Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑ Sa 13. Feb 2021, 15:21
Ich bin auch nicht darauf verpflichtet, die Ansichten von Max Weber zu teilen, nur weil ich versuche, sie in dieser Textpassage zu verstehen. Es ist absurd zu unterstellen, dass Max Weber die These vertreten würde, dass in dieser Welt nichts zauberhaft ist im übertragenen Sinne des Wortes. Das ganze basiert auf der Strategie, immer diejenige Interpretation eines Autoren zu wählen, so fernliegend sie auch sein mag, bei der er besonders dumm dasteht. Wohlwollende (und sinnvolle) Interpretationen sind perse ausgeschlossen. Das ist das herrschende Grundgesetz. Deswegen werden Markus Gabriel, Max Weber und wem auch immer (z.b. auch Alethos und mir) Ansichten angedichtet, die sie (wir) nicht im entferntesten vertreten. Das Gegenteil hätte nämlich den bedauernswerten Nachteil, dass man nicht mehr so viel Gelegenheit hätte, sich zu echauffieren.
Daß Du Alethos und Dich neben Max Weber stellst, ist vollkommen in Ordnung, aber doch nicht Markus Gabriel!
(war nur Spassss)
Wissenschaft als Beruf - zum ersten Mal bin ich damit Ende der 70er Jahre konfrontiert worden, in einem soziologischen Seminar an der Uni Bielefeld. Dort lehrte damals ein junger Professor, etwa im Alter von Markus Gabriel heute, der sich anschickte - darin wiederum Gabriel ähnlich -, eine Berühmtheit zu werden. In der ihm eigenen Bescheidenheit, hier endet die Ähnlichkeit mit Gabriel, legte er uns Ahnungslosen
Wissenschaft als Beruf vor: "Ich würde Ihnen das ganz gerne mal zur Lektüre empfehlen, weil es ein Grundtext der Soziologie ist, auch wenn mir klar ist, daß die Klassiker der Soziologie heute für Sie nicht unbedingt die erste Wahl sind." - So ähnlich habe ich das in Erinnerung. Weber, Durkheim, Alfred Schütz, Parsons ... wurden in Auszügen gelesen und eben auch Max Webers
Wissenschaft als Beruf. -
Vor zwei Tagen habe ich dann den Text erneut gelesen in der pdf-Datei. Die Notizen, die ich mir dazu gemacht habe, liegen vor mir. Ich hatte ja bereits gegenüber Stefanie eine Stelle erwähnt; ich war mir nur nicht mehr sicher, ob sie in der
Protestantischen Ethik oder in einem der Aufsätze zur Religionssoziologie oder in
Wissenschaft als Beruf stand. Es ist die Passage mit den Göttern.
Es ist also keineswegs so, daß ich Max Weber damit etwas "andichte". Es ist allerdings wohl so, daß ich mich aus Anlaß eines derart wirkmächtigen Topos wie der "Entzauberung der Welt" nicht auf eine Handvoll Zeilen beschränke. Dein Insistieren auf diese Zeilen leuchtet mir nur insoweit ein, daß Weber hier explizit, fast schon definitionsartig, die "Entzauberung der Welt" auf den Punkt bringt. Der
Gedanke der "Entzauberung der Welt" besteht aber nicht allein aus einem
Punkt. Er findet seine Ausführung in einem größeren Kontext, der eigentlich sogar noch
Wissenschaft als Beruf übersteigt. Doch sollte es doch legitim sein, zumindest den Vortrag Webers hier
in toto ins Auge zu fassen; zumal, wenn aus dem Kreis der hier Diskutierenden Nachfragen kommen ( gestern z.B. Stefanie), die sich am Text selbst wiederspiegeln. - Hätte der junge Soziologieprofessor damals solche Nachfragen unsererseits auf jene schroffe Weise abgebürstet wie Du das gestern "erledigt" hast, wäre es schnell einsam in seinem Seminar geworden.
Natürlich ist die "Entzauberung der Welt" ein soziologischer Topos ersten Ranges. Ob man ihn in den größeren Rahmen der Säkularisierung stellt - was ja keineswegs selten ist - sei dahingestellt. Auch ohne diesen Rahmen bleibt er von Bedeutung. Deinen Erklärungen dazu habe ich eigentlich nichts hinzuzufügen. Ich bin damit einverstanden. -
Wenn Weber schreibt: " ... nur in einem anderen Sinne", dann meint er meines Erachtens genau dies, daß es keine Götterversammlung auf dem Olymp gibt, daß jedoch Werte miteinander im Kampf sind. Es ist gerade eine der Intentionen Webers, seinen Studenten klarzumachen, daß sie von der Wissenschaft keine Werturteile (insbesondere im Politischen und in Fragen der Religion und Ethik) zu erwarten haben. Darüber waltet "keine Wissenschaft", sondern das "Schicksal". Die Götter sind hinsichtlich ihrer magischen Kräfte zwar entzaubert, aber sie entsteigen ihren Gräbern und "streben nach Gewalt über unser Leben". Und so "packt" uns die Liebe. Als Aphrodite ist sie entzaubert, als Liebe hat sie nach wie vor - in einem "übertragenen" Sinne (übertragen von der alten Welt in die neue) - magische Kräfte.
Das ist nach meinem Eindruck die Auffassung von NWDM. - Ungeachtet dessen gibt es selbstverständlich in der modernen Gesellschaft eine Rationalisierungsdynamik (prominent zur Zeit der Aspekt der "Beschleunigung"). Zumindest ich würde das nicht bestreiten wollen. Damit ist auch keineswegs eine Wissenschafts- oder Technikschelte verbunden, noch nicht mal eine Kritik der "instrumentellen Vernunft" o.ä. -