Relativismus

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NaWennDuMeinst
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Sa 12. Dez 2020, 12:42

Alethos hat geschrieben :
Sa 12. Dez 2020, 12:19
]Wenn es aber so ist, dass nicht das Entdecken der mathematischen Ordnung diese Ordnung herstellt, sondern sie vielmehr „nur“ aufgedeckt wird, dann wird es denkbar, dass es sich bei moralischen Ordnungen gleich verhalten kann
Moralische Regeln sind keine Naturgesetze. Ich finde Du vergleichst Äpfel mit Birnen.
Es gibt zwischen zwei Steinen keine Moral oder moralische Beziehungen "aufzudecken".



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Jörn Budesheim
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Sa 12. Dez 2020, 12:48

Man kann unterscheiden zwischen "epistemisch un/abhängig" und "ontologischen un/abhängig". Ein Beispiel - nicht aus dem Bereich der Moral: alle gesunden Menschen haben ein Herz, ein Gehirn, einen Blutkreislauf und anderes mehr. Menschliche Gehirne gibt es natürlich nur, wenn es Menschen gibt. Sie sind ontologisch abhängig von der Existenz von Menschen. Sie sind aber epistemisch unabhängig, von dem was dieselben Menschen über sich glauben. Gehirne der Menschen gab es auch schon zu der Zeit, als noch kein Mensch von ihnen wusste.

Dass wir uns selbst und anderen vieles schulden, ist natürlich abhängig von unserer Existenz. Aber Moral ist nicht generell abhängig davon, dass wir sie erkennen und anerkennen.

Daraus, dass moralisches Handeln trivialerweise davon abhängt, dass es Handelnde gibt, folgt jedoch nicht, dass Geltung/Sollen/richtig/falsch von der Anerkennung jedes Einzelnen dieser Wesen abhängt. Es ist sogar denkbar, wenn auch höchst unwahrscheinlich, dass alle Menschen glauben, dass x geboten ist, während es doch falsch ist.




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Jörn Budesheim
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Sa 12. Dez 2020, 13:04

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Fr 11. Dez 2020, 14:42
moralische Gesetze ... sind keine Naturgesetze und von diesen vollkommen verschieden, denn sie sind reine Ideen.
"Moralische Gesetze" sind keine reinen Ideen, finde ich. Warum macht es einen Unterschied, ob ich auf einen Stein trete oder ob ich eine Katze trete? Der Unterschied liegt darin, dass der Stein ein reiner Körper ist und die Katze ein leiblich-seelisches Wesen ist, das Freud und Leid empfinden kann. Die Tatsache, dass zumindest höher entwickelte Lebewesen Bewusstsein haben und daher unsere moralische Anerkennung verdienen, in welcher Weise auch immer, ist keine reine Idee. Das basiert auf Tatsachen der Natur, denn Bewusstsein kommt schließlich in der Natur vor.




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Alethos
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Sa 12. Dez 2020, 18:20

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 12. Dez 2020, 12:42
Alethos hat geschrieben :
Sa 12. Dez 2020, 12:19
]Wenn es aber so ist, dass nicht das Entdecken der mathematischen Ordnung diese Ordnung herstellt, sondern sie vielmehr „nur“ aufgedeckt wird, dann wird es denkbar, dass es sich bei moralischen Ordnungen gleich verhalten kann
Moralische Regeln sind keine Naturgesetze. Ich finde Du vergleichst Äpfel mit Birnen.
Es gibt zwischen zwei Steinen keine Moral oder moralische Beziehungen "aufzudecken".
Das ist auch mir klar, dass zwischen zwei Steinen keine Moral herrscht. Dass Naturgesetze keine moralischen Gesetze sind, auch.

Zu ersterem: Ich habe ausgedrückt, dass Moral im Bereich des Gegenüberseins der lebendig Seienden zum Tragen kommt.
Zu letzterem: Ich habe nirgends behauptet, dass moralische Gesetze und Naturgestze dasselbe seien, bloss, dass beide unabhängig von einer Setzung durch Menschen objektiv vorkommen.



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NaWennDuMeinst
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So 13. Dez 2020, 01:28

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 12. Dez 2020, 13:04
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Fr 11. Dez 2020, 14:42
moralische Gesetze ... sind keine Naturgesetze und von diesen vollkommen verschieden, denn sie sind reine Ideen.
"Moralische Gesetze" sind keine reinen Ideen, finde ich. Warum macht es einen Unterschied, ob ich auf einen Stein trete oder ob ich eine Katze trete?
Weil eine Katze leiden kann und ein Stein nicht.
Aber daraus folgt ja ohne Weiteres überhaupt gar nichts.
Warum sollte uns das Leid einer Katze interessieren?
Und die Antwort darauf, findest Du doch nicht in der Natur. Wo denn?
Der Unterschied liegt darin, dass der Stein ein reiner Körper ist und die Katze ein leiblich-seelisches Wesen ist, das Freud und Leid empfinden kann. Die Tatsache, dass zumindest höher entwickelte Lebewesen Bewusstsein haben und daher unsere moralische Anerkennung verdienen, in welcher Weise auch immer, ist keine reine Idee.
Wie kommst DU darauf?
Was soll es denn sonst sein?
Aus der Tatsache, dass eine Katze leiden kann, folgt doch nicht dass man sie nicht treten darf. Wie sollte das logisch aus der reinen Empirie folgen?
Da fehlt eine Prämisse damit daraus ein sinnvoller Schluß wird..
Und diese Prämisse, um die es dabei geht (nämlich die Wertzuordnung), finden wir nicht in der Natur vor. Wo denn?
Dort können wir sie auch nicht finden. Weil es "Wert" in der Natur nicht gibt.
Das basiert auf Tatsachen der Natur, denn Bewusstsein kommt schließlich in der Natur vor.
Auf welche natürlichen Tatsachen soll Moral denn basieren?
Ich verstehe überhaupt nicht was du meinst.
Aus der reinen Beschreibung eines (Natur-)Zustandes "Die Katze kann leiden" folgt so erstmal rein gar nichts.
Damit daraus eine moralische Regel werden kann muss schon noch was hinkommen.
Und dieses Zusätzliche ist was völlig anderes als eine Naturbeschreibung. Es ist eine menschliche Wertsetzung.
Zuletzt geändert von NaWennDuMeinst am So 13. Dez 2020, 01:45, insgesamt 2-mal geändert.



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So 13. Dez 2020, 01:41

Alethos hat geschrieben :
Sa 12. Dez 2020, 18:20
Zu letzterem: Ich habe nirgends behauptet, dass moralische Gesetze und Naturgestze dasselbe seien, bloss, dass beide unabhängig von einer Setzung durch Menschen objektiv vorkommen.
Ja, das sehe ich aber anders. Sorry.



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Jörn Budesheim
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So 13. Dez 2020, 08:48

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
So 13. Dez 2020, 01:28
Aus der reinen Beschreibung eines (Natur-)Zustandes "Die Katze kann leiden" folgt so erstmal rein gar nichts.
Erstens geht es bei dem, was ich oben schreibe, nicht um eine Beschreibung, und zweitens folgere ich auch nichts. Was ich hingegen schreibe ist: die Tatsache, dass Katzen leiden, gibt uns einen Grund, sie nicht so zu behandeln wie einen Stein (siehe oben).

Wie auch immer: du sagst, es fehlt noch eine Setzung. Dann versuchen wir das Mal. Warum nicht die folgende Setzung: in Monaten mit "r" darfst du Katzen quälen, ansonsten solltest du sie schonen.




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Alethos
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So 13. Dez 2020, 11:06

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
So 13. Dez 2020, 01:28
Aus der reinen Beschreibung eines (Natur-)Zustandes "Die Katze kann leiden" folgt so erstmal rein gar nichts.
Das Problem bei dieser Ansicht ist, dass sie davon ausgeht, die objektive Welt bestünde nur aus ‚reinen Beschreibungen des Naturzustandes‘. Daraus wird gefolgert, dass alles andere wie Moral, wie Recht, wie Logik (?) etc. menschengemachte Wirklichkeit ist, resultierend aus Setzungen und Konventionen.
Das halte ich für falsch: Die objektive Welt beschränkt sich nicht auf die reine Beschreibung eines Naturzustands. Anders gesagt: Die objektive Welt ist mehr als nur Materie und Antimaterie, sie besteht aus mehr als nur Atomen, Molekülen und Deskriptionen.

Wenn man einmal anerkannt hat, wofür es beste Gründe gibt, dass die Wirklichkeit nicht nur Natur ist, dann erst kann man erkennen, dass sie mehr als nur Deskriptionen bereit hält, sondern auch Präskriptionen. In der Welt gibt es ein Sollen - ein ganz objektives Sollen dazu.
Deshalb folgt auch aus dem Umstand, dass die Katze ein leidensfähiges Wesen ist durchaus etwas, und zwar objektiv, dass man sie nicht quälen soll.

Man erfährt diese Wahrheit aber nur über den Umweg der reflexiven Auseinandersetzung mit Gründen, die diese Wahrheit begründen, aber nicht mit dem Blick durch ein Mikroskop oder durch Sezierung des nervösen Geflechts. Man findet die Moral nicht in den Neuronen oder den Zellen, man findet sie nur an der Katze als einem Wesen, das lebt und leben will. Man begibt sich auf die Spur der Moral vielleicht erst dann, wenn man auf die Katze beginnt zu schauen, als ob sie nur der Hülle nach ein biologischer Klumpen ist, dem Wesen nach aber ein würdevolles Gegenüber.
Zuletzt geändert von Alethos am So 13. Dez 2020, 11:16, insgesamt 2-mal geändert.



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So 13. Dez 2020, 11:10

Derek Parfit hat geschrieben : Viele […] Autoren ignorieren die Möglichkeit, dass es normative Wahrheiten gibt. Und von denen, die diese Möglichkeit erwähnen, nehmen viele sie nicht ernst. […] Normative Begriffe bilden eine eigene, grundlegende Kategorie – wie etwa auch zeitliche oder logische Begriffe.
Das ist so pi mal Daumen der Hintergrund vor dem ich Alethos Argument mit den Zahlen verstehe. In der Regel akzeptiert man ja die Objektivität der Mathematik sowie der Logik, doch beide sind keineswegs mit dem Urknall entstanden, das gäbe überhaupt gar keinen Sinn. Doch wenn das so ist, dann hat das Argument, alles was existiert, ist mit dem Urknall entstanden (oder wie auch immer man es im Detail formulieren will) keinen Sinn mehr.

[Dieser Beitrag und der Vorausgehende von Alethos sind zeitgleich entstanden]




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So 13. Dez 2020, 12:47

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 13. Dez 2020, 08:48
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
So 13. Dez 2020, 01:28
Aus der reinen Beschreibung eines (Natur-)Zustandes "Die Katze kann leiden" folgt so erstmal rein gar nichts.
Erstens geht es bei dem, was ich oben schreibe, nicht um eine Beschreibung, und zweitens folgere ich auch nichts. Was ich hingegen schreibe ist: die Tatsache, dass Katzen leiden, gibt uns einen Grund, sie nicht so zu behandeln wie einen Stein (siehe oben).

Wie auch immer: du sagst, es fehlt noch eine Setzung. Dann versuchen wir das Mal. Warum nicht die folgende Setzung: in Monaten mit "r" darfst du Katzen quälen, ansonsten solltest du sie schonen.
Da fehlt die Begründung warum nur in Monaten mit "r".
Ich sage ja nirgendwo, dass Setzungen beliebig austauschbar sind (sie folgen ja im optimalen Fall rationalen Regeln), sondern nur dass die Prämissen Setzungen sind, d.h. dass sie nicht einfach aus der Welt "herausgelesen" werden können.
Natürlich haben moralische Regeln auch einen Bezug zur Welt. Dass zum Beispiel Leid in der Moral eine Rolle spielt liegt eben daran, dass Leid (oder Leidensfähigkeit) in der Welt vorkommt.
Aber man kann eben nicht einfach Moral aus der Natur ableiten. Das wäre ja (wenn das möglich wäre) auch dann der naturalistische Fehlschluß den Du immer so gerne anführst.
Zuletzt geändert von NaWennDuMeinst am So 13. Dez 2020, 12:55, insgesamt 1-mal geändert.



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So 13. Dez 2020, 12:51

Alethos hat geschrieben :
So 13. Dez 2020, 11:06
Wenn man einmal anerkannt hat, wofür es beste Gründe gibt, dass die Wirklichkeit nicht nur Natur ist, dann erst kann man erkennen, dass sie mehr als nur Deskriptionen bereit hält, sondern auch Präskriptionen. In der Welt gibt es ein Sollen - ein ganz objektives Sollen dazu.
Aber warum sollte Jemand so eine Behauptung einfach "akzeptieren"? Wo kommt denn dieses Sollen her?
Die Theologen haben dafür ihre ganz eigene Erklärung. Wie lautet deine? Was sind denn diese "besten Gründe" von denen du immer sprichst?



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NaWennDuMeinst hat geschrieben :
So 13. Dez 2020, 12:47
Da fehlt die Begründung warum nur in Monaten mit "r".
Eine Setzung ist allerdings eine Setzung, da gibt es dann keine Begründung mehr, sonst wäre es ja keine Setzung. Wie willst du es denn erreichen, dass die Setzung nicht beliebig ist? Das würde ich gerne mal sehen.




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So 13. Dez 2020, 13:44

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
So 13. Dez 2020, 12:47
Aber man kann eben nicht einfach Moral aus der Natur ableiten.
Das mache ich auch nicht. Gründe sind keine Ableitungen, sie sind etwas genuin normatives.




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NaWennDuMeinst
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So 13. Dez 2020, 14:40

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 13. Dez 2020, 13:15
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
So 13. Dez 2020, 12:47
Da fehlt die Begründung warum nur in Monaten mit "r".
Eine Setzung ist allerdings eine Setzung, da gibt es dann keine Begründung mehr, sonst wäre es ja keine Setzung. Wie willst du es denn erreichen, dass die Setzung nicht beliebig ist? Das würde ich gerne mal sehen.
Aber das hast Du doch selber schon gesagt. Setzungen können zum Beispiel dann unsinnig sein, wenn sie der Empirie widersprechen.
Ich kann zum Beispiel nicht sinnvoll eine Moral einsetzen, die den Menschen das Atmen untersagt, weil es nun mal eine Tatsache ist, dass Menschen atmen müssen um zu leben. Und nur lebende Menschen können moralischen Regeln folgen.
Das heißt eine gesetzte Moral, die den Menschen das Atmen untersagt würde sich selbst eliminieren. Und das ist Unsinn.
Auch können Setzungen (als Prämissen) in logische Selbstwidersprüche führen. Das setzt natürlich die Akzeptanz von Logik als "Denkregel" voraus.
Auf jeden Fall gibt es schon Möglichkeiten zu ermitteln ob eine Setzung Sinn ergibt oder nicht.

In Deinem Fall mit der Katze geht es primär ja gar nicht um den Monat, sondern um die Leidensfähigkeit der Katze.
Diese ist aber nicht nur in Monaten mit "r" gegeben.
Trotzdem: Ich muss zuerst setzen, dass Leid zu vermeiden ist, das heißt ich muss die Gesundheit (oder wie man es ausdrücken will) der Katze als "Wert" anerkennen, der zu bewahren ist.
Alles andere folgt dann daraus. Dass die Gesundheit der Katze einen Wert darstellt, das kann ich aber nicht aus der Katze (oder sonstwoher) "ablesen". Das muss ich setzen.
Von mir aus kann man da auch sagen, dass die Katze einen Wert an sich (für sich selbst) darstellt. So wie Menschen auch. Aber das ist mMn eine Setzung. Ich wüsste nicht was das sonst sein soll.
Zuletzt geändert von NaWennDuMeinst am So 13. Dez 2020, 14:58, insgesamt 2-mal geändert.



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NaWennDuMeinst
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So 13. Dez 2020, 14:50

Was ist denn eigentlich der Sinn dieser ganzen Übung?
Wir erleben aktuell, dass Präsidenten sich ihre eigne "Weltblase" basteln und alles andere, was ihnen im Wege steht, zu "Fakenews" erklären.
Wir erleben "Querdenker", die auf die Realitäten scheissen ("Es gibt gar keine Wölfe").
Den Schuldigen hat man da schnell ausgemacht: Der Relativismus mit seiner elendigen Beliebigkeit ist schuld.
Jetzt mal abgesehen davon, dass Relativismus nicht zwingend "Beliebigkeit" (so wie sie derzeit praktiziert wird) bedeuten muss,
sehe ich auch nicht, was damit gewonnen wäre Moral einfach als universell anzunehmen.
Das hindert ja absolut Niemanden daran seine eigene Moral als "universell" anzunehmen.
Das heißt ohne Regeln in Bezug darauf wie diese universellen Werte der Moral zustande kommen sollen, wäre doch überhaupt nichts gewonnen.
Dann hätten wir hier einfach nur eine unendliche Zahl an "universellen Werten" nebeneinander zu stehen.
Zuletzt geändert von NaWennDuMeinst am So 13. Dez 2020, 15:00, insgesamt 1-mal geändert.



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Alethos
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So 13. Dez 2020, 14:59

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
So 13. Dez 2020, 12:47
Ich sage ja nirgendwo, dass Setzungen beliebig austauschbar sind (sie folgen ja im optimalen Fall rationalen Regeln), sondern nur dass die Prämissen Setzungen sind, d.h. dass sie nicht einfach aus der Welt "herausgelesen" werden können.
Aus der Welt herauslesen - welcher Welt denn?
Der Weltbegriff steht ja selbst irgendwo in einer Tradition, und er wird tatsächlich kontrovers diskutiert. Es gibt keinen Weltbegriff, wenigstens in philosophischer Tradition nicht, der sich als unbestritten einzig gültiger durchgesetzt hätte. Folglich bedeutet, einen Weltbegriff anzuwenden, einem Begriff vorrangige Bedeutung beizumessen und ihn als gültigen zu setzen. Die so und so verstandene Welt und alle Aussagen über sie, inklusive Aussagen darüber, was sich aus ihr herauslesen lässt, entspringt folglich selbst einer Setzung, nämlich der Setzung eines gesonderten Weltbegriffs, von dem ohne Grund behauptet würde, dass er der ontologisch legitimere sei.
Tatsächlich aber ist es logisch unmöglich, einen Weltbegriff zu setzen, der ontologisch eine vorrangige Geltung für sich in Anspruch nehmen könnte. Deshalb kann man auch nicht sagen, dass sich „Moral nicht aus der Welt herauslesen lässt“, wenn es Tatsache ist, dass man Tiere nicht quälen soll. Es ist zwar keine Tatsache im naturwissenschaftlichen Bereich, und nur aus der Optik einer physikalischen Welt handelt es sich um einen Fehlschluss. Aber der Naturalismus, durch den sich der naturalistische Fehlschluss als triftiges Gegenargument auszeichnet, zeigt sich selbst wiederum als ontologischer Fehlschluss - nämlich als die irrige Behauptung, alles Objektive leite sich von einem einzigen Seinsgrund ab, z.B. der Physis. Das ist ontologisch gesehen Unsinn.

Darum ist, aus der Optik des Naturalismus, das Schliessen auf ein nichtnaturalistisches Phönomen immer ein Fehlschluss, das disqualifiziert aber nicht dss nichtnaturalistische Phänomen, sondern den Naturalismus als monistische Behauptung.
Zuletzt geändert von Alethos am So 13. Dez 2020, 15:15, insgesamt 2-mal geändert.



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So 13. Dez 2020, 15:03

Alethos hat geschrieben :
So 13. Dez 2020, 14:59
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
So 13. Dez 2020, 12:47
Ich sage ja nirgendwo, dass Setzungen beliebig austauschbar sind (sie folgen ja im optimalen Fall rationalen Regeln), sondern nur dass die Prämissen Setzungen sind, d.h. dass sie nicht einfach aus der Welt "herausgelesen" werden können.
Aus der Welt herauslesen - welcher Welt denn?
Das musst Du mir sagen.
Du behauptest doch unentwegt die Moral bestünde unabhängig von Setzungen.
Also wo kommt sie denn dann her?
Göttliche Eingebung?

Es nützt doch gar nichts Werte und Moral als "universell" zu erklären, ohne auch mit anzugeben, wie diese Werte zustande kommen sollen (also nach welchen Regeln).
Sonst baut sich einfach jeder wie er Lust hat seine eigenen "universellen Werte" und es wäre rein gar nichts gegenüber dem Relativismus gewonnen.



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So 13. Dez 2020, 15:32

Alethos hat geschrieben :
So 13. Dez 2020, 14:59
Schliessen
Mir ist irgendwie die Stelle verborgen geblieben, wo ihr das Schließen aus dem Hut gezaubert habt.




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So 13. Dez 2020, 15:36

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
So 13. Dez 2020, 15:03
Alethos hat geschrieben :
So 13. Dez 2020, 14:59
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
So 13. Dez 2020, 12:47
Ich sage ja nirgendwo, dass Setzungen beliebig austauschbar sind (sie folgen ja im optimalen Fall rationalen Regeln), sondern nur dass die Prämissen Setzungen sind, d.h. dass sie nicht einfach aus der Welt "herausgelesen" werden können.
Aus der Welt herauslesen - welcher Welt denn?
Das musst Du mir sagen.
Du behauptest doch unentwegt die Moral bestünde unabhängig von Setzungen.
Also wo kommt sie denn dann her?
Göttliche Eingebung?
Ich denke nicht, dass die göttliche Eingebung für Moral sorgt. Tatsächlich glaube ich nicht an Gott in diesem Sinne.

Meiner Meinung nach ergibt sich Moral, wie alle Tatsachen, aus der Konfiguration von Sachverhalten, also einem Zusammenwirken mehrerer Dinge:

Leidensfähigkeit von Lebewesen und die Tatsache, dass ich nicht antun soll, was mir nicht angetan werden soll (kategorischer Imperativ). Ich will keine Schmerzen leiden, ausser die, die ich erleiden will, also soll ich niemandem Schmerzen zufügen, der es nicht will (Ich kann nämlich nur fordern, dass mir nicht zugefügt werde, was ich selbst nicht zufüge). Das Gedeihungsgebot: konstruktiv zu sein, d.h. am Aufbau dessen mitzuwirken, was allen förderlich ist. Und am Abbau dessen mitzuwirken, was allen nicht förderlich ist.
Das Glück fördern, die Gesundheit fördern, überhaupt alles Förderliche fördern. Das Gebot zu hinterfragen, was förderlich ist (was sich ableitet vom Gebot, die Wahrheit zu kennen - niemand strebt nach Unwahrheit - selbst der Lügner muss die Wahrheit kennen, die er verleugnet). Etc. etc.

Es gibt nicht ein einziges Kriterium und keine abschliessenden Kriterien überhaupt, aber ein Zusammenwirken dieser „Kräfte“. Das Gute ist nicht gesetzt durch Menschen und Konventionen oder durch Kulturen und Zeitgeist, sondern das Gute ist angelegt in der Wirklichkeit der objektiven Werte.
Zuletzt geändert von Alethos am So 13. Dez 2020, 15:39, insgesamt 1-mal geändert.



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Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 13. Dez 2020, 15:32
Alethos hat geschrieben :
So 13. Dez 2020, 14:59
Schliessen
Mir ist irgendwie die Stelle verborgen geblieben, wo ihr das Schließen aus dem Hut gezaubert habt.
Bezieht sich auf den Einwand von NWDM, dass man naturalistischen Fehlschluss begehe, wenn man vom Sein aufs Sollen schliesst. Mein Einwand war, es gibt auch ein Sein des Sollens.



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