Seite 1 von 2

Der Geschmack des Denkens

Verfasst: Mi 30. Jan 2019, 18:11
von Jörn Budesheim
Bild

Taste of Thinking von Roman Ondak (Foto Albert Herbig)

Re: Der Geschmack des Denkens

Verfasst: Do 31. Jan 2019, 16:34
von Jörn Budesheim
Friederike hat geschrieben :
Do 31. Jan 2019, 12:44
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 28. Jan 2019, 14:06
Hören ist ganz anders als Sehen, oder? Riechen anders als Fühlen usw.
Falls "Denken" ein Sinn ist, dann geht "Schmecken bzw. der Geschmack des Denkens" nicht (Randnotiz zur "Bildbesprechung").
Witzig :-) Denn ich würde es genau umgekehrt sagen. Das Installation ist eine metaphorische und witzige Vorwegnahme der Idee Gabriels.

Re: Der Geschmack des Denkens

Verfasst: Do 31. Jan 2019, 16:36
von Jörn Budesheim
Ein anderer Aspekt, der vielleicht noch etwas mehr vorschmeckt, ist dass wir es hier fast mit so etwas wie "Rezepten" zu tun haben. Ein klein wenig erinnert es mich daher auch an die Theorie-Apotheke von Hörisch (sehr lesenswert!)

Re: Der Geschmack des Denkens

Verfasst: Do 31. Jan 2019, 18:07
von Stefanie
Das Wort "vorschmeckt" kannte ich nicht. Herausschmecken?

Re: Der Geschmack des Denkens

Verfasst: Do 31. Jan 2019, 18:25
von Jörn Budesheim
Mit "Vorschmecken" meine ich, dass eine Zutat "heraussticht", besonders hervortritt o.ä.

Re: Der Geschmack des Denkens

Verfasst: Do 31. Jan 2019, 18:30
von Jörn Budesheim
Bücher sind eben Grundnahrungsmittel :-)

Re: Der Geschmack des Denkens

Verfasst: Do 31. Jan 2019, 18:33
von Stefanie
O.k. macht Sinn. Der Duden gab herausschmecken an.

Hat dieses Werk schon immer so verstaubt und verblichen ausgesehen, oder ist das dem Umstand geschuldet, dass es von 1995 ist?

Re: Der Geschmack des Denkens

Verfasst: Do 31. Jan 2019, 18:39
von Jörn Budesheim
Ich kenne nur dieses Foto und schätze daher, es zeigt das Kunstwerk im Originalzustand.

Re: Der Geschmack des Denkens

Verfasst: Do 31. Jan 2019, 18:45
von Jörn Budesheim
Stefanie hat geschrieben :
Do 31. Jan 2019, 18:33
herausschmecken
Das passt natürlich auch, aber es ist ja leider doppeldeutig. Es kann einerseits die Fähigkeit zum Beispiel eines Gourmets oder Sommeliers meinen, etwas heraus zu schmecken. Und daneben den Umstand, dass etwas aus dem Essen oder Wein hervorschmeckt, meinen.

Re: Der Geschmack des Denkens

Verfasst: Do 31. Jan 2019, 19:17
von Stefanie
Mich erinnert das mehr an ein Vorratsregal, in dem zu denkende Inhalte stehen. Dabei ist das Angebot doch etwas einseitig, weshalb es so vor sich hin steht, und nicht mehr genutzt wird.

Re: Der Geschmack des Denkens

Verfasst: Do 31. Jan 2019, 20:23
von Jörn Budesheim
Ich würde ja vermuten, dass es die Titel von echten Büchern sind ...

Re: Der Geschmack des Denkens

Verfasst: Do 31. Jan 2019, 21:18
von Stefanie
Gut möglich. Psychologie, Kinder, Verhalten, Kindheit, Gewalt, Verhaltensänderung, und Philosophie. Diese Titel lassen sich erkennen. Etwas einseitig.
Der Geschmack des Denkens ist auch doppeldeutig.
Das Denken erzeugt eine Geschmack. Oder es ist der Geschmack des Denkens, also das, was dem Denken gefällt. In deutscher Sprache. Bei Taste bin ich mir nicht sicher, auf was sich taste bezieht.

Erst fand ich das Bild witzig, so in die Richtung wie schon erwähnt, Bücher als Nahrungsmittel. Wobei ich mir dachte, ohne Denken lebt der Mensch nicht. Denken braucht Futter.
Jetzt empfinde ich es einschränkend, irgendwie totalitär. Dieses Regal wirkt wie ein Vorratsregal in einem Bunker, zum Überleben notwendig, aber mehr auch nicht. Sehr einseitig. Viele Geschmäcker lassen sich nicht erkunden.

Re: Der Geschmack des Denkens

Verfasst: Fr 1. Feb 2019, 18:10
von Jörn Budesheim
Stefanie hat geschrieben :
Do 31. Jan 2019, 21:18
Etwas einseitig
Ein Regal von vielen womöglich, wie bei Regalen auch nicht unüblich :-)

Re: Der Geschmack des Denkens

Verfasst: Fr 1. Feb 2019, 19:43
von Stefanie
Und wenn... Dieses Regal ist einseitig bestückt. Als ob nur diese Themen zum Denken anregen.

Re: Der Geschmack des Denkens

Verfasst: Fr 1. Feb 2019, 19:57
von Jörn Budesheim
Ich finde, es ist eine sehr schöne Installation.

Re: Der Geschmack des Denkens

Verfasst: Fr 1. Feb 2019, 20:19
von Stefanie
Ich habe nicht geschrieben, dass das nicht schön ist oder uninteressant. Auf den zweiten Blick, und beim zweiten Nachdenken finde ich es halt nicht mehr witzig. Dieses werk gehört in die Kategorie "anfassen wollen".

Re: Der Geschmack des Denkens

Verfasst: Fr 1. Feb 2019, 20:22
von Jörn Budesheim
Wenn ich ein Regal von mir so umgesetzt hatte, wäre die Auswahl noch "einseitiger" gewesen :-) Aber natürlich finden sich dort anscheinend viel "Rezeptbücher" - vielleicht ein kritischer Reflex, wer weiß.

Re: Der Geschmack des Denkens

Verfasst: Fr 1. Feb 2019, 21:50
von Stefanie
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 1. Feb 2019, 20:22
Aber natürlich finden sich dort anscheinend viel "Rezeptbücher" - vielleicht ein kritischer Reflex, wer weiß.
Den Satz verstehe ich nicht. Wessen kritischer Reflex auf was?

Re: Der Geschmack des Denkens

Verfasst: So 3. Feb 2019, 06:45
von Jörn Budesheim
das Foto scheint nur ein Ausschnitt aus dem Werk zu zeigen > https://www.mattress.org/archive/index. ... ctions/102

im Netz findet man auch ein Statement des Künstlers, ich habe es hier auf Deutsch (von deepl übersetzt) wiedergegeben ohne es zu überarbeiten:

"Mein Interesse an der Arbeit mit dem Thema verlassene Räume war der Grund, warum ich diesen Raum für die Installation gewählt habe. Ich habe den Raum wie "die Zelle des Wohnens" mit einer sehr reduzierten Anzahl von Möbeln und einer Bibliothek in der Ecke eingerichtet. Der Inhalt der Bibliothek wird von den Dingen im Raum dominiert, die ihre Beziehungen spezifizieren. Die Bücher in der Bibliothek sind wie Lebensmitteldosen und Verpackungen mit den buchähnlichen Etiketten aufgebaut. Ich nehme an, dass die Leute länger im Raum bleiben und einige der Buchtitel lesen werden, und auf diese Weise werden sie das Gefühl aufnehmen, in den Kopf von jemand anderem zu gehen, der dort lebt.

Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator"

Re: Der Geschmack des Denkens

Verfasst: So 3. Feb 2019, 14:41
von TsukiHana
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 1. Feb 2019, 19:57
Ich finde, es ist eine sehr schöne Installation.
Als "schön" würde ich sie nicht unbedingt bezeichnen, jedoch spricht sie mich sehr wohl an.
Und wenn Ondák von "mental cannibalism" spricht, bekommt die Aussage Taste of Thinking noch eine weitere Nu­an­ce, die über die Zusammenstellung der Nahrung hinaus geht.
Der Raum ähnelt sehr einer spartanischen Zelle, die einem unbekannten Bewohner für eine ungewisse Zeit, vielleicht sogar für den Rest seines Lebens, als Behausung dient.
Wir erfahren nichts über diesen Menschen, er bleibt für uns unsichtbar, denn seine Anwesenheit machte den Raum nicht unbedingt behaglicher, wohnlicher.
Einzig das Regal gibt Aufschluss darüber, welche geistige Nahrung er sich einverleibt(e)... fast automatisch spüren wir dem nach, ja wir schmecken dem nach.
Wir bewerten die Auswahl, staunen vielleicht über einige Zutaten, finden Vertrautes, Neues, Nützliches, oder gar Unsinniges.
Verschwindet da nicht plötzlich die Grenze zwischen dem Betrachter und dem imaginären Bewohner/Insassen?
Wie sieht meine Zelle aus?
Bleibt mir noch genügend Zeit, um mir all die Zutaten einzuverleiben, die ich in meinen Regalen angesammelt und gehortet habe?

Sind wir nicht alle mentale Kannibalisten?

Das sind nur meine spontanen Gedanken, die diese spannende Installation bei mir auslöste. :-)