Relativismus

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Alethos
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Di 8. Dez 2020, 10:50

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Mo 7. Dez 2020, 23:13
Wir könnten ja auch richtig liegen bei Dingen, über die wir uns niemals abschliessende Urteile bilden können.
Die Ewigkeit ist eine ziemlich lange Zeit.
Die Ewigkeit ist wahrscheinlich gar keine Zeit :)



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NaWennDuMeinst
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Mi 9. Dez 2020, 00:34

Alethos hat geschrieben :
Di 8. Dez 2020, 10:50
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Mo 7. Dez 2020, 23:13
Wir könnten ja auch richtig liegen bei Dingen, über die wir uns niemals abschliessende Urteile bilden können.
Die Ewigkeit ist eine ziemlich lange Zeit.
Die Ewigkeit ist wahrscheinlich gar keine Zeit :)
Eher ein Zeitraum. Ein unendlich großer Zeitraum. Ich traue mir nicht zu zu wissen, was in einem unendlich großen Zeitraum alles möglich ist.
Aber: Es gibt Dinge die ich mir nicht vorstellen kann. Dazu gehört auch, dass Mord eines Tages moralisch richtig sein könnte.
Aber würde ich darauf wetten wollen? Mit Blick auf die Menschen: eher nicht.



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Jörn Budesheim
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Mi 9. Dez 2020, 05:50

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Mi 9. Dez 2020, 00:34
... Dazu gehört auch, dass Mord eines Tages moralisch richtig sein könnte.
Aber würde ich darauf wetten wollen? Mit Blick auf die Menschen: eher nicht.
George Orwell, in hat geschrieben : Krieg ist Frieden! Freiheit ist Sklaverei! Unwissenheit ist Stärke!
Das erinnert natürlich an George Orwell. Dennoch: so wenig wie die Quadrate einestages rund sein könnten, kann Mord einestages moralisch richtig sein, denn das Mord falsch ist, ist gewissermaßen eine Tautologie, die Wertung ist bereits im Begriff enthalten. Man kann eigentlich nur darum streiten, ob jede Tötung auch ein Mord ist.




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Jörn Budesheim
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Mi 9. Dez 2020, 06:32

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Mo 7. Dez 2020, 23:13
Ich denke, zu behaupten etwas gelte ewig ist das selbe wie zu behaupten wir können uns nicht irren.
Wer der Ansicht ist, dass es unabhängige Wahrheiten gibt, die zeitlos gelten, glaubt der damit nicht zugleich, dass er sich irren kann, weil er eben ein begrenztes, endliches Wesen ist?

Wichtig ist, Wahrheit und Wahrheitsansprüche auseinanderzuhalten. Wahrheitsansprüche können fehlgehen, weil sie die Wahrheit eben verfehlen können.

Es ist natürlich nicht immer leicht, etwas mit großer Sicherheit zu behaupten und dabei dennoch die eigene Endlichkeit und Fallibilität im Blick zu behalten. Es ist oft sogar eine Zerreißprobe. Deswegen ist ja auch die Frage, wie man uns in Zukunft sehen wird, so spannend, weil man dann vielleicht Dinge in den Blick nehmen muss, die für einen jetzt noch "unsichtbar" sind.

Allerdings ist unsere Endlichkeit und Fallibilität allein noch kein Argument für oder gegen etwas Bestimmtes. Ein Beispiel: ich bin mir jetzt sicher, dass Schläge kein gutes Mittel in der Erziehung sind. Die Zukunft könnte zwar zeigen, dass ich mich irre, das heißt aber nicht, dass es tatsächlich so kommt und es ist auch kein Argument dafür, dass ich mich tatsächlich irre. Daher: "du könntest dich irren" mag zwar stimmen, insofern wir nicht in "Tautologien" bzw begrifflichen Wahrheiten unterwegs sind, es ist allerdings noch kein Argument dafür, warum man sich im vorliegenden Fall darum könnte.




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NaWennDuMeinst
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Do 10. Dez 2020, 23:42

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 9. Dez 2020, 06:32
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Mo 7. Dez 2020, 23:13
Ich denke, zu behaupten etwas gelte ewig ist das selbe wie zu behaupten wir können uns nicht irren.
Wer der Ansicht ist, dass es unabhängige Wahrheiten gibt, die zeitlos gelten, glaubt der damit nicht zugleich, dass er sich irren kann, weil er eben ein begrenztes, endliches Wesen ist?
Ich weiß es nicht.
Nehmen wir doch mal ein konkretes Urteil und sagen "Mord ist falsch".
Wenn nun Jemand sagt, der Wahrheitswert für dieses Urteil liege bei "wahr" und es handle sich dabei um einen ewigen Wahrheitswert, der sagt doch nichts anderes, als dass es ewig wahr ist, dass Mord falsch ist. Wo ist da der Irrtumsvorbehalt? Den gibt es doch dann nicht, oder?
Es wird ja dabei gerade nicht behauptet es könnte sich in Zukunft als falsch herausstellen, sondern es wird davon ausgegangen das Urteil sei ewig wahr.
Allerdings ist unsere Endlichkeit und Fallibilität allein noch kein Argument für oder gegen etwas Bestimmtes. Ein Beispiel: ich bin mir jetzt sicher, dass Schläge kein gutes Mittel in der Erziehung sind. Die Zukunft könnte zwar zeigen, dass ich mich irre, das heißt aber nicht, dass es tatsächlich so kommt und es ist auch kein Argument dafür, dass ich mich tatsächlich irre.
Nein, sicher nicht. Wir können immer nur nach unserem jetzigen Wissensstand urteilen und handeln.
Wenn man das akzeptiert, muss man das aber natürlich auch für unsere Vorfahren berücksichtigen. Die urteilten und handelten dann natürlich auch nur nach dem was sie wussten und deshalb in ihrer Zeit "richtig".

Es geht aber noch um was anderes: Anzunehmen man habe eine ewige Wahrheit gefunden ist vielleicht auch ein Hemmschuh des Fortschritts, insofern, dass ich ja erst glauben muss, dass die gerade geltenden Wahrheiten Irrtümer (also gerade nicht ewig geltend) sind um sie in Zweifel zu ziehen und dann auch überwinden zu können.



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NaWennDuMeinst
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Fr 11. Dez 2020, 01:02

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 9. Dez 2020, 05:50
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Mi 9. Dez 2020, 00:34
... Dazu gehört auch, dass Mord eines Tages moralisch richtig sein könnte.
Aber würde ich darauf wetten wollen? Mit Blick auf die Menschen: eher nicht.
George Orwell, in hat geschrieben : Krieg ist Frieden! Freiheit ist Sklaverei! Unwissenheit ist Stärke!
Das erinnert natürlich an George Orwell. Dennoch: so wenig wie die Quadrate einestages rund sein könnten, kann Mord einestages moralisch richtig sein, denn das Mord falsch ist, ist gewissermaßen eine Tautologie, die Wertung ist bereits im Begriff enthalten. Man kann eigentlich nur darum streiten, ob jede Tötung auch ein Mord ist.
Oder darum streiten ob die Definition von Mord korrekt ist. Man könnte sogar in Zweifel ziehen, ob der Begriff "Mord" Sinn ergibt.
Moral ist - zumindest für mich - nichts in der Welt Vorgefundenes, sondern vom Menschen Gesetztes. Was der Mensch setzt, kann er natürlich auch wieder aufheben.
Ich finde das auch überhaupt nicht schlimm. Entscheidend ist dann wie eine Setzung oder Aufhebung begründet wird.
Für unser Beispiel "Mord" fällt mir da wirklich nichts Sinnvolles ein. Warum sollte man das aufheben?
Aber Menschen sind erfinderisch. Deshalb meine Vorsicht in Bezug auf Aussagen über die Zukunft.



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Jörn Budesheim
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Fr 11. Dez 2020, 06:43

Menschen kommen in der Wirklichkeit vor und daher kommt auch Moral in der Wirklichkeit vor. Moral ist nicht beliebig und könnte auch anders gesetzt werden, sie ist tief in unserer Wirklichkeit verankert. Ein Beispiel: dass Schmerzen unangenehm sind, ist keine Setzung des Menschen und daher ist es auch keine Setzung, dass es falsch ist, anderen ohne gute Gründe Schmerzen zuzufügen.




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Alethos
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Fr 11. Dez 2020, 06:55

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Fr 11. Dez 2020, 01:02
Moral ist - zumindest für mich - nichts in der Welt Vorgefundenes, sondern vom Menschen Gesetztes.
Das ist wirklich falsch. Moral ist etwas in der Welt Vorgefundenes. Sie ist in die DNA der Welt eingraviert wie Naturgesetze. Sich auf diese moralische Wirklichkeit beziehende Urteile können falsch sein, sie sind nicht zwingend wahr, aber es gehört zum menschenleeren Universum, dass er eine moralische Dimension hat.



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NaWennDuMeinst
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Fr 11. Dez 2020, 07:59

Alethos hat geschrieben :
Fr 11. Dez 2020, 06:55
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Fr 11. Dez 2020, 01:02
Moral ist - zumindest für mich - nichts in der Welt Vorgefundenes, sondern vom Menschen Gesetztes.
Das ist wirklich falsch. Moral ist etwas in der Welt Vorgefundenes. Sie ist in die DNA der Welt eingraviert wie Naturgesetze. Sich auf diese moralische Wirklichkeit beziehende Urteile können falsch sein, sie sind nicht zwingend wahr, aber es gehört zum menschenleeren Universum, dass er eine moralische Dimension hat.
Ich glaube wir meinen verschiedene Dinge. Du meinst der Mensch ist ein moralisches Wesen, oder: Es liegt in der Natur des Menschen sich eine Moral zurechtzulegen.
Dem stimmte ich zu, wobei man auch da die Frage stellen könnte, ob es wirklich zum Wesen des Menschen gehört, oder ob Moral einfach ein Erfordernis, eine Notwendigkeit ist (menschliches Zusammenleben funktioniert nicht ohne irgendeine Form von Moral).

Was ich aber meine sind die konkreten moralischen Auffassungen. Wenn wir die einfach aus der Welt ableiten könnten wie wir Naturgesetze ableiten, dann gäbe es wohl kaum so viele unterschiedliche Auffassungen dazu.
Und daran, dass ein göttliches Wesen uns unsere Moral vorschreibt, glaube ich nicht, weil ich nicht an göttliche Wesen glaube.
Daraus folgt dann für mich: Der Mensch ist sein eigener moralischer Gesetzgeber.
Moral hat in großen Teilen etwas mit Werten zu tun. Welchen Wert wir den Dingen beimessen, das kann uns aber die Welt (oder irgendeine Gottheit) nicht beantworten.
Das müssen wir uns selber fragen.



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Jörn Budesheim
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Fr 11. Dez 2020, 11:36

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Fr 11. Dez 2020, 07:59
Wenn wir die einfach aus der Welt ableiten könnten wie wir Naturgesetze ableiten, dann gäbe es wohl kaum so viele unterschiedliche Auffassungen dazu
Das enthält zwei implizite Behauptungen, die mir beide falsch erscheinen. Erstens gibt es auch über die Naturgesetze unterschiedliche Auffassungen. Und zweitens gibt es im Bereich der Moral natürlich sehr viele Gemeinsamkeiten unter den Menschen. Nur fallen die einem nicht so auf, weil sie oft nur thematisch werden, wenn sie verletzt werden. Das "Selbstverständliche" kommt sehr oft gar nicht in den Blick. Dass man kleine Kinder nicht grundlos quält, das man Fremde nicht einfach auf der Straße anspuckt oder niederschlägt, dass man Eigentum grundsätzlich respektiert, dass man sich n Versprechen gebunden fühlt, dass man nicht grundlos unhöflich ist, dass man Menschen in Not hilft usw. - das sind einige der Selbstverständlichkeiten. Abstrakter: Fairness, Gerechtigkeit, Aufrichtigkeit, Einstehen für das, was man sagt und tut, Respekt, Hilfsbereitschaft, Gastfreundlichkeit, Friedlichkeit, das Leben schätzen, die Anderen achten etc. Das sind alles Dinge, die meist nur in den Blick kommen, wenn sie verletzt werden. Unser Zusammenleben wäre gar nicht denkbar, wenn Werte wie diese oder Ähnliches nicht gelten würden.

Es gibt dazu auch Untersuchungen, wie ich über die Jahre immer mal wieder lese. Sie kommen immer zu dem Ergebnis, dass grundlegende Werte universell gelten. Der Relativismus ist im Großen und Ganzen nach meiner Kenntnis empirisch falsch.




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NaWennDuMeinst
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Fr 11. Dez 2020, 12:36

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 11. Dez 2020, 11:36
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Fr 11. Dez 2020, 07:59
Wenn wir die einfach aus der Welt ableiten könnten wie wir Naturgesetze ableiten, dann gäbe es wohl kaum so viele unterschiedliche Auffassungen dazu
Das enthält zwei implizite Behauptungen, die mir beide falsch erscheinen. Erstens gibt es auch über die Naturgesetze unterschiedliche Auffassungen.
Ja? Welche denn?
Und zweitens gibt es im Bereich der Moral natürlich sehr viele Gemeinsamkeiten unter den Menschen.
Das streite ich auch nicht ab. Natürlich haben wir gemeinsame Interessen. Zum Beispiel gehe ich mal davon aus, dass Niemand gerne hinterrücks erdolcht werden will.
Den meisten Menschen ist ihr Leben was wert. Und daraus folgen dann natürlich auch Regeln, die dann übertragbar sind.
Daraus kann man ja aber nicht ableiten, dass Menschen Moral "vorfinden". Wo denn (ausser bei den Menschen selbst)?
Es gibt dazu auch Untersuchungen, wie ich über die Jahre immer mal wieder lese. Sie kommen immer zu dem Ergebnis, dass grundlegende Werte universell gelten.
Sie kommen zu dem Ergebnis, weil Menschen gleiche Interessen haben und deshalb die selben Werte teilen, wären die Werte unabhängig vom Menschen vorhanden?
Das fällt mir schwer zu glauben. Hast Du mal irgendwas Vorzeigbares dazu?
Der Relativismus ist im Großen und Ganzen nach meiner Kenntnis empirisch falsch.
Wie kann der denn "empirisch" falsch sein, wenn wir doch alle Nase lang sehen, dass Moral unterschiedlich aufgefasst wird?
Oder wie ist das mit den Taliban?

"Die liegen falsch" wirst Du sagen. Und die sagen wir liegen falsch. Ungläubige darf man metzeln.
Und nun?
Haben die jetzt die "universellen Werte", oder wir?
Wir. Aber kann man das irgendwo aus der Natur ableiten? Ich denke nicht.
Machen die Taliban übrigens auch nicht. Die leiten das aus ihrer Religion ab.



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Alethos
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Fr 11. Dez 2020, 13:59

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Fr 11. Dez 2020, 07:59
Alethos hat geschrieben :
Fr 11. Dez 2020, 06:55
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Fr 11. Dez 2020, 01:02
Moral ist - zumindest für mich - nichts in der Welt Vorgefundenes, sondern vom Menschen Gesetztes.
Das ist wirklich falsch. Moral ist etwas in der Welt Vorgefundenes. Sie ist in die DNA der Welt eingraviert wie Naturgesetze. Sich auf diese moralische Wirklichkeit beziehende Urteile können falsch sein, sie sind nicht zwingend wahr, aber es gehört zum menschenleeren Universum, dass er eine moralische Dimension hat.
Ich glaube wir meinen verschiedene Dinge. Du meinst der Mensch ist ein moralisches Wesen
...
Was ich aber meine sind die konkreten moralischen Auffassungen. Wenn wir die einfach aus der Welt ableiten könnten wie wir Naturgesetze ableiten, dann gäbe es wohl kaum so viele unterschiedliche Auffassungen dazu.
Und daran, dass ein göttliches Wesen uns unsere Moral vorschreibt, glaube ich nicht, weil ich nicht an göttliche Wesen glaube.
Daraus folgt dann für mich: Der Mensch ist sein eigener moralischer Gesetzgeber.
Ich meine tatsächlich, dass der Mensch auch ein moralisches Wesen ist, das war jedoch nicht mein Punkt. Mein Punkt ist, dass moralische Gesetze wie Naturgesetze unabhängig von uns existieren. Sie kommen tatsächlich in der Welt vor wie Gesetze der Thermodynamik und Co. Dass wir moralische Urteile über die moralische Wirklichkeit bilden, heisst lediglich, dass wir richtig oder falsch liegen können, aber es heisst genauso wenig wie bei Naturgesetzen, dass unsere Urteile diese Gesetze "erschaffen".

Tatsächlich glaube ich, dass die Existenz von Moral nicht an die Existenz von Menschen oder Lebewesen gebunden ist. Moralische Auffassungen sind an Menschen (oder Lebewesen) gebunden, die diese Auffassungen haben können, klar, aber diese Auffassungen sind fallibel und sie sind fallibel mit Bezug auf die objektive Moral.



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Fr 11. Dez 2020, 14:42

Alethos hat geschrieben :
Fr 11. Dez 2020, 13:59
Ich meine tatsächlich, dass der Mensch auch ein moralisches Wesen ist, das war jedoch nicht mein Punkt. Mein Punkt ist, dass moralische Gesetze wie Naturgesetze unabhängig von uns existieren. Sie kommen tatsächlich in der Welt vor wie Gesetze der Thermodynamik und Co. Dass wir moralische Urteile über die moralische Wirklichkeit bilden, heisst lediglich, dass wir richtig oder falsch liegen können, aber es heisst genauso wenig wie bei Naturgesetzen, dass unsere Urteile diese Gesetze "erschaffen".
Ich glaube moralische Gesetze kommen nicht in dieser Art vor. Sie sind keine Naturgesetze und von diesen vollkommen verschieden, denn sie sind reine Ideen.
Was machen wir jetzt?
Wie finden wir raus, wer Recht hat?
Geht das überhaupt?
Tatsächlich glaube ich, dass die Existenz von Moral nicht an die Existenz von Menschen oder Lebewesen gebunden ist.
Ok. Du glaubst das. Dann solltest Du das aber auch so schreiben, und nicht behaupten alles andere sei "falsch". Dafür dass das was Du sagst mehr als ein Glaube ist, sehe ich nämlich keinen Grund.
Moralische Auffassungen sind an Menschen (oder Lebewesen) gebunden, die diese Auffassungen haben können, klar, aber diese Auffassungen sind fallibel und sie sind fallibel mit Bezug auf die objektive Moral.
Wo kommt die her, die objektive Moral? Ist die mit dem Urknall entstanden, also auf pyhsikalischem Wege, oder wie soll ich mir das vorstellen?



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Alethos
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Fr 11. Dez 2020, 17:16

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Fr 11. Dez 2020, 14:42
Alethos hat geschrieben :
Fr 11. Dez 2020, 13:59
Tatsächlich glaube ich, dass die Existenz von Moral nicht an die Existenz von Menschen oder Lebewesen gebunden ist.
Ok. Du glaubst das. Dann solltest Du das aber auch so schreiben, und nicht behaupten alles andere sei "falsch". Dafür dass das was Du sagst mehr als ein Glaube ist, sehe ich nämlich keinen Grund.
Ich will dich ja nicht nötigen zu glauben, was ich glaube, aber es wäre doch schon viel gewonnen, wenn du wenigstens die Gründe verstündest, die dazu führen, dass ich glaube, was ich glaube.

Einen dieser Gründe schiesse ich dir ungefragt vor:
Mathematische Wahrheiten existieren auch ohne Menschen. Die Wirklichkeit der Beziehungen zahlenmässiger oder räumlicher Verhältnisse ist eine von der wissenschaftlichen Methode des Mathematisierens unabhängige Wirklichkeit.



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Sa 12. Dez 2020, 01:03

Alethos hat geschrieben :
Fr 11. Dez 2020, 17:16
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Fr 11. Dez 2020, 14:42
Alethos hat geschrieben :
Fr 11. Dez 2020, 13:59
Tatsächlich glaube ich, dass die Existenz von Moral nicht an die Existenz von Menschen oder Lebewesen gebunden ist.
Ok. Du glaubst das. Dann solltest Du das aber auch so schreiben, und nicht behaupten alles andere sei "falsch". Dafür dass das was Du sagst mehr als ein Glaube ist, sehe ich nämlich keinen Grund.
Ich will dich ja nicht nötigen zu glauben, was ich glaube, aber es wäre doch schon viel gewonnen, wenn du wenigstens die Gründe verstündest, die dazu führen, dass ich glaube, was ich glaube.
Ja. Bisher hattest Du aber keine genannt.
Einen dieser Gründe schiesse ich dir ungefragt vor:
Mathematische Wahrheiten existieren auch ohne Menschen. Die Wirklichkeit der Beziehungen zahlenmässiger oder räumlicher Verhältnisse ist eine von der wissenschaftlichen Methode des Mathematisierens unabhängige Wirklichkeit.
Es gibt sehr viele Dinge die ohne Menschen existieren. Daraus folgt aber nicht, dass das mit Moral genauso ist.
Wenn Du das letzte, oder einzige Lebewesen auf der Welt wärst.... welchen Sinn hätte da irgendeine Moral? Worauf bezöge sie sich dann?
(Und sag jetzt bitte nicht "auf den sprechenden Berg")



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Jörn Budesheim
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Wenn ich der letzte Mensch wäre, könnte ich nach wie vor richtig oder falsch handeln. Denn die Frage nach dem richtigen Leben bezieht sich natürlich auch auf mich und andere nichtmenschliche Kreaturen.




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Alethos
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NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 12. Dez 2020, 01:03
Wenn Du das letzte, oder einzige Lebewesen auf der Welt wärst.... welchen Sinn hätte da irgendeine Moral? Worauf bezöge sie sich dann?
(Und sag jetzt bitte nicht "auf den sprechenden Berg")
Den sprechenden Berg haben wir gemeinsam erklommen, und wir sind freundschaftlich mit ihm verbunden.

Aber zurück zur Frage nach dem Sinn von Moral nur für mich selbst. Du kannst die Frage noch extremer formulieren: Was hat Moral für einen Sinn in einem Universum ohne Lebewesen überhaupt? Natürlich keinen, lautet die Antwort. Moralität ist eine Sache für die Lebendigen.

Aber der Umkehrschluss, moralische Wahrheit werde durch das Lebendige gesetzt, weil es Lebendiges gibt, das sagt, was als richtig und falsch zu gelten habe, halte ich für falsch. Ich glaube, dass das Moralische aus einer Art „Angemessenheit der lebendigen Verhältnisse“ hervorgeht, wie das Mathematische „aus zahlenmässigen und räumlichen Verhältnissen“.

Wenn nur noch eine Ameise und ich in der Welt stünden, wären wir als Lebendige Teil dieser moralischen Dimension von Welt. Ich würde die moralische Ordnung eher erkennen können als die Ameise, weil diese moralischen Ordnungen tatsächlich kognitiv erschlossen, reflexiv gehoben, werden müssen, was eine Ameise weniger kann als ich. So, wie eine Maus keine euklidisch-geometrische Wahrheit erfassen kann, kann ein Löwe keine moralische Wahrheit erfassen, aber sie ist dennoch gültig auch für ihn.

Fragt sich, ob der Löwe moralisch falsch handelt, wenn er seine Beute tötet: Ja, lautet die Antwort. Moralisch falsch mit Bezug auf die Rechte des Opfers, moralisch falsch auf seine Pflicht, keinem anderen Lebewesen Leid zuzufügen. Das ist so.
Aber er handelt konsequent in einem ökologischen Sinn, in einem biologischen Sinn. Dass er tötet, um zu überleben, das ist Teil einer biologisch-evolutionären Wahrheit und jenseits von gut und böse einfach so. Das ist aber ein anderer Bereich seines Löweseins, der von der moralischen Dimension unberührt bleibt. So wie ein Atom und die darin vorkommenden Kleinstteile nicht von moralischen Regeln berührt werden, weil sie nicht Teilmenge des moralischen Bereichs sind, sind Biomaschinen - als solche - keine moralischen Subjekte. Sie sind moralische Subjekte als „Wesen des Bereichs des Miteinanderseins“. Auch Löwen handeln in diesem Sinne amoralisch, wenn sie mit dem Jagen das tun, wozu sie ‚programmiert‘ sind.
Moralität ist ein Bereich, in dem Seiende einander gleichberechtigt „Gegenüberseiende“ sind, die also alle Seienden in dieser Dimension ihres Seins auf das Recht des Anderen hin hinordnet. Das sind die Verhältnisse, von denen Moralität handelt.



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Sa 12. Dez 2020, 11:32

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 12. Dez 2020, 08:14
Wenn ich der letzte Mensch wäre, könnte ich nach wie vor richtig oder falsch handeln. Denn die Frage nach dem richtigen Leben bezieht sich natürlich auch auf mich und andere nichtmenschliche Kreaturen.
Die Frage war aber nicht was wäre, wenn Du der letzte Mensch wärst.



@Alethos: Das ist mir zu abgehoben. Ich kann damit nichts anfangen.



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Wenn ich das letzte Lebewesen wäre, würde sich die Frage, was richtig oder falsch ist natürlich ebenso stellen, denn schließlich betrifft die Frage nach dem richtigen Leben auch mich selbst.




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Sa 12. Dez 2020, 12:19

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 12. Dez 2020, 11:32
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 12. Dez 2020, 08:14
Wenn ich der letzte Mensch wäre, könnte ich nach wie vor richtig oder falsch handeln. Denn die Frage nach dem richtigen Leben bezieht sich natürlich auch auf mich und andere nichtmenschliche Kreaturen.
Das ist mir zu abgehoben. Ich kann damit nichts anfangen.
Kannst du denn mit der Vorstellung etwas anfangen, dass die mathematische Struktur eines Bereichs der Wirklichkeit (z.B. des raumzeitlichen) auch ohne Menschen besteht? Wenn du z.B. sagen kannst, dass die Gravitationskraft zwischen zwei Objekten mit dem Quadrat ihrer Entfernung abnimmt, unabhängig davon, ob Menschen das erkennen oder formelhaft darstellen können, dann bejahst du diese Frage.

Wenn es aber so ist, dass nicht das Entdecken der mathematischen Ordnung diese Ordnung herstellt, sondern sie vielmehr „nur“ aufgedeckt wird, dann wird es denkbar, dass es sich bei moralischen Ordnungen gleich verhalten kann, dass also nicht die Setzung die Ordnung herstellt, sondern wir diese Ordnung lediglich (durch Reflexion) nachzeichnen. Dabei geschehen Fehler, was aber die Objektivität der Ordnung, also ihr Bestehen durch sich selbst, untermauert.



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