Intuition

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Alethos
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So 10. Dez 2017, 12:43

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 9. Dez 2017, 18:47
Bei den verschiedenen philosophischen Intuitionen dürfte es aber nicht um so etwas gehen, wie das Lösen von Schach-Puzzles und dergleichen mehr. Hier muss der Gegenstand der intuitiven Erkenntnis selbst so beschaffen sein, dass er offen für die nichtdiskursive Erkenntnis ist. Es muss sich dabei um einfache Ursachverhalte aus den jeweiligen (begrifflichen, ästhetischen, moralischen, ...) Bereichen handeln. Die Art der Erkenntnis und ihr Gegenstand müssen beide einfach sein.
Ich verstehe den Ansatz und ich begrüsse auch den Wunsch, aber ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass es sich hierbei um eine Art von epistemologischen Fundamentalismus handeln müsste :)



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Tosa Inu
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So 10. Dez 2017, 15:51

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 8. Dez 2017, 14:51
Das Problem dürfte im Einzelfall sein, eine intuitive Erkenntnis von einer dogmatischen Setzung zu unterscheiden.
Das Argument, was man hat, ist keines.
Letztlich lautet es, dass man sich bisher auch seine Intuitionenn recht gut verlassen konnte und daher geneigt ist, ihnen auch weiterhin zu folgen.
Das ist logisch nicht astrein, aber vielleicht auch nicht so schlecht, wie es klingt.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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iselilja
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So 10. Dez 2017, 16:15

Ok, ich muss hier unbedingt meinen Senf dazugeben.. ich habe eben auch nochmal schnell die wikis durchforscht um zu sehen, ob mein Senf evident ist. :-)

Also:

Intuition ist eine gefühlsmäßige Eingebung, die auf ein rationales Urteil verzichtet (mit gutem Gewissen verzichten kann). Und das geht deshalb fast immer gut, weil das Gefühl ohnehin das empirische Konglomerat von zurückliegenden Erfahrungen umfasst. Mit dieser Auffassung schließe ich mich Damasio an.

Evidenz (videre) bedeutet einfach offen einsehbar, offenkundig etc. Also keines noch deutlicheren Beweises nötig.



Wenn wir also per Intuition Entscheidungen treffen, ist es etwa so, als würden wir den ersten Satz einen Buches vorgelegt bekommen und können prompt sagen, wie der letzte Satz selbigen Buches lautet. Das funktioniert deshalb, wie eben schon erwähnt, weil wir dieses Buch im Leben bereits mehrfach gelesen haben, ohne dabei registriert zu haben, dass wir dieses Buch in dieser Form hier und heute mal brauchen würden.




Segler
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So 10. Dez 2017, 16:48

Alethos hat geschrieben :
So 10. Dez 2017, 12:43


Ich verstehe den Ansatz und ich begrüsse auch den Wunsch, aber ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass es sich hierbei um eine Art von epistemologischen Fundamentalismus handeln müsste :)
Ja und? Wo ist das Problem?




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iselilja
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So 10. Dez 2017, 17:16

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 5. Dez 2017, 06:37
Georg W. Bertram hat geschrieben : [... dieses] Gedankenexperiment appelliert damit durchaus an unsere Intuition, allerdings nicht an unsere begrifflichen oder moralischen, sondern an unseren logisch inferentiellen Intuitionen, das heißt solche, die das korrekte Schlussfolgern betreffen. ...
Das ist ein Zitat aus dem Buch "philosophische Gedankenexperimente". Mir ist dieser Ausschnitt aufgefallen, weil ich mich ohnehin in den letzten Tagen gefragt habe, was eigentlich eine Intuition ist, und welche Rolle Intuitionen in unseren Denken spielen. Besonders interessant finde ich dabei, dass der Autor zwischen begrifflichen, moralischen und logischen Intuitionen unterscheidet.

Was sind Intuitionen und welche Arten von Intuition gibt es?

Ich habe nur eine Vermutung, was Bertram speziell mit logisch inferentiellen Intuitionen meinen könnte. Aber auch nur, weil ich mich immer wieder selbst bei dieser Form von Gedankensprüngen (keine Ahnung ob er darauf aus ist) in meinen Argumentationen erwische. Also damit meine ich, dass ich bestimmte logische Schritte auslasse, weil ich in dem Moment glaube, dass sie ohnehin bekannt und deshalb nicht erwähnenswert sind. Man überspringt also sinngemäß ein ganzes Thema und schließt sofort auf weiterführende Konklusionen, die nicht mehr direkt kausal (nachvollziehbar) im Zusammenhang stehen. Erst analytisch lässt sich dann im Nachhinein klären, warum es eben doch kausal zusammenhängt.




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Alethos
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So 10. Dez 2017, 17:53

Segler hat geschrieben :
So 10. Dez 2017, 16:48
Alethos hat geschrieben :
So 10. Dez 2017, 12:43


Ich verstehe den Ansatz und ich begrüsse auch den Wunsch, aber ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass es sich hierbei um eine Art von epistemologischen Fundamentalismus handeln müsste :)
Ja und? Wo ist das Problem?
Das Problem liegt wie folgt:

Wir nehmen an, es gibt eine selbstreferenzielle, basale Überzeugung, die wahr ist, dass „p“. (Falsche Überzeugungen wollen wir ja kaum haben.) Diese basale Überzeugung sei zudem mehr als einer Person gegeben, denn das ist ja die These von der Basalität, dass sie nicht nur das Individuum betreffe, sondern epistemologisch grundlegend sei.

Nun unterscheiden wir ja selbstreferenzielle Überzeugungen (die durch sich selbst Begründung finden, also selbstevident sind) und kohärente Überzeugungen (die diskursiv durch weitere Begründungen evident sind).

Selbstreferenzielle Überzeugungen unterscheiden sich durch ein Merkmal M von anderen Überzeugungen. Dieses Merkmal M ist nicht ein beliebiges Merkmal, sondern ein wahrscheinlichkeitsförderndes, er ist ein Wahrscheinlichkeitsindikator (denn falsche Überzeugungen haben zu wollen kann nicht das Ziel sein) M ist also das Kriterium einer Überzeugung als wahrscheinlich wahre. Dann aber ist sie keine selbstrechtfertigende Überzeugung, sondern ihre Rechtfertigung als sogenannt basale Überzeugung hängt von einer anderen Überzeugung ab, z.B. der, dass sie die Eigenschaft M aufweise und dass M zugleich ihr Wahrheitsindikator sei.

‚Alle Junggesellen sind unverheiratet‘ ist auch keine selbstreferenzielle Überzeugung, denn sie referenziert auf sovieles, was in der Überzeugung selbst nicht beinhaltet ist.



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Jörn Budesheim
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Fr 19. Okt 2018, 13:43

Friederike hat geschrieben :
Do 18. Okt 2018, 12:59
Mir ist der Begriff "Intuition" nur im Zusammenhang mit moralischen Wertungen bekannt.
Ich denke wir können in der Philosophie dicht machen, wenn wir unsere Intuition außen vor lassen müssten. Unsere Intuitionen können uns zwar in die Irre führen. Aber ohne sie können wir in vielen Fällen überhaupt nicht voran. In der Ethik, beim Argumentieren also in der Logik und in der Mathematik kommen wir in den meisten Fällen überhaupt nicht in Bewegung, wenn wir nicht auf Intuition setzen könnten. Bei diesen Intuitionen geht es um oft selbstevidente Wahrheiten. Solche Wahrheiten können wir nicht anders rechtfertigen als auf den Verweis auf den Inhalt der Wahrheit.

Beispiele: Die Überzeugung, dass kein Satz in derselben Hinsicht zugleich wahr und falsch sein kann. Oder: Wenn wir wissen, dass ein Argument gültig ist, die richtige Form und wahre Prämissen hat, dann muss die Konklusion wahr sein. So etwas können wir nicht weiter durch Gründe absichern, das müssen wir einfach einsehen.




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Friederike
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Fr 19. Okt 2018, 16:45

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 19. Okt 2018, 13:43
Beispiele: Die Überzeugung, dass kein Satz in derselben Hinsicht zugleich wahr und falsch sein kann. Oder: Wenn wir wissen, dass ein Argument gültig ist, die richtige Form und wahre Prämissen hat, dann muss die Konklusion wahr sein. So etwas können wir nicht weiter durch Gründe absichern, das müssen wir einfach einsehen.
Das trifft sich ausgezeichnet, weil ich nach einem passenden Plätzchen gesucht hatte, an dem ich die "Intuitionen" unterbringen bzw. @Schimmermatts Äußerung aufgreifen und besprechen kann: "[...] eine Konvention zur Formalisierung unserer Intuitionen".
Die Logik als eine der Konventionen, so hatte ich Schimmermatt verstanden, und Du offenbar auch @Jörn, wenn ich Dein obiges Zitat nehme. Ich habe überlegt, was mir noch einfällt:

Prinzipien?
Generalisierungen?
Gesetze (Natur + juristische G.)?

Ja oder nein? Falls nein, was dann und falls ja, was noch?




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Jörn Budesheim
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Fr 19. Okt 2018, 16:50

Nein, ich halte die Logik überhaupt nicht für konventionell.




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Friederike
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Mi 31. Okt 2018, 09:31

Die seltsamste Form des Denkens bzw. des Nicht-Denkens ist das Ahnen. Ich überlege seit gestern, ob das Ahnen wirklich/tatsächlich nicht sprachlich verfaßt ist oder ob es nur eine Bequemlichkeit ist, der Ahnung, die man hat, nicht näher auf den Grund zu gehen. "Auf den Grund gehen" heißt, das, was die Ahnung auslöst, im Diffusen des Nicht-Sprachlichen zu belassen. "Ahnen" ist kein Denken, ist aber auch kein Gefühl, am ehesten vielleicht eine Unterform der Intuition.




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Friederike
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Mi 31. Okt 2018, 15:29

"Spüren, das etwas fehlt", wie scilla andernorts schrieb - dieses Spüren gehört auch zu den Phänomenen, die jenseits von Gedanklichem und den Emotionen liegen.




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Jörn Budesheim
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Mi 31. Okt 2018, 19:22

Ja, der Geist ist schwierig zu kartografieren. Auch weil sich die Karte selbst zu kartografieren versucht :-)




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Friederike
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Do 1. Nov 2018, 14:51

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 31. Okt 2018, 19:22
Ja, der Geist ist schwierig zu kartografieren. Auch weil sich die Karte selbst zu kartografieren versucht :-)
Hm, ich hätte eher gesagt, die menschliche Befindlichkeit oder so ähnlich, aber der Geist? Es kommt mir so, als würden wir durch unzählige Fühler (wie Schmetterlinge sie wohl haben) mit der Welt verbunden, die wir auf Sinne (Wahrnehmung, Emotion und Denken) reduzieren.




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Friederike
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Do 1. Nov 2018, 15:31

Man kann nicht alles zusammen begrifflich fassen, die unterschiedlichen Weisen, sich auf die Welt und auf die eigene Person zu beziehen ... ich meine, wenn man versucht dies begrifflich zu fassen, dann kann dabei nur eine Reduktion rauskommen. Die Begriffe sind eben nicht das, was ein Mensch erlebt.




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Jörn Budesheim
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So 23. Dez 2018, 16:36

Woher stammt eigentlich die Evidenz, dass jeder Einzelne von uns existiert?




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proximus
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ob ich oder ewas anderes existiert ist m.e. egal. es ändert ja nichts.



""Wahrheit" ist immer nur theoretisch." proximus

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Alethos
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So 8. Sep 2019, 19:45

Tertium non datur: Ein Satz kann in derselben Hinsicht entweder wahr oder falsch sein. Beides zugleich ist nicht gegeben, eine dritte Möglichkeit gibt es nicht.

Das ist wahrscheinlich eine selbstevidente Tatsache wie im oben beschriebenen Sinn und 'intuitiv' wahr. Es ist basales Element allen Argumentierens, es geht dem Argumentieren vor.

Nun müsste man lediglich aufzeigen können, dass es gar wohl möglich ist, dass eine Aussage im selben Sinne wahr wie auch falsch sei, um die Intuition als selbstevidenten Schein zu entlarven. Denn dann würde man die Kontradiktion in Realität gehoben und gezeigt haben, dass etwas ununterscheidbar wahr und zugleich unwahr sei, nämlich in der Kontradiktion. Es gibt also ein Drittes, was gegeben ist: Es ist dies der Widerspruch selbst und wollte man ihn aus der Realität verbannen, dann dürfte nichts mehr möglich sein... denn alles, was nur der Möglichkeit nach ist, kann sowohl sein als zugleich nicht sein, z.B. a als auch nicht-a sein. Und darum ist ein Quantum Photonen nicht einfach Welle oder Teil, sondern beides zugleich, weil es der Möglichkeit nach beides sein kann: Und darum ist sowohl wahr der Satz, dass es Teil sei als auch der Satz, dass es Welle sei im selben Sinn und zugleich.

Man muss sich nun fragen, ob es nicht Merkmal von Realität überhaupt sei, dass eben sowohl dieses als auch nicht-dieses sei, und bloss die objektive Perspektive der realisierten Möglichkeit ein Drittes nicht mehr zulasse. Denn die Realisation einer Möglichkeit restringiert alles Mögliche auf ein Sein und dieses in Form des objektiven Gegebenseins des Seienden als dieses, und dann ist es zugleich unmöglich ein anderes als dieses. Individuation hat notwendig Identität zur Folge, aber nicht schon immer war es so, dass ein Gleiches mit sich selbst gleich sei: nämlich dann nicht, als es keine realisierte Möglichkeit war, trotzdem aber immer real sein musste: wie alles überhaupt.

Allein dass es Zukunft gibt, widerspricht dem Satz vom ausgeschlossenen Dritten, denn es ist sowohl wahr, dass sein wird als dass nicht sein wird dieses. Es ist schlicht nicht unterscheidbar, ob es wahr oder unwahr sei, aber dann nicht weder wahr noch unwahr, sondern zugleich wahr und unwahr. Man möge mir also verzeihen, wenn ich dem Satz des ausgeschlossenen Dritten hier meine Reverenz erweise und ihn begründe, weil er eben selbstevident nicht ist und er es, nach meine Dafürhalten, wert ist, dass man ihn begründe durch Wahrheit: indem man sie individuiert und konkretisiert.



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Jörn Budesheim
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Mo 9. Sep 2019, 07:46

Alethos hat geschrieben :
So 8. Sep 2019, 19:45
Allein dass es Zukunft gibt, widerspricht dem Satz vom ausgeschlossenen Dritten, denn es ist sowohl wahr, dass sein wird als dass nicht sein wird dieses.
"Dieses"? Auf was in der Zukunft zeigst du denn da? "Dieses" ist doch ein Ausdruck, der allein in der Präsenz eines Gegenstands oder eine Tatsache seinen Sinn hat, oder? Vielleicht gibst du mal ein Beispiel?

Ich gehe jetzt ins Bad und werde duschen. Entweder wird es der Fall sein, dass ich dusche oder nicht :)




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Jörn Budesheim
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Mo 9. Sep 2019, 09:26

Ich weiß nicht, wie dein Argument funktionieren soll. Irgendwas mit Seeschlacht dämmert mir da - ist lange her ... wie auch immer: der Begriff Zukunft setzt allerdings eine bestimmte Zeitreihe voraus, nämlich Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft. Die ist auf uns selbst zugeschnitten und soweit ich weiß, ihrerseits umstritten. Wir haben dazu irgendwo einen Thread über Zeit.

Dass wir uns in unseren "Intuitionen" irren können, ist jedoch in diesem Thread unbestritten :-)




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Mo 9. Sep 2019, 11:32

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 9. Sep 2019, 07:46
Alethos hat geschrieben :
So 8. Sep 2019, 19:45
Allein dass es Zukunft gibt, widerspricht dem Satz vom ausgeschlossenen Dritten, denn es ist sowohl wahr, dass sein wird als dass nicht sein wird dieses.
"Dieses"? Auf was in der Zukunft zeigst du denn da? "Dieses" ist doch ein Ausdruck, der allein in der Präsenz eines Gegenstands oder eine Tatsache seinen Sinn hat, oder? Vielleicht gibst du mal ein Beispiel?

Ich gehe jetzt ins Bad und werde duschen. Entweder wird es der Fall sein, dass ich dusche oder nicht :)
Dieses oder jenes, wie es dir beliebt. :) Der Punkt ist ja nicht der, dass es gute Gründe gegen den Satz des Widerspruchs gäbe, sondern dass es gute Gründe gegen die Annahme seiner Selbstevidenz gibt. Ich meine, was sollte das sein? Dass er auf nichts anderes sich gründe als auf sich selbst, das mag so sein und wir sehen ohne Umschweife ein, dass er wahr ist. Aber er liefert ja nicht durch sich selbst Evidenz für seine Richtigkeit, sondern die Einsicht, dass er wahr ist, wird befördert durch Erfahrungen / Gedanken, die wir uns im Laufe der Zeit über logische Sachverhalte gemacht haben. Ihn zu verstehen setzt ein gewisses Verstehen schon voraus. Es ist ja nicht so, dass der Satz irgendwo im Raume (in welchem auch?) stünde und er sich zu bestaunen anböte wie z.B. eine rote Blume auf der Wiese oder ein wunderbarer Blick über die Alpenkette. Der Satz selbst setzt gewisse unumstössliche Wahrheiten voraus, z.B. den Satz, dass Identität notwendig sei. Es ist im logischen Raum und dessen konstitutiven Hintergründe, dass "tertium non datur" überhaupt Evidenz erfahren kann.

Es ist ferner durchaus denkbar, was kein Argument gegen den Satz des ausgeschlossenen Dritten ist, dass es gewisse Sachverhalte gibt, bei denen die Widersprüchlichkeit in der Schwebe gehalten wird: Das Welle-Teilchen-Phänomen bei Photonen habe ich genannt, denkbar wären auch Singularitätsphantasien am Anfang von Raum und Zeit (aus Nichts wird offenbar doch etwas), aber auch bei Aussagen der Art: "Es wird Frösche auf dem Mond Europa geben." gibt es unentscheidbare Widersprüchlichkeit: Denn es kann sowohl sein als auch nicht sein, dass es dort einmal Frösche geben wird. Es sind beide Aussagen wahr, dass es Frösche geben wird wie auch, dass es keine geben wird, d.h. sie sind nicht einfach weder falsch noch wahr, sondern insofern es wahr sein wird, dass es (diese) Frösche geben wird (die man sich heute vorstellt) oder nicht geben wird, wird eine von beiden Varianten heute schon wahr sein und die andere dann auch, da es sich noch weisen muss, ob es Frösche geben wird oder nicht geben wird :) Das sind alles vielleicht keine besonders starke Argumente für die Widersprüchlichkeit, das ist mir klar, aber es gibt sie offenbar doch. Und wir behaupten uns gegen sie, indem wir versuchen, uns nicht zu widersprechen. Aber das ist gar nicht so einfach :)



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