Weltoffenheit schließt die Wirklichkeit auf

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Quasarkarotte
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So 5. Nov 2023, 19:13

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 5. Nov 2023, 07:40
Vielleicht noch ein Wort zu Ausdruck "Metaphysik" .

Es gibt Kontexte in der Philosophie, in denen die Begriffe Metaphysik und Ontologie fast synonym verwendet werden. Nach einem weit verbreiteten Verständnis jedoch, jedenfalls soweit ich es überblicke, werden die Begriffe unterschieden. In einem dicken Einführungswerk zur Geschichte der Metaphysik, das irgendwo bei mir im Regal steht, unterscheidet der Autor wie folgt: Die Metaphysik befasst sich mit der Welt als Ganzer. Ontologie hingegen ist die Lehre vom Sein und beschäftigt sich z.B. mit der Frage, was der Begriff des Seins eigentlich bedeutet.

Ein Beispiel: Markus Gabriel betreibt Ontologie und ist ein Anti-Metaphysiker :)

Für viele ist die Philosophie eigentlich gar nicht mehr für die Metaphysik zuständig, sondern diese wird in der Regel ganz der Physik zugeordnet. In diesem Verständnis sind wir metaphysisch heimatlos, weil die Welt als Ganzes völlig anonymen Prozessen unterliegt.
Für mich ist die Metaphysik auch eine Art Bindeglied zwischen Philosophie und Physik, über die sich die Bereiche gegenseitig befruchten und weiterentwickeln. Gibt es beispielsweise neue wissenschaftliche Erkenntnisse in einem Fachbereich, können besonders Philosophen dabei helfen, die neuen Informationen in einem größeren Zusammenhang (also das Einzelne im Bezug zum Ganzen) zu sehen.




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Quk
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Registriert: So 23. Jul 2023, 15:35

So 5. Nov 2023, 19:29

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 5. Nov 2023, 16:46
Deswegen sage ich ja, dass wir einen unterschiedlichen Begriff von Metaphysik haben, für dich - so scheint es mir - ist es Metaphysik, weil es Spekulation ist, für mich ist es Metaphysik, weil der Gegenstand die Welt als Ganze ist.
Gut. Jedenfalls hegen wir den gemeinsamen Nenner, dass die Metaphysik sich mit dem Großen Ganzen beschäftigt :-)




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Stefanie
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So 5. Nov 2023, 19:44

An diese meraphysische Heimatlosigkeit muss man nicht glauben, um sich in der Metaphysik zu bewegen?



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

Quasarkarotte
Beiträge: 84
Registriert: Di 24. Okt 2023, 19:28

So 5. Nov 2023, 19:52

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 2. Nov 2023, 20:14
Der Philosoph Franz Josef Wetz hat ein Buch über die Duineser Elegien von Rilke geschrieben, dort findet man in der Einleitung:

Nicht die vertraute Enge eingespielter Routinen, sondern die mit der Unsicherheit verknüpfte Weltoffenheit schließt uns Menschen die Wirklichkeit als solche auf.
Sicherlich kann man es nicht verallgemeinern, aber wir neigen wohl auch oftmals dazu, unsere Komfortzone nicht zu verlassen und Ansichten einfach zu adaptieren. Ich denke, umso mehr ich gewillt bin, meine Sicht zu hinterfragen, dabei auch bereit bin, Vorprägung sowie Wunschdenken auszuklammern und meine Augen vor nichts verschließe, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass meine Wahrnehmung und das, was wir Wirklichkeit nennen, nicht allzu weit auseinander liegen. Weltoffenheit verbinde ich in diesem Zusammenhang auch mit der Neugierde, die Sichtweisen von anderen Menschen kennenzulernen - mitunter auch um den eigenen Blickwinkel zu erweitern.




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