Stefanie hat geschrieben : ↑ Di 3. Okt 2017, 19:30
Du hast selber die unterlassene Hilfeleistung angesprochen, und geschrieben: "Geschriebenes Recht gibt es u.A. gerade dafür, dass man nicht in jedem Einzelfall alles neu moralisch verhandeln muss."
Ja, das betrifft rechtlich relevante Fälle. Darum ging es aber an der Stelle gar nicht mehr, denn meine Bemerkung bezog sich auf diese Äußerung von dir:
Stefanie hat geschrieben : ↑ Di 3. Okt 2017, 17:49
Ich formuliere es mal etwas salopper: Nur weil jemand ein Ar... ist, muss ich nicht auch Ar... sein. Mir fällt kein Zacken aus der Krone, wenn ich jemanden bei was alltäglichen helfe, von dem ich weiß, er oder sie ist ein Rassist.
Da wird ja klar, dass es eben nicht um den Rechtsfall der unterlassenen Hilfeleistung geht, sondern um Fälle alltäglicher Hilfe außerhalb der rechtlichen Relevanz.
Stefanie hat geschrieben : ↑ Di 3. Okt 2017, 19:30
Die unterlassen Hilfeleistung ist strafbar völlig unabhängig davon, ob derjenige, der in Not ist, auch helfen würde oder nicht. Der Mörder kann einfordern, selber nicht ermordet zu werden, der Dieb kann einfordern, selber nicht bestohlen zu werden.
Dir ist klar, dass ein Recht im juristischen Sinne etwas anderes ist als ein Recht im moralischen Sinne? Wenn jemand bereits gemordet hat und etwa meine Familie bedroht, dann kann er
rechtlich einfordern, dass ich mich nicht mit präventiver Gewalt zur Wehr setze, sondern stattdessen die Polizei und die rechtlichen Autoritäten einschalte. Eine entsprechende
moralische Forderung ist aber schon deutlich schwieriger zu begründen. Wenn wir uns beispielsweise eine Situation vorstellen, in der kein funktionierendes Rechtssystem und dementsprechend z.B. auch keine Polizei gegeben ist, so ist es keineswegs ohne weiteres klar, dass jemand, der bereits gemordet hat und nun meine Familie bedroht, ein moralisches Recht darauf hat, dass ich mich nicht mit präventiver Gewalt gegen ihn zur Wehr setze. Ich sage nicht, dass man nicht die These vertreten kann, dass es ein solches moralisches Recht gibt, wenn man denn Begründungen dafür anführen kann - aber ohne Weiteres klar ist das keineswegs.
Stefanie hat geschrieben : ↑ Di 3. Okt 2017, 19:30
Deine Ansicht klingt doch sehr danach, dass nur derjenige Hilfe bekommt, der sie auch verdient.
Nein, es ging überhaupt nicht darum, ob jemand in einer Alltagssituation Hilfe
bekommt, sondern darum, ob er sie
einfordern kann. Und das von mir angeführte Kriterium war nicht das individuelle
Verdienst der jeweiligen Person, sondern die
Konsistenz der gestellten Forderung. Nicht ohne Grund habe ich den Rassismus der Frau explizit als Äußerlichkeit bezeichnet.
Stefanie hat geschrieben : ↑ Di 3. Okt 2017, 19:30
Das widerspricht doch - wenn ich mich nicht irre- doch ziemlich der Ansicht von Kant.
Kann ja sein. Allerdings kann ich mich nicht erinnern, dass es in der Kantischen Ethik eine Verpflichtung gibt, jemandem zu helfen, der seine Einkäufe fallen gelassen hat. So kleine Brötchen backt Kant nicht.
Stefanie hat geschrieben : ↑ Di 3. Okt 2017, 19:30
Dem zufolge es doch in etwa so heißt: Handel nach dem Grundsatz, von dem Du willst, dass er allgemein gültig wird.
Nicht ganz. Eine Übersicht über die verschiedenen Formulierungen findest du hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Kategorischer_Imperativ
Stefanie hat geschrieben : ↑ Di 3. Okt 2017, 19:30
Davon abgesehen, ist so eine Theorie und die Umsetzung dem menschlichen Zusammenleben nicht gerade förderlich.
Du übersiehst wieder völlig, dass ich hier eine
Abgrenzung zwischen einer Ethik der Verpflichtung und einer Ethik der Entscheidung vorgenommen habe - beziehungsweise zwischen zwei verschiedenen
Bereichen der Ethik. Nur weil ich zu etwas nicht moralisch
verpflichtet bin, heißt das nicht, dass ich mich nicht trotzdem aus guten Gründen dafür entscheiden kann, es zu tun. Meine Ausführungen bezüglich des Konsistenzkriteriums bezogen sich auf die Frage nach der Verpflichtung, nicht auf die nach der "Förderlichkeit für das Zusammenleben". Das kann sowieso kein grundsätzliches Kriterium sein. Wenn jemand zum Beispiel gar nicht mit einer Rassistin zusammenleben
will, kann ihn dein Argument auch nicht überzeugen. Das Kriterium der Konsistenz ist hingegen ein rein logisches.
Don't just think outside the box. Think outside AND inside.