..und weil auch der Bezug zu anderen ein ganz anderer zu werden verspricht. Die 'verwandelte' Person wird nicht mehr als die Person erlebt, zu der man diesen und diesen Bezug hatte. Die Person kann nicht mehr in gleicher Weise das Wir mitkonstituieren, das man gemeinsam bildete. Aber das muss nicht immer als Ende angesehen werden, man kann es auch als neue Qualität des Miteinanders deuten, als Fortsetzung von etwas in anderer Art. Aber diese Neupositionierung gelingt natürlich nicht immer und jede Situation wird von Fall zu Fall unterschiedlich beurteilt werden, denke ich.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑So 21. Jan 2018, 12:09Seine Geschichte ist und bleibt, die die sie war. Er hat dieses Leben geführt, diese Werte vertreten, stand für dieses ein etc. Das sind eben die unabänderlichen Tatsachen. Was fehlt ist seine Fähigkeit, sich weiter als diese Person zu verstehen, weil der Bezug zu sich selbst verloren zu gehen droht.
Ich erinnere mich an meinen Vater, der vor gut einem Jahr an einem Herzinfarkt starb. Er lag tagelang auf der Intensivstation, sein Hirn war wegen Sauerstoffmangel in dauerepileptischem Zustand, er war nicht bei Bewusstsein und die Ärzte meinten, er würde als krasser Pflegefall enden, falls er überhaupt wieder das Bewusstsein erlange.
Er lag da, es war sein Körper, der sich uns zeigte. Aber er war nicht mehr er. Und die Vorstellung, dass wir ihn mit aller Kraft zurückholen sollten, damit er sabbernd und vor sich her vegetierend ein paar Jahre weiterleben kann, das war eine sehr schmerzliche Perspektive. Er wäre nicht mehr derselbe gewesen. Da wir eine Patientenverfügung hatten und wir seine Einstellung kannten, haben wir beschlossen, ihn sterben zu lassen.
War das jetzt eine Unterteilung von Leben in lebenswertes und nicht lebenswertes Leben? In gewissem Sinne, ja. Wir haben uns, um seinen ausdrücklichen Wunsch wissend, in einem solchen Fall für den Tod zu entscheiden, in seinem Sinne gehandelt, indem wir uns gegen ein bestimmtes Sosein entschieden.
Mir wurde in diesem ganz konkreten Fall klar, dass die Identität meines Vaters an sehr vielem hängt, was nicht unmittelbar mit dem Leben überhaupt, sondern mit dem individuellen Dasein im Besonderen zusammenhängt. Der Wert des Lebens ist kein Wert an sich im Sinne eines Selbstzwecks, sondern manifestiert sich doch am Lebenden, durch das das Leben immer dieses individuelle, spezielle und einzigartige ist.