Lava

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Jörn Budesheim
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Sa 21. Dez 2019, 10:03

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«Die meisten Menschen würden leichter dahin zu bringen sein, sich für ein Stück Lava im Monde als für ein Ich zu halten. Wer hierüber noch nicht einig mit sich selbst ist, der versteht keine gründliche Philosophie, und er bedarf keine. Die Natur, deren Maschine er ist, wird ihn schon ohne all sein Zutun in allen Geschäften leiten, die er auszuführen hat. Zum Philosophieren gehört Selbständigkeit, und diese kann man sich nur selbst geben. Wir sollen nicht ohne Auge sehen wollen; aber wir sollen auch nicht behaupten, daß das Auge sehe.» (Fichte)




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Jörn Budesheim
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Do 30. Jan 2020, 06:45

Hegel hat geschrieben : Die geistige Bildung, der moderne Verstand bringt im Menschen diesen Gegensatz hervor, der ihn zur Amphibie macht, indem er nun in zwei Welten zu leben hat, die sich widersprechen, so dass in diesem Widerspruch nun auch das Bewusstsein sich umhertreibt und, von der einen Seite herüber geworfen zu der anderen, unfähig ist, sich für sich in der einen wie in der anderen zu befriedigen.




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Friederike
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Do 30. Jan 2020, 12:17

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 30. Jan 2020, 06:45
Hegel hat geschrieben : Die geistige Bildung, der moderne Verstand bringt im Menschen diesen Gegensatz hervor, der ihn zur Amphibie macht, indem er nun in zwei Welten zu leben hat, die sich widersprechen, so dass in diesem Widerspruch nun auch das Bewusstsein sich umhertreibt und, von der einen Seite herüber geworfen zu der anderen, unfähig ist, sich für sich in der einen wie in der anderen zu befriedigen.
Welche 2 Welten sind denn gemeint? Land und Wasser sind es sicher nicht. Falls es einen Bezug zu dem Fichte-Zitat gibt, dann die Welt der u.a. geographischen Entdeckungen und die Welt des Ich? Nur sehe ich darin keinen Gegensatz und außerdem habe ich das Fichte-Zitat nicht verstanden. Da Hegel eine zeitliche Zäsur voraussetzt, vielleicht meint er die "Entdeckung" des Subjektes?




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Jörn Budesheim
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Do 30. Jan 2020, 13:18

Die zwei Welten des Geistes und der Natur wären mögliche Kandidaten, oder?




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Jörn Budesheim
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Do 30. Jan 2020, 13:21

Friederike hat geschrieben :
Do 30. Jan 2020, 12:17
Nur sehe ich darin keinen Gegensatz
Hegel hat geschrieben : Die geistige Bildung, der moderne Verstand bringt im Menschen diesen Gegensatz hervor, der ihn zur Amphibie macht ...
Hegel sagt an dieser Stelle, dass dieser Gegensatz hervorgebracht wird. Das deutet darauf hin, dass er nicht einfach "ist" aus Hegels Sicht.




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Jörn Budesheim
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Do 30. Jan 2020, 15:43

Friederike hat geschrieben :
Do 30. Jan 2020, 12:17
[ich habe] das Fichte-Zitat nicht verstanden.
«Die meisten Menschen würden leichter dahin zu bringen sein, sich für ein Stück Lava im Monde als für ein Ich zu halten. Wer hierüber noch nicht einig mit sich selbst ist, der versteht keine gründliche Philosophie, und er bedarf keine. Die Natur, deren Maschine er ist, wird ihn schon ohne all sein Zutun in allen Geschäften leiten, die er auszuführen hat. Zum Philosophieren gehört Selbständigkeit, und diese kann man sich nur selbst geben. Wir sollen nicht ohne Auge sehen wollen; aber wir sollen auch nicht behaupten, daß das Auge sehe.» (Fichte)

Nach meiner Vorstellung haben die Philosophen des frühen 19. Jh. über ähnliche Probleme nachgedacht, die uns heute auch noch beschäftigen. Natürlich nicht nur die Philosophen, sondern auch viele Künstler. Einfach gesagt geht es - nach meiner Einschätzung - um die Frage, wie wir den Mensch in das Bild einpassen, ohne ihn als Menschen zu verlieren. Sind wir nur ein Stück Natur, also ein Stück Lava im Monde? Uns selbst ganz fern sozusagen? Viele Menschen sehen es so, sie lehnen die Zumutungen der Freiheit ab und bleiben sich selbst fern. "Geist ist das, wozu er sich macht" (Hegel sinngemäß). Wer sich selbst für ein Ding hält, kann die Natur (seine Hirnwindungen, die für ihn entscheiden) ohne sein eigenes Zutun in allen seinen Geschäften leiten lassen. Heute wäre der Slogan dazu: Ich bin mein Gehirn - vor ein paar Jahren waren es noch die Gene. Zum Philosophieren hingegen gehört Selbständigkeit und diese kann man sich nur selbst geben.

Fichte leugnet in dem Zitat, so wie ich es mir auslege, natürlich nicht, dass wir auch Naturwesen sind. Das gehört zu den notwendigen Bedingungen. Wir brauchen ein Auge, um sehen zu können. Aber nicht das Auge sieht, sondern wir. Nicht eine bestimmte Gehirnregion handelt, sondern wir.

So verstehe ich das im Großen und Ganzen. Ich hab jedoch von Fichte so viel Ahnung wie die Katze vom Bäcker.




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