Re: Ein paar kurze Bemerkungen zum Verzeihen
Verfasst: Fr 22. Sep 2017, 10:39
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Mag ein Defizit darstellen, aber ich hab mir kein Video angesehen.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Fr 22. Sep 2017, 06:13@Novon, in dem Video oben ging es z.b. Völkermord und weitere sehr drastische Beispiele, bei denen sich die Frage ob eine Schuld tatsächlich vorliegt, gar nicht stellt. Es gab auch Beispiele, bei denen derjenige, der Schuld auf sich geladen hatte, die Schuld nicht anerkannte.
Die ethische oder metaethische Frage, ob eine Schuld, eine ethische Schuld tatsächlich vorliegen kann, wäre sicherlich einen eigenen Thread wert.
Na denn... Schuld akkumuliert sich wohl offenbar irgendwie in der Gleichsetzung von Fußpilz und Mord. Wem's gefällt... *g
Nicht jeder, der Schuld auf sich lädt, begeht ein Verbrechen. Da gibt es schon qualitative und quantitative Unterschiede.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Sa 23. Sep 2017, 05:05Wieso "oder"? Verbrechen begeht, lädt eine Schuld auf sich und das Opfer kann entweder verzeihen oder nicht.
Stimmt. Verzeihen kann man aber auch Schuld unterhalb dieses Niveaus.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Sa 23. Sep 2017, 20:33Das nicht. Aber jeder, der ein Verbrechen begeht, lädt Schuld auf sich.
Wer Verbrechen begeht, lädt juristisch Schuld auf sich. Diese wird durch Strafe vergolten. Wer seine Strafe abgegolten hat ist entschuldet, unschuldig. Etwaiger Verzeihung bedarf es da nicht. Da es hier ursprünglich um "Verzeihen" ging, vermute ich, dass auch ein etwaig zugrunde gelegter Schuldbegriff nicht mit dem juristischen überein geht. In diesem Bezug dann aber Verbrechen anzuführen scheint mir irgendwie kurios.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Sa 23. Sep 2017, 05:05Wieso "oder"? Verbrechen begeht, lädt eine Schuld auf sich und das Opfer kann entweder verzeihen oder nicht.
Ja, zumal das Juristische nicht verzeiht. Es bestraft und begnadigt. Aber verzeihen kann nur das Opfer resp. der Geschädigte.novon hat geschrieben : ↑So 24. Sep 2017, 00:19Wer Verbrechen begeht, lädt juristisch Schuld auf sich. Diese wird durch Strafe vergolten. Wer seine Strafe abgegolten hat ist entschuldet, unschuldig. Etwaiger Verzeihung bedarf es da nicht. Da es hier ursprünglich um "Verzeihen" ging, vermute ich, dass auch ein etwaig zugrunde gelegter Schuldbegriff nicht mit dem juristischen überein geht. In diesem Bezug dann aber Verbrechen anzuführen scheint mir irgendwie kurios.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Sa 23. Sep 2017, 05:05Wieso "oder"? Verbrechen begeht, lädt eine Schuld auf sich und das Opfer kann entweder verzeihen oder nicht.
Wenn ein Mann eine Frau vergewaltigt, begeht er eine Straftat, er lädt eine schwere Schuld auf sich. Wird er verurteilt, muss er in der Regel eine Gefängnisstrafe verbüßen. Wie auch immer die Strafe aussah, verziehen ist die Tat dadurch nicht. Verzeihen kann nur das Opfer selbst. Ein Mörder kann vielleicht hoffen, dass die Angehörigen verzeihen, aber eine wirkliche Verzeihung kann er nicht erwarten.novon hat geschrieben : ↑So 24. Sep 2017, 00:19Wer Verbrechen begeht, lädt juristisch Schuld auf sich. Diese wird durch Strafe vergolten. Wer seine Strafe abgegolten hat ist entschuldet, unschuldig. Etwaiger Verzeihung bedarf es da nicht. Da es hier ursprünglich um "Verzeihen" ging, vermute ich, dass auch ein etwaig zugrunde gelegter Schuldbegriff nicht mit dem juristischen überein geht. In diesem Bezug dann aber Verbrechen anzuführen scheint mir irgendwie kurios.
Okay. Möchtest du Schuld inanspruch stellen, die nicht juristisch festgestellt wäre?Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑So 24. Sep 2017, 09:08Wenn ein Mann eine Frau vergewaltigt, begeht er eine Straftat, er lädt eine schwere Schuld auf sich. Wird er verurteilt, muss er in der Regel eine Gefängnisstrafe verbüßen. Wie auch immer die Strafe aussah, verziehen ist die Tat dadurch nicht. Verzeihen kann nur das Opfer selbst. Ein Mörder kann vielleicht hoffen, dass die Angehörigen verzeihen, aber eine wirkliche Verzeihung kann er nicht erwarten.novon hat geschrieben : ↑So 24. Sep 2017, 00:19Wer Verbrechen begeht, lädt juristisch Schuld auf sich. Diese wird durch Strafe vergolten. Wer seine Strafe abgegolten hat ist entschuldet, unschuldig. Etwaiger Verzeihung bedarf es da nicht. Da es hier ursprünglich um "Verzeihen" ging, vermute ich, dass auch ein etwaig zugrunde gelegter Schuldbegriff nicht mit dem juristischen überein geht. In diesem Bezug dann aber Verbrechen anzuführen scheint mir irgendwie kurios.
In dem Video oben wird dieser Fall an den Überlebenden der KZ behandelt.
Wenn ein Verbrechen vorliegt, liegt auch eine Schuld vor. Doch nicht immer, wenn eine Schuld vorliegt, liegt auch ein Verbrechen vor: Wer den Liebsten betrügt, muss nicht grundsätzlich mit juristischen Folgen rechnen, eine Schuld hat er/sie möglicherweise dennoch auf sich geladen.
Na ja... Das mit dem "natürlich" tut sich hier als Einfallstor der Willkür hervor. Oder kannst du so ohne weiteres irgendwie allgemein verbindliche Kriterien angeben, nach denen anzunehmen wäre, dass eine Schuld vorliegt? (Das mit dem Vergewaltigen hat Jahrhunderte lang völlig problemlos funktioniert und etwaige Schuldambitionen wurden, wenn, mit Gift, Dolch, Degen oder Schwert nivelliert. Wohl bekomm's quasi.)
https://www.deutschlandfunkkultur.de/ph ... rf%20macht.
Warum wir nicht alles verzeihen sollten
„Ich glaube, beim Verzeihen geht es nicht nur darum, dass man wieder mit sich ins Reine kommt und dass man seine Wut hinter sich lässt“, sagt Boshammer. „Wenn wir jemandem verzeihen, erlauben wir dem anderen, dass er sich das, was er uns angetan hat, nicht mehr zum Vorwurf macht. Wir helfen ihm oder ihr also gewissermaßen dabei, das eigene Gewissen zu entlasten. Und ich glaube, dass es Situationen gibt, in denen wir das nicht tun sollten oder jedenfalls nicht zu voreilig.“
Für die Frage, ob wir jemandem verzeihen können oder sollten, sei zum Beispiel ganz entscheidend, ob dieser Schritt mit unserer Selbstachtung vereinbar sei, so Boshammer: „Wenn wir Menschen, die in einer bestimmten Weise mit uns umgegangen sind, entgegenkommen, dann können wir nicht mehr in den Spiegel gucken. Das heißt, wir müssen hier hart bleiben, damit wir uns selbst noch respektieren können, wenn es die oder der oder andere schon nicht getan hat.“
https://www.deutschlandfunkkultur.de/ve ... n-100.html
„Beim Verzeihen geht es nicht nur darum, dass man wieder mit sich ins Reine kommt und dass man seine Wut hinter sich lässt“, sagt Susanne Boshammer, Professorin für Praktische Philosophie an der Universität Osnabrück. „Wenn wir jemandem verzeihen, erlauben wir dem anderen, dass er sich das, was er uns angetan hat, nicht mehr zum Vorwurf macht. Wir helfen ihm oder ihr also gewissermaßen dabei, das eigene Gewissen zu entlasten.“
Verzeihen heiße allerdings nicht Versöhnen: „Man kann jemandem verzeihen und sich trotzdem von ihm trennen“, so die Wissenschaftlerin. Es könne auch Gründe geben, anderen nicht zu verzeihen: „Dazu gehört etwa der Respekt vor uns selbst. Eine Frau, die häusliche Gewalt erlebt und ihrem Mann immer und immer wieder verzeiht, riskiert, ihre Selbstachtung zu verlieren. Nicht immer zu verzeihen, heißt, dass ich eine Grenze setze und nicht alles mit mir machen lasse
Stimmt denn das so? Ich bin mir da unschlüssig.Nicht immer zu verzeihen, heißt, dass ich eine Grenze setze und nicht alles mit mir machen lasse.