Die unterschätzte Philosophie der Naturvölker

Hier werden in unregelmäßigen Abständen Presseartikel zu Philosophen und Philosophie in der Presse veröffentlicht
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Jörn Budesheim
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Do 17. Mai 2018, 16:40

deutschlandfunkkultur hat geschrieben :
Interkulturelle Philosophie in Chile
Die unterschätzte Philosophie der Naturvölker
Von Sophia Boddenberg

Bild
© pixabay

Immer mehr Natur wird durch Bergbau, Landwirtschaft und Tourismus zerstört. Dagegen wehren sich vor allem indigene Völker, etwa in Chile. Aber deren Sichtweise ist im akademischen Diskurs kaum präsent. Kann interkulturelle Philosophie helfen?

"Die interkulturelle Philosophie ist heute besonders wichtig, weil wir in einer extrem konfliktgeladenen Welt leben. Zum Teil entstehen diese Konflikte durch die weltweite Vorherrschaft einer technisch-wissenschaftlichen Kultur, die immer stärker andere Lebensweisen unterdrückt, andere Sprachen und Ausdrucksformen verdrängt und keinen gleichberechtigten Dialog zulässt.

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Stefanie
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So 27. Mai 2018, 19:44

Interkulturelle Philosophie liest sich erstmal gut.
Aber die Überschrift Naturvölker finde ich doch etwas abwertend. Die genannten Völker haben und hatten die identischen Fragen, wie der Artikel auch erwähnt. Sie haben andere Antworten darauf gefunden. Naturvölker klingt irgendwie rückständig, was sie aber nicht sind.
Wenn man interkulturelle Philosophie will, ist die Wortwahl doch auch entscheidend, oder?



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

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Jörn Budesheim
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Mo 28. Mai 2018, 05:37

Bei der Wikipedia findet man dazu folgendes:

"Die gegenwärtige Ethnologie hat sich von dem ursprünglichen Fachbegriff distanziert, da er mittlerweile als veraltet, uneinheitlich oder abwertend (pejorativ) angesehen wird. Im späteren 19. Jahrhundert wurde der Begriff zur Abgrenzung der angeblich überlegenen, europäischen „Kulturvölker“ von „primitiven“ Völkern benutzt (siehe auch: Eurozentrismus). Im 20. Jahrhundert versuchten einige Autoren, Naturvolk ohne pejorative Nebenbedeutung als Sammelbegriff für traditionell subsistenzorientierte Jäger und Sammler, Feldbauern und Hirtennomaden zu etablieren. Die frühere Assoziation zu „kulturlosen Völkern“ wurde jedoch nie vollständig überwunden.

Als konventioneller Oberbegriff für „nicht-industrialisierte Menschengruppen abgelegener Wildnisregionen mit naturverbundenen Versorgungsstrategien“ wird die Bezeichnung außerhalb der ethnologischen Wissenschaft weiterhin verwendet. Diese ökologisch-ökonomische Bestimmungskomponente spielt bei der Mehrzahl der heutigen Verwendungen die entscheidende Rolle (siehe: „Naturvolk“ als populäre Bezeichnung)."


Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Naturvolk?wprov=sfla1




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Jörn Budesheim
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Mo 28. Mai 2018, 05:54

Man muss den Text allerdings zugute halten, dass sich der Begriff "Naturvolk" nur in der Überschrift befindet, ansonsten ist von indigenen Völkern die Rede, bzw. direkt von den Mapuche.




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Jörn Budesheim
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Stefanie hat geschrieben :
So 27. Mai 2018, 20:08
Ich finde den Text [>Komplexität. Warum die erst anfangen, die Welt zu verstehen. Sandra Mitchell] ziemlich schwierig und frage mich, was ist jetzt das Problem?
Ich denke durchaus, dieses Thema spielt auch hier herein. Es geht doch um die Frage, was ist die Natur, was ist unser Verhältnis zu ihr. Wenn die Natur im Wesentlichen "als toter mechanischer" Zusammenhang begriffen wird, dann fällt es natürlich leichter, sie zu einem bloßen Gegenstand zu machen. Wenn jedoch der Bereich der Biologie, also der Bereich des Lebens nicht bloß etwas ist, was sich am Ende des Tages als vom Physikalischen abgeleitet verstehen lasst, sondern als ein Bereich ganz eigener Ordnung, dann stellen sich die Fragen, um die es hier (auch) geht ganz anders. Wir müssen dann unseren Begriff von Natur erneuern. Nicht die "Naturvölker" sind die "aufzuklärenden", sondern wir selbst.

Unser landläufiges Bild der Natur ist in vielen Punkten immer noch geprägt von einer (längst überholten) mechanischen Auffassung. Wir stehen immer noch auf den Schultern derjenigen Riesen, die Tiere für komplizierte Maschinen hielten. (Dass die Physik schon lange nicht mehr diesem Bild der Physik entspricht, ist ein weiterer Punkt.) Dass Leben einen intrinischen Wert hat, sieht man viel leichter ein, als dass ein Zahnradgefüge einen hat. Wir selbst gehören als (auch) biologische Lebewesen zur Natur, die nicht wesentlich "aus toter Materie" besteht, sondern an sich selbst in vielen Aspekten etwas lebendiges ist.




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Stefanie
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Di 29. Mai 2018, 20:00

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 28. Mai 2018, 05:54
Man muss den Text allerdings zugute halten, dass sich der Begriff "Naturvolk" nur in der Überschrift befindet, ansonsten ist von indigenen Völkern die Rede, bzw. direkt von den Mapuche.
Stimmt. Gerade deshalb wunderte mich die Überschrift.



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