Wattiertes Denken#
Von Wolfram Eilenberger
Die deutschsprachige Philosophie ist in einem desolaten Zustand. Woran liegt das?
Wer mit deutschen Philosophieprofessor(inn)en über den gegenwärtigen Zustand ihrer Disziplin spricht, blickt in traurige Augen. Ratlosigkeit paart sich mit Scham, Frustration über "den Betrieb" mit einem hierzulande wohl schon immer zunfttypischen Kulturpessimismus. Unbestreitbar ist: Die letzten Anfänge liegen mindestens 50 Jahre zurück. Und weit und breit niemand in Sicht, der es an Status, Denkkraft und globaler Präsenz mit den heute greisen Granden dieser Ära aufzunehmen wüsste. (Jürgen Habermas: 88 Jahre; Dieter Henrich: 91 Jahre; Robert Spaemann: 90 Jahre; Kurt Flasch: 87 Jahre – selbst das ewige Enfant terrible Peter Sloterdijk hat die 70 mittlerweile überschritten.)
http://www.zeit.de/2018/10/philosophie- ... nformismus
Deutschsprachige akademische Philosophie: "irrelevante Selbstbespiegelung"?
Der Publizist Wolfram Eilenberger bescheinigt der deutschen Universitätsphilosophie in der Ausgabe der Wochenzeitung „Die Zeit“ vom 1. März 2018 ein Leben in „stiller Verzweiflung“, „irrelevanter Selbstbespiegelung“ und „lustloser Totalstagnation“. Der Artikel hat bereits einige Reaktionen von "Betroffenen" hervorgerufen.
Worin bestehen Eilenbergers Vorwürfe? Den Antworten von Thomas Grundmann und Geert Keil kann man das eine oder andere entnehmen, auch wenn man den Artikel selbst nicht lesen kann: Eilenberger wirft den „bestens trainierten universitären Denkathleten“ offenbar vor, dass sie nur im eigenen Saft schmoren und bloß Antworten zu „hoffnungslos ausgelaugten Forschungsprogrammen und -fragen“ geben. (Der Artikel ist jedoch mittlerweile öffentlich zugängig!)
Nach seiner Einschätzung gibt es zu viele Texte „zu vorgestanzten Fragen in vorgestanzter Sprache“, die zu Recht niemand liest. Irrelevant ist die Universitätsphilosophie nach Auffassung von Eilenberger, weil sie auf die großen Gegenwartsfragen wie Klimawandel, Künstliche Intelligenz oder Gentechnik keine Antworten habe. Daher befinde sich deutschsprachige Philosophie nach Eilenberger in einem Zustand völliger Stagnation und „erlebt derzeit ihren geschichtlich schwächsten Moment“. Die letzten deutschsprachigen Denker von Rang und Bedeutung seien längst hochbetagt.
Wichtig: Wolfram Eilenberger geht es dabei allein um die akademische Philosophie. Er attackiert die Philosophie an deutschen Universitäten. Es geht ihm nicht um die Philosophie in Deutschland überhaupt. Denn besser als die universitären Philosophen machen es zum Beispiel das von ihm gegründete „Philosophie Magazin“ mit seiner hohen Auflage sowie gut besuchte Philosophiefestivals.
Neben den oben genannten (selbst betroffenen Autoren) haben vermutlich auch einige Blogger schon reagiert. Hier ist zum Beispiel die Antwort von Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin.
klett-cotta.de /Autorensteckbrief hat geschrieben : Wolfram Eilenberger, geboren 1972, war langjähriger Chefredakteur des »Philosophie Magazins«, ist »Zeit«-Kolumnist, moderiert die »Sternstunden der Philosophie« im Schweizer Fernsehen und ist Programmleiter der »phil. cologne«. Er hat mehrere populärphilosophische Sachbücher geschrieben. In zahlreichen Talkshow-Auftritten im Deutschen Fernsehen gibt er der Philosophie eine Stimme und ein Gesicht. Sein Buch »Finnen von Sinnen« war 17 Wochen auf der »Spiegel«-Bestsellerliste. Seit November ist er Programmleiter des Berliner »Nicolai-Verlags«.