Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mo 22. Jul 2019, 11:44Ich lese gerne Texte, bei denen ich das Gefühl habe, sie seien "für mich" geschrieben, bzw. das Gefühl habe, die Stimme des Autoren zu hören. [...] in eine Art Zwiesprache mit ihm zu kommen, so als wenn man "direkt" mit ihm reden würde. Man sagt manchmal: das spricht mich an.
Ich höre mir seit jeher regelmäßig Vorlesungen zur Philosophie an. Nach dem Studium (der Kunst) noch an der Uni, später dann bevorzugt Mitschnitte. Eine der ersten Sachen, die ich gehört habe (damals noch auf CD-ROM), waren mehrere Vorlesungs-Mitschnitte von Wolfgang Welsch. Wenn ich danach oder dazu Texte von ihm gelesen habe, hatte ich das Gefühl, ihn direkt "bei mir" zu haben, ja als würde ich seine Stimme und seinen Rede-Rhythmus hören.
Zwiesprache heißt, dass man mit dem Text mitgeht, Einwände erhebt, zu stimmt, manchmal das Buch beiseite legt und versucht, die Gedanken fort zu spinnen. Wenn der Autor gut schreibt und das Thema interessant ist, dann ist das ein regelrechtes Hochgefühl. Wenn es sehr gut ist, dann passiert es leider auch oft, dass man das Buch öfter zur Seite legt, als vielleicht gut ist, um selbst herum zu spinnen... es kann aber auch das Gegenteil passieren, wenn er "zu gut" schreibt, dann ist man zu begierig voranzukommen und liest zu schnell.
Ein interessantes Beispiel ist Paul Feyerabend. Ich habe mal Texte von ihm gelesen, die von einem Übersetzer vom Englischen ins Deutsche übertragen wurden. Der Übersetzer hat es geschafft, alles Lebendige aus den Texten zu tilgen. Das war Mord! Und dann habe ich die Texte von Feyerabend gelesen, die er selbst auf Deutsch geschrieben hatte - ein Unterschied wie Tag und Nacht. Hier hat man Feyerabend sprechen hören, in der Übersetzung war er stumm.
Was ich nur sehr schwer ab kann ist, wenn der Autor prätentiös, manieriert, bemüht, gestelzt, gespreizt oder zu fett (sucht euch davon was aus) schreibt. Am besten mit einem Ausdruck von "Seht her, wie gut ich schreiben kann!" ...
Aber immerhin verstehe ich jetzt, warum meine Versuche z.b. über das "üh" in dem Gute Nacht Lied zu sprechen, zu nichts geführt haben.