Der schwarze Highheel und Assemblage
Verfasst: Mo 15. Jul 2019, 20:33
Ich bin über den Begriff Assemblage in der Philosophie gestolpert, der ist mir in diesen Sinne neu und noch rätselhaft.
Das Video in dem Artikel zeigt den schwarzen highheel.
https://www.philosophie.ch/artikel/der- ... e-highheel
Aus dem Text:
(1) Ist der Schuh ein Schuh? Karl Marx schrieb den berühmten Satz: “ein Kleid wird erst wirklich Kleid durch den Akt des Tragens“. Augenscheinlich wird der Highheel nicht von einem Menschen getragen, sondern von einer Maschine durchbohrt. Ist der Heel nun kein Schuh (als Untersparte des Kleides) mehr? (2) Geht der Schuh, oder wird er von der Maschine zum Gehen gebracht? D.h. zieht der Schuh den Maschinen-Arm hinunter, oder drückt die Maschine Schuh und Platten aufeinander? Hierin impliziert ist die Frage: Bewegt normalerweise der Mensch den Schuh um zu gehen, oder lenkt der Schuh das Gehen des Menschen? Worum es hierbei eigentlich geht sind Grenzen zwischen Schuh und Maschine. Wo hört der Schuh auf, wo fängt die Maschine an, und vice versa? Grenzen bedeuten Identitäten.Was ist der Schuh/die Maschine? Doch die Logik der Identität scheint nicht fähig, das Werk Green/Plumbey's zu begreifen.
Die Autorin leitet dann auf das Konzept Assemblage über.
Assemblage sagt: Zuerst ist immer schon das Geflecht, in das Menschen und Dinge (Maschinen) eingeschraubt sind. Im Geflecht „werden“ Menschen kontinuierlich durch ihre Verknüpfung mit Dingen, und auch Dinge werden kontinuierlich durch ihr Verflochtensein mit Menschen. Keiner der Akteure kann eine Assemblage verlassen, ohne etwas anderes zu werden. In einer Assemblage besteht zwischen Menschen und Dingen keine Hierarchie, denn beide sind allein temporäre Artikulationen. Dadurch sind Ambivalenzen keine Lücken im Wissen, sondern greifbare Spuren des Werdens. Assemblage negiert also Identitäten, sagt stattdessen: „Intra-Aktion“.
Green/Plumbey's Schuh-Maschinen-Assemblage artikuliert den Highheel auf diverseste Weise. Zum einen „wird“ er als Teil der Maschine von jener in seinen Schritten geleitet. So sagt die Installation etwas über Normativitäten von Schuhen und Schritten aus. Der richtige Schuh ist makellos, standardisiert, unbenutzt, „right surface“. Der richtige Schritt ist mechanisch gleich auf immer gleichem Boden, „Hard Floor“. Bloß nicht auffallen, bloß im Gleichschritt treten, bloß niemandem auf den beschuhten Fuß/den gefußten Schuh treten, bloß nicht aus dem Takt fallen. Bilder von urban dicht gedrängten Menschenmassen und vollen U-Bahnen flackern auf. Zum anderen wird der Schuh aber auch Kleid, ein menschliches Teil, und die Maschine wird einer Art Ersatz-Mensch, der jedoch den Schuh nicht ausfüllt, sondern ihn durchbohrt, ihn penetriert — so wie auch der Mensch in klassischen Kleidenskonzeptionen die Macht hat, den identitätslosen Schuh zu verwenden, sich mit ihm zu kleiden.
(...)Die Maschine agiert ebenso als Mensch für den Schuh wie als Schuh für den Menschen. Und die Schraube ist edle Zierde des Highheels wie auch notwendiges Bindeglied von Schuh und Maschine. Schuh, Maschine, Schraube sind also keine Einzelteile, sondern stets nur in ihrer Relation, d.h. als Assemblage, als ambivalent greifbar. Und diese Ambivalenz lässt uns das Potenzial ihres Werdens erahnen. Denn was ein schwarzer Highheel so alles werden kann ist allein abhängig von den Geflechten, in die er verwoben wird, und somit unendlich offen. Ebenso verhält es sich mit akustischen Assemblagen, in die Menschen und Kleider immer schon hinein geflochten sind, und deren Analyse nun zu unternehmen
Das Video in dem Artikel zeigt den schwarzen highheel.
https://www.philosophie.ch/artikel/der- ... e-highheel
Aus dem Text:
(1) Ist der Schuh ein Schuh? Karl Marx schrieb den berühmten Satz: “ein Kleid wird erst wirklich Kleid durch den Akt des Tragens“. Augenscheinlich wird der Highheel nicht von einem Menschen getragen, sondern von einer Maschine durchbohrt. Ist der Heel nun kein Schuh (als Untersparte des Kleides) mehr? (2) Geht der Schuh, oder wird er von der Maschine zum Gehen gebracht? D.h. zieht der Schuh den Maschinen-Arm hinunter, oder drückt die Maschine Schuh und Platten aufeinander? Hierin impliziert ist die Frage: Bewegt normalerweise der Mensch den Schuh um zu gehen, oder lenkt der Schuh das Gehen des Menschen? Worum es hierbei eigentlich geht sind Grenzen zwischen Schuh und Maschine. Wo hört der Schuh auf, wo fängt die Maschine an, und vice versa? Grenzen bedeuten Identitäten.Was ist der Schuh/die Maschine? Doch die Logik der Identität scheint nicht fähig, das Werk Green/Plumbey's zu begreifen.
Die Autorin leitet dann auf das Konzept Assemblage über.
Assemblage sagt: Zuerst ist immer schon das Geflecht, in das Menschen und Dinge (Maschinen) eingeschraubt sind. Im Geflecht „werden“ Menschen kontinuierlich durch ihre Verknüpfung mit Dingen, und auch Dinge werden kontinuierlich durch ihr Verflochtensein mit Menschen. Keiner der Akteure kann eine Assemblage verlassen, ohne etwas anderes zu werden. In einer Assemblage besteht zwischen Menschen und Dingen keine Hierarchie, denn beide sind allein temporäre Artikulationen. Dadurch sind Ambivalenzen keine Lücken im Wissen, sondern greifbare Spuren des Werdens. Assemblage negiert also Identitäten, sagt stattdessen: „Intra-Aktion“.
Green/Plumbey's Schuh-Maschinen-Assemblage artikuliert den Highheel auf diverseste Weise. Zum einen „wird“ er als Teil der Maschine von jener in seinen Schritten geleitet. So sagt die Installation etwas über Normativitäten von Schuhen und Schritten aus. Der richtige Schuh ist makellos, standardisiert, unbenutzt, „right surface“. Der richtige Schritt ist mechanisch gleich auf immer gleichem Boden, „Hard Floor“. Bloß nicht auffallen, bloß im Gleichschritt treten, bloß niemandem auf den beschuhten Fuß/den gefußten Schuh treten, bloß nicht aus dem Takt fallen. Bilder von urban dicht gedrängten Menschenmassen und vollen U-Bahnen flackern auf. Zum anderen wird der Schuh aber auch Kleid, ein menschliches Teil, und die Maschine wird einer Art Ersatz-Mensch, der jedoch den Schuh nicht ausfüllt, sondern ihn durchbohrt, ihn penetriert — so wie auch der Mensch in klassischen Kleidenskonzeptionen die Macht hat, den identitätslosen Schuh zu verwenden, sich mit ihm zu kleiden.
(...)Die Maschine agiert ebenso als Mensch für den Schuh wie als Schuh für den Menschen. Und die Schraube ist edle Zierde des Highheels wie auch notwendiges Bindeglied von Schuh und Maschine. Schuh, Maschine, Schraube sind also keine Einzelteile, sondern stets nur in ihrer Relation, d.h. als Assemblage, als ambivalent greifbar. Und diese Ambivalenz lässt uns das Potenzial ihres Werdens erahnen. Denn was ein schwarzer Highheel so alles werden kann ist allein abhängig von den Geflechten, in die er verwoben wird, und somit unendlich offen. Ebenso verhält es sich mit akustischen Assemblagen, in die Menschen und Kleider immer schon hinein geflochten sind, und deren Analyse nun zu unternehmen