Emergenz

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Burkart
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Mi 26. Mai 2021, 07:08

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Di 25. Mai 2021, 20:43
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 25. Mai 2021, 16:45
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Di 25. Mai 2021, 10:03
Und nun? Was folgt - Eurer Meinung nach - daraus?
Worauf willst du hinaus?
Auf nichts. Ich würde gerne wissen in welchen Kontext die Erkenntnis, dass die Summe mehr als ihre Teile ist relevant ist.
Was lernen wir daraus, was ändert sich dadurch?
Ich finde, man lernt daraus, dass vor der Summenbildung die möglichen Beziehungsteile als nicht existent angesehen wurden. Sonst wären sie ja nach der Summenbildung bzw. bei der Summe nicht plötzlich da :)



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

Groot
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Mi 26. Mai 2021, 23:27

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Di 25. Mai 2021, 10:03
Ok, das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Es gibt Emergenz.

Und nun? Was folgt - Eurer Meinung nach - daraus?
Man muss damit bspw. Kultur oder Zivilisation nicht durch einen göttlichen Funken erklären, sondern als eine Struktur, die emergiert und dann sui generis existiert. Dadurch kann man Recht als historisch gewachsen, statt durch den Gotte gebracht denken. Ebenso lässt sich dadurch bspw. eine Ebene etablieren, in der dann Information entweder sozial ist oder der Natur entspringt; etwas, das ohne Emergenz schwerlich differenzierbar ist.

Man lernt durch Emergenz auch, dass das, was der Idealismus Selbstbewusstsein nennt, ein Emergenzphänomen ist, welches aus dem Leib selbst heraus emergiert und sich dann transzendent erlebt.

Man erkennt dadurch, dass die Summe der Teile etwas anderes deutet als die Teile, wenn sie im Ganzen sind. Die Episteme ändert sich.

Auch scheint es mir, dass dadurch bspw. Religion bzw. institutionalisierte Theologien bloß Emergenzphänomene sind. Wenn sie auch etwas in ihrer Verweisungsstruktur haben, das über die Rationalität oder die Magie hinausgeht.




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Jörn Budesheim
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Do 27. Mai 2021, 05:56

Wäre die Religion ein Emergenz Phänomen im ontologischen Sinn, dann müsste ich ein religiöser Mensch sein. Da ich das aber nicht bin, kann Religion kein Emergenz Phänomen im ontologischen Sinn sein.




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Jörn Budesheim
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Do 27. Mai 2021, 06:01

Ich hege zwar eine gewisse Sympathie für dieses Konzept der Emergenz, man muss aber aufpassen, finde ich, dass man nicht eine neue (alles ist ...) Metaphysik oder Religion daraus macht. Was ist sollte es z.b. heißen, dass die Mathematik aus den physikalischen Grundelementen emergiert ist? Wenn man das Konzept nutzen will, um bestimmte religiöse Grundüberzeugungen, die man hat, gegen Übergriffe aus der Wirklichkeit zu schützen, dann ist meines Erachtens was schief gelaufen :)




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Alethos
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Do 27. Mai 2021, 07:24

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 27. Mai 2021, 06:01
Ich hege zwar eine gewisse Sympathie für dieses Konzept, man muss aber aufpassen, finde ich, dass man nicht eine neue (alles ist ...) Metaphysik oder Religion daraus macht. Was ist sollte es z.b. heißen, dass die Mathematik aus den physikalischen Grundelementen emergiert ist? Wenn man das Konzept nutzen will, um bestimmte religiöse Grundüberzeugungen, die man hat, gegen Übergriffe aus der Wirklichkeit zu schützen, dann ist meines Erachtens was schief gelaufen :)
Dein Hinweis ist berechtigt, neigen wir doch beim Auffinden eines attraktiven Modells dazu, alles mit ihm zu erklären.

Aber ist es nicht doch auch so, dass auf alles entweder seine Realisation und Emergenz zutrifft oder aber Kausalität wirksam ist? Schliesslich wäre für mich schwierig nachzuvollziehen, dass alles, was top-down (nach einem gewissen Muster*) realisiert wird nicht auch irgendwie entstehen soll aus den Teilen, aus denen es emergiert. Beim
Konzept der „Erscheinung in einem Sinnfeld sein“ haben wir ja auch keine Bedenken, es könnte sich um Metaphysik handeln (oder handelt es sich gar um eine realistische Metaphysik?)


*ich bin mir immer noch nicht sicher, ob ich das mit der Realisation richtig verstanden habe.



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Jörn Budesheim
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Do 27. Mai 2021, 09:28

Ich will mal für diese Antwort eine Unterscheidung ausprobieren. Keine Ahnung, wie weit sie trägt. Sie soll nur einem philosophischen Gefühl Ausdruck geben. Ich möchte unterscheiden zwischen einer formalen und materialen Erklärung. Zunächst am Unterschied von formaler und materialer Metaphysik. Beispiel: Thomas Nagel. In "Geist und Welt" hält er den Monismus (so wie ich ihn verstanden habe und erinnere) für alternativlos. Das ist jedoch insofern "formal" als er das noch nicht "inhaltlich" füllt. Er weist den bestehenden materialen (sachhaltigen) naturwissenschaftlichen Monismus zurück, weil er den Geist nicht integrieren kann und auch keinen Platz für Teleologie hat. Er hat aber (so wie ich mich entsinne) keinen anderen materialen Monismus als Alternative im Angebot. Nagel ist sich nur sicher, was die Form angeht (Monismus), aber ungewiss, wie eine materiale Metaphysik aussehen müsste. Aber es muss für Nagel etwas geben, was die Welt im Innersten zusammenhält, man weiß aber (noch) nicht was. (Alle sehr dünnes Eis - das gebe ich gleich zu.)

Die SFO ist "formal" und nicht "material": Alles, was es überhaupt gibt, muss die Form "Erscheinung in einem Sinnfeld" haben. Aber diese Form kann sich in indefinit vielen Weisen material vorliegen (Zahlen, Atome, Menschen, Kunstwerke, Gedanken, ...), es gibt keine materiale Festlegung, sondern einen materialen Pluralismus. Denn es gibt für die SFO nichts, was die Welt im Innersten zusammenhält, das scheint mir der wesentliche Grundgedanke zu sein. Daher: keine Metaphysik.

Wie sieht es nun mit dem Konzept "Emergenz" aus? Ist es material oder formal? Ich würde meinen: formal. Die Form ist vergröbert gesagt: Grundelemente spielen in einer Weise zusammen, dass ontologisch etwas wirklich Neues entsteht. Das ist allerdings nur die "Form". Material kann das in ganz verschiedenen Weisen geschehen: Die Nässe ist material etwas anderes als ein Vogelschwarm. Wenn das so ist, dann taugt Emergenz nicht als Metaphysik, schätze ich, weil sie keine materiale Regel anbietet, für das, was die Welt im Innersten zusammen hält. Es gibt ganz im Gegenteil vieles, was sich nicht "reduzieren" lässt - sprich: nicht auf eine bestimmte Regel (zum Beispiel die grundlegenden Naturkräfte) zurückführen lässt.

Aber! Emergenz kann natürlich auch als metaphysischen Beruhigungspille gebraucht werden. Zum Beispiel, wenn man sie als materiale Regel (miss-)versteht, die die eigene Religion/Metaphysik letztlich nicht bedroht. Oder wenn man sie bloß als Ausdruck unseres (bisherigen) Unwissens nimmt (das goldene Zeitalter kommt dennoch bald!).




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Alethos
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Do 27. Mai 2021, 10:41

Sehr hilfreich! Vielen Dank.
(Dazu fällt mir ein: Prinzipien sind immer formal - Dinge aber Material im weitesten Sinn von „matter“.)

Wenn wir vielleicht doch noch einmal auf die Realisation zurückkommen könnten in Bezug auf unbelebte Dinge (die nicht im herkömmlichen Sinn am Logos teilhaben): Was könnte es bedeuten, dass sie top-down realisiert werden? Ein Stein emergiert ja in gewisser Weise auch aus Atomen, da er ja nicht einfach ein Atomhaufen ist, sondern in die Kategorie „Stein“ fällt. Ist diese kategoriale Struktur, in die ein Stein als Stein eingeflochten ist, was mit der top-down Realisation beschrieben wird? Oder anders: Gibt die Frage „Was bedeutet es, ein Stein zu sein?“ einen Antworthinweis auf das Realisationsprinzip, das Ellis beschreibt?
Was würdest du sagen?



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Jörn Budesheim
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Do 27. Mai 2021, 11:54

Ein Beispiel für eine Top-Down-Verursachung?

Wir haben einen Haufen unterschiedlich großer Steine, die wir mit einer Schippe gegen ein Sieb schippen :-) Einige Steine gehen durch, einige nicht. Die Form und Größe der Steine entscheidet, ihre innere Struktur jedoch nicht.




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Alethos
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Do 27. Mai 2021, 12:09

Mein Verstehen scheint durch alle Siebmaschen zu fallen :) Ich verstehe es noch immer nicht.

Die Form hat ja nicht allein Realität. Er ist nicht Stein - geworden durch Realisation - weil er durch eine bestimmte Passgrösse geht. Der Stein ist ja durch und durch Stein und alles an ihm ist real (was doch heisst, das es sich realisierte.)

Mir schwebt bei der top-down-Realisation so etwas wie eine logische Formel vor, die eben „wirklich werden lässt“, dass ein Stein ein solches Ding ist. Welcher Mastermind diese Formel schrieb, müssen wir ja nicht beantworten, weil der Stein seine eigene Geschichte erzählt (sofern er sprechen kann natürlich nur ;) )



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Jörn Budesheim
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Do 27. Mai 2021, 14:41

Ich hab mal bei Wiki reingeschaut - ist nicht gerade meine Lieblingsquelle, aber ausnahmsweise ...
wiki hat geschrieben : Abwärtskausalität (englisch downward causation) ist eine kausale Wirkung, die von einem System auf seine Elemente ausgeübt wird.

Ein einfaches Beispiel ist der Unterschied zwischen einem geöffneten und einem geschlossenen Schnellkochtopf: Nur im geschlossenen Schnellkochtopf kann sich Druck bilden; somit übt der Zustand der Gesamtstruktur eine Wirkung aus, die auf das Verhalten der Einzelteile einen Einfluss hat. Die Idee der Abwärtskausalität geht auf Donald T. Campbell zurück. Ihr steht einerseits die materialistisch-reduktionistische Sichtweise entgegen, dass kausale Wirkungen immer nur von den unteren auf die oberen Strukturebenen übertragen werden und koordiniertes emergentes Verhalten auf den oberen Ebenen nur ein Epiphänomen der Strukturbeziehungen ist, andererseits der holistische Standpunkt, dass einzig die Strukturbeziehungen die Gesamtstruktur bestimmen und dass sich das Verhalten der Einzelteile vollständig aus diesen Strukturbeziehungen ergibt. Das Ganze ist demnach zu einem gewissen Grad durch seine Teile bestimmt (Aufwärtskausalität), aber gleichzeitig sind die Teile zu einem gewissen Grad durch das Ganze bestimmt (Abwärtskausalität).




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Alethos
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Do 27. Mai 2021, 17:07

Okay, das macht Sinn.

Mich verwirrte der Begriff Realisation, weil ich damit „wirklich werden“ verband. Jetzt weiss ich auch, warum ich am morgen ins Büro gehe: Weil mir sonst mein Chef richtig Dampf macht von oben :)



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Groot
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Do 27. Mai 2021, 17:17

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 27. Mai 2021, 06:01
Ich hege zwar eine gewisse Sympathie für dieses Konzept der Emergenz, man muss aber aufpassen, finde ich, dass man nicht eine neue (alles ist ...) Metaphysik oder Religion daraus macht. Was ist sollte es z.b. heißen, dass die Mathematik aus den physikalischen Grundelementen emergiert ist? Wenn man das Konzept nutzen will, um bestimmte religiöse Grundüberzeugungen, die man hat, gegen Übergriffe aus der Wirklichkeit zu schützen, dann ist meines Erachtens was schief gelaufen :)
Es könnte heißen, dass wir Menschen (physisch/organisch) mittels unseres Denkens in die Lage kamen, eine Ebene in unserem Denken zu erfinden, die Mathematik heißt und welche als solche emergiert ist aus eben jener organischen Masse (welche wiederum aus der physischen Masse emergierte).

Wäre die Religion ein Emergenz Phänomen im ontologischen Sinn, dann müsste ich ein religiöser Mensch sein. Da ich das aber nicht bin, kann Religion kein Emergenz Phänomen im ontologischen Sinn sein.
Man könnte sagen, dass aus dem Anbeten des konkreten Steines, Baumes, Flußes etc. eine organisierte Religion emergieren konnte, die dann eben die Institutionenentwicklung stützte und dann wiederum so verstehbar ist, dass die Emergenz sich dadurch zeigt, dass aus solchem Totemkult *puff* ein Rechtswesen und politische Institutionen emergieren.




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NaWennDuMeinst
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Do 27. Mai 2021, 18:02

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 27. Mai 2021, 11:54
Ein Beispiel für eine Top-Down-Verursachung?

Wir haben einen Haufen unterschiedlich großer Steine, die wir mit einer Schippe gegen ein Sieb schippen :-) Einige Steine gehen durch, einige nicht. Die Form und Größe der Steine entscheidet, ihre innere Struktur jedoch nicht.
?? Verstehe ich nicht.
Das ist doch bloß eine Frage von welchem Ende aus man es betrachtet.
Form und Größe der Steine sind Folge ihrer inneren Struktur, und die wiederum Folge der Naturgesetze.

Wieso sollen wir es denn top-down betrachten? Was zwingt uns dazu?



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Jörn Budesheim
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NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Do 27. Mai 2021, 18:02
Wieso sollen wir es denn top-down betrachten? Was zwingt uns dazu?
Wenn die Dinge so liegen und wir die Wahrheit wissen wollen, dann "zwingt" uns die Realität dazu.




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NaWennDuMeinst
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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 27. Mai 2021, 18:10
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Do 27. Mai 2021, 18:02
Wieso sollen wir es denn top-down betrachten? Was zwingt uns dazu?
Wenn die Dinge so liegen und wir die Wahrheit wissen wollen, dann "zwingt" uns die Realität dazu.
Ja, das ist klar.
Aber hier liegen doch die Dinge so wie man sie sich eben vorstellt. Ich kann dein Beispiel doch auch von "unten her" erklären.
Weisste was ich meine?



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NaWennDuMeinst
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Do 27. Mai 2021, 18:32

Also vielleicht nochmal ausführlicher.
Einleuchtend sind doch die Beispiele wo ein "Endprodukt" durch die bottom-up Betrachtung nicht erklärt werden kann.
Mein Körper besteht aus Zellen, jede Menge Physik, Chemie usw.
Man kann ja aber das "Gesamtprodukt" nawenndumeinst nicht allein aus dem Zusammenwirken seiner Teile (Zellen und so) erklären.
Ich bin ja mehr als das. Geist, Persönlichkeit usw.
Ob das jetzt daran liegt, dass wir einfach noch keine Erklärung dafür haben wie Geist aus Materie entsteht, oder daran, dass diese Vorstellung der Entstehung schon falsch ist, wer weiß.
Also das ist alles fraglich.

Aber der Stein ist doch - wenn er da so rumliegt - eigentlich vollständig bottom-up erklärbar.
Also nicht das was wir mit dem Stein machen (ihn anmalen, rumtragen etc). Aber der Stein selber (seine naturgegebene Gestalt usw).
Oder nicht?



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Jörn Budesheim
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Do 27. Mai 2021, 18:38

Der Grund, warum der Stein durchs Sieb geht, ist seine Größe und seine Form. Es ist dieser Skalenbereich, in dem sich diese Dinge (durch das Sieb passen oder nicht) entscheiden. Dass diese Form durch etwas verursacht wurde und ohne diese Ursache anders wäre, ändert ja nichts daran, dass es eben die Form ist, die entscheidet. Was die verschiedenen Dinge, die durch das Sieb gehen, gemeinsam haben müssen, ist ihre Größe und nicht ihre innere Struktur in den niedrigeren Skalen-Bereichen.

Es gibt für Kinder diese Spiele, wo sie verschiedene geformte Holz-Klötzchen durch Löcher bugsieren müssen. Die Ursache dafür, dass sie passen oder nicht, ist in diesem Fall ja nicht die Holzstruktur, sondern die Form. Das Material Holz erlaubt viele Formen, aber nur manche Formen passen in die vorgesehenen Löcher. Also entscheidet nicht der Umstand, dass die Förmchen aus Holz sind, was die niedrigen Skalen Bereiche auszeichnet, sondern die Form, die die Figur als Ganz auszeichnet.




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Jörn Budesheim
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Do 27. Mai 2021, 18:45

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Do 27. Mai 2021, 18:32
Also vielleicht nochmal ausführlicher.
Einleuchtend sind doch die Beispiele wo ein "Endprodukt" durch die bottom-up Betrachtung nicht erklärt werden kann.
Mein Körper besteht aus Zellen, jede Menge Physik, Chemie usw.
Man kann ja aber das "Gesamtprodukt" nawenndumeinst nicht allein aus dem Zusammenwirken seiner Teile (Zellen und so) erklären.
Ich bin ja mehr als das. Geist, Persönlichkeit usw.
Ob das jetzt daran liegt, dass wir einfach noch keine Erklärung dafür haben wie Geist aus Materie entsteht, oder daran, dass diese Vorstellung der Entstehung schon falsch ist, wer weiß.
Also das ist alles fraglich.

Aber der Stein ist doch - wenn er da so rumliegt - eigentlich vollständig bottom-up erklärbar.
Also nicht das was wir mit dem Stein machen (ihn anmalen, rumtragen etc). Aber der Stein selber (seine naturgegebene Gestalt usw).
Oder nicht?
Im Prinzip würde ich es in der Regel wohl ähnlich sehen.

Ich habe jedoch mal vor vielen Jahren entweder etwas gehört oder gesehen zu dem nämlichen Thema, wo top down Erklärungen von Belang waren, wo ich es mir niemals hätte träumen lassen. Das ist aber zu lange her, als dass ich es wiederfinden könnte. Soweit ich mich entsinnen kann, war der Vortrag von einem Physiker und war auch auf die Physik eingeschränkt.




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NaWennDuMeinst
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Do 27. Mai 2021, 18:50

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 27. Mai 2021, 18:38
Der Grund, warum der Stein durchs Sieb geht, ist seine Größe und seine Form. Es ist dieser Skalenbereich, in dem sich diese Dinge (durch das Sieb passen oder nicht) entscheiden. Dass diese Form durch etwas verursacht wurde und ohne diese Ursache anders wäre, ändert ja nichts daran, dass es eben die Form ist, die entscheidet. Was die verschiedenen Dinge, die durch das Sieb gehen, gemeinsam haben müssen, ist ihre Größe und nicht ihre innere Struktur in den niedrigeren Skalen-Bereichen. [7quote]
Aber man kann doch genauso gut sagen, dass ein Stein mit dieser inneren Struktur durchs Sieb geht, einer der diese innere Struktur nicht hat, nicht.
Wieso soll ich es denn auf der von dir vorgeschlagenen Ebene betrachten und erklären?
Ich meine klar, im Alltag denken und handeln wir auf einer - der von dir genannten - Ebene.
Aber daraus folgt doch noch nicht, dass diese Ebene maßgebend ist, bzw sein muss.
Es gibt für Kinder diese Spiele, wo sie verschiedene geformte Holz-Klötzchen durch Löcher bugsieren müssen. Die Ursache dafür, dass sie passen oder nicht, ist in diesem Fall ja nicht die Holzstruktur, sondern die Form. Das Material Holz erlaubt viele Formen, aber nur manche Formen passen in die vorgesehenen Löcher. Also entscheidet nicht der Umstand, dass die Förmchen aus Holz sind, was die niedrigen Skalen Bereiche auszeichnet, sondern die Form, die die Figur als Ganz auszeichnet.
Finde ich schwierig. Denn das unterschlägt meiner Meinung nach, dass die Form auch von der Struktur abhängt.
Es ist sicher richtig, dass Holz alle nur denkbaren Formen annehmen kann.
Das ist ja der Witz bei den Atomen, eben dass sich so ziemlich alles Materielle aus ihnen formen lässt, bzw formt.
Aber das heißt doch nicht, dass die Struktur keine Rolle bei der Form spielt. Ein Kristall ist deshalb kein Holz, weil er eine andere Struktur hat (Atomgitter).
Die Struktur ist ja ausschlaggebend auch für die Anzahl möglicher Formen (ein Kristall kann kein Holz-Ast sein).



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Jörn Budesheim
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Do 27. Mai 2021, 19:31

Ich unterschlage die Holz-Struktur meines Erachtens nicht. Ich sage nur, dass für den vorliegenden Fall die Form entscheidet. Dass es bestimmte Bedingungen gibt, damit diese Form vorliegt, ändert ja nichts daran.




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