Empörung

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Jörn Budesheim
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Mo 6. Nov 2017, 06:40

Ist es nicht verrückt, dass sich manche Menschen darüber empören, dass es Moral gibt? Eine performativer Selbstwiderspruch, oder?




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Mo 6. Nov 2017, 09:37

Allerdings. Es ist wohl schwer zu verstehen, dass Moral und Ethik die eigene Freiheit nicht beschneiden, sondern Ausdruck davon sind. Wer nach seinen eigenen Launen lebt und sich nicht selber zügeln kann, der entscheidet nicht und kann unmöglich frei sein. Ein solcher Mensch mag wahrlich ein Tier sein.




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Friederike
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Mo 6. Nov 2017, 11:21

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 6. Nov 2017, 06:40
Ist es nicht verrückt, dass sich manche Menschen darüber empören, dass es Moral gibt? Eine performativer Selbstwiderspruch, oder?
Warum? Wieso? Weshalb? Es wäre doch nur dann ein perf. Selbstwiderspruch, wenn ein solcher Mensch von sich selber sagen würde, daß er sich empört? "Sich aufregen über", "sich echauffieren", "temperamentvoll ablehnen" ginge doch auch zu sagen? Oder kann man "Empörung" aus der Beobachterperspektive mit Gewißheit konstatieren? Oder verpasse ich den Punkt dessen, was Du meinst?




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Jörn Budesheim
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Mo 6. Nov 2017, 11:25

Empörung ist ein moralisches Gefühl. Wer sich empört, empört sich zum Beispiel über ein Unrecht.




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Friederike
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Mo 6. Nov 2017, 12:51

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 6. Nov 2017, 11:25
Empörung ist ein moralisches Gefühl. Wer sich empört, empört sich zum Beispiel über ein Unrecht.
Das hatte ich schon verstanden, und diese Auffassung teile ich auch. Nur, Du hattest Dich in Deiner Äußerung doch auf bestimmte Menschen bezogen und zwar die, von denen Du meinst, sie empörten sich gegen die Moral. Ich will darauf hinaus, ob "Empörung" ein Gefühl ist, das wir einer Person "zu"-schreiben können, von dem die Person selber meint, es handle sich nicht um Empörung? Denn wenn dies so ist, dann würde es sich auch nicht um einen perf. Selbstwiderspruch handeln, da die betreffende Person sich von ihrem Selbstverständnis her ja gar nicht empört?




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Alethos
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Mo 6. Nov 2017, 13:03

Vielleicht geht es ja auch um den Verweis darauf, dass wir moralische Gefühle haben und diese deshalb an uns nachvollziehen können. Die Behauptung, alle (ethischen) Wertungen resultierten aus einer normativen sozialen Prägung wird durch diesen Verweis auf die persönliche moralische Empfindung relativiert.



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Friederike
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Mo 6. Nov 2017, 14:12

Alethos hat geschrieben :
Mo 6. Nov 2017, 13:03
Vielleicht geht es ja auch um den Verweis darauf, dass wir moralische Gefühle haben und diese deshalb an uns nachvollziehen können. Die Behauptung, alle (ethischen) Wertungen resultierten aus einer normativen sozialen Prägung wird durch diesen Verweis auf die persönliche moralische Empfindung relativiert.
Das finde ich interessant! Ich muß allerdings doch zuerst nachfragen, ob ich Dich richtig verstehe. Du sprichst hier von einer moralischen Empfindung, die, wie soll ich sagen, naturgegeben, also unabhängig von sozialen Prägungen ist? Die quasi von Geburt an zur menschlichen Ausstattung gehört?




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Jörn Budesheim
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Mo 6. Nov 2017, 15:50

Friederike hat geschrieben :
Mo 6. Nov 2017, 14:12
Du [Alethos] sprichst hier von einer moralischen Empfindung, die, wie soll ich sagen, naturgegeben, also unabhängig von sozialen Prägungen ist? Die quasi von Geburt an zur menschlichen Ausstattung gehört?
Auch manche der anderen Primaten sind bereits in der Lage, sich über Ungerechtigkeiten z.b. zu empören. Ich vermute diese Fähigkeit - zumindesten Ihre Anlage - bringt man mit.




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Alethos
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Mo 6. Nov 2017, 19:18

Friederike hat geschrieben :
Mo 6. Nov 2017, 14:12
Alethos hat geschrieben :
Mo 6. Nov 2017, 13:03
Vielleicht geht es ja auch um den Verweis darauf, dass wir moralische Gefühle haben und diese deshalb an uns nachvollziehen können. Die Behauptung, alle (ethischen) Wertungen resultierten aus einer normativen sozialen Prägung wird durch diesen Verweis auf die persönliche moralische Empfindung relativiert.
Das finde ich interessant! Ich muß allerdings doch zuerst nachfragen, ob ich Dich richtig verstehe. Du sprichst hier von einer moralischen Empfindung, die, wie soll ich sagen, naturgegeben, also unabhängig von sozialen Prägungen ist? Die quasi von Geburt an zur menschlichen Ausstattung gehört?
Nun ja, ich denke, dass wir mit einem "Set" an Empfindungen auf die Welt kommen und dass diese Empfindungen im Laufe der Zeit (durch Lernen, Erziehung) zu moralischen Wertungen weiterentwickelt werden. Ich denke, dass unsere Ethik durch eine soziale Praxis geformt wird, aber das, was geformt ist, das ist ja nicht nichts. Wir sind ja nicht nur die Summe unserer erlernten Werte. Normativität ist ja nicht einfach nur eine von den Mitmenschen (Erziehungspersonen, Lehrern etc.) eingetrichterte "Lehre von Gut und Schlecht"., sondern wir sind doch auch stets emotional investiert?



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Jörn Budesheim
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So 21. Okt 2018, 13:29

Friederike hat geschrieben :
Mo 6. Nov 2017, 12:51
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 6. Nov 2017, 11:25
Empörung ist ein moralisches Gefühl. Wer sich empört, empört sich zum Beispiel über ein Unrecht.
Das hatte ich schon verstanden, und diese Auffassung teile ich auch. Nur, Du hattest Dich in Deiner Äußerung doch auf bestimmte Menschen bezogen und zwar die, von denen Du meinst, sie empörten sich gegen die Moral. Ich will darauf hinaus, ob "Empörung" ein Gefühl ist, das wir einer Person "zu"-schreiben können, von dem die Person selber meint, es handle sich nicht um Empörung? Denn wenn dies so ist, dann würde es sich auch nicht um einen perf. Selbstwiderspruch handeln, da die betreffende Person sich von ihrem Selbstverständnis her ja gar nicht empört?
Dass man sich über die eigenen Gefühle täuscht, während andere sie recht zuverlässig erkennen, kommt durchaus vor. Manchmal können die anderen eben besser sehen, wie es um uns steht, als wir selbst. Die fragliche Person kann von sich vielleicht meinen, dass sie gar nicht empört ist, während wir es womöglich klar und deutlich erkennen. Dass wir die Gefühle der anderen erkennen können, gehört schließlich zu unserem Leben dazu.




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Friederike
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So 21. Okt 2018, 14:43

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 21. Okt 2018, 13:29
Dass man sich über die eigenen Gefühle täuscht, während andere sie recht zuverlässig erkennen, kommt durchaus vor. Manchmal können die anderen eben besser sehen, wie es um uns steht, als wir selbst. Die fragliche Person kann von sich vielleicht meinen, dass sie gar nicht empört ist, während wir es womöglich klar und deutlich erkennen. Dass wir die Gefühle der anderen erkennen können, gehört schließlich zu unserem Leben dazu.
Oja, es gibt Menschen, denen der Ärger oder die Aggressivität aus allen Poren dringt und wenn man sagt, "du bist verärgert?" oder "sei nicht so aggressiv", dann meinen sie, es sei mitnichten so.




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