Welche Aspekte des Menschseins sind angeboren, und welche erwerben wir erst im Kontakt mit unserer Kultur?

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Quk
Beiträge: 1882
Registriert: So 23. Jul 2023, 15:35

Fr 20. Okt 2023, 15:39

Ach das :-) Warum denn so abstrakt, wenns auch konkret geht? :-)

Wie auch immer, ich habe gegen diese Punkte inhaltlich nichts einzuwenden und sehe in selbigen auch keinen Einwand gegen meine Argumente.




Marcus Breitmeyer
Beiträge: 42
Registriert: Mo 16. Okt 2023, 02:52

Fr 20. Okt 2023, 15:45

Quk hat geschrieben :
Do 19. Okt 2023, 10:21
Marcus Breitmeyer hat geschrieben :
Mi 18. Okt 2023, 23:51
Das bedeutet aber nicht, dass jede Theorie falsifiziert werden kann, die wissenschaftlich ist. Viele wissenschaftliche Theorien werden auch verifiziert.
Kannst Du dazu ein Beispiel nennen?
Moin Quk,

ein prominentes Beispiel ist das Higgs Boson. Zwischen der Erarbeitung der Theorie durch Peter Higgs und dem experimentellen Nachweis am CERN lagen fast 50 Jahre.
Quk hat geschrieben :
Do 19. Okt 2023, 10:21
Ich denke, eine sogenannte "verifizierte" Theorie ist und bleibt -- wie es der Begriff schon sagt -- eine Theorie, weil niemand wissen kann, ob ein Detail übersehen wurde, welches die Theorie widerlegen könnte. Eine Verifikation müsste aus einer bibelhaften, unendlich großen Weisheit kommen, und welcher Mensch sollte die besitzen?

Soll (Psyche, Theorie) und Sein (Physis, Praxis) werden niemals identisch sein. Das Soll ist eine askriptive Kategorie, das Sein hingegen eine deskriptive. Somit ist die Identität von Soll und Sein kategorisch ausgeschlossen. Theorie bleibt Theorie. Praxis bleibt Praxis. Den Identitätsbeweis von Theorie und Praxis einzufordern, hieße, "Verifikation" außerhalb der Realität zu definieren.
Quk hat geschrieben :
Do 19. Okt 2023, 10:21
Damit wir uns nicht missverstehen: Meiner Auffassung nach bedeutet Falsifizierbarkeit nicht, dass die Theorie zwingend fehlerhaft sein muss, sondern, dass die Theorie überprüfbar ist. Da auch das Resultat einer Überprüfung keine letzte Sicherheit garantieren kann, wird es nie zu einer echten Verifikation kommen.
Theorien haben regelmäßig einen Geltungsbereich. In der Physik ist das besonders deutlich. Eine Theorie ist richtig, wenn sie innerhalb bestimmter Grenzen wahre Aussagen über die Praxis liefert. Mehr ist nicht zu erwarten. Auch hier würde ich sagen: Wer mehr erwartet, definiert "Verifikation" außerhalb der Realität.
Quk hat geschrieben :
Do 19. Okt 2023, 10:21
Diese Sichtweise dreht den Spieß des alten Positivismus um. Und um diese umgedrehte Methode auch fachsprachlich auszudrücken, entschied sich Popper wohl für den Begriff der Falsifikation und für das Wort falsifizierbar. Falsifizierbar aber nicht im Sinne von "Fehler müssen drin sein", sondern annähernd im Sinn von "verifizierbar", nur mit dem Unterschied, dass in dieser Methode eine "Verifikation" immer nur eine vorläufige Verifikation sein kann. Um das nicht zu verwechseln, ist es rein sprachlich wohl besser, Poppers Methode anders zu nennen als "Verifikation".
Dagegen ist meines Erachtens nichts einzuwenden. Es hat sich wohl auch weitestgehend eingebürgert, dass eine Theorie solange als richtig zu gelten hat, wie sie das oben genannte Kriterium erfüllt, somit also nicht falsifiziert wurde.

Viele Grüße, Marcus




Marcus Breitmeyer
Beiträge: 42
Registriert: Mo 16. Okt 2023, 02:52

Fr 20. Okt 2023, 15:58

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 19. Okt 2023, 10:38
Apropos falsifizierbar, da fällt mir ein, dass folgender Befund irgendwie untergegangen ist, oder hab ich was übersehen?
...die Ergebnisse einer Schweizer Studie von 2020 stellen das Libet-Experiment infrage. (...)
Moin Jörn,

nein, das ist nicht untergegangen. Ich hab den Text nur noch nicht gelesen. Das ist noch auf der Agenda! Bitte gib mir Zeit!

Viele Grüße, Marcus




Marcus Breitmeyer
Beiträge: 42
Registriert: Mo 16. Okt 2023, 02:52

Fr 20. Okt 2023, 16:51

Marcus Breitmeyer hat geschrieben :
Do 19. Okt 2023, 00:53
Wenn die obige Annahme (Wille = Aktionspotenzial der Betz-Zellen im Motorkortex via pyramidale Bahn) zutrifft, dann ist eine Einschränkung der Willensfreiheit (Psyche) gleichzusetzen mit einer Einschränkung der Bewegungsfreiheit (Physis). Was mir insoweit plausibel erscheint.

In dem Zusammenhang ist interessant, dass es sowohl einen psychischen, als auch einen physischen Gewalt-Begriff gibt. Zumal Gewalt gegen das Individuum geeignet ist, sowohl die Willensfreiheit psychisch (... ), als auch die Bewegungsfreiheit physisch (... ) einzuschränken.

In Bezug auf die Vorstellung einer Gewalt-Einwirkung gegen das Individuum ist die Sache klar: Angst! Die negative emotionale Bewertung sorgt dafür, dass Kleinhirn und Motorkortex gehemmt werden. Der Wille wird auf diese Weise ganz oder teilweise unterdrückt, die Willensfreiheit somit eingeschränkt.
Quk hat geschrieben :
Do 19. Okt 2023, 11:12
Was mich betrifft: Ich habe vor zwanzig Jahren aufgehört, über den "freien Willen" nachzudenken. Philosophisch ist die Phrase für mich so sinnlos wie "freier Vogel". Wenn er aus dem Käfig kommt, ist er dann frei? Nein, er bleibt in der Atmosphäre gefangen. Aus welchem Käfig ist der Wille denn gekommen? Beziehungsweise, in welchem soll er denn gefangen sein? Ich finde diese Problematik mühselig, weil beliebig lösbar.
Die Gesellschaft hat unübersehbar ein massives Gewalt-Problem. Dem liegt, so jedenfalls sehe ich das, ein nicht minder massives Moral-Problem zugrunde. Das scheint niemandem zu interessieren. Aus meiner Sicht ist die Philosophie gefordert, der Sache auf den Grund zu gehen!
Quk hat geschrieben :
Do 19. Okt 2023, 11:12
Für eine bestimmte bevorzugte Sichtweise muss man nur die Begriffe verschieben; man kann sagen, die vorbewussten Aktionen gehören schon zur Person -- oder auch nicht. Es ist reine Auslegungssache. Und schon hat man den passenden Käfig gefunden, um den Willen im sogenannten freien Bereich oder im unfreien Bereich zu sehen -- je nach Wunschvorstellung.
Die Willenskraft ist ein Phänomen. Sie mit Gewalt zu brechen, um andere Individuen auszubeuten und fremdzubestimmen, ist auch ein Phänomen. Es spricht viel dafür, dass auch der Wille ein Phänomen ist.
Quk hat geschrieben :
Do 19. Okt 2023, 11:12
Freiheit ist immer relativ. Wer "frei" sagt, muss auch antworten, frei wovon?
Meiner Auffassung nach gibt es keine absolute Freiheit. Also: Frei wovon?
Vorschlag: frei von Ausbeutung und frei von Fremdbestimmung

Auf das Individuum wirken diverse Gewalten ein: Naturgewalt, Staatsgewalt, Beziehungsgewalt, etc. Das Ziel könnte ganz allgemein darin bestehen, die Gewalt in jenen Bereichen, die wir beeinflussen können, zu minimieren. Es wäre denkbar, dass die Philosophie adäquate Methoden erarbeitet, um dieses Ziel zu erreichen.




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