Zettel zum Tanz

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Jörn Budesheim
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Di 2. Feb 2021, 20:06

Könnten nicht Tanz und Sprache ein ähnliches Vermögen sein? Mit beiden können wir Gedanken ausdrücken. Im Tanz ist das, worüber gesprochen wird (die Referenz) in vielen Fällen der Körper im Raum. Und die tatsächliche Bewegung im Raum ist das, was über den Körper gesagt wird. Der Gedanke handelt vom Körper und artikuliert sich in der Bewegung.

Was ist ein Gedanke? In einem Gedanken wird etwas als etwas dargestellt, zum Beispiel: Das da (die Wiese) ist grün. Beim Tanz ist es ebenso: das da (der Körper) ist so und so. Wobei sich dieses "so und so" entweder gar nicht oder nicht ohne Verlust in Wortsprache übersetzen lässt. Und wobei dieses "so und so" als Kürzel natürlich für das, was man wirklich sieht, unterkomplex ist :)

Ich kann mich noch entsinnen, dass ich mich mal Wochen nach einer Tanztheatervorführung gefragt habe, ob die einzelnen Bewegungen der Tänzer'innen Begriffe sind. Und ich glaube mittlerweile, dass es stimmt.




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Alethos
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Di 2. Feb 2021, 23:26

Ich habe den Gefällt-mir-Knopf bereits nach dem ersten Abschnitt gedrückt. Eine sehr schöne Beschreibung.



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iselilja
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Fr 5. Feb 2021, 22:23

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 2. Feb 2021, 20:06
Könnten nicht Tanz und Sprache ein ähnliches Vermögen sein?
Dem "ähnlich" würde ich auf jeden Fall zustimmen. So wie man auch von Körpersprache als mehr oder weniger unreflektiertes Vermögen spricht - aus dem gewissermaßen das Unterbewußtsein/die seelische Verfasstheit emotionalen Ausgang sucht - so denke ich, ist es auch nachvollziehbar, vom Tanz als intendierte Körpersprache zu reden. Also intendiert insofern, dass sie darstellende Kunst ausmacht.

Mit dem Tanzen, welches im Rausch des eigenen Empfindens stattfindet, ist es aber m.E. auch nicht viel anders. Auch hier spricht etwas durch die Variationsmöglichkeiten unseres Körpers. Nur, dass es sich hierbei nicht um eine begrifflich rationale Sprache handeln dürfte, sondern - wenn man es so verstehen möchte - wohl eher um eine Sprache, die Gefühlswelten direkt emotionalisiert - also ausdrückt. Und deshalb bleibe ich auch bei der Ähnlichkeit stehen, denn Rationalität und Gefühlswelt lassen sich nicht einfach hin und her "übersetzen". Aber artikulierbar und damit in gewisser Weise kommunizierbar sind beide, das sehe ich auch so.




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iselilja
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Fr 5. Feb 2021, 22:41

Ich findes es bspw. auch interessant, wenn Kriegsveteranen in einer Dokumentation über ihre Erlebnisse berichten und versuchen Zusammenhänge einer vergangenen Zeit aus ihrer Sicht zu erklären und dann plötzlich verstummen und in Tränen ausbrechen. Auch eine Körpersprache, die leicht zu verstehen ist, ohne dafür ein einziges Wort zu bemühen.

Und so ähnlich empfinde ich es auch manchmal, Menschen beim Tanzen in irgendeinem angesagten Kellergewölbe bei Nacht beobachten zu können. Tanzen kann vieles "aussagen".




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NaWennDuMeinst
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Sa 6. Feb 2021, 02:20

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 2. Feb 2021, 20:06
Könnten nicht Tanz und Sprache ein ähnliches Vermögen sein?
Schon mal tanzende Bienen gesehen (wenn die so mit dem Hinterteil wackeln)? Das ist keine Freizeitbeschäftigung. Die wollen damit was ausdrücken. Weiß man jetzt.



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Jörn Budesheim
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Sa 6. Feb 2021, 08:03

iselilja hat geschrieben :
Fr 5. Feb 2021, 22:23
Mit dem Tanzen, welches im Rausch des eigenen Empfindens stattfindet, ist es aber m.E. auch nicht viel anders. Auch hier spricht etwas durch die Variationsmöglichkeiten unseres Körpers. Nur, dass es sich hierbei nicht um eine begrifflich rationale Sprache handeln dürfte, sondern - wenn man es so verstehen möchte - wohl eher um eine Sprache, die Gefühlswelten direkt emotionalisiert - also ausdrückt. Und deshalb bleibe ich auch bei der Ähnlichkeit stehen, denn Rationalität und Gefühlswelt lassen sich nicht einfach hin und her "übersetzen". Aber artikulierbar und damit in gewisser Weise kommunizierbar sind beide, das sehe ich auch so.
Gefühle, bzw Emotionen sind für mich ihrerseits etwas rationales, mit dieser Entgegensetzung (Rationalität und Gefühlswelt) kann ich selbst nicht viel anfangen. Und ich glaube auch nicht, dass Tanzen unbegrifflich ist. Nur werden im Tanz Begriffe aktiviert, für die es in der "Wortsprache" oft keine Gegenstücke gibt.




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iselilja
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Sa 6. Feb 2021, 08:12

Ich würde, zumindest soweit es meinem Verständnis menschlicher Verhaltensweisen entspricht, soweit gehen zu sagen, dass eigentlich alles vom Menschen in Bewegung-Bringbare ein Ausdruck von etwas sein kann. So würde ich bspw. nicht der oftmals zu hörenden Meinung folgen, dass Körpersprache (wozu man im Grunde all sowas wie Gestik, Mimik, Tanz, Gebärden usw. zählen kann) nur eine die Sprache begleitende oder unterstützende Möglichkeit ist, sondern dem Gesagten - sofern es dabei überhaupt etwas zu sagen gibt - eine ganz eigene Bedeutung verleiht.

Mal ein denke ich recht leicht zu verstehendes Beispiel: es ist ein Unterschied, ob eine Frau mich lediglich fragt, was ich später so mache, oder ob sie diese Frage mit einer Körpersprache so ins Bewußtsein rückt, dass die Interpretation des Gesagten ganz anders ausfallen kann.




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Jörn Budesheim
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Sa 6. Feb 2021, 08:17

[das bezieht sich nicht auf den vorhergehenden Beitrag, es wurde mehr oder weniger gleichzeitig geschrieben]

In der Kunst geht es ja in der Regel nicht um triviale Tatsachenberichte. Es geht oft auch um "Dinge, die wir nicht verstehen", um einen Ausstellungstitel zu zitieren. Oft ist Kunst unverständlich, was ja ebenso oft beklagt wird. Das heißt aber nicht, dass alles was unverständlich ist damit gleich Kunst wäre :) unsere vielfältigen begrifflichen Fähigkeiten sind eben zu mehr zu gebrauchen als zu erläutern, wo es zum nächsten Kino geht. In irgendeiner Art und Weise können wir uns damit an Orte bringen, wo das Verstehen nicht mehr ganz mitkommt...




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Jörn Budesheim
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Sa 6. Feb 2021, 10:51

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 2. Feb 2021, 20:06
Könnten nicht Tanz und Sprache ein ähnliches Vermögen sein? Mit beiden können wir Gedanken ausdrücken. Im Tanz ist das, worüber gesprochen wird (die Referenz) in vielen Fällen der Körper im Raum. Und die tatsächliche Bewegung im Raum ist das, was über den Körper gesagt wird. Der Gedanke handelt vom Körper und artikuliert sich in der Bewegung.
Der Text ist aus einem anderen Zusammenhang heraus entstanden. Bei der Übertragung hier ins Forum ist verloren gegangen, dass mit Tanz die Kunstform Tanz gemeint war.




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Alethos
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Sa 6. Feb 2021, 11:07

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 6. Feb 2021, 10:51
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 2. Feb 2021, 20:06
Könnten nicht Tanz und Sprache ein ähnliches Vermögen sein? Mit beiden können wir Gedanken ausdrücken. Im Tanz ist das, worüber gesprochen wird (die Referenz) in vielen Fällen der Körper im Raum. Und die tatsächliche Bewegung im Raum ist das, was über den Körper gesagt wird. Der Gedanke handelt vom Körper und artikuliert sich in der Bewegung.
Der Text ist aus einem anderen Zusammenhang heraus entstanden. Bei der Übertragung hier ins Forum ist verloren gegangen, dass mit Tanz die Kunstform Tanz gemeint war.
Es ist für mich nicht ganz einfach, in diese Thematik einzusteigen, wenn der Sprachbegriff lautet:
Rüdiger Vaas hat geschrieben : Sprache ist ein auf mentalen Prozessen basierendes, sozial bedingtes und historischer Entwicklung unterworfenes Mittel zum Ausdruck bzw. Austausch von Gedanken, Gefühlen, Vorstellungen, Erkenntnissen und Informationen sowie zur Fixierung und Tradierung von Erfahrung und Wissen.
So verstanden können nur Menschen als Sprachverwender taxiert werden, allenfalls andere Tiere, sofern sie über mentale Prozesse verfügen, mithilfe derer sie Begriffe erfassen und in ein Zeichensystem überführen können.

Mein Sprachbegriff ist ein eher unkonventioneller und eigenwilliger, fürchte ich, sodass es mir ziemlich schwer fällt, mich hier zu "outen". :)



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NaWennDuMeinst
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Sa 6. Feb 2021, 12:16

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 6. Feb 2021, 08:03
iselilja hat geschrieben :
Fr 5. Feb 2021, 22:23
Mit dem Tanzen, welches im Rausch des eigenen Empfindens stattfindet, ist es aber m.E. auch nicht viel anders. Auch hier spricht etwas durch die Variationsmöglichkeiten unseres Körpers. Nur, dass es sich hierbei nicht um eine begrifflich rationale Sprache handeln dürfte, sondern - wenn man es so verstehen möchte - wohl eher um eine Sprache, die Gefühlswelten direkt emotionalisiert - also ausdrückt. Und deshalb bleibe ich auch bei der Ähnlichkeit stehen, denn Rationalität und Gefühlswelt lassen sich nicht einfach hin und her "übersetzen". Aber artikulierbar und damit in gewisser Weise kommunizierbar sind beide, das sehe ich auch so.
Gefühle, bzw Emotionen sind für mich ihrerseits etwas rationales, mit dieser Entgegensetzung (Rationalität und Gefühlswelt) kann ich selbst nicht viel anfangen. Und ich glaube auch nicht, dass Tanzen unbegrifflich ist. Nur werden im Tanz Begriffe aktiviert, für die es in der "Wortsprache" oft keine Gegenstücke gibt.
Ja. Auch in dem was den Tanz begleitet. Die Musik.
Ich habe früher immer gesagt, Musik sei die Sprache der Gefühle. Sie enthält zwar auch (manchmal) Text, aber es sind ja auch die Töne (Melodien) die in uns was auslösen. Umgekehrt können wir das was in uns ist über Töne für andere erfahrbar machen, wenn das über Worte nicht geht. Man schaue sich mal einen sehr emotionalen Film an und blende dabei die Musik aus. Da geht ein ganz wichtiger Teil verloren. Ich frage mich da oft, wie taubstumme solche Filme erleben, wenn sie nur den Text zur Verfügung haben.



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iselilja
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Sa 6. Feb 2021, 12:43

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 6. Feb 2021, 08:03


Gefühle, bzw Emotionen sind für mich ihrerseits etwas rationales, mit dieser Entgegensetzung (Rationalität und Gefühlswelt) kann ich selbst nicht viel anfangen. Und ich glaube auch nicht, dass Tanzen unbegrifflich ist. Nur werden im Tanz Begriffe aktiviert, für die es in der "Wortsprache" oft keine Gegenstücke gibt.
Damit kann ich mich durchaus anfreunden. Sonst wäre es auch kaum möglich, das ein oder andere Gefühl zu benennen bzw. eine Vorstellung davon haben zu können, wenn jemand von Wut bspw. spricht. Insofern liegt hier nicht in strikter Form eine Unsprachlickkeit oder Unbegrifflichkeit vor. Dennoch lassen sich eine Vielzahl solcher Gefühle nicht in der selben Weise in eine Begrifflichkeit transferieren, die sprachlich angemessen (!) intersubjektivierbar wäre. Bspw. ist ein ungutes Gefühl nur eine sehr vage Angabe dessen was da gerade im Inneren stattfindet. Hier kommt also keine Genauigkeit vor, die irgendwie mit einem logisch rationalen Kalkül klar und verständig gemacht werden kann.

Ich hatte schon vermutet, dass der Titel vielleicht doch eher Tanz als Ausdrucksform (Choreographie) meint.. naja, das wäre ein Thema, das mich soweit zwar nicht unberührt lässt, aber wo ich wohl nur wenig zu sagen könnte.




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Jörn Budesheim
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Sa 6. Feb 2021, 13:41

iselilja hat geschrieben :
Sa 6. Feb 2021, 12:43
eher Tanz als Ausdrucksform
Darauf möchte ich es nicht einschränken, sondern es geht um Tanz im Sinne von Kunst ganz im allgemeinen.




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iselilja
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Sa 6. Feb 2021, 14:53

Ich hatte vor einer Weile eine Doku übers Tanzen gesehen. Da wurde auch eine gewisse Bandbreite abgedeckt. Da wurden bspw. alte tradierte Tänze aus Afrika aber auch neuere Kunstformen vorgestellt. Ich sage mal es war nicht uninteressant. :-) Aber ich weiß leider nicht mehr wie die Doku hieß..




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NaWennDuMeinst
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Sa 6. Feb 2021, 14:57

Let's Dance?

:-D



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Alethos
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Sa 6. Feb 2021, 17:36




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