Lieber ein Zombie sein?

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Jörn Budesheim
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Do 29. Jul 2021, 07:17

Ich habe mir überlegt, was eigentlich passieren würde, wenn ich mich von jetzt auf gleich, aus welchen Gründen auch immer, in einen Zombie verwandeln würde. Wenn ich nicht mehr in der Lage wäre, irgendwelche Werte wahrzunehmen, dann wäre doch wohl das wahrscheinlichste, was passieren würde, dass ich einfach langsam vergehen, z.b. verhungern würde.

Wenn mein Bewusstsein verschwindet, dann verschwindet sowohl mein Wert als auch meine Wert-Wahrnehmung.

Oder?




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Alethos
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Do 29. Jul 2021, 08:09

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 29. Jul 2021, 07:17
mein Wert
Dein Wert für dich, ja. aber nicht dein Wert für andere. Dein Wert als Mensch würde ja trotzdem bestehen, wie ich in meinem ersten Beitrag hier verdeutlichen wollte. Dein Wert hängt nicht nur an deiner Wahrnehmung oder höngt vom Bewusstsein ab.

Wenn du keine Werte wahrnehmen könntest, wärst du nicht überlebensfähig.



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Jörn Budesheim
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Do 29. Jul 2021, 09:07

Worin besteht der Wert eines Zombies?

Worin besteht der Wert einer Leiche? Leichen haben kein Bewusstsein, vermute ich, dennoch halten wir es für angemessen, sie "respektvoll"/pietätvoll zu behandeln. Warum? Vermutlich, weil es die "sterblichen Überreste" einer Person mit Wert und Würde sind. Der Wert wäre dann nicht "intrinsisch", sondern abgeleitet - oder wie auch immer... Würde ich mich jetzt in einen Zombie verwandeln, wäre das wohl eine ähnliche Situation, ich wäre halt ein lebender Toter. Und das ist kein abstraktes philosophisches Problem, sondern Teil unserer modernen Welt ...




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NaWennDuMeinst
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Do 29. Jul 2021, 09:19

Also mein erster Gedanke war, als ich dieses Gedankenexperiment von Koch gelesen habe, dass dieser Deal unsinnig ist. Denn meiner Ansicht nach ist ein Mensch, der keinerlei innere Antriebe mehr verspürt gar nicht lebensfähig. Schliesslich ist ja auch so etwas Elementares wie Hunger ein subjektives Empfinden.
Aber darum geht es ja nicht.



But I, being poor, have only my dreams; I have spread my dreams under your feet;
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Friederike
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Do 29. Jul 2021, 10:23

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Do 29. Jul 2021, 09:19
Also mein erster Gedanke war, als ich dieses Gedankenexperiment von Koch gelesen habe, dass dieser Deal unsinnig ist. Denn meiner Ansicht nach ist ein Mensch, der keinerlei innere Antriebe mehr verspürt gar nicht lebensfähig. Schliesslich ist ja auch so etwas Elementares wie Hunger ein subjektives Empfinden. Aber darum geht es ja nicht.
:lol: Ja, worum geht es eigentlich?

Was mir wichtig ist, das habe ich bereits gesagt, d.h. ich habe das Beispiel auf mich persönlich bezogen und welche Wirkung es auf mich ausübt.




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Friederike
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Do 29. Jul 2021, 15:41

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Do 29. Jul 2021, 09:19
Also mein erster Gedanke war, als ich dieses Gedankenexperiment von Koch gelesen habe, dass dieser Deal unsinnig ist. Denn meiner Ansicht nach ist ein Mensch, der keinerlei innere Antriebe mehr verspürt gar nicht lebensfähig. Schliesslich ist ja auch so etwas Elementares wie Hunger ein subjektives Empfinden. [...]
Wenn das stimmt, was Du schließt, und ich glaube, daß es stimmt, dann würde dies bedeuten, wir (die Menschen) haben anstelle der Instinkte das "innere Empfinden" entwickelt, um zu überleben (das erinnert mich stark 8-) an eine Diskussion zu Blumenberg, in der es um die "Instinktarmut" des Menschen ging). Das ist, wie ich finde, die weitreichendste Implikation aus der Idee, sich das "innere Empfinden" wegzudenken.

NS: Ich sehe eben, daß wir alle übereinstimmen. Entschuldigung @Alethos und @Jörn.




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Friederike
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Do 29. Jul 2021, 19:01

Alethos hat geschrieben :
Mi 28. Jul 2021, 12:26
Das Geld brächte mir nichts, ich wüsste gar nicht, dass ich es hätte, da ich nicht wüsste, dass ich bin.
Also doch. :lol: Es ist das, was ich unter "Selbstbewußtsein" verstehe. Wissen, daß ich bin ... oder wissen, daß ich "Ich" bin.




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Alethos
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Do 29. Jul 2021, 20:07

Friederike hat geschrieben :
Do 29. Jul 2021, 19:01
Alethos hat geschrieben :
Mi 28. Jul 2021, 12:26
Das Geld brächte mir nichts, ich wüsste gar nicht, dass ich es hätte, da ich nicht wüsste, dass ich bin.
Also doch. :lol: Es ist das, was ich unter "Selbstbewußtsein" verstehe. Wissen, daß ich bin ... oder wissen, daß ich "Ich" bin.
Wobei ich mich gerade Frage, ob man Bewusstsein und Selbstbewusstsein überhaupt trennen kann. Wahrscheinlich schon, haben doch Tiere, die kein Selbst haben, ja auch Empfindungen. Aber können wir sagen, dass wir ein Bewusstsein von etwas haben können, ohne zugleich ein Bewusstsein unserer selbst zu haben?



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Friederike
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Fr 30. Jul 2021, 09:46

Alethos hat geschrieben :
Do 29. Jul 2021, 20:07
Wobei ich mich gerade Frage, ob man Bewusstsein und Selbstbewusstsein überhaupt trennen kann. Wahrscheinlich schon, haben doch Tiere, die kein Selbst haben, ja auch Empfindungen. Aber können wir sagen, dass wir ein Bewusstsein von etwas haben können, ohne zugleich ein Bewusstsein unserer selbst zu haben?
Das ist ja auch meine Überlegung gewesen, als ich an Kinder dachte, die erst von einem bestimmten Alter an Empfindungen haben und zugleich auch wissen, daß "ich es bin, die diese Empfindungen hat".




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NaWennDuMeinst
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Sa 31. Jul 2021, 10:15

Friederike hat geschrieben :
Do 29. Jul 2021, 15:41
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Do 29. Jul 2021, 09:19
Also mein erster Gedanke war, als ich dieses Gedankenexperiment von Koch gelesen habe, dass dieser Deal unsinnig ist. Denn meiner Ansicht nach ist ein Mensch, der keinerlei innere Antriebe mehr verspürt gar nicht lebensfähig. Schliesslich ist ja auch so etwas Elementares wie Hunger ein subjektives Empfinden. [...]
Wenn das stimmt, was Du schließt, und ich glaube, daß es stimmt, dann würde dies bedeuten, wir (die Menschen) haben anstelle der Instinkte das "innere Empfinden" entwickelt, um zu überleben (das erinnert mich stark 8-) an eine Diskussion zu Blumenberg, in der es um die "Instinktarmut" des Menschen ging). Das ist, wie ich finde, die weitreichendste Implikation aus der Idee, sich das "innere Empfinden" wegzudenken.
Darüber habe ich jetzt wirklich lange nachdenken müssen.
Ich bin mir noch nicht sicher was ich da für richtig halten soll, aber es gibt ja die Ansicht, dass unsere inneren Empfindungen Repräsentationen innerer Vorgänge sind.
Was das betrifft unterscheiden wir uns glaube ich nicht vom Tier (auch diese haben glaube ich diese Repräsentationen), allerdings kommt bei uns noch diese Ebene des Selbstbewusstseins hinzu. Wir haben also nicht nur diese Repräsentationen, sondern sind uns dieser auch bewusst ("Ich habe innere Empfindungen").
Nimmt man mal das Hungerbeispiel dann könnte der Unterschied in etwa so aussehen.

Tier:
Hunger -> Repräsentation des Hungers (Hungerempfindung) -> Handlung

Mensch:
Hunger -> Repräsentation des Hungers (Hungerempfindung) -> Selbstbewusstsein/Reflexion ("Ich habe Hunger") -> Handlung
(Wobei ich das hier nicht richtig darstellen kann, aber die letzten beiden Stufen sind eher parallel, als zeitlich nacheinander?)

Säuglinge haben vielleicht die letzte Stufe noch nicht entwickelt. Bei ihnen ist der Ablauf eher wie bei Tieren.

Wichtig ist jetzt für das was ich vorher überlegt hatte, dass die zweite Stufe (also das subjektive Empfinden des Hungers) wichtig ist für die Motivation (zur Handlung).
Nehme ich das raus sind weder Mensch noch Tier zur Handlung motiviert. Wir hätten dann zwar Hunger, spürten ihn aber nicht.
Hinzu kommt dann noch, dass der Mensch eine größere Anzahl innerer Repräsentationen hat als die meisten Tiere. Inwiefern empfinden Tiere zum Beispiel Trauer, oder Freude oder Wut usw?
Weiß ich nicht.



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Friederike
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So 1. Aug 2021, 12:08

Friederike hat geschrieben :
Do 29. Jul 2021, 15:41
Wenn das stimmt, was Du schließt, und ich glaube, daß es stimmt, dann würde dies bedeuten, wir (die Menschen) haben anstelle der Instinkte das "innere Empfinden" entwickelt, um zu überleben [...]
NWDM hat geschrieben : Wichtig ist jetzt für das was ich vorher überlegt hatte, dass die zweite Stufe (also das subjektive Empfinden des Hungers) wichtig ist für die Motivation (zur Handlung).
Nehme ich das raus sind weder Mensch noch Tier zur Handlung motiviert. Wir hätten dann zwar Hunger, spürten ihn aber nicht. Hinzu kommt dann noch, dass der Mensch eine größere Anzahl innerer Repräsentationen hat als die meisten Tiere. Inwiefern empfinden Tiere zum Beispiel Trauer, oder Freude oder Wut usw? Weiß ich nicht.
Falls ich Dich richtig verstehe, dann ist Deine Antwort ein Einwand gegen die These vom Ersetzen des Instinktes durch innere Empfindungen?

Das Blöde ist, daß wir weder wissen, wie es sich für Tiere "anfühlt" Hunger zu haben noch von uns selbst als Säuglingen wissen oder erinnern, wie es sich "anfühlt" Hunger zu haben. Wir können dies nur aus dem Verhalten erschließen. Worin ich Dir sofort zustimme, das ist die Überlegung -Tiere als auch junge Kinder betreffend- daß irgendetwas erlebt oder empfunden werden muß, weil sonst das Kindchen nicht strampeln oder schreien würde, um Nahrung zu bekommen und ein Tier doch auch nicht "aus dem Nichts" Nahrung zu sich nimmt.

Wenn ich wegen eines Feuerscheins, den die Sonne durchs Fenster wirft, erschrecke, dann ist dies Erschrecken der Impuls zur Handlung. Wenn sich die Taube ins Zimmer verirrt, dann gerät sie "in Panik", der Impuls zur Handlung.

Das würde doch eigentlich bedeuten, daß die Rede vom "Instinkt" und damit auch der "Instinktarmut" Unsinn ist, oder? Ist es das, worauf Du hinaus wolltest?
Über die "feineren" Formen des Empfindens muß ich erst noch nachdenken.




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Friederike
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Mo 2. Aug 2021, 10:48

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 31. Jul 2021, 10:15
Nimmt man mal das Hungerbeispiel dann könnte der Unterschied in etwa so aussehen.
Tier:
Hunger -> Repräsentation des Hungers (Hungerempfindung) -> Handlung
Mensch:
Hunger -> Repräsentation des Hungers (Hungerempfindung) -> Selbstbewusstsein/Reflexion ("Ich habe Hunger") -> Handlung
(Wobei ich das hier nicht richtig darstellen kann, aber die letzten beiden Stufen sind eher parallel, als zeitlich nacheinander?)
Säuglinge haben vielleicht die letzte Stufe noch nicht entwickelt. Bei ihnen ist der Ablauf eher wie bei Tieren.
Die letzten beiden Stufen verlaufen parallel, das denke ich auch. Vom Hunger wissen wir in dem Moment, in dem wir des Hungers gewahr werden.

Irgendwie finde ich es phänomenal (im Sinne von erstaunlich), wie ein Tier oder ein Säugling ein Hungerempfinden haben können, ohne davon zu wissen. Jedenfalls nicht in der Form, wie wir als Erwachsene dies wissen. Oder, aber das sagte ich ja gestern schon, sie wissen es und wir als Erwachsene erinnern uns nur nicht, wie es damals war.

Was ist mit dem Appetit haben? Das würde ich für eine verfeinerte Empfindungsweise halten. Ob es eine verfeinerte Form des "Hungers" ist, darauf würde ich mich nicht festlegen. Ein Bedürfnis nach einem bestimmten Nahrungsmittel oder ein Bedürfnis nach dem Schmecken von Eigenschaften wie "süß", "salzig", "bitter" ...

Was sind denn eigentlich weitere Empfindungen, die uns unmittelbar zugänglich sind? Hunger, Durst, Verliebtheit, Schmerz, Schreck ... ? Gehört der "Appetit" dazu?

Aber wirklich interessant wird die ganze Angelegenheit eigentlich erst, finde ich, wenn man bedenkt, daß wir uns zu diesen unmittelbaren Empfindungen verhalten können. Das Essen wird auf einen späteren Zeitpunkt verschoben oder für den Tag ganz ausgesetzt; der (leichte) Schmerz wird durch die Aufmerksamkeit auf etwas anderes ausgeblendet. Hm, das Erschrecken ist so kurz - achso, wir prüfen, ob die Situation ein weiteres Handeln erfordert. Die Verliebtheit können wir fördern oder abwehren.

Ich schreibe so vor mich hin und habe den Faden verloren.




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NaWennDuMeinst
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Sa 7. Aug 2021, 10:58

Friederike hat geschrieben :
Mo 2. Aug 2021, 10:48
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 31. Jul 2021, 10:15
Nimmt man mal das Hungerbeispiel dann könnte der Unterschied in etwa so aussehen.
Tier:
Hunger -> Repräsentation des Hungers (Hungerempfindung) -> Handlung
Mensch:
Hunger -> Repräsentation des Hungers (Hungerempfindung) -> Selbstbewusstsein/Reflexion ("Ich habe Hunger") -> Handlung
(Wobei ich das hier nicht richtig darstellen kann, aber die letzten beiden Stufen sind eher parallel, als zeitlich nacheinander?)
Säuglinge haben vielleicht die letzte Stufe noch nicht entwickelt. Bei ihnen ist der Ablauf eher wie bei Tieren.
Die letzten beiden Stufen verlaufen parallel, das denke ich auch. Vom Hunger wissen wir in dem Moment, in dem wir des Hungers gewahr werden.

Irgendwie finde ich es phänomenal (im Sinne von erstaunlich), wie ein Tier oder ein Säugling ein Hungerempfinden haben können, ohne davon zu wissen.
Hm. Es gibt ja das Hungergefühl. Also zum Beispiel der knurrende Magen. Der Hunger wird gespürt, aber nicht reflektiert. Das ist einfach ein sehr grundlegendes Reiz-Reaktions-Schema, wobei der Reiz ein innerer ist.
Ich bezweifle dass Tiere und Säuglinge wissen dass sie Hunger haben. Sie spüren einfach nur Hunger und reagieren darauf. Ganz instinktiv (deshalb weiß ich auch nicht was eine "Instinktarmut" sein soll).
Jedenfalls nicht in der Form, wie wir als Erwachsene dies wissen.
Es gibt bei erwachsenen Menschen noch eine zusätzliche Ebene. Die Reflexion des Empfindens ("Ich habe Hunger"). Diese ermöglicht es dann auch die Reaktion auf den Hunger zu unterdrücken.
Ein Baby schreit wenn es Hunger hat. Das macht es automatisch. Erwachsene gehen aber nicht automatisch zum Kühlschrank wenn sie Hunger haben. Sie können die Nahrungsaufnahme auch herauszögern, wenn dies nötig ist.
Oder, aber das sagte ich ja gestern schon, sie wissen es und wir als Erwachsene erinnern uns nur nicht, wie es damals war.
Das ist möglich, glaube ich aber nicht. Ich gehe eher davon aus, dass diese Reflexionsebene erst später hinzukommt. Fast alle Organe sind bei unserer Geburt vollständig entwickelt. Unser Gehirn nicht Es entwickelt sich bis lange nach der Geburt weiter.
Was ist mit dem Appetit haben? Das würde ich für eine verfeinerte Empfindungsweise halten. Ob es eine verfeinerte Form des "Hungers" ist, darauf würde ich mich nicht festlegen. Ein Bedürfnis nach einem bestimmten Nahrungsmittel oder ein Bedürfnis nach dem Schmecken von Eigenschaften wie "süß", "salzig", "bitter" ...
Ich würde meinen, das hat was damit zu tun, dass Nahrungsaufnahme mit einem Geschmacks- und Lustempfinden einher geht.
Süßigkeiten enthalten viel Zucker, und Zucker ist pure Energie. Deshalb schmeckt er uns so gut (unser Körper teilt uns damit mit: Das ist super, mehr davon bitte).
Wenn wir Appetit haben verlangen wir nach diesem Geschmacks- und Lustempfinden.
Das was Du schreibst ist sicher auch nicht falsch. Ich halte es auch für möglich, dass unser Körper nach bestimmten Stoffen (bei denen es einen Mangel gibt) verlangt. Das geht so weit, dass wir dann einen regelrechten "Heißhunger" verspüren: Ich brauche jetzt was Salziges.
Was sind denn eigentlich weitere Empfindungen, die uns unmittelbar zugänglich sind? Hunger, Durst, Verliebtheit, Schmerz, Schreck ... ? Gehört der "Appetit" dazu?
Was meinst Du mit "unmittelbar zugänglich"?
Aber wirklich interessant wird die ganze Angelegenheit eigentlich erst, finde ich, wenn man bedenkt, daß wir uns zu diesen unmittelbaren Empfindungen verhalten können. Das Essen wird auf einen späteren Zeitpunkt verschoben oder für den Tag ganz ausgesetzt; der (leichte) Schmerz wird durch die Aufmerksamkeit auf etwas anderes ausgeblendet. Hm, das Erschrecken ist so kurz - achso, wir prüfen, ob die Situation ein weiteres Handeln erfordert. Die Verliebtheit können wir fördern oder abwehren.
Genau, das unterscheidet uns vom Tier, also diese zusätzliche Reflexionsebene. Ein Tier kann das nicht. Es "bewertet" nicht. Es reagiert einfach nur.
Ich muss aber sagen, dass ich mir mit all dem auch nicht sicher bin. Es ist schwer zu sagen, was in Tieren abläuft. Teilweise ist das selbst beim Menschen auch nicht abschliessend geklärt.



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infinitum
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So 8. Aug 2021, 11:56

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 29. Jul 2021, 09:07
Worin besteht der Wert eines Zombies?

Worin besteht der Wert einer Leiche? Leichen haben kein Bewusstsein, vermute ich, dennoch halten wir es für angemessen, sie "respektvoll"/pietätvoll zu behandeln. Warum? Vermutlich, weil es die "sterblichen Überreste" einer Person mit Wert und Würde sind. Der Wert wäre dann nicht "intrinsisch", sondern abgeleitet - oder wie auch immer... Würde ich mich jetzt in einen Zombie verwandeln, wäre das wohl eine ähnliche Situation, ich wäre halt ein lebender Toter. Und das ist kein abstraktes philosophisches Problem, sondern Teil unserer modernen Welt ...
ich könnte mir vorstellen, dass jemand diesen Teufelspakt annehmen würde, da diese Aussicht auf Emotionslosigkeit eine Befreiung vom Leiden darstellen würde. Also wenn jemand nichts außer Leid in seinem Leben erfahren hat, wird es als eine Erlösung ansehen, von diesen Emotionen befreit zu werden.
Hm, der Wert eines Zombies könnte dann darin bestehen, dass er ausschliesslich rationale Entscheidungen treffen würde und leidenschaftslos handeln würde. Manche Entscheidungen lassen sich emotionsbefreit bestimmt besser treffen. Aber es gehört zum Leben, dass man auch mal falsche emotionale Entscheidungen trifft (meine ich...und verteidige somit mein inneres Chaos... :lol: )



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