebaut, die in der Regel die alten als Spezialfall enthalten.
Ich hatte schon immer Mühe mit dieser Modell-Idee. Ich weiß, das ist im Moment "in".
Aber ich denke, ein Physiker will schon einen Teil der Wirklichkeit erfassen, er hat diesen Anspruch, und nicht nur ein Modell machen.



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Sa 15. Okt 2022, 12:53

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 15. Okt 2022, 12:01
Burkart hat geschrieben :
Sa 15. Okt 2022, 11:44
... Quanteneffekte u.ä. tangieren den normalen Menschen eher selten ;) ...
Lars Jaeger hat geschrieben : ... Weil wir immer exakter berechnen können, was sich auf atomarer Ebene abspielt, beherrschen wir den Mikrokosmos immer besser. Längst sind Anwendungen der Quantenphysik konkreter Bestandteil unseres Lebens geworden. Elektronik, Digitaltechnologien, Laser, Mobiltelefon, Satelliten, Fernseher, Radio, Nukleartechnik, die moderne Chemie, medizinische Diagnostik – all diese Technologien beruhen auf den Gesetzen der Quantentheorie. Von moderner Chemie bis zur Festkörperphysik, von der Signalverarbeitung bis zu den modernen bildgebenden Systemen in der Medizin – überall treffen wir heute auf sie. Tagtäglich vertrauen wir ihren Gesetzen, wenn wir in ein Auto steigen (und uns auf die Bordelektronik verlassen), unseren Computer hochfahren (der aus integrierten Schaltkreisen, d.h. einer auf Quantenphänomenen beruhender Elektronik, besteht), Musik hören (CDs werden durch Laser, einem reinen Quantenphänomen, ausgelesen), Röntgen- oder MRT-Aufnahmen unseres Körpers machen, uns von GPS leiten lassen oder mittels unseres Handys kommunizieren ...
Komisch, und ich dachte, dass man Fernseher, Radios u.ä. schon bauen konnte, bevor/ohne sich mit Quantentheorie auseinandersetzen zu müssen...
...und insbesondere bei der Benutzung solcher Gegenstände interessieren den normalen Menschen die Quanten eher nicht ;)



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AufDerSonne
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Sa 15. Okt 2022, 12:54

Burkart hat geschrieben :
Sa 15. Okt 2022, 12:53
Komisch, und ich dachte, dass man Fernseher, Radios u.ä. schon bauen konnte, bevor/ohne sich mit Quantentheorie auseinandersetzen zu müssen...
...und insbesondere bei der Benutzung solcher Gegenstände interessieren den normalen Menschen die Quanten eher nicht ;)
Das ist falsch! Ich will doch wissen, wann welches Quant in mein Auge fliegt beim Fernsehen! :lol:



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Burkart
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Sa 15. Okt 2022, 12:57

AufDerSonne hat geschrieben :
Sa 15. Okt 2022, 12:54
Burkart hat geschrieben :
Sa 15. Okt 2022, 12:53
Komisch, und ich dachte, dass man Fernseher, Radios u.ä. schon bauen konnte, bevor/ohne sich mit Quantentheorie auseinandersetzen zu müssen...
...und insbesondere bei der Benutzung solcher Gegenstände interessieren den normalen Menschen die Quanten eher nicht ;)
Das ist falsch! Ich will doch wissen, wann welches Quant in mein Auge fliegt beim Fernsehen! :lol:
Oh sorry... na, dann bist du eben kein normaler, sondern ein besonderer Mensch ;)



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Burkart
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Sa 15. Okt 2022, 13:00

AufDerSonne hat geschrieben :
Sa 15. Okt 2022, 12:48
ahasver hat geschrieben :
Sa 15. Okt 2022, 12:45
Physiker verfertigen Modelle. Sie können nicht beanspruchen wahre Aussagen über die Welt zu machen.

Modelle haben einen gewissen Gültigkeitsbereich und werden darüber hinaus dann falsch. Dann werden neue Modelle gebaut, die in der Regel die alten als Spezialfall enthalten.
Ich hatte schon immer Mühe mit dieser Modell-Idee. Ich weiß, das ist im Moment "in".
Aber ich denke, ein Physiker will schon einen Teil der Wirklichkeit erfassen, er hat diesen Anspruch, und nicht nur ein Modell machen.
Ich fürchte, die "echte Wirklichkeit" kann man nicht (garantiert sicher) erfassen, weshalb wir uns immer unsere Modelle von ihr machen und mit ihnen begnügen müssen. Ob der Physiker sein Modell dann als "seine Wirklichkeit" ansieht oder ihr weiter kritisch gegenüber steht, wer weiß...



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sybok
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Sa 15. Okt 2022, 13:07

ahasver hat geschrieben :
Fr 14. Okt 2022, 20:00
[Betrachten wir stattdessen 2 Elektronen, deren Spin verschränkt ist. Eines der beiden sei auf der Erde, das andere in der Nähe der Sonne. Keines der beiden besitzt einen eigenen Spinwert. Erst, wenn ich auf der Erde den Spin des Erdelektrons messe, wird instantan der Spin des Sonnenelektrons realisiert. Hier gibt es aber keine Vorher-Nachherrelation. Keine Ursache-Wirkungsbeziehung.
Wieder gilt, korrigiere mich, falls ich falsch liege: Ist das nicht ein bisschen heikel formuliert? Ich meinte, dass man sagen müsste, dass die Elektronen durchaus einen Spin "haben" (naja, wahrscheinlich auch falsch :) ), mit der Messung würde er dann halt erst in einen definierten Zustand kollabieren (oder was auch immer dann bei der Messung passiert). Wenn ich mich richtig an Ausführungen zu Stern-Gerlach erinnere, dann gilt dort scheinbar Informationserhaltung, aber über alles Weitere haben wir so gut wie keine Ahnung.
Ich hätte gedacht doch, es gibt eine Ursache-Wirkungsbeziehung, einfach "versteckt", oder nicht?: Denn diese Elektronen mussten ja vom Ort ihrer Verschränkung auf klassischem Wege zu ihren jeweiligen Orten auf Erde und Sonne gebracht werden.
Man denkt ja schnell mal, die Quantenmechanik sei irgendwie "magisch" und dann kommen aber alle diese "No-Theoreme": no cloning theorem, no communication theorem, no broadcast theorem, ... die Quantenphysik ist irgendwie voller spannender Merkwürdigkeiten, aber schlussendlich kann man da scheinbar nicht all zu viel cooles mit anstellen als höchstens "zuschauen" und sich wundern :D .
ahasver hat geschrieben :
Fr 14. Okt 2022, 20:00
Die Schwerpunkte könnten sein: Verschränkung und das Messproblem
Fänd ich beides spannend. Ein weiterer Vorschlag, wenn ich darf, könnte sein: Die Konsequenzen einer naturwissenschaftlichen Theorie für Ontologie und Epistemologie ihrer Objekte: "Gibt" es Felder, Elektronen, etc. "wirklich" oder ist das eigentlich sogar egal, solange ein Modell überprüfbare Vorhersagen liefert (das "läuft wie eine Ente, quakt wie eine Ente, ergo ist es eine Ente", was ich gar nicht mag). Und ist Ockham auf dem Level auf dem sich einige Naturwissenschaften mittlerweile bewegen, speziell die Physik, noch ein gutes Kriterium oder gäbe es vielleicht Alternativen?




ahasver
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Sa 15. Okt 2022, 13:24

Ich meinte, dass man sagen müsste, dass die Elektronen durchaus einen Spin "haben"
Der Gesamtspin beider Elektronen ist bekannt. Seine Verteilung auf die "einzelnen" Elektronen ist kein Element der physikalischen Wirklichkeit.
Ich glaube sogar so weit gehen zu dürfen, zu behaupten: das einzelne Elektron ist kein Element der physikalischen Realität. In letzterem Satz kann ich mich irren. Der erste steht sehr gesichert. Unter anderem durch A. Aspect (aktueller Nobelpreisträger). Er war einer der Ersten, die Bells Ungleichung experimentell untersuchten und zeigen konnten, dass die Ungleichung qua Experiment verletzt wird. Ich erinnere mich noch, wie ich das erste Mal davon hörte. Ich empfand es als umwerfend.



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Jörn Budesheim
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Sa 15. Okt 2022, 13:29

Burkart hat geschrieben :
Sa 15. Okt 2022, 12:53
Komisch, und ich dachte, dass man Fernseher, Radios u.ä. schon bauen konnte, bevor/ohne sich mit Quantentheorie auseinandersetzen zu müssen...
Lars Jaeger hat geschrieben : Nach verschiedenen Schätzungen beruht heute zwischen einem Viertel und der Hälfte des Bruttosozialprodukts der Industrienationen direkt oder mittelbar auf Erfindungen mit quantentheoretischer Grundlage.
Diese Dinge bestimmen heute schon weitgehend unseren Alltag. Da beißt die Maus keinen Faden ab.




ahasver
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Sa 15. Okt 2022, 20:37

Mir stellt sich die Frage ist unser Alltag klassisch oder nicht. Ich tendiere stark zu "nichtklassisch". Auch die mittlere Welt (Mittelerde), in der wir leben, ist, so kommt es mir vor, wesentlich nichtklassisch.



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Jörn Budesheim
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Sa 15. Okt 2022, 20:46

Wenn ich jemanden verspreche, ich komme morgen pünktlich um 17 Uhr zur Ausstellungseröffnung, und ich komme dann pünktlich zur Ausstellungseröffnung, inwiefern ist das "nichtklassisch"?




Körper
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Sa 15. Okt 2022, 21:17

ahasver hat geschrieben :
Sa 15. Okt 2022, 12:45
Physiker sind (oder sollten es sein) spielende Metaphysiker.
Nein, mit "Metaphysik" zeigst du in eine reine Philosophie-Richtung.
Schau es dir hier bei Wiki mal näher an.
ahasver hat geschrieben :
Sa 15. Okt 2022, 12:45
Physiker sind (oder sollten es sein) spielende Metaphysiker. Sie verfahren nach dem Motto: Tun wir mal so als ob.
zB tun wir mal so als ob die Welt aus kleinen Materieklümpchen bestünde. Das ist ein Modell! Physiker verfertigen Modelle. Sie können nicht beanspruchen wahre Aussagen über die Welt zu machen.

Modelle haben einen gewissen Gültigkeitsbereich und werden darüber hinaus dann falsch. Dann werden neue Modelle gebaut, die in der Regel die alten als Spezialfall enthalten.
Das ist eine Skizzierung des grundsätzlichen Vorganges, aber so frei und beliebig, dass einfach nur irgendwelche Modelle aufgestellt werden und "dann mal so getan wird, als ob" ist es nicht.
Wenn aktuell der Grundsatz in der Quantenphysik gilt "nicht darüber sprechen, sondern rechnen", dann wird sicherlich nicht einfach der nächste Modellvorschlag akzeptiert werden.
Aus der religiösen Ecke kommt bestimmt gerne der Modell-Vorschlag "Gott fügt es so", was aber vermutlich nicht durchgehen würde.
=> Welche Kriterien muss so ein "neues Modell" erfüllen und auf welche Art kommt für dich da "Alfred North Whitehead" (also sein Weltbild) ins Spiel?
ahasver hat geschrieben :
Fr 14. Okt 2022, 20:00
Betrachten wir stattdessen 2 Elektronen, deren Spin verschränkt ist. Eines der beiden sei auf der Erde, das andere in der Nähe der Sonne. Keines der beiden besitzt einen eigenen Spinwert. Erst, wenn ich auf der Erde den Spin des Erdelektrons messe, wird instantan der Spin des Sonnenelektrons realisiert.
Ich habe mir mal dieses Video hier angesehen und dann gefragt, woher man das Wissen über die Phasen des Experimentes hat, bei denen es nicht um das letztlich sichtbare Ergebnis (End-Effekt) geht.

Nun hätte ich darauf getippt, dass man einfach andere Experimente hat und die Erkenntnisse aus diesen Aufbauten wiederverwendet.
Dies hätte ich dann natürlich kritisiert, denn ein Wechsel des Aufbaus könnte in solchen Umgebungen und bei solchen Effekten bereits einen Einfluss auf die Gesamtumstände haben.
Dann würde man mit ungeeigneten Vorstellungen starten und sich nur noch weitere ungünstige Einfälle leisten.

Für das Video ist mir z.B. aufgefallen, dass man die Raumzeit durch das Einführen eines "Gesamtsystems" auszuhebeln versucht, sodass das Problem der Lichtgeschwindigkeit umgangen wird.
Da habe ich mich gefragt "was ist jetzt plötzlich das Gesamtsystem?",
"wie ist es mit der Raumzeit verbunden, hat aber in sich keine Raumzeit?" und
"wie hat man dieses System festgestellt?"

Da gehe ich mit meinen Fragen vermutlich viel zu weit, denn die Experiment-Lage ist anscheinend viel schlimmer.
Hier z.B. mal ein Link zur "Superposition"
Es es wohl maximale Vorsicht angebracht, denn es geht nicht selten im eine reine Deutung auf Basis von mathematischen Umständen.
D.h. es gibt keinen wirklichen Einblick und auch kein wirkliches Wissen.
Es passt halt ganz nett zu den Formeln.

Hier stelle ich dann lieber die Frage:
Denkt man sich von den End-Effekten und Formeln ausgehend, eine physikalisch wirkende Beschreibung aus?
Ist das der Hintergrund für "nicht darüber sprechen, sondern rechnen"?

All die Aussagen "Teil der Realität", "noch nicht Teil der Realität", "wird erzeugt", "existiert bis dahin noch nicht" usw. usf. scheinen mir sehr, sehr gewagt zu sein.

Die End-Effekte können festgestellt und reproduziert werden, die Formeln können aufgestellt werden und passen wohl erstaunlich gut, aber die Deutungen über das, was (wann) vorhanden ist und über die Abläufe, gehören wohl eher ins Reich der Spekulation.




sybok
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Registriert: Mi 7. Sep 2022, 17:36

Sa 15. Okt 2022, 22:00

Körper hat geschrieben :
Sa 15. Okt 2022, 21:17
"nicht darüber sprechen, sondern rechnen"
Du beziehst dich damit scheinbar darauf, dass Physiker Mathematik verwenden, Naturbeobachtungen und Zusammenhänge über Formeln ausdrücken. Das wäre nach meiner Auffassung missverstandene Kritik. Es geht dabei, wie gesagt meiner Auffassung nach, darum, dass man keinen "hygienischen" Umgang mit dem Theoriengebäude pflegt:
"Ist das, was wir 'Elektron' nennen, nun ein Teilchen oder eine Welle? Oder etwas anderes? Was ist nun mit dem Realismus?" - "Scheiss drauf, Hauptsache die Formeln liefern empirisch überprüfbare Werte!"
"Warum stimmen die Rotationsgeschwindigkeiten der Galaxien nicht mit theoretischen Berechnungen überein?" - " Ach scheiss drauf, führen wir halt dunkle Materie ein!"
Etc.
Man hat als aussenstehender, interessierter Amateur, den Eindruck, dass da - jetzt unfair überspitzt gesagt und unzulässig verallgemeinert - kein Erkenntnisstreben mehr vorhanden ist, sondern es um das nächste Paper, das man raushauen muss, geht. Es scheint nicht um die Erklärung der Welt zu gehen, sondern um mathematisch konsistente Theorien, die Messwerte vorhersagt, tun sie das, kann man scheinbar behaupten was man will. Man beginnt sich langsam ernsthaft zu fragen, wie ernst man das ganze noch nehmen soll.
Der Eindruck wird von innerhalb der Physik mittlerweile bestätigt (Hossenfelder, Smolin, Unzicker, Kundt, Woit, ...) - was für mich die Rechtfertigung ist, sie auch als Amateur äussern und diskutieren zu dürfen :) .




sybok
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Registriert: Mi 7. Sep 2022, 17:36

Sa 15. Okt 2022, 22:18

ahasver hat geschrieben :
Sa 15. Okt 2022, 20:37
Mir stellt sich die Frage ist unser Alltag klassisch oder nicht. Ich tendiere stark zu "nichtklassisch". Auch die mittlere Welt (Mittelerde), in der wir leben, ist, so kommt es mir vor, wesentlich nichtklassisch.
Ist nicht das "klassisch" in klassische Physik beinahe schon darüber definiert, dass es jene Physik bezeichnet, die auf unserer mittleren Welt die dominante Rolle spielt?
Aber womöglich hast Du recht und die Schwierigkeit das zu versehen liegt an einer Verhaftung bei der Vorstellung der Welt als Maschine statt an der Vorstellung der Welt als statistisches Mittel. Was halst Du denn eigentlich von Dürr, wenn ich mal so direkt fragen darf? Wenn ich Thesen von Dir lese, assoziiere ich das häufig mit Aussagen, die ich von ihm kenne. Meinem Geschmack nach schafft er die bereits andiskutierte Balance, Physik am Grat zur Metaphysik zu deuten, ziemlich gut: Er klingt fast wie ein fernöstlicher Mönch, bleibt aber dennoch immer in der Physik.




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Jörn Budesheim
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Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
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Sa 15. Okt 2022, 22:25

sybok hat geschrieben :
Sa 15. Okt 2022, 22:18
Aber womöglich hast Du recht und die Schwierigkeit das zu versehen liegt an einer Verhaftung bei der Vorstellung der Welt als Maschine statt an der Vorstellung der Welt als statistisches Mittel.
Oder in der Verhaftung bei der Vorstellung, dass es so etwas wie eine Welt gibt.




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