Das Neue

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Jörn Budesheim
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Fr 14. Feb 2020, 18:29

Ich habe in diesem Moment ein neues Thema erstellt. Und darum soll es gehen, das Neue.

Auf der einen Seite ist jeder Augenblick, den wir erleben in einer gewissen Hinsicht einmalig, neu, noch nie dagewesen.

Auf der anderen Seite fragt man sich, wie überhaupt das Neue in die Welt kommt?

Ist immer alles neu? Ist immer alles alt? Wie und überhaupt ob kommt das Neue in die Welt?




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Stefanie
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Sa 15. Feb 2020, 20:52

Die Frage finde ich sehr schwierig zu beantworten. Erinnert an die Sache mit der Henne und dem Ei.

Mein erster Gedanke war, es hat was mit der Zeit zu tun ohne es genau erklären zu können.



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

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Alethos
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Sa 15. Feb 2020, 23:48

Man müsste vielleicht unterscheiden zwischen dem Neuen für mich und dem Neuen überhaupt. Bei letzterem bin ich mir nicht so sicher, ob es einfach eine Neukonfiguration von Dingen in Tatsachen meint. Das Neue ist das vorher nicht Gewesene. Irgendwie banal.



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Alle lächeln in derselben Sprache.

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Jörn Budesheim
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So 16. Feb 2020, 07:04

Die abstrakte Malerei war zu ihrer Zeit eine Neuerung, das gab es vorher nicht. Jedes expressionistische Bild zu dieser Zeit war in irgendeiner Form natürlich auch neu, hat aber nicht diesen ganz neuen Zugang zur Kunst geboten.

Das Smartphone war neu. Es hat sich zwar auch aus Vorbildern heraus entwickeln, bot er aber einen anderen Ansatz.

Romane waren irgendwann eine Neuerung. Vielleicht nicht auf einen Schlag, also von jetzt auf gleich und natürlich auch nicht grundsätzlich, denn Bücher gab es natürlich schon zuvor. Das gleiche gilt für die Erfindung des Buchdrucks.

Die Transzendentalphilosophie von Kant war neu. Sie fragte nach den Bedingungen der Möglichkeit der Erkenntnis, was in dieser Form zuvor nicht gab, sagt man.

...




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Jörn Budesheim
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So 16. Feb 2020, 07:25

Ich frage mich, ob hier Hegels Begriff des "Aufhebens" eine gute Beschreibung ist?! Hegel verwendet den Begriff bekanntlich in drei verschiedenen Weisen: bewahren, erhöhen, auflösen. Könnte man nicht sagen, dass das Neue das Alte in einer gewissen Weise zwar bewahrt, aber zugleich auflöst und damit erhöht?

Kandinsky, so könnte man doch sagen, hat die Malerei ja nicht in jeder Hinsicht neu erfunden. Er hat vieles aus der Tradition bewahrt, sprich: weitergeführt und erhalten, ja vermutlich sogar das meiste davon! Aber einige Regeln hat er aufgehoben, sagen wir die Referenz auf Gegenstände, und damit hat er die Kunst aufgehoben, in dem Sinne dass er sie zu neuen Möglichkeiten geführt hat.




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Jörn Budesheim
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So 16. Feb 2020, 07:44

Jeder von uns kann jederzeit irgendetwas machen, was zuvor nie da gewesen ist. Wenn ich morgen ins Büro gehe, könnte ich mich auf dem Bürostuhl dreimal um die eigene Achse drehen, das habe ich zuvor nie getan. Das wäre neu. Aber das ist doch nicht gemeint, wenn wir davon sprechen, dass etwas Neues das Licht der Welt erblickt. Was muss anders sein?




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Jörn Budesheim
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So 16. Feb 2020, 07:52

Eine Metapher für das Neue, die ich irgendwo gelesen habe, ist der Riss. Die Rede vom Einschnitt ist ähnlich und gängig. Man spricht von einschneidenden Veränderungen. Eine Ordnung, vielleicht eine Routine wird auf eine bedeutende Art und Weise umgelenkt.

Jedem kann das passieren, im Positiven wie im Negativen. Negativ: Eine Krankheit, ein Unfall können einen Riss im Leben bedeuten. Positiv: Ein Freund von mir hat sein Leben fast komplett umgekrempelt, weil er auf einer Reise eine Frau kennengelernt hat, jetzt ist er mit über 60 Vater geworden und führt ein neues Leben. Neu heißt hier natürlich nicht: in jeder Hinsicht neu. Nachwievor atmet er und isst, auch übt er denselben Beruf aus wie zuvor.




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Jörn Budesheim
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So 16. Feb 2020, 08:29

"The difference that makes the difference.” Gregory Bateson. Auch das passt hierher. Ich würde es so übersetzen: ein Unterschied der von Belang ist.




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