Toxische Nostalgie

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Stefanie
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Di 9. Sep 2025, 23:23

https://www.spektrum.de/kolumne/verfall ... ie/2285503

Warkus' Welt

Toxische Nostalgie
Waren die Menschen früher gesünder? Was wie harmlose Gesundheitsnostalgie klingt, könnte unrühmlichen ideologischen Vorstellungen von »Degeneration« Vorschub leisten, warnt unser Philosophie-Kolumnist.

(...)
Von dem Gedanken, früher sei man, buchstäblich oder metaphorisch, gesünder gewesen, war man geradezu besessen. Er hallt heute noch wider, wenn etwa »Paläo«- und »Steinzeit«-Ernährung oder Brot aus »Urgetreiden« angepriesen wird. Doch das ist harmlos verglichen mit den Ideen, die das 19. und frühe 20. Jahrhundert zum Thema eines Gesundheitsverfalls im Lauf der Geschichte hatte. Unter dem Schlagwort »Degeneration« beziehungsweise »Entartung« wurden diverse angeblich erbliche, von Generation zu Generation eskalierende Leiden verhandelt, von angewachsenen Ohrläppchen über Fehlbildungen der Gliedmaßen bis hin zu Alkoholismus und anderen schweren – vor allem psychischen – Erkrankungen.
(...)
Der österreichisch-ungarische Mediziner Max Nordau (1849–1923) sah in der Kunst und Kultur Europas eine »Völkerdämmerung« am Werk; sein Buch »Entartung« aus dem Jahr 1892 spielte eine Schlüsselrolle dabei, seinerzeit moderne Kunst zu pathologisieren und mit psychiatrischen Symptomen in Verbindung zu bringen. Die spätere nationalsozialistische Diffamierung »entarteter« Kunst wurde hiervon entscheidend geprägt. Nordau setzte dabei als Jude eine Bewegung in Gang, die später klar antisemitisch werden sollte. Er selbst stellte noch unter anderem die Musik Richard Wagners als »degeneriert« dar, also gerade eine Kunstform, die die Nationalsozialisten besonders schätzten und zum Ideal erhoben. Friedrich Nietzsche, der sich mit seinen Forderungen nach radikaler Therapie von Verfall und Dekadenz (»Was fällt, das soll man auch noch stoßen!«) als »Arzt der Kultur« sah, war für den Arzt Nordau schlicht ein »Tobsüchtiger«.
(...)

1920 veröffentlichen der Jurist Karl Binding und der Psychiater Alfred Hoche die Schrift »Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens«, in der von »geistig Toten« die Rede war. Damit waren nicht Hirntote im heutigen, erst in den 1960er Jahren definierten Sinn gemeint, sondern zum Beispiel Demente oder Kinder mit angeborenen schweren Behinderungen. Binding und Hoche legten so den Grundstein für die späteren Massentötungen »lebensunwerten Lebens« im NS-Staat.

Natürlich gibt es keine durchgängige schiefe Bahn, die von der Überzeugung, »die jungen Leute« wären heute viel öfter krank als früher, bin hin zur Rechtfertigung von Krankenmorden führt. Man erkennt aber, wie auf diesem Gebiet verschiedenste Ideen zusammenspielen. Krankheit, Schwäche, körperlicher Verfall des Individuums; Vererbung von »Entartung« in Familien und Völkern; kulturelle »Dekadenz« – alles kommt zusammen, weil für ideologisches Denken Vagheit und Widersprüchlichkeit überhaupt keine Hindernisse darstellen. Im Hintergrund schlummert stets die Idee, es habe einmal irgendwann eine heroische Vergangenheit von »großer Gesundheit« (Nietzsche) gegeben, sei es bei alten Griechen, romantisierten Germanen oder ausgedachten »Ariern«.

Man könnte nun sagen: Gottlob haben wir das hinter uns. Aber Ideologie ist zäh. »Degenerate« und »degeneracy« gehören fest zum Vokabular rechter Subkulturen im Internet. AfD-Politiker wettern gegen »Dekadenz«; der aktuelle US-Gesundheitsminister beschreibt autistische Kinder in einer Weise, die zu unterstellen scheint, sie könnten nie ein vollgültiges Leben führen (»Sie werden niemals Steuern zahlen, niemals ein Gedicht schreiben«). Es lohnt sich, genau hinzuhören. Wenn Gesundheit obsessiv in der Vergangenheit gesucht wird (»Make America Healthy Again«), hat das in der Gegenwart oft äußerst unangenehme Folgen – für kranke Menschen, aber auch darüber hinaus.
Es gibt zu dem Stichwort Toxische Nostalgie einige Artikel im Internet. In der Regel beschäftigten sich diese aber mit der persönlichen Ebene, also es geht mehr um den Einzelnen, der die Vergangenheit so sehr positiv verklärt, dass es toxisch wird.
Von dem Autor habe ich im Forum schon einige Artikel gepostet. Diesmal irritiert mich der Text etwas, ohne herauszubekommen zu haben, warum. Wahrscheinlich ist das Beispiel Gesundheit der Grund.



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Stefanie
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Di 9. Sep 2025, 23:35

Ein anderer Artikel beschäftigt sich ebenfalls mit diesem Thema. Aus dem Jahr 2022, April. Schwerpunkt ist hier mehr die Unweltpolitik. Die Ausführungen dazu habe ich nicht zitiert.
https://www.blaetter.de/ausgabe/2022/ap ... -nostalgie

Toxische Nostalgie
Putin, Trump und der brennende Planet
von Naomi Klein

Imperiale Nostalgie scheint es zu sein, was Wladimir Putin umtreibt – Nostalgie und der Wunsch, die Schmach der ökonomischen Schocktherapie loszuwerden, der Russland am Ende des Kalten Krieges unterzogen wurde. Nostalgische Vorstellungen von amerikanischer „Greatness“ wiederum sind Teil der Motivation, welche die immer noch von Donald Trump angeführte Bewegung mobilisiert – sowie der Wunsch, sich nicht länger für die als White Supremacy verherrlichte Ruchlosigkeit verantworten zu sollen, welche die Gründung der Vereinigten Staaten prägte und diese bis heute entstellt.
(...)
Hier handelt es sich nicht um die warme, wohltuende Nostalgie schemenhafter Erinnerungen an Kindheitsfreuden. Vielmehr haben wir es mit einer wuterfüllten und zerstörerischen Version zu tun, die sich an eingebildete Vorstellungen vergangener Ruhmestaten klammert – entgegen aller ernüchternden Evidenz.
(...)
Auf den ersten Blick erscheinen diese Allianzen zutiefst abwegig und unwahrscheinlich. Aber bei genauerem Hinsehen wird klar, dass sie ein bestimmtes Zeitgefühl verbindet. Ein Zeitgefühl, dass sich an eine idealisierte Version der Vergangenheit klammert und sich standhaft weigert, unangenehme Wahrheiten über die Zukunft zur Kenntnis zu nehmen. Gemeinsam ist ihnen auch das Wohlgefallen an roher Gewalt: Supertruck vs. Fußgänger, die lärmende industrielle Realität vs. bedachtsam analysierende Forschungsberichte, Nukleararsenal vs. Maschinengewehr. Solch gewaltträchtige Energie braut sich gegenwärtig in vielen ganz unterschiedlichen Sphären zusammen, bricht Kriege vom Zaun, greift Regierungssitze an und bedroht mutwillig die Lebensadern unseres Planeten. Diese Gesinnung liegt so vielen Demokratiekrisen, so vielen geopolitischen Krisen und nicht zuletzt auch der Klimakrise zugrunde: ein gewaltbereites Sich-Klammern an toxische Vergangenheit und die strikte Weigerung, sich auf eine enger verflochtene, interrelationale Zukunft einzulassen, welche die Grenzen dessen respektiert, was Mensch und Planet ertragen können. Das ist in Reinkultur eben das, was die jüngst verstorbene Literaturwissenschaftlerin Gloria Jean Watkins so oft als „imperialistisch-kapitalistisches Patriarchat im Zeichen der White Supremacy“ beschrieben hat – augenzwinkernd, weil es manchmal eben der gröbsten Kaliber bedarf, um treffsicher zu erfassen, wie es um unsere Welt steht.
(...)
Putin und Trump sind rückwärtsgewandte Nostalgiker, und auf der harten Rechten finden sie überreichlich Gesellschaft. So gelang es Jair Bolsonaro gewählt zu werden, weil er nostalgische Erinnerungen an die Ära der Militärherrschaft in Brasilien bediente. Und die Philippinen stehen in alarmierender Weise offenbar davor, Ferdinand Marcos Jr. als ihren nächsten Präsidenten zu wählen, den Sohn des gleichnamigen Diktators, der sein Land in den 1970er und 1980er Jahren ausplünderte und terrorisierte. Aber diese Krise geht nicht nur von der extremen Rechten aus. In der liberalen Prominenz finden sich ebenfalls ausgemachte Nostalgiker, die als Gegenmittel zu ins Kraut schießenden Faschismen weiter nichts anzubieten haben als aufgewärmten Neoliberalismus und die ganz offen mit den räuberischen Konzerninteressen – von Big Pharma bis zu mächtigen Banken – verbandelt sind, die die Lebensstandards geschreddert haben.

Joe Biden etwa verdankt seine Wahl dem tröstlichen Versprechen einer Rückkehr jener Normalität, die vor Trump bestand, obwohl ebendiese doch dem Trumpismus den Weg bereitete. Justin Trudeau ist die jüngere Version des gleichen Angebots: ein hohl klingendes, der Aufmerksamkeitsökonomie geschuldetes Echo seines Vaters, des verstorbenen kanadischen Premierministers Pierre Elliott Trudeau. 2015 lautete das erste Statement von Trudeau Jr. auf der Weltbühne: „Kanada ist wieder da“. Fünf Jahre später war es Joe Biden, der verkündete, „America is back“ – und „bereit, die Welt anzuführen“.



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Jörn P Budesheim
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Mi 10. Sep 2025, 08:37

Toxische Nostalgie – den Ausdruck habe ich noch nie gehört. Gemeint ist wohl dieses „Früher war alles besser“, das alles Schlechte der Vergangenheit einfach ausblendet. Ich stelle es mir so vor: Toxische Nostalgie ist nicht nur eine Verklärung, ein Schönreden der Vergangenheit, sondern auch eine Abwehrmaßnahme. Viele fühlen sich von den schnellen – zum Beispiel ethischen – Fortschritten der letzten Jahrzehnte überfordert. Die idealisierte/letztlich verfälschte Vergangenheit bietet dann einen scheinbar sicheren Zufluchtsort vor solchen Überforderungen. Derselbe Mechanismus kann zugleich nötige Fortschritte blockieren: Man wehrt die Zumutungen der Gegenwart ab, indem man schlicht die Wahrheit leugnet – etwa im Blick auf die Klimakrise.

Wenn es toxische Nostalgie gibt, wie sieht dann gesunde Nostalgie aus?




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Stefanie
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Mi 10. Sep 2025, 18:39

Gute Frage.
Schöne Erinnerungen und schwelgen in der Vergangenheit macht jeder und jede. Hier im Forum auch, z.B. die Musikvideos.
Ab einem bestimmten Punkt kippt es, und wird es toxisch.
Die meisten Artikel beschäftigen sich mit dem Einzelnen.


Ich habe bzw. hatte noch folgende Texte gefunden.

https://www.esquire.de/news/gesellschaf ... -zu-werden

https://www.ardalpha.de/wissen/geschich ... r-116.html
Das Interview am Schluss.
Aus einem Interview
https://www.spiegel.de/psychologie/kris ... 78bf9a792e

Magnusson: Nostalgie haben wir alle, es ist eine kulturelle Konstante. Das Wort bedeutet eigentlich Heimweh – ein Sehnen nach der Heimat. Sie hilft uns, die Welt zu begreifen, indem wir uns an Dinge von früher erinnern. Als Reaktion auf die Beschleunigung der Moderne genauso wie auf die Globalisierung heute. Irgendwann fiel mir aber auf, wie viele Bereiche unserer Gesellschaft diese Nostalgie inzwischen erfasst hat, ohne dass wir es merken. So wie ich mit meinem Kamel da oben.

SPIEGEL: Aber?

Magnusson: Problematisch wird es, sobald daraus abgeleitet wird, dass wir als Gesellschaft zu diesem imaginären Früher zurückkehren müssen. Rechtspopulisten schlachten das aus. Wenn früher etwas besser war, lässt sich den Leuten leichter erklären, wieso man da wieder hinmuss. Nichts anderes steckt hinter "Make America Great Again" oder Thilo Sarrazins "Deutschland schafft sich ab" mit der Idee eines einst intakten "Volkskörpers". Aber nicht alle, die süßliche Gedanken ans Gestern haben, sind gleich Reaktionäre.

SPIEGEL: Und woran merkt man's doch?

Magnusson: Ein guter Indikator ist das Wörtchen "noch": "Hier wird noch richtig gekocht", "hier ist die Welt noch in Ordnung". Das suggeriert: Früher gab es eine ideale Form von Welt, in der die Familien heiler waren. Die Vergangenheit ist ein unglaublicher Selbstbedienungsladen. Solange es bei persönlicher Nostalgie bleibt, finde ich das ganz wunderbar.

SPIEGEL: Aber?

Magnusson: Problematisch wird es, sobald daraus abgeleitet wird, dass wir als Gesellschaft zu diesem imaginären Früher zurückkehren müssen. Rechtspopulisten schlachten das aus. Wenn früher etwas besser war, lässt sich den Leuten leichter erklären, wieso man da wieder hinmuss. Nichts anderes steckt hinter "Make America Great Again" oder Thilo Sarrazins "Deutschland schafft sich ab" mit der Idee eines einst intakten "Volkskörpers". Aber nicht alle, die süßliche Gedanken ans Gestern haben, sind gleich Reaktionäre.

SPIEGEL: Was war der Punkt, an dem Sie sagten: So, jetzt reicht's mit der Nostalgie?

Magnusson: Mich störte, als einige anfingen, abzuwerten, wie andere leben. Man kann ja selbst gern vom Haus auf dem Land und Gemüse im Hochbeet träumen. Aber wenn Menschen zugleich sagen, wie schlimm sie diese ganzen Hochhausbauten finden, blenden sie soziale Fragen aus. Nicht jeder kann ein Haus auf dem Land haben – oder will es. Sie fangen an, jene zu diskriminieren, die mit dem Auto in eine Stadt fahren müssen, weil sie es sich nicht leisten können, dort zu wohnen, und einen Job haben, der sich nicht via Homeoffice bewerkstelligen lässt. Sie wollen ihr nostalgisches Vintage-Leben nicht nur für sich zelebrieren, sondern die Welt so umbauen, dass es schwer wird für andere. Dass dann Nostalgie mit Klassismus verbunden ist, ist vielen nicht bewusst. Man muss sich Nostalgie leisten können.

Magnusson: Für mich ist das Wichtige an "Fridays for Future", dass es ohne rückwärtsgewandten Blick auskommt. Wir werden den Planeten nicht retten, indem wir jetzt alle auf Plastiktüten verzichten. Ich laufe immer an einem dieser verpackungsfreien Läden vorbei, wo Leute sich freuen, wieder wie Oma ihre drei Rüben in den Korb zu packen. Mehr Radfahren, weniger Fliegen, alles super, aber dafür brauchen wir nicht den Rückblick in die Vergangenheit. Das blendet die massiven sozialen Ungleichheiten dieser Zeit aus. Denn diejenigen, die damals Fahrrad fuhren, konnten sich kein Auto leisten, die nur kleine Urlaube machten, konnten sich Flüge nicht leisten. Dazu passt noch ein Eindruck: Je mehr Leute auf der Seite des Aktivismus stehen – sich also etwa für Geschlechtergerechtigkeit, queere Themen, Homorechte, Migration einsetzen –, umso weniger nostalgisch sind sie. Für sie ist die Erinnerung an früher belastet mit Diskriminierungserfahrung



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Timberlake
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Do 18. Sep 2025, 23:18

Stefanie hat geschrieben :
Di 9. Sep 2025, 23:23
https://www.spektrum.de/kolumne/verfall ... ie/2285503

Warkus' Welt

Toxische Nostalgie
Waren die Menschen früher gesünder? Was wie harmlose Gesundheitsnostalgie klingt, könnte unrühmlichen ideologischen Vorstellungen von »Degeneration« Vorschub leisten, warnt unser Philosophie-Kolumnist.



Natürlich gibt es keine durchgängige schiefe Bahn, die von der Überzeugung, »die jungen Leute« wären heute viel öfter krank als früher, bin hin zur Rechtfertigung von Krankenmorden führt. Man erkennt aber, wie auf diesem Gebiet verschiedenste Ideen zusammenspielen. Krankheit, Schwäche, körperlicher Verfall des Individuums; Vererbung von »Entartung« in Familien und Völkern; kulturelle »Dekadenz« – alles kommt zusammen, weil für ideologisches Denken Vagheit und Widersprüchlichkeit überhaupt keine Hindernisse darstellen. Im Hintergrund schlummert stets die Idee, es habe einmal irgendwann eine heroische Vergangenheit von »großer Gesundheit« (Nietzsche) gegeben, sei es bei alten Griechen, romantisierten Germanen oder ausgedachten »Ariern«.

Damit kann allerdings folgende »große Gesundheit« wohl eher nicht gemeint sein ...

  • Die große Gesundheit. – Wir Neuen, Namenlosen, Schlechtverständlichen, wir Frühgeburten einer noch unbewiesenen Zukunft – wir bedürfen zu einem neuen Zwecke auch eines neuen Mittels, nämlich einer neuen Gesundheit, einer stärkeren, gewitzteren, zäheren, verwegneren, lustigeren, als alle Gesundheiten bisher waren.
    Nietzsche ... Die fröhliche Wissenschaft
Von daher würde ich von einer toxischen Nostalgie sprechen, wenn man der nostalgischen Meinung ist, dass durchaus nicht alle Gesundheiten bisher "klein" waren. So wären beispielsweise die Gesundheiten der alten Griechen, romantisierten Germanen oder ausgedachten »Ariern« durchaus groß gewesen.




Timberlake
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Fr 19. Sep 2025, 00:10

Stefanie hat geschrieben :
Mi 10. Sep 2025, 18:39
Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Mi 10. Sep 2025, 08:37
Wenn es toxische Nostalgie gibt, wie sieht dann gesunde Nostalgie aus?
Gute Frage.
Schöne Erinnerungen und schwelgen in der Vergangenheit macht jeder und jede. Hier im Forum auch, z.B. die Musikvideos.
Ab einem bestimmten Punkt kippt es, und wird es toxisch.
Wo wir schon mal bei Nietzsche sind, dazu ein Beispiel ..
  • "Die "gute alte" Zeit ist dahin, in Mozart hat sie sich ausgesungen:—wie glücklich wir, dass zu uns sein Rokoko noch redet, dass seine "gute Gesellschaft," sein zärtliches Schwärmen, seine Kinderlust am Chinesischen und Geschnörkelten, seine Höflichkeit des Herzens, sein Verlangen nach Zierlichem, Verliebtem, Tanzendem, Thränenseligem, sein Glaube an den Süden noch an irgend einen Rest in uns appelliren darf!"
    Nietzsche ... Jenseits von Gut und Böse
Diese Nostalgie würde allerdings spätesten an dem Punkt ins toxische kippen, wenn man sich vergegenwärtigt, dass man damals im Absolutismus lebte. Einer Regierungsform, mit der man aus heutiger Sicht ganz sicher keine schönen Erinnerungen und kein Schwelgen in der Vergangenheit verknüpft. Es sei denn, man heißt Trump ..."Lang lebe der König": Trump inszeniert sich als Herrscher von Amerika

Dazu nur mal zum Vergleich ..





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Jörn P Budesheim
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So 28. Sep 2025, 11:32

Stefanie hat geschrieben :
Mi 10. Sep 2025, 18:39
Magnusson: Ein guter Indikator ist das Wörtchen "noch": "Hier wird noch richtig gekocht", "hier ist die Welt noch in Ordnung". Das suggeriert: Früher gab es eine ideale Form von Welt, in der die Familien heiler waren. Die Vergangenheit ist ein unglaublicher Selbstbedienungsladen.
Der Slogan von Manufactum, die ich in der kurzen Sequenz erwähnt habe, zu der Frage, ob es sich lohnen könnte, ein Geschäft mit geringem Angebot zu eröffnen lautet: „Es gibt sie noch, die guten Dinge“ – ist das schon toxische Nostalgie?




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Stefanie
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Mo 29. Sep 2025, 18:16

Ich denke nicht.
Wir haben in Bonn eine Filiale von Manufactum und eine Filiale von Magazin. Sind dasselbe Unternehmen. In der Filiale von Manufactum war ich mal kurz drin, im Magazin nicht, in die übrigens im Juli eine Auto reinfuhr, ein Schwächeanfall des Fahrers.
https://www1.wdr.de/nachrichten/rheinla ... n-100.html

Auf mich machte Manufactum den Eindruck, dass ist Ikea in teuer und mehr durchgestylt. Die Lebensmittel sind nicht wirklich alltägliche Lebensmittel. Ich denke, die Zielgruppe sind die, die nicht 08/15 wollen und bereit sind, dafür mehr zu zahlen. Mit Nostalgie hat das nicht viel tun, meiner Meinung nach.



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Jörn P Budesheim
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„Es gibt sie noch, die guten Dinge“ – ob das schon toxische Nostalgie ist, darüber kann man natürlich streiten. Wir hatten den Katalog über Jahre bekommen. Er war extrem gut designt und getextet, sicherlich in einem positiven Sinne „konservativ“. "Putin und Trump sind rückwärtsgewandte Nostalgiker" Damit hat das nichts zu tun.




Burkart
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Sa 11. Okt 2025, 10:21

Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Di 30. Sep 2025, 10:16
"Putin und Trump sind rückwärtsgewandte Nostalgiker" Damit hat das nichts zu tun.
Putin ja (hinsichtlich der alten UdSSR u.ä.), aber wieso Trump? Ist er/es nicht modern, seine Geldmacht in politisches Gestalten und diese in egoistische Interessen zu verwandeln...? (Siehe u.a. wachsende Arm-Reich-Schere in Deutschland)



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

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Jörn P Budesheim
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Mo 13. Okt 2025, 08:32

Burkart hat geschrieben :
Sa 11. Okt 2025, 10:21
wieso Trump?
MAGA!




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