Gründe und Argumente

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Alethos
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Do 29. Aug 2019, 21:12

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 29. Aug 2019, 21:06
Alethos hat geschrieben :
Do 29. Aug 2019, 20:33
Nein, er taucht hier nicht auf, weil du ihn ins Implizite verschoben hast.
Du hast in deinem Beschreibungen oben, das was ich vielmals gesagt habe einfach ins Gegenteil verdreht ... und schiebst mir Positionen unter dich überhaupt nicht vertrete, sondern ablehne.
Dann tut es mir leid, es war ganz bestimmt nicht meine Absicht, dir etwas unterzuschieben.

Ich habe in meinem Erklärungsversuch betreffend das Unmoralische von Folter nochmal darzustellen versucht, wie ich den Zusammenhang von Grund und Argument sehe, und es ist nicht der Zusammenhang von Fürwahrhalten und Wahrheit.



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Jörn Budesheim
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Was sollte man von dem folgenden Gedankengang halten?

"Hans hält für wahr, dass 7 plus 5 12 sind, 7 plus 5 sind 12, also gibt es keinen Unterschied zwischen Fürwahrhalten und Wahrheit"




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Alethos
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Fr 30. Aug 2019, 08:58

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 30. Aug 2019, 07:13
Was sollte man von dem folgenden Gedankengang halten?

"Hans hält für wahr, dass 7 plus 5 12 sind, 7 plus 5 sind 12, also gibt es keinen Unterschied zwischen Fürwahrhalten und Wahrheit"
Von diesem Gedankengang sollte man nicht viel halten. Und ich hoffe wirklich, es ist nicht das, was du aus meinen Beiträgen herausliest, denn dann wäre meine Hoffnung komplett zerstört, dass sich hier überhaupt ein Satz noch lohnt. :cry: Nur wenig könnte von der Wahrheit entfernter sein, als die Behauptung, ich hätte so etwas gesagt oder so argumentiert.

Ich sage, dass ein Argument ein Konstrukt von wahren Aussagen ist, die in Ihrem Gesamt (indem sie auseinander hervorgehen und sich voneinander ableiten) eine Wahrheit darzustellen vermögen: Und dies ist die Objektivität des Grundes. Denn ein Grund ist eine Tatsache, die für etwas spricht, und das Argument gibt diese Tatsache in Form eines Beweises, einer Bestätigung oder einer Unterstützung (wie auch immer) wieder. Das, was in der Tatsache Fürsprache leistet für etwas (der Grund), muss im Argument abgebildet sein, denn sonst wäre es objektiv gar nicht möglich, dass es Argument sei. Das Argument wäre nichts mit dem Grund Verbundenes. Das verhält sich völlig anders beim Fürwahrhalten und Wahrheit: Nichts an meinem Fürwahrgehaltenen muss in dieser Form Wahrheit haben, wie ich es fürwahrhalte, sondern mein Fürwahrhalten kann sich auf gar keine Wahrheit richten. Das Argument kann sich aber nicht auf keinen Grund richten, denn dann wäre es als Argument gar nicht existent.



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Jörn Budesheim
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Du argumentierst, dass es keine Fehl-Argumente geben kann. Das halte ich für widersinnig. Argumentieren ist nämlich das, was Menschen machen. Und deshalb ist es fehleranfällig und vorläufig.




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Jörn Budesheim
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Fr 30. Aug 2019, 10:28

es wäre interessant, wenn in der Philosophie alle Philosophen mit ihren Argumenten immer zwingend und notwendig recht hätten :)




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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 30. Aug 2019, 10:28
es wäre interessant, wenn in der Philosophie alle Philosophen mit ihren Argumenten immer zwingend und notwendig recht hätten :)
Haben Sie ja nicht, wenn sie kein Argument haben :-)



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Fr 30. Aug 2019, 12:15

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 30. Aug 2019, 09:31
Du argumentierst, dass es keine Fehl-Argumente geben kann. Das halte ich für widersinnig. Argumentieren ist nämlich das, was Menschen machen. Und deshalb ist es fehleranfällig und vorläufig.
Ich argumentiere, dass es einen Unterschied gibt zwischen Vermutung, Meinung, Ansichten und dergleichen und Argumenten. Argumente muss man objektiv haben, um eine Ansicht begründen zu können. Und wenn es im Argument keinen Grund gibt, dann hat man eben keines und die Ansicht, Meinung etc. ist falsch oder unzureichend begründet usw.

Auch Argumentationsformen der Art 'ad hominem', 'tu-quoque' etc. sind übrigens keine Argumente, es sind nur Argumente zum Schein.



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Jörn Budesheim
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Fr 30. Aug 2019, 12:28

Ich glaube es ist grundsätzlich keine gute Idee, wenn zwei oder drei Parteien um einen Gegenstand streiten und ihre Argumente vorlegen, in Abrede zu stellen, dass sie überhaupt Argumente vorgelegt haben. Und das müssten wir andauernd tun, wenn wir - was das Ergebnis angeht -nicht sicher sein können.

Zudem gibt es viele Argumente, die bloß Wahrscheinlichkeiten beibringen können. Für diese bräuchte man dann eine weitere Kategorie, etwa halb- oder dreiviertel-Argument.

Argumente sind in aller Regel riskant, wenn man es nicht mit einem Syllogismus zu tun hat. Und dieses Risiko, das ist das, was ich substanziell nenne.




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Fr 30. Aug 2019, 12:39

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 30. Aug 2019, 12:28
Ich glaube es ist grundsätzlich keine gute Idee, wenn zwei oder drei Parteien um einen Gegenstand streiten und ihre Argumente vorlegen, in Abrede zu stellen, dass sie überhaupt Argumente vorgelegt haben. Und das müssten wir andauernd tun, wenn wir - was das Ergebnis angeht -nicht sicher sein können.

Zudem gibt es viele Argumente, die bloß Wahrscheinlichkeiten beibringen können. Für diese bräuchte man dann eine weitere Kategorie, etwa halb- oder dreiviertel-Argument.

Argumente sind in aller Regel riskant, wenn man es nicht mit einem Syllogismus zu tun hat. Und dieses Risiko, das ist das, was ich substanziell nenne.
Interessante Überlegungen, insbesondere zu den 1/2-, 2/3- usw. Argumenten. Grundsätzlich ist es keine schlechtere Idee zu sagen, das Argument sei keines, als zu sagen, es sei falsch. Ich finde den Begriff 'falsches Argument' eine contractio in adiecto.



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Fr 30. Aug 2019, 12:41

Dem anderen zu sagen, dass er gar nicht argumentiert hat, heißt ihn als Person nicht zu akzeptieren. (Man streicht gewissermaßen das rationale im animale rationale durch.) Ihm zu sagen, dass er irrt und ihm dafür Gründe vorzulegen, ist indes ein Zeichen des Respekts.




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Fr 30. Aug 2019, 15:38

Ein Streitgespräch, einen Diskurs, einen Argumentation-Austausch gäbe dann freilich nicht mehr, weil ja immer nur die Seite im Gespräch, die richtig liegt, tatsächlich argumentiert ... denkbar bei einem Argumentations-Austausch ist auch, dass beide Seiten falsch liegen - was ist dann? Haben wir es dann einfach nur mit leerem Geschwätz zu tun?

Wie sieht es aus mit mittelalterlichen Theologen, die sich auf die Autorität der Schrift bezogen haben, haben die jemals argumentiert?

Und überhaupt? Eigentlich haben wir nur Argumente vor uns liegen, wissenschaftliche Argumente im goldenen Zeitalter, wenn wir schon alle Wahrheiten gesammelt haben ...




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Jörn Budesheim
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Fr 30. Aug 2019, 19:30

Du hast oben, indem du meine Ansichten komplett in ihr Gegenteil verkehrt hast, mir vorgeworfen, ich würde die menschliche Situationen nicht in den Blick nehmen, das Gegenteil ist richtig. Aber was tust du hier? Nimmst du selbst mit diesem Vorschlag die menschliche Endlichkeit und Fehlbarkeit irgendwie ernst? Nimmst du die Ungewissheit, unter der wir oft argumentieren müssen irgendwie ernst? Ja, nimmst du den Sinn von Argumenten überhaupt ernst? Denn wenn sie substantiell sein sollen, dann sind es eben gerade nicht simple Zusammenzählspiele des ohnehin schon Gewussten, sondern oft Versuche Ungewissheiten auf Basis von Vermutungen und Erfahrungen zu bewältigen.




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Fr 30. Aug 2019, 20:59

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 30. Aug 2019, 19:30
Du hast oben, indem du meine Ansichten komplett in ihr Gegenteil verkehrt hast, mir vorgeworfen, ich würde die menschliche Situationen nicht in den Blick nehmen, das Gegenteil ist richtig. Aber was tust du hier? Nimmst du die menschliche Endlichkeit und Fehlbarkeit irgendwie ernst? Nimmst du die Ungewissheit, unter der wir oft argumentieren müssen irgendwie ernst?
.

Erstens habe ich mich bei dir entschuldigt, falls ich dich so sehr missverstanden haben sollte, dass du den Eindruck hast, ich hätte deine Ansichten "komplett in ihr Gegenteil verkehrt". Zweitens habe ich mich in der Sache gegen deine Analogie zwischen Fürwahrhalten/Wahrheit und Argumente/Gründe ausgesprochen und dafür verschiedene Ansätze zu geben versucht. Ich meine, das ist in diesem Format durchaus legitim.

Bei letzterem, den Argumenten gegen diese Analogie, habe ich die Ansicht geäussert, dass das Argument durch einen Grund gestützt sein muss: es muss auf einen Grund gehen und ihn in seiner Argumentationsstruktur aufgenommen haben (anders als Wahrheit, die nicht zwingend in einem Fürwahrhalten aufgenommen sein muss), damit es Argument dieses Grundes sei, und das, wofür der Grund spricht, in ihm wiedergegeben werde. Gleichzeitig habe ich mich für einen Gründepluralismus ausgesprochen resp. für die Ansicht stark gemacht, dass ein Grund in vielfältiger Weise eingelassen sein kann in seine Wirklichkeit. Das heisst nun zu denken, dass ein Grund viele verschiedene Aspekte haben kann, die durch eine Person in den Blick genommen werden kann, die durch eine andere Person nicht in den Blick genommen werden muss. Sie können deshalb durchaus anderer Meinung sein, selbst dann (und nur dann), wenn sie einen gemeinsamen Gegenstand (den Grund ihres Arguments) haben. Die Meinungsverschiedenheit kann sich ergeben, nicht weil der eine kein Argument hat und der andere schon (denn dann hätten sie einen gänzlich anderen Gegenstand und nicht bloss einen anderen Aspekt desselben Gegenstandes im Blick), sondern weil sie diesen Grund je anders gewichten oder Teile an ihm anders bewerten. Das ist, so finde ich, die Quelle des Meinungspluralismus, der ja nicht einfach entstehen kann, weil wir in je verschiedenen Wirklichkeiten lebten, sondern weil wir in einer Wirklichkeit als Subjekte vorkommen, die dies und anderes aus der Wirklichkeit ziehen.

Dass wir nicht alles wissen können, dass wir uns irren können, dass wir in Ungewissheit sind, das ist völlig einsehbar, und ich nehme das ernst. Aber das heisst nicht, dass wir nur eine Art und Weise annehmen müssen, nach Gründen zu handeln, damit wir der Ungewissheit eine Gewissheit gegenüberstellen können. Die Ungewissheit ist ja gerade Ausdruck davon, dass es viele Möglichkeiten gibt, die nicht alle von vorne herein zum Erfolg programmiert sind, sondern dass es verschiedene Wege sind, die zum Ziel führen. Und darum sperre ich mich beim Schlangenargument gegen die Ansicht, es gebe hier ein richtiges Argument und daneben nur noch mehr oder weniger falsche Argumente, weil ich denke, dass diese Ungewissheit ganz wesentlich zu unserem Wesen gehört, weshalb wir verschiedene Herangehensweisen entwickeln, diese Ungewissheit zu bewältigen. Das meine ich, ist Ausdruck eines respektvollen Umgangs mit dem Gegenüber, weil es ihm die individuelle Freiheit zugesteht, auf seine Weise recht haben zu können, wo ich gegenteiliger Meinung bin. Darum verstehe ich auch nicht deinen Einwurf, ich würde dem anderen sein Recht auf sein Argument absprechen: das Gegenteil ist der Fall.



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Alethos hat geschrieben :
Fr 30. Aug 2019, 20:59
Aber das heisst nicht, dass wir nur eine Art und Weise annehmen müssen, nach Gründen zu handeln...
An wen geht das? und warum?




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Alethos hat geschrieben :
Fr 30. Aug 2019, 20:59
Und darum sperre ich mich beim Schlangenargument gegen die Ansicht, es gebe hier ein richtiges Argument und daneben nur noch mehr oder weniger falsche Argumente
Das ist schlicht nicht das, was das Argument besagt. Das Argument besagt etwas komplett anderes. Es sagt, wir können Gründe haben, etwas zu tun oder zu denken, die wir nicht kennen.




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Fr 30. Aug 2019, 21:24

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 30. Aug 2019, 21:07
Alethos hat geschrieben :
Fr 30. Aug 2019, 20:59
Aber das heisst nicht, dass wir nur eine Art und Weise annehmen müssen, nach Gründen zu handeln...
An wen geht das? und warum?
Es geht an die Adresse des Schlangenarguments und ähnlicher Situationen. Es besagt ja, ein Grund sei eine Tatsache, die für etwas spreche, und ich habe den Eindruck gewonnen, es wolle sagen, dass ein Argument, das nicht für dasselbe spreche wie die Tatsache, ein falsches Argument sei.



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Fr 30. Aug 2019, 21:47

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 30. Aug 2019, 21:13
Alethos hat geschrieben :
Fr 30. Aug 2019, 20:59
Und darum sperre ich mich beim Schlangenargument gegen die Ansicht, es gebe hier ein richtiges Argument und daneben nur noch mehr oder weniger falsche Argumente
Das ist schlicht nicht das, was das Argument besagt. Das Argument besagt etwas komplett anderes. Es sagt, wir können Gründe haben, etwas zu tun oder zu denken, die wir nicht kennen.
Dann würde das Argument dem Umstand Rechnung tragen, dass wir gewisse Gründe nicht kennen. Soweit unproblematisch. Und es suggeriert weiter, dass, kennten wir sie, wir anders handelten, und zwar richtiger als vorher, als wir sie nicht kannten. Auch dies ist unproblematisch, denn es leuchtet ein, dass wir nicht so handeln wollen, dass unser Handeln Misserfolge zeitigt.

Es ist aber dann problematisch, wenn es sagen wollte, es gebe eine Position, von der aus man alle Tatsachen überblicken könne und alle Argumente nach dem Grad ihrer Erfolgswahrscheinlichkeit als richtig oder falsch beurteilen könnte. Diese Position kann man in der isolierten Triangulation des logischen Aufbaus im Argument einnehmen: Schlange - Bissverhalten - Gefährdeter. Aber, das ist ja keine tatsächlich so vorkommende isolierte Situation, weil sie nur zum Behuf des Arguments so ausgelegt worden ist. In Tat und Wahrheit kommt diese Triangulation in ganz vielfältigen realen Strukturen vor, die man kennen muss, wenn man sich daran macht, ein Argument zu bewerten. Welches Argument der Andere hat, das ist etwas, das wir also nur diskursiv ermitteln können, indem wir uns zunächst in die Lage des Anderen versetzen müssen, um zu verstehen, nach welchen Gründen er oder sie handelte.



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Sa 31. Aug 2019, 05:32

Alethos hat geschrieben :
Fr 30. Aug 2019, 21:47
die man kennen muss, wenn man sich daran macht, ein Argument zu bewerten.
Das ist schlicht und ergreifend falsch. Denn wir müssen nicht wissen, welche weiteren Gründe im Spiel sind oder Spiel sein könnten, um zu wissen, dass dieser Grund der Person unbekannt ist.

Es gibt in jeder Situation viele Tatsachen, die für oder gegen etwas sprechen können. Das wird von diesem Argument nicht geleugnet. Aber das ist logisch unabhängig davon, dass es hier einen bestimmten Grund gibt, der dem Bedrohten nicht bekannt ist. Und das ist es, worum es in diesem Argument geht.

Dass die Schlange aufgrund ihrer Architektur nur bewegliche Ziele angreift, ist eine äußerst bedeutsame Tatsache in der Situation, in der sich die Person befindet. Die Person hat also einen guten Grund, sich nicht zu bewegen. Dass das der einzige oder gar der entscheidende, also alles andere übertrumpfende Grund ist, muss dafür gar nicht behauptet werden. Denn es ist für das, was wirklich gezeigt werden soll, komplett irrelevant. Behauptet wird stattdessen, dass wir Gründe haben können, die wir nicht kennen. (Ich glaube, das habe ich bereits erwähnt.) Und wir fangen nicht an diese Gründe zu kennen, weil es weitere Gründe gibt oder geben könnte, die wir kennen oder nicht kennen. Und diese Gründe hören nicht auf Gründe zu sein, weil es weitere stärkere oder schwächere Gründe gibt*. Es wäre sinnlos das zu behaupten. Und deswegen ist es auch für diesen Aspekt, um den es in dem Argument wirklich geht, bedeutungslos, welche weiteren Tatsachen und Gründe im Spiel sind oder sein könnten, egal was du dir einfallen lässt. Denn diese ändern nichts daran, dass der fragliche (und sicherlich äußerst bedeutsame) Grund unbekannt ist. Diesen einfachen Umstand ignorierst du seit gefühlt 50 Beiträgen.


* und selbst wenn du der Ansicht sein solltest, dass es jeweils nur einen handlungsleitenden Grund geben kann, dann bist Du aufgefordert, dir das Argument so auszumalen, dass dieses eben der entscheidende, handlungsleitende Grund ist. Und dass man sich die Situation so ausmalen kann, dass nämlich dieser unbekannte Grund der entscheidende sein kann, steht außer Zweifel. Und da es möglich ist, ist auch genau das gezeigt, was gezeigt werden soll. Die Möglichkeit reicht: Es ist möglich, dass wir (sogar alles entscheidende) Gründe haben, die wir nicht kennen. Das ist das Argumentationsziel und das ist mit der Möglichkeit bereits gezeigt. Dass anderes möglich ist, was immer Du wir ausmalen willst, zeigt nicht, dass dieses unmöglich ist. Du kannst dich bis zu deinem Lebensende hinsetzen und dir eine Situation nach der anderen ausmalen, wo der vorgetragene Grund nicht handlungsleitend sein muss. Es ändert aber nichts daran, dass er handlungsleitend sein kann.

-----------

Gründe-Absolutismus kommt in diesem Argument nicht vor - das ist deine freie Erfindung. Etwas, was du mir einfach grundlos unterstellt hast, obwohl ich es niemals behauptet habe. Es ist schon ziemlich seltsam, dass wir uns so lange mit diesem Argument aufhalten, ohne bisher wirklich auf seinen Inhalt eingegangen zu sein. Stattdessen geht es die ganze Zeit um Dinge, die in diesem Argument überhaupt nicht gesagt werden und/oder für es nicht von Belang sind.

Bedeutsam ist z.b., dass dieses Argument zeigt, dass Gründe nicht per se irgendwelche inneren Motive sind. Stattdessen sind sie etwas, was gegeben ist, unabhängig davon, was wir glauben.




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Sa 31. Aug 2019, 07:30

Ich fasse noch einmal zusammen:

Du hast dir weiter oben viel Mühe gegeben, der Situationen auszumalen, in denen der genannte Grund nicht der entscheidende ist. Das ist aber aus verschiedenen Gründen verfehlt.

1. Es nicht angezeigt, das Argument des Argumentation-Partners abzuändern.

2. Es ist für das Argument nicht entscheidend, dass der vorgelegte Grund der Handlungsleitende sein muss.

3. Daraus dass man sich ausmalen kann, dass es weitere Gründe in der Situation gibt, die relevant sind, folgt nicht, dass der fragliche Grund nicht unbekannt sein kann.

4. Dass man sich alternative Möglichkeiten oder ein erweitertes Szenario ausmalen kann, zeigt nicht dass die vorgelegte Option nicht möglich ist. Du müsstest schon zeigen, dass es niemals möglich ist, dass die Tatsache, dass die Schlange nur bewegliche Ziele angreift, einen (wenn Du möchtest, den entscheidenden) Grund bietet, stehenzubleiben. Da man sich aber leicht Situation ausmalen kann, in denen dieser Grund besteht (und auch entscheidend sein kann), ist das Argumentationsziel erreicht. Das Argumentationsziel ist, es kann Gründe (auch entscheidende) geben, die wir nicht kennen.

5) wenn du sagst, wir können keinen vollkommenen Überblick über die Situation haben, also kann es immer Gründe geben, die wir nicht kennen, dann hast du das Argument einfach nur bestätigt.




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Sa 31. Aug 2019, 08:23

Und noch mal, weil ich es so unglaublich finde: einer Position, die darauf hinweist, dass wir endlich und fallibel sind, ein "Gründe-Absolutismus" vorzuwerfen ist schon mehr als seltsam.




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