"Verklärung"
- Schimmermatt
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Keine Ahnung. Meine These ist bloß, dass eine allzu positive Konnotierung von "Verklärung" ein gespanntes Verhältnis zum Begriff der "Klarheit" in petto haben müsste. Verklärung ist dann die als schön empfundene Tünche, welche über die eventuell nicht gänzlich brutale, aber doch ästhetisch suboptimale Realität gestrichen werden muss.
"Manche Leute werden heutzutage langsam wahnsinnig. Ich schnell." C. Schlingensief
- Jörn Budesheim
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Die Ausgangspunkt dieses Thread war Arthur C Dantos Buch "die Verklärung des Gewöhnlichen". Dort geht es auch um die Brillo boxes von Andy Warhol. Wie sind diese entstanden, was hat es mit ihnen auf sich?
Ein Mitarbeiter von Andy Warhol wurde von ihm in den Supermarkt geschickt, um etwas ganz Gewöhnliches, etwas ganz Normales zu kaufen. Zurück kam er unter anderem mit dem brillo boxes. Dann wurden die Kisten detailgetreu nachgebaut und ausgestellt. Nicht Kunst wurde zur Kunst. Diese Transfiguration rückte einiges in ein anderes, ein ungewöhnliches Licht. Es stellte sich z.b. in aller Deutlichkeit die Frage, wie aus Nichtkunst Kunst werden kann? Die Aktion warf auch in anderer Hinsicht ein neues Licht auf die Institution Kunst in einer Gesellschaft, die auf der anderen, nämlich der Nicht-Kunst-Seite ganz basal davon lebt, dass es so ein Phänomen die Massenproduktion von Waren gibt, während sie in der Kunst das Originale und Einzigartige feiert.
Ich finde nicht, dass dieser Zusammenhang zeigt, dass Verklärung ein verspanntes Verhältnis zur Klarheit habe müsste, oder?
Ein Mitarbeiter von Andy Warhol wurde von ihm in den Supermarkt geschickt, um etwas ganz Gewöhnliches, etwas ganz Normales zu kaufen. Zurück kam er unter anderem mit dem brillo boxes. Dann wurden die Kisten detailgetreu nachgebaut und ausgestellt. Nicht Kunst wurde zur Kunst. Diese Transfiguration rückte einiges in ein anderes, ein ungewöhnliches Licht. Es stellte sich z.b. in aller Deutlichkeit die Frage, wie aus Nichtkunst Kunst werden kann? Die Aktion warf auch in anderer Hinsicht ein neues Licht auf die Institution Kunst in einer Gesellschaft, die auf der anderen, nämlich der Nicht-Kunst-Seite ganz basal davon lebt, dass es so ein Phänomen die Massenproduktion von Waren gibt, während sie in der Kunst das Originale und Einzigartige feiert.
Ich finde nicht, dass dieser Zusammenhang zeigt, dass Verklärung ein verspanntes Verhältnis zur Klarheit habe müsste, oder?
- Jörn Budesheim
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Man muss natürlich, so wie eigentlich immer, auf dem Kontext achten, in dem der Begriff verwendet wird. Gelegentlich kann der Begriff Verklärung verwendet werden wie der Begriff Verunklärung. Aber das ist nicht zwingend.
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Aber auch wirklich nur "gelegentlich", denn in der Alltagssprache wird das Wort doch eher gar nicht gebraucht. Man sagt "beschönigen", "übertünchen" oder vielleicht auch "verschleiern", "glätten", "verunklaren". Die Übersetzung von Dantos "Transfiguration" in "Verklärung" kommt mir übrigens unangemessen interpretierend vor. Obwohl mir leider kein anderes dt. Wort einfällt. Ich wäre bei dem Fremdwort "Transfiguration" geblieben.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mo 24. Sep 2018, 08:27Man muss natürlich, so wie eigentlich immer, auf dem Kontext achten, in dem der Begriff verwendet wird. Gelegentlich kann der Begriff Verklärung verwendet werden wie der Begriff Verunklärung. Aber das ist nicht zwingend.
"Verklärung" hatte ich im Zettelkasten abgelegt und das Spielen mit dem Begriff, so wie Schimmermatt es initiierte -was keine Kritik Dir gegenüber ist @Jörn!- gefällt mir.
- Jörn Budesheim
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Das sind für dich Synonyme zu "verklären"?Friederike hat geschrieben : ↑Mo 24. Sep 2018, 10:23"beschönigen", "übertünchen" oder vielleicht auch "verschleiern", "glätten", "verunklaren"
- Friederike
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Ich überlege gerade noch nach einer guten Übersetzung für das Transfigurieren. "Ästhetisierung des Gewöhnlichen" ist ebenfalls eine starke Interpretation.
"In verklärtem Leibe auferstehen" kann unmöglich visualisiert werden. Es heißt soviel wie, in der "wahren Gestalt". Oder wenn man sagt, daß ein Mensch einen Anderen mit verklärtem Blick betrachtet, dann bedeutet dies soviel wie, das "wahre Wesen" oder nur das "Wesen" dieses Menschen zu sehen. Wie ich ja schon neulich sagte, gehört der Begriff Verklärung für mich in den religiösen und/oder metaphysischen Kontext.
"In verklärtem Leibe auferstehen" kann unmöglich visualisiert werden. Es heißt soviel wie, in der "wahren Gestalt". Oder wenn man sagt, daß ein Mensch einen Anderen mit verklärtem Blick betrachtet, dann bedeutet dies soviel wie, das "wahre Wesen" oder nur das "Wesen" dieses Menschen zu sehen. Wie ich ja schon neulich sagte, gehört der Begriff Verklärung für mich in den religiösen und/oder metaphysischen Kontext.
- Friederike
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Nee. Für mich, aber das müßte eigentlich deutlich geworden sein, ist "Verklärung" durch kein Wort ersetzbar.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mo 24. Sep 2018, 10:47Das sind für dich Synonyme zu "verklären"?Friederike hat geschrieben : ↑Mo 24. Sep 2018, 10:23"beschönigen", "übertünchen" oder vielleicht auch "verschleiern", "glätten", "verunklaren"
- Jörn Budesheim
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Verschiedene Kontexte gibt es ja nicht nur in der Alltagssprache. Augenfällig sind bei dem Begriff Verklärung wohl der religiöse Kontext und der Kontext Kunst. Google spuckt aus, dass der Begriff Verklärung in der Literaturtheorie seitdem 18 Jahrhundert gängig ist. Bei Danto nimmt der Begriff vielleicht noch mal eine neue Wendung, aber ich denke dass er in allen drei Bereichen Überlappungen aufzumachen sein dürften, auch wenn sie schwer darzulegen sind.
Schimmermatts Erläuterung sind natürlich nicht falsch, aber nach meinem Sprachgefühl zielen sie mehr auf dem Begriff "Verunklärung".
Interessant.... was Frau wieder lernt. Mir ist bis dahin der Begriff "Verunklärung" unbekannt gewesen, und ehrlich, sagt er mir auch nichts. Aber ich ahne, warum ich Schimmermatt nicht verstehe.
Romantische Verklärung, in diesem Zusammenhang kenne ich Verklärung.
Oder auch Formulierungen wie "verklärter Gesichtsausdruck."
Romantische Verklärung, in diesem Zusammenhang kenne ich Verklärung.
Oder auch Formulierungen wie "verklärter Gesichtsausdruck."
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Goethe
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- Jörn Budesheim
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Ja, das dürfte die häufigste Verwendung im Alltag sein, würde ich schätzen.
Insofern Kunstwerke manchmal die Fähigkeit haben, uns anzuschauen, könnte man sich durchaus überlegen, ob wir diese Wendung nicht in irgendeiner Weise gebrauchen können. Allerdings, zu sagen dass die brillo boxes oder das Urinal von Duchamp einen verklärten Gesichtsausdruck haben, wäre wohl mehr als seltsam :-)
Dennoch erscheinen sie in ihrem neuen Kontext anderes und ungewöhnlich. Und natürlich lassen Sie auch ihren Kontext anders und ungewöhnlich erscheinen. Dazu muss man den Begriff Verklärung eben unter Bedingungen des 20. oder 21 Jahrhundert zu begreifen versuchen ... Und da es in der Kunst in dieser Zeit nicht mehr vordringlich um das Schöne geht, muss man eben diese Wandlung der Kunst in das Verständnis des Begriffes gleichsam einbauen.
Aber diese Kunstgegenstände können bei Kunstliebhabern einen verklärten Gesichtsausdruck bewirken.Allerdings, zu sagen dass die brillo boxes oder das Urinal von Duchamp einen verklärten Gesichtsausdruck haben, wäre wohl mehr als seltsam
Bei den erwähnten Kunstwerken hatte ich mir das so zu recht gelegt, hatte ich schon mal geschrieben, glaube ich.
Etwas Gewöhnliches (WC) wird verklärt, weil es zur Kunst "erhoben "wird. In Kenntnis der und vielleicht auch gerade wegen der negativen Seiten oder Umgebung, in der ein Alltagsgegenstand gewöhnlich verwendet wird. Oder so in der Art.
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Ja. Das denke ich auch.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mo 24. Sep 2018, 13:02Ja, das dürfte die häufigste Verwendung im Alltag sein, würde ich schätzen.
Und nochmal zu meiner Auflistung der Wörter: "Beschönigen" usw. hatte ich angeführt als Wörter der Alltagssprache, die man eher gebraucht als "verklären" - aber nur unter der Voraussetzung, daß man "verklären" negativ versteht.
- Jörn Budesheim
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Dieser Begriff schreibt mir tatsächlich ein Gegenbegriff von "klar" zu sein. Etwas was klar ist, wird unklar gemacht, verwirrend dargestellt oder ähnliches. Vielleicht klingt in diesem Begriff sogar der Begriff der Desinformation an ...
Verklärter Gesichtsausdruck beschreibt eine Stimmungslage, einen Gemütszustand.
Beschönigter Gesichtsausdruck klingt mehr nach misslungener Schönheitsop.
Was ich damit versuche zu sagen, ist, dass Verklärung sich auch auf eine Stimmungslage von einer Person bezieht, während die anderen Begriffe einen Sache oder Handlung beschreiben.
Oder?
Beschönigter Gesichtsausdruck klingt mehr nach misslungener Schönheitsop.
Was ich damit versuche zu sagen, ist, dass Verklärung sich auch auf eine Stimmungslage von einer Person bezieht, während die anderen Begriffe einen Sache oder Handlung beschreiben.
Oder?
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Das ist es !!! (@Stefanie, dies nur als erste Reaktion).Stefanie hat geschrieben : ↑Mo 24. Sep 2018, 21:19Verklärter Gesichtsausdruck beschreibt eine Stimmungslage, einen Gemütszustand. Beschönigter Gesichtsausdruck klingt mehr nach misslungener Schönheitsop. Was ich damit versuche zu sagen, ist, dass Verklärung sich auch auf eine Stimmungslage von einer Person bezieht, während die anderen Begriffe einen Sache oder Handlung beschreiben. Oder?
- Friederike
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Wie könnte man die Stimmung nennen? Hast Du eine Idee?
Glückseligkeit, vollkommene Freude ... fallen mir ein.
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Ehrlich gesagt.... ich bleibe bei Verklärung. Das ist was anderes als Glückseligkeit oder vollkommende Freude, finde ich. Ohne dies jetzt adhoc näher erklären zu können.
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Goethe
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Achso, dann hatte ich Dich mißverstanden. Der Ausdruck "Verklärung" selbst enthält die Stimmungslage bzw. ist die Stimmungslage. Und ich hatte gedacht, Du meintest, die Stimmung sei noch ein Zusatz zur Beschreibung. Haha, jetzt muß ich nochmal neu überlegen, was ich meine.