Ich brauche keine "Moralischen Tatsachen" um zu entscheiden welches Handeln moralisch geboten ist.
Und das funktioniert wunderbar auch ohne. Für mich ist diese Vorstellung deshalb einfach nur unnützer Ballast, eine unnötige Zusatzannahme.
Ich brauche keine "Moralischen Tatsachen" um zu entscheiden welches Handeln moralisch geboten ist.
Zwar ist es 2009 bei der Drohung mit der Kavallerie geblieben, lieber Alethos, ich will nur auf den Umstand verweisen, daß mit Gründung der EU-Zollunion (1968) innerhalb der EU keine Zölle erhoben werden. Mit zollfrei meine ich den barrierefreien Durchgang nicht nur innerhalb philosophischer Hoheitsgebiete, sondern auch den Zugang zu den Nachbarländern der Literatur und Kunst. Barrierefrei ist dieser Durchgang dann nicht, wenn Argumente und Begründungen in Statuten gegossen werden, welche das zu Begründende und argumentativ Inaugurierte in ihren Anforderungsprofilen an die Methode bereits voraussetzen. Eine narrativ verfahrende Philosophie wird unter einem "Argument" womöglich etwas anderes verstehen als eine sprachanalytisch verfahrende. Hier können Geltungsansprüche - nicht unbedingt auf Wahrheit, eher noch auf Bedeutsamkeit - gegeneinander schlecht in einheitlicher Valuta verrechnet werden. Ansprüche auf Supervision erheben Philosophien für ihr Hoheitsgebiet durchaus; das ist zunächst nichts Spektakuläres. Ich erinnere etwa an den "Universalitätsanspruch der Hermeneutik" da, wo es um Verstehen geht oder an den Entlarvungsanspruch der Kritischen Theorie da, wo es um "Verblendungszusammenhänge" gesellschaftlicher Art geht oder an die Systemtheorie da, wo es um ihr Verständnis als "Supertheorie" geht oder an die Postmoderne und ihr apodiktisches "Ende der großen Erzählungen". - Theoriedichte und Geltungsansprüche führen in den Fortschreibungen solcher Paradigmen oft zu Undurchlässigkeiten und zu einer Hermetik der theoretischen Ausrichtungen.
Dieses Ideal gefällt mir. Ich sage deshalb Ideal, weil ich aus eigener Erfahrung weiß, wie schwer es ist sich nicht vereinnahmen zu lassen.Nauplios hat geschrieben : ↑Mi 6. Jan 2021, 01:43Deswegen favorisiere ich ein philosophisches Denken, das zwar offen für Inspirationen aus unterschiedlichen Richtungen ist, aber vage genug bleibt, sich nicht zu früh, zu schnell, zu bereitwillig vereinnahmen zu lassen. Ein Zitat des in Deutschland sehr geschätzten Journalisten Hans Joachim Friedrichs mag das etwas illustrieren: "Einen guten Journalisten erkennt man daran, daß er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache; daß er überall dabei ist, aber nirgendwo dazugehört."
Ja, das sehe ich auch so.NaWennDuMeinst hat geschrieben : ↑Mi 6. Jan 2021, 02:11
Das Mittel ist doch austauschbar. Die Grundeinstellung, der Wille ist entscheidend.
Begeisterung und Teilnahmslosigkeit, enthousiasmos und ataraxia - die "richtige Balance" findet sich bereits in einer für den moralischen Diskurs nicht unbedeutenden Ikonographie der Antike, nämlich in der Figur der Justitia mit Waage und Füllhorn, später dann mit Augenbinde, Waage und Richtschwert. In der richtigen Balance zu sein, ist in der französischen Moralistik, etwa bei Montaigne, ein Gradmesser des "richtigen Lebens". Nachdenklichkeit wäre eine andere Form der Balance zwischen entschlossenem und zögerndem Denken.NaWennDuMeinst hat geschrieben : ↑Mi 6. Jan 2021, 02:37Dieses Ideal gefällt mir. Ich sage deshalb Ideal, weil ich aus eigener Erfahrung weiß, wie schwer es ist sich nicht vereinnahmen zu lassen.Nauplios hat geschrieben : ↑Mi 6. Jan 2021, 01:43Deswegen favorisiere ich ein philosophisches Denken, das zwar offen für Inspirationen aus unterschiedlichen Richtungen ist, aber vage genug bleibt, sich nicht zu früh, zu schnell, zu bereitwillig vereinnahmen zu lassen. Ein Zitat des in Deutschland sehr geschätzten Journalisten Hans Joachim Friedrichs mag das etwas illustrieren: "Einen guten Journalisten erkennt man daran, daß er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache; daß er überall dabei ist, aber nirgendwo dazugehört."
Und umgekehrt lebt die gute Sache ja auch davon, dass wir uns für sie begeistern. Das Ganze soll schliesslich nicht in einer Art Teilnahmslosigkeit enden.
Da die richtige Balance zu finden ist gar nicht so einfach.
Als Metaphorologe muß ich (bevor ich zum Nachtgang mit Murphy aufbreche) noch kurz den "moralischen Kompass" als nautisches Instrument der Navigation in den Wogen und Untiefen des moralisch Richtigen hervorheben und auf eine weitere Metapher des Guten hinweisen, welche seit Jahren en vogue ist: Nachhaltigkeit. Gute Nacht. -NaWennDuMeinst hat geschrieben : ↑Mi 6. Jan 2021, 03:06Im ersten Satz seiner "Grundlegung zur Metaphysik der Sitten" (im Folgenden kurz "Grundlegung" genannt) stellt Immanuel Kant (1724 - 1804) die These auf: "Es ist überall nichts in der Welt, ja überhaupt auch außer derselben zu denken möglich, was ohne Einschränkung für gut könnte gehalten werden, als allein ein guter Wille" (S.18). Im weiteren Verlauf kommt Kant dann zu der These, dass der gute Wille das höchste Gut sei (S.22).
http://ethik-werkstatt.de/Kant_guter_Wi ... in%20guter
In dem Zusammenhang zur Grundeinstellung und dem "guten Willen" könnten wir mal einen Thread über das "Gewissen" machen.
Wie entsteht es und welche Bedeutung hat es für uns als "moralischer Kompass"?
Dann bist Du natürlich ein Heiliger.NaWennDuMeinst hat geschrieben : ↑Mi 6. Jan 2021, 01:43Ich brauche keine "Moralischen Tatsachen" um zu entscheiden welches Handeln moralisch geboten ist.
Hier lässt du allerdings die zentrale Frage aus, die wir hier ja diskutieren. Was heißt das, dass eine Norm gültig ist? Ist sie schlechthin gültig? Wenn du das glaubst, dann bist du ein Realist. Denn das sind ja nicht zwei grundsätzlich verschiedene Dinge: die so verstandene Gültigkeit einer moralischen Norm und eine moralische Tatsache sind ein und dasselbe. Wenn du zum Beispiel glaubst, dass es grundsätzlich moralisch verboten ist, Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe zu unterdrücken, dann bist du ein moralischer Realist.NaWennDuMeinst hat geschrieben : ↑Mi 6. Jan 2021, 02:11Muss ich denn erst an moralische Tatsachen glauben um die Gültigkeit und Wichtigkeit gewisser moralischer Normen anerkennen zu können? Ich denke nicht.
Und auch das Argumentieren für eine bestimmte Moral kommt ohne diese Annahme aus.
Nein, das wird dabei keineswegs übersehen. Im Gegenteil, es ist der zentrale Gedanke des Realismus, dass etwas nicht schon deshalb wahr es, weil es jemand dafür hält. Einer der zentralen Punkte jedes Realismus ist die Möglichkeit des Irrtums. Das ist einer der Kerngedanken.NaWennDuMeinst hat geschrieben : ↑Mi 6. Jan 2021, 02:11Das man aber ebenso leicht Grausamkeiten zu "moralischen Tatsachen" erklären kann wird dabei übersehen.
Ich kann dem relativ viel abgewinnen, wenn es nicht gleichbedeutend ist mit der Aussage, dass Moral sozusagen am Ende eines Prozesses der gemeinsamen Willensbildung ein Produkt der übereinstimmenden Willensäusserung ist. Also, wenn es heissen würde, dass gut z.B. sei, worüber man sich einig sei, dass es gut sei, weil man sich einig sei, dass es gut sei:NaWennDuMeinst hat geschrieben : ↑Mi 6. Jan 2021, 02:11Das Mittel ist doch austauschbar. Die Grundeinstellung, der zugrundeliegende Wille ist entscheidend.
NaWennDuMeinst hat geschrieben : ↑Mi 6. Jan 2021, 01:02Und genau dieser Zusammenhang macht mir hier - und auch bei der Objektivität der Schönheit - Bauchschmerzen.
Wenn der Wille jedoch grundsätzlich der Wille zur Macht ist, dann gibt es ein ernstes Problem.Alethos hat geschrieben : ↑Mi 6. Jan 2021, 07:06Ich kann dem relativ viel abgewinnen ...NaWennDuMeinst hat geschrieben : ↑Mi 6. Jan 2021, 02:11Das Mittel ist doch austauschbar. Die Grundeinstellung, der zugrundeliegende Wille ist entscheidend.
Korrekt. Nur der gute Wille kann ein Wille zur Wahrheit sein. Freilich setzt der gute Wille einen Begriff des Guten voraus.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mi 6. Jan 2021, 08:00Wenn der Wille jedoch grundsätzlich der Wille zur Macht ist, dann gibt es ein ernstes Problem.Alethos hat geschrieben : ↑Mi 6. Jan 2021, 07:06Ich kann dem relativ viel abgewinnen ...NaWennDuMeinst hat geschrieben : ↑Mi 6. Jan 2021, 02:11Das Mittel ist doch austauschbar. Die Grundeinstellung, der zugrundeliegende Wille ist entscheidend.
Es ist wenig hilfreich, wenn Du meine Aussagen einfach realistisch umdeutest.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mi 6. Jan 2021, 05:50Dann bist Du natürlich ein Heiliger.NaWennDuMeinst hat geschrieben : ↑Mi 6. Jan 2021, 01:43Ich brauche keine "Moralischen Tatsachen" um zu entscheiden welches Handeln moralisch geboten ist.
Mir ist immer noch unklar nach welcher Methode Du diese "universellen, moralischen Tatsachen" ermittelst. Wie kann der Wahrheitswert der Tatsachenbehauptungen in Bezug auf Moral überprüft werden?Ich für meinen Teil finde es wichtig zu erkennen, dass es immer eine Differenz geben kann, zwischen dem, was ich für richtig halte und dem, was richtig ist. Es gibt auch in der Moral die Möglichkeit, dass wir uns irren, natürlich auch bei den Dingen, bei denen wir sehr sicher sind. Vorsichtig und skeptisch gegenüber den eigenen Überzeugungen kann man jedoch nur sein, wenn man die Möglichkeit in Rechnung stellt, dass man falsch liegt. Aber falsch liegen, heißt nichts anderes als die Wahrheit zu verfehlen.
Alethos hat geschrieben : ↑Mi 6. Jan 2021, 07:06Ich kann dem relativ viel abgewinnen, wenn es nicht gleichbedeutend ist mit der Aussage, dass Moral sozusagen am Ende eines Prozesses der gemeinsamen Willensbildung ein Produkt der übereinstimmenden Willensäusserung ist. Also, wenn es heissen würde, dass gut z.B. sei, worüber man sich einig sei, dass es gut sei, weil man sich einig sei, dass es gut sei:NaWennDuMeinst hat geschrieben : ↑Mi 6. Jan 2021, 02:11Das Mittel ist doch austauschbar. Die Grundeinstellung, der zugrundeliegende Wille ist entscheidend.
Dann bin ich nicht dabei.
Spätestens, wenn sich alle Flacherdler und Kugelerdler geeinigt haben werden, dass die Erde flach oder rund ist, werden sich alle Relativisten und Realisten einigen können, ob Mord falsch oder richtig sei. Vergewaltigung falsch oder gut sei. Kindsmissbrauch falsch oder gut sei.NaWennDuMeinst hat geschrieben : ↑Mi 6. Jan 2021, 16:18Alethos hat geschrieben : ↑Mi 6. Jan 2021, 07:06Ich kann dem relativ viel abgewinnen, wenn es nicht gleichbedeutend ist mit der Aussage, dass Moral sozusagen am Ende eines Prozesses der gemeinsamen Willensbildung ein Produkt der übereinstimmenden Willensäusserung ist. Also, wenn es heissen würde, dass gut z.B. sei, worüber man sich einig sei, dass es gut sei, weil man sich einig sei, dass es gut sei:NaWennDuMeinst hat geschrieben : ↑Mi 6. Jan 2021, 02:11Das Mittel ist doch austauschbar. Die Grundeinstellung, der zugrundeliegende Wille ist entscheidend.
Dann bin ich nicht dabei.
Wenn wir also im schlimmsten Fall 7 Milliarden Realisten haben, die alle ihre eigenen Tatsachenbehauptungen aufstellen, wie ermitteln wir dann (ohne uns zu einigen!) was gut ist?
Das was Du gerne als Tatsache bestätigt haben willst (also zum Beispiel "Mord ist falsch" ) ist das Ergebnis von intersubjektiver Einigung.
Darauf habe ich wiederholt geantwortet. Das läuft dann so, dass du diese Antwort ignorierst, um dann etwas später die Frage noch mal zu stellen. Was soll das?NaWennDuMeinst hat geschrieben : ↑Mi 6. Jan 2021, 16:10Mir ist immer noch unklar nach welcher Methode Du diese "universellen, moralischen Tatsachen" ermittelst.