Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑ Sa 24. Jun 2023, 08:28
Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑ Fr 23. Jun 2023, 19:01
Etwas ganz ähnliches sagt der Hirnforscher in dem Video des Ausgangs-Beitrags. Sinngemäß sagt er, dass es kaum noch wissenschaftliche Artikel gibt, die von den Funktionen einzelner Areale sprechen, denn man weiß mittlerweile, dass das Gehirn so ähnlich wie ein Netzwerk funktioniert.
Das sehe ich auch so.
Wörterbuch der philosophischen Begriffe hat geschrieben : Substanz: ... Die für die neuzeitl. Philosophie wichtigsten Definitionen der S. sind die von R. Descartes (Principia I 51): »Unter S. können wir nur ein Ding verstehen, das so existiert, daß es zu seiner eigenen Existenz keines anderen Dinges bedarf« und von B. Spinoza (Ethica I, Def. 3): »Unter S. verstehe ich das, was in sich ist und durch sich begriffen wird, d. h. das, dessen Begriff, um gebildet werden zu können, des Begriffs eines anderen Dinges nicht bedarf«...
Gemäß einem sehr weit verbreiteten Verständnis ist also eine Substanz etwas, was in sich besteht, was gewissermaßen auch ganz alleine für sich bestehen könnte.
Was heißt aber "ganz alleine für sich bestehen"? Ein totes Gehirn besteht (ggf.) für sich, ein lebendiges nicht? Ein Kind, dass von Eltern abhängig ist, besteht nicht für sich? Ist das wirklich so gemeint?
Ich sehe es anders: Ein (materieller) Gegenstand existiert einfach substanziell, entsprechend einzelner Moleküle u.ä. Dass diese durch (äußere) Einflüsse, verändert werden können, sollte hier keine Rolle spielen, genauso wenig, dass sie natürlich nicht alleine in unserer Welt sind und z.B. "Nachbarn" zur Vernetzung haben.
Dementsprechend könnte man sagen, dass Rovellis Sichtweise der physikalischen Welt eine Absage an jede Form von Substanzmittelphysik darstellt. Die Dinge bestehen gemäß dieser Sichtweise nicht "in sich" sondern nur innerhalb von Netzen.
Wie gesagt, ich sehe es anders, s.o.
Rovelli hat geschrieben : ... Die sich daraus ergebende Welt ist ausgedünnt; eine Welt, in der es anstatt unabhängiger Gebilde mit festen Eigenschaften nur Entitäten gibt, die Eigenschaften und Merkmale nur in Bezug auf andere und diese auch nur dann haben, wenn sie mit ihnen wechselwirken. Ein Stein hat keine Position an sich: Er hat eine Position nur in Bezug auf den anderen Stein, den er anstößt. Der Himmel hat keine Farbe an sich: Er hat eine Farbe in Bezug auf mein Auge, das ihn betrachtet. Ein Stein erstrahlt nicht am Himmel als ein unabhängiges Gebilde: Er ist ein Knoten in einem Netz aus Wechselwirkungen, das die Galaxie bildet, in der er beheimatet ist...
Die Welt der Quanten ist folglich luftiger als die von der alten Physik erdachte, sie besteht allein aus Wechselwirkungen, Geschehnissen, diskontinuierlichen Ereignissen ohne Beständigkeit ...
Wenn man diese Sichtweise ein wenig wirken lässt, dann verschwinden also die Substanzen und an ihre Stelle treten Knoten in Netzwerken.
Diese "Knoten in Netzwerken", z.B. Steine, sind gerade die Substanz. Auf menschlicher Ebene bleibt ein Mensch ein Mensch, auch wenn er in einem Netzwerk lebt, genau wie ein Stein ein Stein bleibt.
Das hat natürlich erhebliche Konsequenzen für die Frage, was ein Gehirn ist und was ein Ich ist. Man müsste sich dann fragen, was für ein Netzwerk ein Gehirn ist und in welches Netzwerk man sich "einklinken" muss, um es zu verstehen, und dasselbe gilt natürlich auch für das Ich.
Um mal eher deine Idee (möglicherweise?) weiterzuspinnen: Möchtest du, dass unser Gehirn Teil eines "weltweiten Gehirn" ist, das in ein einziges großes Netzwerk eingebunden ist, also es keine Persönlichkeiten einzelner Menschen gibt?
Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.