Kunstwerke sind faszinierende Gegenstände

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Jörn Budesheim
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Fr 20. Okt 2023, 21:36

"Kunstwerke sind faszinierende Gegenstände"

(Henning Tegtmeyer, Kunst)




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Jörn Budesheim
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Der Satz fasziniert mich! Aber ich frage mich, ob er nicht richtiger lauten müsste: Kunstwerke sollten faszinierende Gegenstände sein.




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Quk
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Fr 20. Okt 2023, 22:03

Warum wäre das richtiger?




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Jörn Budesheim
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Sa 21. Okt 2023, 08:47

Weil nicht alle Kunstwerke wirklich faszinierend sind.




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Quk
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Sa 21. Okt 2023, 09:26

Für mich klingt Tegtmeyers Satz wie eine Allaussage: "Alle Kunstwerke sind faszinierende Gegenstände."
Demnach impliziert sein Satz: Dasjenige, was nicht fasziniert, ist kein Kunstwerk.

Insofern kommt er Deiner Ansicht entgegen, oder? :-)

Der einzige Unterschied:
Für Tegtmeyer müssen Kunstwerke notwendig faszinierende Gegenstände sein, sonst sind sie keine Kunstwerke.
Für Jörn können Kunstwerke faszinierende Gegenstände sein oder auch nicht. Aber gute Kunstwerke sind jene, die faszinieren.

Sehe ich das richtig?

Ich will jetzt aber keine Logik-Diskussion starten (wollte nur den Auslöser meiner Frage erläutern).




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Jörn Budesheim
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Sa 21. Okt 2023, 09:41

Mein erster Kommentar war unglücklich, ich habe den Thread falsch gestartet, sorry. Mir geht es darum, dass Kunstwerke gemäß Tegtmeyer faszinierende Gegenstände sind. Mir gefällt diese Formulierung sehr. Ob das im Einzelfall, in der Regel oder in strikter Allgemeinheit gilt, ist mir nicht so wichtig. (Es spricht allerdings auch nichts dagegen, es irgendwann zu klären.)

Nach meinem Gefühl hat der Autor recht. Seht ihr das auch so? Und was versteht ihr unter Faszination?




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Jörn Budesheim
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Sa 21. Okt 2023, 09:51

Ich habe mir im Laufe des Jahres einige Beiträge zum Thema Höhlenmalerei angesehen. Und da trifft der Ausdruck, dass Kunstwerke faszinierende Gegenstände sind, auf jeden Fall zu, faszinierend ist vielleicht sogar das Beste, was man dazu sagen kann. Die Tatsache, dass alles, was ich an spielen für Höhlenmalerei gesehen habe, sowohl handwerklich perfekt als auch schön war, ist meiner Meinung nach durch diesen Begriff abgedeckt. Es ist erstaunlich, dass die Kunst mit einem unglaublichen Höhepunkt beginnt, anstatt sich "langsam vorzuarbeiten". Aber das ist natürlich eine gewisse Spekulation, weil wir nicht wissen können, was es vor diesem Zeugnissen gab.




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Quk
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Sa 21. Okt 2023, 10:49

Für mich bedeutet "faszinieren": Neugier erwecken. Die Neugier wiederum drängt mich dazu, den Gegenstand zu untersuchen. Hierfür muss ich mich dem Gegenstand dringend nähern. Er zieht mich an. Er kann schön sein oder hässlich oder was auch immer. Wenn meine Neugier langfristig befriedigt ist und ich die Untersuchung endgültig beende, heißt dies auch, dass die Faszination endgültig vorbei. Ich kann dennoch sagen: Dieser Gegenstand kann Leute faszinieren. Er bleibt also gewissermaßen faszinierend. Nur für mich halt nicht mehr. Oder ich mache nur eine Pause, weil der Gegenstand nicht aufhört, mich zu faszinieren. Dann untersuche ich ihn wieder und wieder. Wenn er mich aber nur berieselt, ist er nur Nieselregen. Nieselregen fasziniert nicht. Wenn ich Beethovens Neunte konzentriert höre und genieße, kann ich diesen Vorgang auch eine "Untersuchung" nennen? Eher nicht. "Faszination" auch nicht. Wenn ich sie konzentriert höre und genieße, ist das der wohltuende Genuss des Altbekannten, ohne Neugierauslösung. Aber auch dieses Wohlbefinden beim Genuss zieht mich zur Kunst hin. Kunst zieht an. Mal durch Neu-Giererweckung (Faszination), mal durch Genuss des Alt-Bekannten.

Ist da ein Umkehrschluss erlaubt? Ist alles, was attraktiv ist, Kunst?

Wer den Kunstbegriff einschränken möchte, muss außer Attraktion wahrscheinlich weitere Bedingungen hinzufügen zur Kunstseins-Berechtigung.




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Jörn Budesheim
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So 22. Okt 2023, 10:07

Das Wort "Faszination" ist aus dem lateinischen "fascinatio" "Beschreiung, Behexung“ entlehnt, zuerst mit der Bedeutung "Behexung", später als "starke Anziehungskraft, Unwiderstehlichkeit".

Faszinierende Kunstwerke fesseln, ziehen uns in den Bann, üben eine eigentümliche Macht aus. Faszinierend sind oft gerade die Werke, die das Vertraute als etwas Fremdes zeigen und es als Rätsel lebendig halten - "ich weiß nicht, was soll es bedeuten", 'Je ne sais quoi' als abgründiges Vorscheinen des Schönen.




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Stefanie
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Mi 25. Okt 2023, 21:38

Eine Frage ist ja auch "Und was versteht ihr unter Faszination?".

Dies zu beantworten, gestaltet sich für mich unerwartet schwer.
Faszination muss ja ein mehr sein als Begeisterung, oder mehr sein, als etwas schön oder toll zu finden. Nur was genau ist das?
Faszination wird als starke Anziehungskraft, als unwiderstehlichkeit beschrieben, und oft wird auch fesselnd genannt.
Hinsichtlich Kunstwerk drei Beispiele ein. Einmal ein eigentlich kitschiges Gemälde, auf dem aber eine blonde Kleopatra zu sehen ist, hier in einem Thread die Verwandlung eines Gesichts in ein Antlitz und das kurze Filmchen mit dem Gesicht - vor allem die Augen- und der Umstand der Verwandlung von dem statischen Bild in dieses sich bewegende Gesicht.

Ich denke, diese finde ich faszinierend.



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

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